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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.03.2023

Zerrissen zwischen zwei Lebensabschnitten

Ohne mich
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Das Buch "Ohne mich" von Esther Schüttpelz ist besonders. Es handelt um eine junge Protagonistin, die gerade ihren Jura-Abschluss geschafft und sich frisch von ihrem Ehemann, den sie viel zu ...

Das Buch "Ohne mich" von Esther Schüttpelz ist besonders. Es handelt um eine junge Protagonistin, die gerade ihren Jura-Abschluss geschafft und sich frisch von ihrem Ehemann, den sie viel zu früh und voreilig geheiratet hat, getrennt hat. Das Buch beschreibt die Zeit zwischen der Trennung, die ihr erst mal den Boden unter den Füßen weg gerissen hat, und der Neufindung und Orientierung in ihrem neuen Leben als junge Juristin.

Mich hat das Buch begeistert, da die Gefühle, die die Protagonistin im Laufe dieses Jahres durchlebt, sehr gut dargestellt werden. Obwohl gar nicht so viel passiert, sondern man der jungen Frau einfach in ihrem Alltag folgt, lernt man sie durch ihre Handlungen und vor allem den ausführlich beschriebenen Gedanken und Selbstgesprächen sehr gut kennen. So spürt sie eine Sinnlosigkeit in ihrem Leben und das Gefühl des nicht verstanden werdens durch ihr Umfeld. Gefühle, die wohl viele LeserInnen nachempfinden können, die schon einmal persönliche Krisen durchgemacht haben.

Durch dieses Unverständnis geht sie auf Distanz zu anderen Menschen, aber auch zu sich selbst. Sie versucht Vieles, um wieder zu sich selber zu finden (so wie z.B. einen Yoga-Trip) oder zumindest Kontakte zu anderen Menschen zu knüpfen, doch kommt nur schwer mit der Situation zurecht und fühlt sich allein gelassen. Besonders deutlich kommt diese Distanz dadurch zum Ausdruck, dass sie von ihrem Ex-Mann im gesamten Buch nur vom "Ehemann" spricht. Erst im allerletzten Satz des Buches erfährt man den Namen. Für mich ein Zeichen dafür, dass sie endlich mit diesem Kapitel abschließen kann und langsam bereit ist für ihr neues Leben.

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für dieses Buch. Durch den lockeren Schreibstil ist es angenehm zu lesen. Und der Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt der Protagonistin ist durchaus interessant.

Veröffentlicht am 05.03.2023

Heimat und Fremde

Sibir
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Josef Ambacher ist zehn Jahre alt, als er mit seiner Familie von der Sowjetarmee in das ferne Kasachstan verschleppt wird. Furchterregend ist das fremde Land in der Steppe. Hitze, Kälte und Hunger ...

Josef Ambacher ist zehn Jahre alt, als er mit seiner Familie von der Sowjetarmee in das ferne Kasachstan verschleppt wird. Furchterregend ist das fremde Land in der Steppe. Hitze, Kälte und Hunger plagen die Menschen. Doch diese Umstände schweißen auch zusammen. Josef lernt mit seiner neuen Heimat umzugehen. Doch nach zehn Jahren bekommt die Familie eine Chance zurück nach Deutschland zu gehen.

1990, 45 Jahre später, lebt Josef mit seiner Familie in Mühlheide und wird plötzlich wieder mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Nach Ende der Sowjetunion kommen Dutzende Neuankömmlinge nach Mühlheide. Zum Teil findet sich Josef in diesen Neuankömmlingen selber wieder. Er erinnert sich daran, wie sich bei seiner Ankunft in Deutschland nichts nach Heimat angefühlt hat und ihm die Fremdheit immer im Nacken gebrannt hat. Sein Vater gab ihm damals den Rat "Du musst vergessen, was war. Brich mit dem Alten. In der Vergangenheit liegt nichts Gutes." Doch auch dies gelingt ihm nicht so recht. Seine Tochter Leila versucht sein Verhalten zu verstehen. Sie steht sozusagen zwischen zwei Welten und versucht nun zu vermitteln. Dabei beginnt sie auch die eigene Geschichte ihrer Familie zu begreifen.

Insgesamt ein interessanter Roman, auf den man sich einlassen muss. Besonders in der Hörbuch-Version (mit der wundervollen Sprecherin Julia Nachtmann) ist es anfangs nicht so leicht, den vielen fremden Begriffen zu folgen. Doch das Durchhalten lohnt sich, denn es handelt sich um eine einzigartige Geschichte über die Suche nach Heimat, Verlust, Schuld und Sühne und die Rolle der eigenen Familie.

Veröffentlicht am 05.03.2023

Emotional

Young Mungo
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Als LeserIn wird man sofort in das brutale, homophobe Glasgow der 90er Jahre hinein geworfen. Mungo passt da nicht so ganz rein, denn er ist sanfter als die anderen, gefühlvoller und hat nichts ...

Als LeserIn wird man sofort in das brutale, homophobe Glasgow der 90er Jahre hinein geworfen. Mungo passt da nicht so ganz rein, denn er ist sanfter als die anderen, gefühlvoller und hat nichts für die gewalttätigen Kämpfe zwischen Katholiken und Protestanten übrig. Doch sein Bruder schleppt ihn mit und seine Mutter schickt ihn auf einen Angelausflug mit zwei älteren Männern, um aus ihm in ihren Augen einen "richtigen Mann" zu machen. Denn wer anders ist, so wie Mungo, wird in dieser Gesellschaft nicht überleben.

Es ist mir etwas schwer gefallen, in die Geschichte rein zu kommen, auch da die Geschichte auf zwei Zeitebenen spielt und man erst spät herausfindet, wie die beiden Handlungsstränge miteinander zusammenhängen. Zuerst hat man das Gefühl, dass nicht viel passiert, doch das wird in der zweiten Hälfte des Buches ganz anders. Dort passiert fast schon zu viel, auch auf emotionaler Ebene. Als LeserIn ist man gefordert dies alles aushalten zu können.

Es ist eine trostlose Welt, in der Mungo lebt. Der einzige Lichtblick ist der Nachbarsjunge James, der später hinzu kommt. Mit ihm zusammen kann Mungo der brutalen Welt für eine kurze Zeit entkommen. Er wünscht sich auszubrechen aus seiner Umgebung, zusammen mit James weg zu gehen und sich ein neues Leben aufzubauen. Doch viel Hoffnung gibt es nicht.

Insgesamt ist "Young Mungo" ein emotionales Buch, das mich in einigen Passagen ziemlich mitgenommen hat. Douglas Stuart versteht es, die Atmosphäre des Glasgow der 90er Jahre rüber zu bringen mit all der Gewalt, Hoffnungslosigkeit und dem veralteten, toxischen Männerbild. Es ist definitiv kein Buch, das man mal nebenbei so weg lesen kann. Von mir gibt es ganz klar eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 23.01.2023

Angenehm zu lesen

Because It's True − Tausend Momente und ein einziges Versprechen
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Das Konzept des Buches fand ich spannend: Es beinhaltet zwei Kurzromane zweier Autorinnen, in denen die "Three-Things-Challenge" eine Rolle spielt. Bei dieser Challenge erzählt man eine Lüge, ...

Das Konzept des Buches fand ich spannend: Es beinhaltet zwei Kurzromane zweier Autorinnen, in denen die "Three-Things-Challenge" eine Rolle spielt. Bei dieser Challenge erzählt man eine Lüge, eine Wahrheit und etwas, von dem man sich wünscht, es wäre wahr oder falsch. In beiden Kurzromanen wird die Challenge dazu genutzt, um die Protagonistinnen noch weiter zu charakterisieren, doch eine größere Rolle kommt ihr nicht zu.

Ich finde, man konnte die Geschichten gut zwischendurch lesen. Ich mag beide Autorinnen sehr gerne, vom Schreibstil her und der guten Portion an Gefühlen, die sie in ihre Romane bringen. So auch hier. Mir haben beide Geschichten gefallen, auch wenn ich es etwas schade fand, dass sie nur so kurz waren, doch man wusste ja vorher, dass es nur Kurzromane sind.

Daher würde ich das Buch weiterempfehlen. Man sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass es lediglich Kurzromane sind und die Challenge keine übergeordnete Rolle spielt. Für ein paar angenehme Lesestunden sorgt das Buch auf jeden Fall.

Veröffentlicht am 07.08.2022

Perfekte Urlaubslektüre

Ein unendlich kurzer Sommer
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Im Sommer bin ich selber gerne auf Campingplätzen unterwegs und so klang dieses Buch genau richtig für meine Urlaubslektüre.

Lale muss einfach mal raus und landet mehr oder weniger durch Zufall auf einem ...

Im Sommer bin ich selber gerne auf Campingplätzen unterwegs und so klang dieses Buch genau richtig für meine Urlaubslektüre.

Lale muss einfach mal raus und landet mehr oder weniger durch Zufall auf einem heruntergekommenen Campingplatz. Sie setzt es sich als neue Aufgabe dem grantigen Besitzer Gustav bei der Renovierung und Instandsetzung zu helfen. Christophe ist der dritte im Bund und auf der Suche nach seinen Wurzeln stößt er auf den Campingplatz.

Alle drei Protagonisten sind sehr unterschiedlich und haben ihre ganz eigene Geschichte, die abwechselnd erzählt wird. Dabei geht es um Themen wie Liebe, Freundschaft, Familie und Identität. Zum Teil sehr melancholisch, atmosphärisch, doch auch erheiternd folgt man den Protagonisten gerne einen unendlich kurzen Sommer lang.

Auch wenn das Ende etwas vorhersehbar war, hat mir das Buch als Urlaubslektüre doch sehr gefallen. Es fällt leicht in die Welt einzutauchen und sich mit den Charakteren anzufreunden.