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Veröffentlicht am 30.05.2023

Eine Geschichte, die einen nicht so leicht loslässt

Babel
3

Es gibt Bücher, bei denen man lacht. Bücher, bei denen man weint. Bücher, bei denen man mitfiebert. Bücher, bei denen man am liebsten in der Welt verschwinden würde und mit den Figuren befreundet sein ...

Es gibt Bücher, bei denen man lacht. Bücher, bei denen man weint. Bücher, bei denen man mitfiebert. Bücher, bei denen man am liebsten in der Welt verschwinden würde und mit den Figuren befreundet sein möchte. Und dann gibt es die Bücher, die einen nicht mehr loslassen. Bücher, die tausende Gefühle in einem lostreten. Bücher, die man nicht mehr so schnell vergisst. Babel ist für mich so ein Buch.

Die Geschichte fängt mit einem kleinen Waisenjungen an, der vor dem Nichts steht und von einem ihm unbekannten Professor nach London gebracht wird. Dort erhält er eine Ausbildung mit dem Fokus auf Sprachen, um später an die Universität in Oxford gehen und dort am Königlichen Institut für Übersetzung, bekannt unter dem Namen “Babel”, studieren zu können. Unseren Protagonisten Robin verfolgen wir von Kindesbeinen an über seine Kindheit und Jugend beim Professor und seine darauf folgende Universitätszeit. Der Dark-Academia Roman legt dabei großen Wert auf die Beschreibung von Lernprozessen, Unterrichtsstunden und füttert auch die Lesenden, in Form von Fußnoten, immer wieder mit interessanten Fakten und Informationen. Nicht selten habe ich mich beim Lesen selbst an meine Schul- und Universitätszeit erinnert. Das atmosphärische Setting an der Universität tat dabei sein Übriges. Hinzu kam die tiefgreifende Beschäftigung mit Sprache und Übersetzung. Da ich Germanistik studiere und deshalb eine große Liebe für Wörter und ihre Bedeutung in mir trage, haben mich die Erzählungen davon sehr fasziniert.

Der Schreibstil der Autorin ist intelligent, komplex und direkt. Sie verwebt reale Ereignisse so gefühlt mühelos mit ihrer fiktionalen Welt, dass ich manchmal das Gefühl hatte, all das könnte wirklich passiert sein. Selbst das Magiesystem hat sich für mich unglaublich real angefühlt. R. F. Kuang schreckt nicht davor zurück schwere Thematiken anzusprechen. Rassismus, Kolonialismus, Sexismus - all das sind Hauptbestandteile des Buches. Das macht das Buch zu einer sehr dunklen, schweren Geschichte, die man nicht einfach mal so weglesen kann. Aber genau das hat mich so sehr beeindruckt. Die Autorin nimmt kein Blatt vor den Mund und zeigt die schrecklichen Auswirkungen von Diskriminierung, vor denen man gerne, weil es als Außenstehender einfach ist, die Augen verschließt. Dabei zeigt sie an den verschiedenen Figuren im Buch, wie unterschiedlich Menschen mit solchen Dingen umgehen.

Damit komme ich auch zur, für mich, größten Stärke des Buches - die Charaktere und ihre Entwicklung. Neben Robin, aus dessen Perspektive die Geschichte erzählt ist, lernt man auch seine Freundinnen Letty und Victoire und seinen Freund Ramy sehr gut kennen. Sie alle haben ihre eigene Hintergrundgeschichte, ihre eigenen Motive und Antriebe. Die Charaktere sind komplex und facettenreich, sie treffen Entscheidungen, die man manchmal nicht nachvollziehen kann, sie machen Fehler und fühlen sich dadurch einfach menschlich an. Es gibt nicht nur “gut” und “schlecht”, sondern jeder Mensch hat Graustufen und das hat die Autorin fantastisch umgesetzt. Insbesondere die Charakterentwicklung von Robin ist bemerkenswert und hat mich emotional sehr bewegt. Dazu kam die Dynamik der Freundschaft der vier Hauptfiguren, von der ich unglaublich gerne gelesen habe. Zugehörigkeit spielt dabei als Motiv eine große Rolle und wie die Freundesgruppe es schafft, sich einen eigenen “Safe Space” in dieser ungerechten Welt zu schaffen.

Babel hat mich emotional fertig gemacht. Es gab Stellen an denen ich fassungslos war, Stellen an denen ich geheult habe, wie lange nicht mehr bei einem Buch. Und trotzdem hatte ich ein wohliges Gefühl, wenn ich die Freundesgruppe in ihrem Leben begleiten konnte. Auch wenn das Buch recht lang ist, hätte es für mein Empfinden teilweise noch mehr Seiten sein können. Einige Szenen oder Ereignisse sind im Gegensatz zu anderen recht schnell vonstatten gegangen, weshalb ich da gerne auch etwas mehr gelesen hätte.

Für mich bleibt Babel am Ende die Geschichte von einem Jungen, der nicht weiß wo sein Platz in der Welt ist, weil diese Welt eigentlich keinen Platz für ihn hat. Es ist eine Geschichte von Freundschaft und Zusammenhalt, wenn man niemanden sonst hat. Aber es ist auch eine Geschichte über das Finden der eigenen Identität, die Bedeutung von Heimat und Herkunft und den Mut etwas zu tun, aber auch die Angst zu versagen und alles zu verlieren, was man bisher kannte. Babel hat mich tief berührt, hat mich nachdenklich gemacht, hat mich dazu gebracht, mein eigenes Denken zu reflektieren. Babel ist schwer, es tut weh, es zeigt Ereignisse, von denen man eigentlich nichts hören will, aber von denen man hören muss, um zu verstehen und um Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. R. F. Kuang hat mit Babel einen Roman geschaffen, der sich mit gesellschaftlichen Problemen der Vergangenheit und auch der Gegenwart befasst und dabei Fragen von Rassismus, Privilegien, Diskriminierung, Macht, Recht und Unrecht und der Bedeutung von Sprache in diesen Kontexten aufwirft.

Von mir bekommt Babel 4,5 von 5 Sternen. Abzug gibt es nur, weil ich an ein paar Stellen etwas Probleme mit dem Tempo hatte und dadurch Entwicklungen nicht ganz zum Rest des Buches gepasst haben. Ansonsten kann ich lediglich eine riesige Leseempfehlung geben und hoffe, dass viele Menschen dazu greifen werden.

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Veröffentlicht am 29.03.2018

Leider ein enttäuschender Abschluss

Der Glanz der Dunkelheit
0

Der erste Band Der Chroniken der Verbliebenen gehört zu meine Jahreshighlights 2017 und auch die anderen Bücher der Reihe habe ich verschlungen, obwohl es leider Band zu Band „schlechter“ wurde. Auch der ...

Der erste Band Der Chroniken der Verbliebenen gehört zu meine Jahreshighlights 2017 und auch die anderen Bücher der Reihe habe ich verschlungen, obwohl es leider Band zu Band „schlechter“ wurde. Auch der letzte Band, Der Glanz der Dunkelheit, konnte mich nicht ganz überzeugen. Wie immer beginne ich aber mit den guten Dingen.
Natürlich muss ich wieder den Schreibstil der Autorin loben. Der war wie immer unglaublich gut. Er ließ sich flüssig und einfach lesen, wodurch man sehr schnell durch die Seiten gekommen ist. Auch die Welt wurde super beschrieben und als Leser versteht man alles sehr gut. Mary E. Pearson schreibt sehr poetisch und nutzt viele Metaphern, was mir sehr gut gefällt und meiner Meinung nach auch gut zu der Geschichte an sich passt. Durch ihren flüssigen Schreibstil sind für mich auch keine Längen entstanden, weswegen ich auch viel Spaß beim lesen hatte. Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und ich konnte ihre Handlungsweise sehr gut nachvollziehen.
Womit wir jetzt zur Handlung des Buches kommen, denn die hat mich am meisten gestört. In den letzten beiden Teilen hat sich die Story, wie ich finde, sehr gezogen und das hat man dann leider auch im letzten Band gemerkt. Denn auf diesen letzten Seiten ist irgendwie alles Schlag auf Schlag gekommen. Und das meine ich nicht im guten Sinne. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass die Autorin einfach nur fertig werden wollte und deshalb alle offenen Fragen nach und nach abarbeitet. Dabei werden zum Teil wichtige Dinge aufgegriffen, die dann aber mit nur wenigen Worten abgehandelt werden und später nie wieder erwähnt werden. Das fand ich persönlich sehr schade. Außerdem ging es mir dadurch auch einfach viel zu schnell an manchen Stellen. Dadurch konnte sich für mich leider nicht so viel Spannung aufbauen beziehungsweise ging diese immer schnell wieder verloren. Vor allem das Ende ging mir viel zu schnell und da hätte ich mir um einiges mehr erwartet. Ich hätte mir dazu außerdem gewünscht, dass die Autorin mutiger ist und sich mehr traut, schlussendlich war mir das einfach viel zu „glücklich“, wenn man das so sagen kann.
Auch für die Charaktere ging mir einiges viel zu leicht. Lia hatte immer sehr viele Schwierigkeiten und musste sich vielen Herausforderungen stellen und jetzt bekommt sie irgendwie gleich alles beim ersten Versuch hin und auch so haben sich irgendwie alle Hindernisse in Luft aufgelöst. Rafe seine Entwicklung mochte ich auch nicht so sehr, da er sich viel zu sehr nach Lia richtet und kaum eigene Entscheidungen trifft, jedenfalls hatte ich das Gefühl. Kaden seine Entwicklung wiederum fand ich sehr gut und es hat toll zu ihm gepasst, aber auch da, hatte ich bei einer Sache das Gefühl, dass es sehr an den Haaren herbei gezogen wurde.
Ich kann mir vorstellen, dass das Ganze im Original um einiges besser war, weil die Bücher dort ja als Trilogie erschienen ist und bei uns in Deutschland wurde der letzte Teil getrennt. Das hat den Büchern, meiner Meinung nach, nicht gut getan, leider.
Außerdem gab es für mich Passagen, die ich nicht wirklich verstanden habe beziehungsweise die ich nicht nachvollziehen konnte. Vor allem wie manche Dinge aufgelöst wurden fand ich nicht so gut.

Fazit

Ich hatte hohe Erwartungen an das Finale der Reihe, die leider nicht erfüllt wurden. Trotzdem hat mich der Schreibstil wieder sehr begeistert und die Geschichte wurde abgeschlossen. Ich wollte gerne diese Reihe beenden, weil ich wissen wollte wie es ausgeht. Wahrscheinlich werde ich sie aber nicht noch einmal in die Hand nehmen, außer vielleicht den ersten Teil.

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