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Veröffentlicht am 22.09.2020

Tolles Setting, enttäuschende Charaktere

Raum der Angst
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In Raum der Angst: Ein Escape-Room-Thriller wird eine Gruppe unterschiedlicher Menschen entführt, die einige Escape Rooms durchlaufen müssen, um zu überleben. Anfangs glauben sie Teil des Experiments ...

In Raum der Angst: Ein Escape-Room-Thriller wird eine Gruppe unterschiedlicher Menschen entführt, die einige Escape Rooms durchlaufen müssen, um zu überleben. Anfangs glauben sie Teil des Experiments eines berühmten Psychologen zu sein, müssen sich aber dann der Wahrheit stellen.

Vorneweg: Die Idee einen Thriller in Escape Rooms spielen zu lassen, fand ich wirklich ganz klasse. Die Gestaltung der einzelnen Escape Rooms war sehr spannend und ideenreich und man war gespannt, was des Rätsels Lösung ist. Auch die Hintergrundgeschichte eines Psychologen, der ursprünglich ein Experiment im Escape Room durchführen wollte, weshalb die Teilnehmenden erst gar nicht verstehen, dass sie in Lebensgefahr schweben, mochte ich sehr.
Das Buch war spannend und hat meine Erwartungen erfüllt. Zwar habe ich mich oft gefragt: "Wie kann das jetzt sein? Das macht doch gar keinen Sinn." oder: "Da hat Janus aber Glück gehabt", aber auf so etwas will ich gar nicht rumhacken. Letztlich kann man sich bestimmt alles irgendwie erklären, aber ich hatte keine Lust das Buch ein zweites Mal mit den Wissen des letzten Durchlesens zu lesen.
Hier kommen wir nämlich zum Punkt, der mich wirklich gestört hat: Die Charaktere. Jeder Charakter hatte gefühlt eine Eigenschaft, die ständig erwähnt wurde. Es gibt die Wannabe-Influencerin, den Alpha-Soldaten, den gebildeten Nerd, etc. Abgesehen davon, dass es mich nicht wirklich mitgerissen hat, wenn einer von denen gestorben ist (denn mitgefiebert hat man eher nicht. Man war eher gespannt, was einen im nächsten Raum erwartet), waren die Dialoge und die Mann-Frau-Machtgefälle inklusive haufenweiser sexistischer Anspielungen einfach nur ermüdend. Wenn ein Sexist dabei ist, okay wegen mir. Aber wenn gefühlt jede männliche Figur, inklusive dem Kommissar, ständig ihre Männlichkeit in den Vordergrund schieben müssen, dann hab ich da wirklich keine Lust drauf.
Oder auch: Als die erste Person durch einen Escape Room stirbt, reagieren alle ... gar nicht? Es hat sich angefühlt wie: "Oh nein. Jemand ist gestorben. Nächster Raum, bitte." Irgendwie waren alle okay damit, dass sie hier gerade umgebracht werden.
Argh ich weiß nicht. Der Thriller hatte wirklich viel Potenzial und ich habe das Setting geliebt, aber die Charaktere konnten mich einfach nicht mitreißen, weshalb ich das Buch nur gelesen, aber nicht gefühlt habe. Schade.

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Veröffentlicht am 30.06.2020

Enttäuschend

Lessons from a One-Night-Stand
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Holly zieht in eine verschlafene Kleinstadt in Alaska und tritt dort eine Stelle als Rektorin an. Noch weiß sie nicht, dass der Mann mit dem sie ihre erste Nacht verbringt dort eine kleine Berühmtheit ...

Holly zieht in eine verschlafene Kleinstadt in Alaska und tritt dort eine Stelle als Rektorin an. Noch weiß sie nicht, dass der Mann mit dem sie ihre erste Nacht verbringt dort eine kleine Berühmtheit ist. Schlimmer noch: Austin ist Coach an der Schule, die Holly nun leiten wird.

Ich bin ehrlich, ich habe von Anfang an nicht allzu hohe Erwartungen gehabt und mich auf einen lockeren Liebesroman gefreut, den man nach der Lektüre zufrieden ins Regal stellt. Tja. Was habe ich mich getäuscht.
Eigentlich möchte ich keine schlechten Bewertungen schreiben, aber je länger ich über dieses Buch nachdenke, desto weniger positives fällt mir leider ein. Ich habe das Buch letztlich nach zwei Dritteln abgebrochen, obwohl ich das eigentlich nie mache, aber ich habe keinen Sinn darin gesehen weiterzulesen.

Wo soll ich nur anfangen? Vielleicht bei der fehlenden Chemie der Hauptfiguren. Eine Liebesgeschichte kann ohne Funken, die zwischen den Protagonisten fliegen einfach nicht funktionieren. Von Anfang an habe ich keine Chemie zwischen Holly und Austin gesehen oder feststellen können. Nur weil ihr Umfeld immer und immer wieder (es war wirklich oft … uff) betont, wie gut sie doch zusammenpassen, wird das nicht einfach wahr. Sie haben gefühlt kaum gesprochen und wenn dann war es irgendwie … weird? Oberflächlich? Ich weiß es nicht. Es hat sich einfach nicht schön gelesen, mal abgesehen davon dass beide die Hälfte der Zeit nur über Sex nachdenken.
Sie haben beide ihre „tragische“ Backstory reingedrückt bekommen und davon nähren sich die Charaktere. Auch sämtliche Nebencharaktere sind einfach … da. Man merkt einfach so sehr, dass das Autorenduo Piper Rayne eine ganze Reihe um die Familienmitglieder aufbauen möchte. Vielleicht wäre es besser gewesen nicht unzählige Brüder und Schwestern vorzustellen, die man eh kaum auseinander halten kann, und deren Erzählstränge und Situationen schon jetzt aufzufächern und sich stattdessen auf die Protagonisten des Buches zu konzentrieren.
Generell diese Erzählstränge … Viel Drama um Nichts. Sie fühlen sich einfach nicht wichtig an und gerade am Ende kommt dann der große „Schocker“ und wir begegnen dem großen „Er kann nicht mit ihr zusammen sein, weil“-Klischee und es macht einfach keinen Sinn. Es ist so aus der Luft gegriffen. Also bitte. Vielleicht entfaltet es sich noch in eine andere, bessere Richtung, aber ich hab das Buch dann abgebrochen. War mir persönlich zu viel.

Flache Charaktere, die null im Gedächtnis bleiben, fehlende zwischenmenschliche Beziehungen und unnötige Erzählstränge, die einfach nur Wind aufwirbeln wollen ohne es zu schaffen – Lessons from a one-night-stand hat mich gar nicht überzeugt. Ich hätte mich mit sehr wenig zufrieden gegeben, aber meine Erwartungen wurden selten so untertroffen.

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Veröffentlicht am 17.06.2020

Mitreißender Journalismus, der nicht nur auf El Salvador angewendet werden kann

Man nannte ihn El Niño de Hollywood
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Oscar Martínez und Juan José Martínez wagen einen Blick hinter die Kulissen des tödlichsten Landes der Welt. Sie untersuchen die historischen Hintergründe der Bandenbildung in El Salvadore, wer die jungen ...

Oscar Martínez und Juan José Martínez wagen einen Blick hinter die Kulissen des tödlichsten Landes der Welt. Sie untersuchen die historischen Hintergründe der Bandenbildung in El Salvadore, wer die jungen Menschen sind, die sich der Bestie anschließen und lernen dabei El Nino de Hollywood kennen. Miguel Tobar war einst einer der gefürchtesten Killer der Mara Salvatrucha, doch jetzt ist er ihr Feind. Seine Geschichte wird Wegweiser durch eine Welt voller Intrigen, Ungerechtigkeiten und Mord sein.



Mir fällt es zugegeben schwer eine ordentliche Rezension zu diesem Buch zu schreiben, denn ich bin zwiegespalten. Einerseits ist da dieser ungefilterte Journalismus, der jede erdenkliche Seite abdeckt und darstellt ohne wertend zu werden, andererseits sehe ich mich auch in der Pflicht die Struktur und meinen subjektiven Eindruck als Rezipient einfließen zu lassen.

Auf welchem Weg und wie intensiv beide Journalisten an dieses Thema herangehen ist wirklich beeindruckend. Es ist kaum vorstellbar wie viel Zeit in die Recherche geflossen ist und welchen Gefahren sie sich ausgesetzt haben. Jede Person, die vorkommt, wird, obwohl sie manchmal nur zum Verständnis bestimmter Beziehungen benötigt wird, dennoch auf ihre ganze eigene Weise charakterisiert. Manchmal erfahren wir ihre Lebensgeschichte, manchmal nur ihre Körperhaltung und wie sie in einen Raum hineinschauen.

Die Autoren schaffen es wirklich eine Art Vertrauensverhältnis zwischen Leser und Zeugen aufzubauen. Denn sie führen nicht nur auf, was xy gesagt hat, sondern wie sie es gesagt haben. Wie die Person gestikuliert, wie ihr Blick durch den Raum wandert und wie der Raum aussieht, wie das Licht fällt, wie es riecht. Keine Sorge, sie verstricken sich hierbei nicht in unendlich langen Beschreibungen, sondern schaffen es pointiert und gewollt genau die Atmosphäre zu erschaffen, die sie brauchen.

Sie zitieren Zeugen, die keinen Namen haben – denn sie haben Angst, was geschieht, wenn die Mara Salvatrucha 13 herausfindet, dass sie gesprochen haben -, die sich in völliger Anonymität verbergen ein Gesicht zu geben, das, obwohl es nie gezeigt wird, Konsistenz hat.

Wir erfahren nicht nur Miguel Tobars Geschichte, sondern auch alles außenherum. Wir lernen nicht nur ihn, sondern jede Person, die irgendwie irgendwo in dieses Konstrukt geraten ist auf die ein oder andere Weise kennen. Dabei werden sie aber nicht poetisch oder reißerisch, es bleibt eine Reportage und der journalistische Mindestabstand wird gehalten, um ausreichend zu differenzieren ohne zu werten.

Was sie uns erzählen, ist teilweise so grausam, dass mir schlecht wurde. Wenn Miguel Tobar auf seinem Stuhl sitzt und erzählt, wie er gemordet und gefoltert hat, dann will man gar nicht glauben, dass genau das die Realität eines Landes in unserer modernen Welt ist. Dieses Buch ist ein Augenöffner und kann nicht nur auf die Vorkommnisse in El Salvador bezogen werden. Heruntergebrochen stellt es dar, was passiert wenn man Menschen alleine und ohne Führung zurücklässt. Wie Menschen aufgrund der Gier und Ausgrenzung einiger Mächtiger in einem grausamen System ohne Perspektive untergehen.

Obwohl mich dieses Buch mitgerissen hat, muss ich in einem Punkt Abstriche machen, obwohl ich das eigentlich gar nicht will. Denn für jemanden, der sich nicht mit der Thematik auskennt, kommen unfassbar viele Namen vor. Das zählt zum Einen für Gangnamen, zum Anderen für die Namen einzelner Personen. Orte und Jahre werden teilweise durcheinander gewürfelt und folgt einer recht merkwürdig gewählten Erzählstruktur. Wenn wir uns gerade noch in der Vergangenheit befunden haben, dann befinden wir uns jetzt in der erzählten Gegenwart, dann in der „Zukunft“. Deshalb war es teilweise schwierig dem Buch zu folgen und ich musste mehrere Male zurück blättern, um nachzulesen, von was die Autoren gerade berichten.



Insgesamt kann ich eine klare Leseempfehlung aussprechen. JA, lest dieses Buch, es wird euch in vielerlei Hinsicht weiterbilden. Aber ihr müsst aufmerksam bleiben und dürft euch nicht verunsichern lassen, wenn plötzlich von Dingen erzählt wird, die die Erzählstruktur durchbrechen.

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