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Veröffentlicht am 16.02.2021

Authentischer Krimi, der mit seinem Fall und reichlich Portugal-Feeling gut unterhalten kann.

Die Mauern von Porto
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Mario Limas Krimi "Die Mauern von Porto" ist der dritte Teil einer Reihe um Inspektor Fonseca, der im Heyne Verlag erscheint.

Im ältesten Viertel Portos, dem Stadtteil Bairro da Sé, werden nach einem ...

Mario Limas Krimi "Die Mauern von Porto" ist der dritte Teil einer Reihe um Inspektor Fonseca, der im Heyne Verlag erscheint.

Im ältesten Viertel Portos, dem Stadtteil Bairro da Sé, werden nach einem Brand in einem leer stehenden Haus hinter einer zugemauerten Wand zwei skelettierte, weibliche Leichen gefunden. Die Gerichtsmedizin stellt ein Tötungsdelikt fest, das vor 22 Jahren stattgefunden haben muss. Inspektor Fonseca von der Polícia Judiciária und sein Team befassen sich mit den Ermittlungen zu diesem Cold Case, als aber die Staatsanwaltschaft den Fall überprüft, wird der Fall wegen Überschreitung der Verjährung zu den Akten gelegt. Das sorgt nicht nur bei den Ermittlern, sondern auch bei der Bevölkerung für große Empörung.

Im deutschen Recht verjährt Mord nicht, in Portugal bereits nach 15 Jahren. Diese Erkenntnis ärgert auch die Ermittler beim vorliegenden Cold Case, einem Mord an zwei Frauen. Als ein Mitarbeiter einer Stiftung ermordet wird, bekommt der Fall eine neue Richtung. Hängen die Fälle zusammen?

In diesem abwechslungsreichen Polizeiroman zeigen Fonseca und sein Team eindrücklich wie Polizeiarbeit abläuft und wie sie an Nachbarn, die nichts bemerkt haben wollen und an den Hürden der Gesetzgebung scheitern. Der Fall wird mit reichlich Arbeitseifer verfolgt, viele Bewohner werden befragt und doch scheint man dem Täter nichts mehr anhaben zu können. Mario Lima schreibt sehr flüssig und mit reichlich landestypischem Flair, sodaß man die Schönheiten der Stadt und das portugiesische Lebensgefühl miterleben kann, das mit Geselligkeit, gutem Essen und Vinho Verde für echtes Urlaubsfeeling führt. Arroz de Tamboril und hinterher eine Pastel de Nata, das erinnert an eigene Urlaubsfreuden.

Es geht aber auch um einen Mordfall, der Verbindungen zum Drogenmilieu aufweist und um das Problem der Verjährung von Mord. Sehr interessant finde ich die eingebauten Informationen bezüglich der Folgen der Nelkenrevolution in den portugiesischen Kolonien, wie beispielsweise in Angola. Durch den Umsturz in Portugal wurde Angola entkolonialisiert, für die Bevölkerung begannen nun aber bewaffnete Auseinandersetzungen von Befreiungsbewegungen, die in einen Bürgerkrieg mündeten. Solche gesellschaftspolitischen Hintergründe bereichern Krimis immer ungemein, denn sie zeigen die Realität.

Mit den unterschiedlichen und differenziert gezeichneten Charakteren wird man gut unterhalten, besonders die sympathische Figuren, wie Fonseca, Tété und Marcia, habe ich gern begleitet. Mit Tété Marinho kommt eine neue Inspektorin mit angolanischen Wurzeln zum Team, die auch mit ihrer Herkunft für interessante Aspekte sorgt.

Im Großen und Ganzen kommt dieser Krimi durch die angenehme Lebensart der Portugiesen mit viel Leichtigkeit daher, auch wenn die Gewalttaten, Prostitution und das Drogenproblem zum Tagesgeschäft der Polizei gehören. Die Opfer wurden mit brutaler Gewalt ermordet, dennoch werden keine blutigen Szenen beschrieben und man kann die Handlungen nur im Nachhinein erahnen. Es gibt viele spannende Momente, besonders eine spezielle Befragung zum Ende des Buches bringt reichlich Nervenkitzel und es stellt mich als Leserin zufrieden, dass der ursprüngliche Täter letzten Endes der Tat überführt werden kann. Ein wenig mehr Spannung hätte dem Buch zwar gut getan, aber ich habe mich auch so gut unterhalten gefühlt.

Dieser gut durchdachte Krimi punktet mit authentischen Figuren, realistisch wirkender Polizeiarbeit, gesellschaftspolitischen Hintergründen, zeigt das besondere portugiesische Lebensgefühl und weckt damit Urlaubsstimmung.

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Veröffentlicht am 14.02.2021

Ein ganz besonderes Bilderbuch über die Sehnsucht nach dem Meer

Seesucht
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Glaube an deine Träume
Im Mixtvision Verlag erscheint das Bilderbuch "Seesucht" von Marlies van der Wel.

Das Meer ist für viele Menschen ein Anziehungspunkt, zum Baden, Boot fahren oder Angeln lieben ...

Glaube an deine Träume
Im Mixtvision Verlag erscheint das Bilderbuch "Seesucht" von Marlies van der Wel.

Das Meer ist für viele Menschen ein Anziehungspunkt, zum Baden, Boot fahren oder Angeln lieben es die Menschen besonders. Auch Jonas fühlt sich vom Meer angezogen und möchte gern mit den Fischen tauchen, nur Schnorcheln allein reicht ihm nicht. Er möchte unter Wasser leben, dafür braucht er ein Boot, denn die Tiefsee lockt ihn und das Meer übt eine besondere Faszination auf ihn aus.

In diesem Buch lernen wir Jonas kennen, dessen großer Traum das Leben unter Wasser ist. Wir begleiten ihn durch sein Leben. Er möchte die Tiefsee erforschen und im Meer leben, für dieses Ziel entwickelt er großen Ehrgeiz und viel Ausdauer. Er beginnt schon als Kind mit dem Sammeln von Strandgut und hat einfallsreiche Ideen, um spezielle, merkwürdig aussehende, aber ganz besondere Erfindungen zu bauen. Wie kann man unter Wasser leben, wie muss ein Schiff gebaut sein, damit Menschen dort leben können? Jonas entwickelt und baut seine Unterwasser-Konstruktionen, leider muss er einige Misserfolge hinnehmen, doch er gibt nicht auf und hält an seiner Vision fest. Das hat mir sehr imponiert und ich habe Jonas dafür bewundert, dass er selbst als alter Mann noch immer diesen wunderbaren Traum lebt und am Ende sogar Erfolg hat.

Dieses Buch richtet sich an Kinder ab 3-5 Jahren, meistens enthalten die Seiten nur wenig Text oder auch gar keinen. Die Bilder sprechen aber auch für sich. Viele Bilder sind in Blautönen gehalten, damit assoziiert man das Wasser des Meeres. Helle und dunkle Bilder zeigen, ob Jonas sich über oder unter Wasser aufhält. Die dunklen Illustrationen wirken ein wenig bedrohlich, ängstliche Kinder könnten damit ein Problem haben. Gemeinsam können Große und Kleine die originellen Bau-Ideen von Jonas bestaunen und die Unterwasserwelt beobachten. An diesen kunstfertigen und originellen Konstruktionen kann man sich erfreuen, sie wecken auf alle Fälle die Fantasie.

Marlies van der Wel zeigt in ihrem Buch, dass es sich lohnt, mit Ehrgeiz und Ausdauer an seine Lebensträume zu glauben.

Beim Betrachten des Buchs packt mich ein wenig die Sehnsucht nach dem Meer, ich bekomme Lust auf einen Strandspaziergang, möchte die Fische im Meer sehen und im Meer baden.


Ein wunderschönes Bilderbuch über die Liebe zum Meer und zur Unterwasserwelt, das mit der Botschaft an seine Träume zu glauben überzeugen kann.

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Veröffentlicht am 13.02.2021

Dieses fesselnde Familiendrama vor wunderschöner Naturkulisse lässt tief blicken

Unter Wasser Nacht
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Bei Hanser Blau erscheint der Roman "Unter Wasser Nacht" von Kristina Hauff.

Seit ihrer Zeit als Aktivisten in Gorleben sind die Paare Sophie/Thies und Inga/Bodo befreundet und bewohnen im idyllischen ...

Bei Hanser Blau erscheint der Roman "Unter Wasser Nacht" von Kristina Hauff.

Seit ihrer Zeit als Aktivisten in Gorleben sind die Paare Sophie/Thies und Inga/Bodo befreundet und bewohnen im idyllischen niedersächsischen Wendland einen Hof mit Scheune. Doch ihre frühere Freundschaft ist inzwischen zerbrochen. Thies und Sophie haben ihren Sohn Aaron verloren, er ertrank in der Elbe, der Grund seines Ertrinkens wurde nie aufgeklärt. Die Trauer und Schuldgefühle sitzen tief und umso schlimmer ist es für das Paar, weil sie täglich neidvoll vor Augen haben, wie Inga und Bodo mit ihren Kindern ein scheinbar perfektes Familienleben führen. Die Gründe für den Tod kommen ans Licht, als eine Besucherin einige Dinge über Aarons Leben aufdeckt.

"Sie liebte ihren Sohn. So sehr. Aber manchmal war das Gefühl wie verschüttet, unter dicken Schichten von Geröll. Manchmal wusste sie einfach nicht, wer er war. Er war ihr fremd." Zitat Seite 56

Zwei Paare teilen sich im Wendland einen Hof. Anfangs waren sie eng befreundet, doch nach dem Tod von Aaron geht man sich aus dem Weg und die Stimmung ist angespannt. Was ist geschehen? Die dahinter verborgenen Gründe und schmerzhaften Wahrheiten werden im Laufe der Geschichte aufgedeckt.

Kristina Hauff schreibt sehr flüssig und beschreibt bildhaft und fast schon poetisch die Landschaft und das Elbufer. Vor dieser Naturidylle lässt sie ein Drama ihrer Figuren ablaufen. Kapitelweise wechselt die Perspektive und aus der Sicht ihrer Figuren taucht man immer tiefer in die Geschichte ein und erhält damit Einblicke in deren Seelenleben. Jeder hat das Leben mit Aaron und mit seinem Verlust anders erlebt.


Dieser Roman zeigt, wie sich Geheimnisse auf die Beziehungen von Menschen auswirken können. Die Ehe von Thies und Sophie steht durch den Verlust ihres Kindes auf der Kippe, die Freundschaft beider Paare ist darüber zerbrochen. Mit den Auftauchen von Mara aus dem dänischen Freistadt Christiania, lockert sie die melancholische Stille zwischen den Familien mit ihrem umgänglichen Wesen etwas auf, freundet sich mit ihnen an und wirbelt damit aber reichlich Staub aus der Vergangenheit auf, mehr als den Bewohnern lieb ist. Aber sie bringt wieder Leben in die Bewohner und es entwickelt sich sogar wieder eine lockere Beziehung. Als Mara jedoch eine andere Seite von sich zeigt und die Eltern mit Vorwürfen überhäuft, beginnen die Paare über sie nachzuforschen.

Das Buch hat eine fesselnde Wirkung, weil die Hintergründe um den Tod von Aaron einfach neugierig machen. Jeder der Protagonisten hat eigene Probleme, aber niemand ist fähig, darüber zu sprechen. Während des Lesens habe ich mich immer gefragt, wie jeder Einzelne unter den Umständen gelitten haben muss. Wie schmerzhaft muss es für eine Mutter sein, wenn sie ihr Kind nicht mehr so lieben kann wie sie es möchte, weil es ihr fremd wird und es dann von einem auf den anderen Tag stirbt? Aarons Verhalten entpuppt sich alles andere als friedlich. Er ist ein gewalttätiges Kind, neigt zu aggressiven Aussetzern und setzt die Nachbarstochter Jella unter Druck. Warum hat das niemand gemerkt, wo man doch so eng beieinander wohnt? Und warum haben die Eltern keine professionelle Hilfe geholt? Auch hat es mich gewundert, dass Mara hier so schnell Vertrauen gewinnen konnte.

Die Konflikte der Charaktere kommen in den Dialogen ans Licht, manches wird aber nur angedeutet. Trotzdem werden die Sorgen, Trauergefühle und Ängste sichtbar gemacht. Einiges erscheint mir etwas aufgesetzt und ich konnte auch zu keiner Figur eine besondere Nähe aufbauen. Was ja nicht zwingend erforderlich ist.

Diese Story hat mich gefesselt und ich mag den interessanten Kontrast zwischen schöner Naturkulisse und familiären Problemen. Ein Gegenwartsroman, der menschlichen Lebenswegen, Erfahrungen und Beziehungsnöte aufdeckt und einem Drama auf die Spur kommt.

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Veröffentlicht am 09.02.2021

Ein unerschrockenes Seniorinnen-Trio ermittelt auf unterhaltsame Weise

Mord mit Puderzucker
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Der Kriminalroman"Mord mit Puderzucker" von Jutta Mehler erscheint im Emons Verlag.

Thekla, Hilde und Wally sind drei ältere Freundinnen und unternehmen einen Ausflug ins Nationalparkzentrum Lusen, dort ...

Der Kriminalroman"Mord mit Puderzucker" von Jutta Mehler erscheint im Emons Verlag.

Thekla, Hilde und Wally sind drei ältere Freundinnen und unternehmen einen Ausflug ins Nationalparkzentrum Lusen, dort leben Wölfe, Luchse und es gibt einen Baumwipfelpfad. In erster Linie wollen sie aber Wallys Tochter Christina besuchen. Doch zuvor machen sie einen gräßlichen Fund, in einer Baumkrone hängt ein Toter, es ist Anselm, der neue Freund von Christina. Der Ermittlungseifer der drei Hobbydetektivinnen ist geweckt und der persönliche Bezug macht eine Aufklärung erst recht nötig. Durch wen musste Anselm sterben? Es beginnt eine wilde Ermittlungsjagd, bei der sich die drei Damen auch noch selbst in Gefahr bringen.


Dieser Krimi ist der 7. Teil einer Reihe, in der die drei Freundinnen Thekla, Hilde und Wally ihrem Hobby als Detektivinnen nachgehen. Seit ihrer Jugend sind sie befreundet und bilden trotz ihrer unterschiedlichen Charaktere ein perfektes Team. Jede kennt die Eigenarten der anderen und so ergänzen sie sich perfekt. Hilde ist der Kopf der Truppe, energisch und mit reichlich Mut ausgestattet. Die vernunftbegabte Thekla ist eher nachdenklich und untersucht alles akribisch, während Wally eher zurückhaltend und auf Vorsicht bedacht ist.

Als dieser Todesfall das Lebensglück von Wallys Tochter Christina beschattet, nehmen die drei Damen unverzüglich die Spurensuche auf. Immerhin haben sie mit Kreisbrandrat Ali Schraufstetter einen Ansprechpartner, mit dem sie immer wieder ihre Ermittlungsergebnisse austauschen. Die Handlung besteht hauptsächlich aus der Ermittlung, die wechselseitig aus der Sicht des Trios erzählt wird. Mir hat die Charakterdarstellung bei diesem Krimi am meisten gefallen, hier werden lebensnahe Figuren beschrieben, die Ecken und Kanten und auch ihre besonderen Lebenserfahrungen mit sich tragen.

Der Todesfall fand im Nationalpark Lusen statt, Jutta Mehler baut einige interessante Fakten zu diesem geschützten Waldgebiet in ihr Buch ein, die den regionalen Bezug herstellen und mich an meinen eigenen Besuch erinnert haben. Ihr Erzählstil ist sehr flüssig, mit den Dialogen auch lebendig und zuweilen auch humorvoll angelegt. Das Trio befragt Ranger des Parks, Mitarbeiter und Freunde des Toten. Es gibt Waldbauern, die gar nicht gut auf den Nationalpark zu sprechen sind, sie möchten dem geschützten Borkenkäfer den Garaus machen. Die Spannungskurve liegt auf einem mittleren Niveau, steigt aber zum Ende hin noch einmal rasant an. Der Täterkreis ist eingegrenzt, man kann gut mitraten und ich wurde gut unterhalten. Es gibt einige ausführliche Erklärungen, die für den nichtgeübten Krimileser manche Spuren genauer beschreiben. Das hat mich aber nicht sonderlich gestört, ich mochte das Ermittlungs-Trio und habe mich ein wenig mit ihnen angefreundet.

Dieser Krimi kommt ohne Blutvergießen aus, zeigt regionale Besonderheiten auf, sorgt für gute Unterhaltung und ist somit die geeignete Nachmittagslektüre.

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Veröffentlicht am 07.02.2021

Ein großartiger Fotobildband zum Staunen und Entdecken!

Aves | Vögel. Charakterköpfe
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Das Sachbuch "AVES - Vögel Charakterköpfe" enthält Fotografien von Tom Krausz und Texte von Elke Heidenreich und Urs Heinz Aerni, es erscheint im Dölling und Galitz Verlag.

»Noch nie habe ich in so viele ...

Das Sachbuch "AVES - Vögel Charakterköpfe" enthält Fotografien von Tom Krausz und Texte von Elke Heidenreich und Urs Heinz Aerni, es erscheint im Dölling und Galitz Verlag.

»Noch nie habe ich in so viele faszinierende Vogelgesichter geblickt wie in diesem Buch. Wir sehen sprechende Gesichter, Charakterköpfe: Rechtsanwälte, Mafiosi, Hausfrauen, Charmeure, Betrüger und Naive - wie im richtigen (Menschen-)Leben -, wir sehen den Punk und den strengen Gelehrten. Und wir begreifen die Individualität jedes einzelnen dieser Tiere wie die jedes einzelnen Menschen«, schreibt Elke Heidenreich in diesem ungewöhnlichen Fotobuch.

Aves, lateinisch für Vögel, sind eine Klasse der Wirbeltiere, deren Vertreter Flügel, Federn und einen Schnabel aufweisen.

Dieser Bildband enthält Schwarz-Weiß-Fotografien von den Porträts einzelner Vögel aus rund 60 Vogelarten. Dabei werden Lebensräume und Umgebung ausgeblendet, es gibt nur den direkten Blickkontakt mit dem einzelnen Indiviuum. So wird der Blick auf die jeweilige Physiognomie des einzelnen Vogels gelegt.

Doch nicht nur die Fotografien begeistern, auch die Texte, die Elke Heidenreich und Urs Heinz Aerni auf humorvolle, ernste und immer der Vogelgattung spezifizierte Weise beisteuern, lassen sich unterhaltsam und lehrreich lesen.

Interessant ist auch ein Essay zur Physiognomie der Vögel von Literaturwissenschaftler Dietmar Schmidt. Zu allen Vogelarten gibt es einen Überblick der biologischen Kurzmerkmale, mit Angaben zum Vorkommen, zur Lebensweise und dem Status auf der Roten-Liste der gefährdeten Arten.

Wir befinden uns Auge in Auge mit verschiedenen Vögeln, alles unterschiedliche Gattungen und individuelle Charakterköpfe, die mit ihrem Blick den Betrachter anvisieren. Was geht dabei wohl in ihnen vor? Jeder einzelne Vogel ist vor den Menschen auf der Hut, ist mit seinem Überlebenskampf beschäftigt und der Mensch zerstört den natürlichen Lebensraum.

Was macht das Verhältnis zwischen Mensch und Vogel aus? Wir betrachten sie, lauschen ihrem Lauten und bestenfalls ihrem Gesang und erleben sie in ihrem Lebensraum, den sich der Mensch immer mehr zu eigen macht. Bei diesen Auge-in-Auge-Porträts scheint es so, als ob die Vögel uns betrachten und man bemerkt ihre individuellen Charakterzüge.

Diese ausdrucksstarken Vogelporträts zeigen die Persönlichkeit jeden Vogels und das ist nicht nur für Hobbyornithologen ein großes Vergnügen. Bei Elke Heidenreichs Texten kann man schmunzeln, sie erwähnt neben allerlei Erbaulichem auch kleine Kurzgedichte. Auch Urs Heinz Aerni weiß einige Anekdoten zum Besten zu geben und so bilden die Texte den passenden Rahmen für die Vorstellung der Vogelgesichter.

Ob exotisch oder einheimisch, hier zeigen Spatz, Meise, Mönchsgeier, Andenkondor, Harpyie, Schuhschnabel und Schleiereule aus nächster Nähe ihre Vogelgesichter und mit scheinbar großer Würde. Sie haben fast menschliche Ausdrücke und wirken neugierig, ängstlich, skeptisch, verletzlich, kämpferisch und bemerkenswert sonderbar. Es sind verletzbare Individuen, die von ihren Lebensräumen abhängig sind. Wir müssen uns ihrer annehmen, um die Arten erhalten.

Auge in Auge mit einzelnen Vögeln, so sieht man sich sonst nie. Ein wunderbarer Fotoband zum Staunen, Freuen, Wundern oder Entdecken. Für Vogelfreunde ein ganz besonders schönes Geschenk!

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