Cover-Bild Mondbad
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18,50
inkl. MwSt
  • Verlag: litradukt Literatureditionen
  • Themenbereich: Belletristik
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 215
  • Ersterscheinung: 16.04.2025
  • ISBN: 9783940435507
  • Empfohlenes Alter: ab 14 Jahren
Yanick Lahens

Mondbad

Jutta Himmelreich (Übersetzer)

Eine haitianische Saga vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. In nüchterner und zugleich poetischer Sprache erzählt Yanick Lahens vom schicksalhaften Neben-, Mit- und Gegeneinander der Großfamilien Lafleur und Mésidor, die einen Bauern, Fischer und Diener der Voodoogeister, die anderen Großgrundbesitzer. Es entsteht ein einzigartiges Porträt des ländlichen Haiti mit seinen traditionellen Glaubensvorstellungen und Bräuchen. Dabei werden immer wieder die Trennlinien zwischen denen, die stets »Jäger« und denen, die immer »Beute« sind, sichtbar. Ein Sittengemälde, dessen Faszination man sich nicht entziehen kann.

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Lesejury-Facts

  • Dieses Buch befindet sich bei MarieOn in einem Regal.
  • MarieOn hat dieses Buch gelesen.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.04.2025

Spannend, bewegend und erhellend

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Eine Frau am Boden. Sie hat starke Schmerzen, will aufstehen, kann nicht. Hinter ihr rauscht die See. Vor ihr steht ein Mann, seine stinkenden Schuhe direkt vor ihrer Nase. Er lässt sein Nokia fallen, ...

Eine Frau am Boden. Sie hat starke Schmerzen, will aufstehen, kann nicht. Hinter ihr rauscht die See. Vor ihr steht ein Mann, seine stinkenden Schuhe direkt vor ihrer Nase. Er lässt sein Nokia fallen, trifft ihre Schläfe, hebt es auf ohne sie zu berühren, zittert, stottert ins Handy. Sie denkt an ihre Ahnen.

Tertulien ritt von Dorf zu Dorf, demonstrierte, lässig im Sattel sitzend, Macht. Mit breitkrempigem Strohhut über den hervorstehenden Augen, ein Langmesser am Gürtel, zwei weitere Reiter im Schlepptau zügelt Tertulien Mésidor sein nervöses Pferd. Sein Blick traf Olméne Durival, die davon nichts merkte. Sofort verfiel der fünfundfünfzigjährige der knapp vierzig Jahre Jüngeren. Er war ein Don, (Großgrundbesitzer), dreiviertel des Landes hinter den Bergen gehörten ihm. Er kaufte Olménes Mutter Ermencia den ganzen Fang Fische, die Hirse, Süßkartoffeln, Bohnen und Yamswurzel ab. Die beiden Frauen lebten in Ti Pistache, unweit von Anse Bleue, dem Dorf aus Tuff, Salz und Wasser. Sie waren die Nachkommen der Lafleurs, den Bauern und Fischern, die ihr Land schon längst an die Mésidors verloren hatten.

Bonal Lafleur musste dem alten Anastase Mésidor für wenig Geld Boden überlassen. Danach wurde er mit leeren Taschen gefunden, einen tiefen Schnitt im Rücken. Sie wussten, dass er einem Hinterhalt der Großfamilie Mésidor erlegen war und fühlten sich schutzlos, weil er seine Geister mit sich genommen hatte. Bonals Frau Dieula war eine namhafte Mamba (Voodoopriesterin). Sie bereitete die Rituale vor und verschwand vier Wochen im Busch um Buße zu leisten. Vier Tage nach ihrer Rückkehr starb Mésidors vierter Sohn, es kann die Schwindsucht gewesen sein oder Malaria, vielleicht auch das Dengue Fieber, man weiß es nicht.

Fazit: Die mehrfach ausgezeichnete haitianische Autorin erhielt für dieses Buch 2014 den Prix Femina und das ist völlig verständlich. Yanick Lahens zeigt mit ihrem allwissenden Erzähler die schwer verletzte Protagonistin. Sie liegt am Strand und ihre Gedanken erzählen die Geschichte ihres Landes. Zwei Familien, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die einen sind seit ewig arm und versuchen mit Gemüseanbau und Fischfang zu überleben. Die anderen sind seit Generationen reich, skrupellos und ausbeuterisch. Die Bauern sind friedfertig und gläubig. Sie huldigen ihren Geistern und heißen durch Missionierung Fragmente der Katholiken in ihren Riten und Kulten willkommen. Voodoo bedeutet, die Geister durch Gaben und Tänze zu besänftigen, um bessere Ernten einzufahren, nicht um Rache zu führen. Sie sind eins mit der Natur und dem Großgrundbesitzer und der späteren Miliz hilflos ausgeliefert. Obwohl ich die anfänglichen Namen verwirrend fand (am Buchende gibt es einen hilfreichen Stammbaum) hat mich die Geschichte in ihren Bann geschlagen. Einmal, weil die Autorin ein ganz großes Schreibtalent ist, die mich bildreich durch die Seiten reisen ließ, aber auch, weil ich so viel über die haitianische Kultur der Ureinwohner erfahren habe. Über deren Bräuche, Speisen, Rituale und eben auch über ihre Ohnmacht darüber, den Machtverhältnissen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein. Das war spannend, erhellend und bewegend. Die Lust an der Karibik trieb mich nach dem Lesen ins Internet, um noch viel mehr über dieses gebeutelte Entwicklungsland zu erfahren. Und nun geht meine Vorstellung über dunkelhäutige schöne Menschen und Frauen in Baströckchen schon recht weit hinaus.

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