Cover-Bild Kalmann
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22,00
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  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 352
  • Ersterscheinung: 26.08.2020
  • ISBN: 9783257071382
Joachim B. Schmidt

Kalmann

Er ist der selbsternannte Sheriff von Raufarhöfn. Er hat alles im Griff. Doch in Kalmanns Kopf laufen die Räder manchmal rückwärts. Als er eines Winters eine Blutlache im Schnee entdeckt, überrollen ihn die Ereignisse. Mit seiner naiven Weisheit und dem Mut des reinen Herzens wendet er alles zum Guten. Kein Grund zur Sorge.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.09.2020

Beeindruckend bedrückend

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Kalmann, Ich-Erzähler dieses Romans und laut eigener Aussage gemäß anderer Aussagen auf dem geistigen Niveau eines Erstklässlers geblieben, obschon er inzwischen tatsächlich eher Mitte als Anfang 30 ist, ...

Kalmann, Ich-Erzähler dieses Romans und laut eigener Aussage gemäß anderer Aussagen auf dem geistigen Niveau eines Erstklässlers geblieben, obschon er inzwischen tatsächlich eher Mitte als Anfang 30 ist, und im Verlauf des Romans von Kindern des Dorfes als „Downi“ verspottet, während seine definitive geistige Beeinträchtigung aber unklar bleibt, schwankt in seinem Status irgendwo zwischen „Dorftrottel“ und „wunderlicher Eigenbrötler“ – tatsächlich fantasiert er von einem Leben als „ganz normaler“ Erwachsener, er weiß, wie (das) Leben im Durchschnitt funktioniert, und ist zuweilen sehr verblüfft, dass es bei ihm irgendwie doch nicht so funktioniert, und das, obschon er doch jetzt bereits „alt“ ist bzw. so alt, dass selbst wenige Jahre jüngere, ehemalige MitschülerInnen inzwischen längst Nachwuchs im schulfähigen Alter haben, während er noch nie Sex gehabt hat. Er ist mitunter sehr schrullig, und auch bockig – oftmals erinnerte er mich an ein Kind in einer Trotzphase, nur dass Kalmann mir weitaus anstrengender erschien, wenn es eben auch das Kindliche war, das ihn als erzählende Hauptfigur letztlich sehr sympathisch machte, wobei er definitiv ein Protagonist ist, mit dem man sich erst anfreunden muss.

Mittig in der Erzählung hatte ich einen kurzen Durchhänger, da ich das Gefühl hatte, dass die Geschichte auf der Stelle trat, wobei sich hierin für mich auch die karge Ödnis der abgelegenen Szenerie widerspiegelte. Nachdem dieser eben kleine Durchhänger überwunden war, kam dafür mehr und mehr in mir ein Verdacht bezüglich der echten Umstände von Róberts Verschwinden auf, wobei dieser Verdacht am Schluss zum Teil bestätigt wurde, zum Teil aber doch verblüffend anders war, wobei mich insbesondere Letzteres sehr positiv überraschte, da es die vermeintliche, zumindest für mich, Vorhersehbarkeit eben völlig zunichtemachte.

Insgesamt hat mir „Kalmann“ sehr gut gefallen; ich bin froh, ihn während einiger bereits etwas herbstlich anmutenderer Spätsommertage gelesen zu haben: Für die große Hitzewelle wäre er mir vermutlich ein zu karger Begleiter gewesen und für eisige Wintertage würde mir die eher einsame (obschon Kalmann in seiner Sonderlichkeit auffallend gut im Dorf eingebunden ist) Stimmung im Buch wohl zu deprimierend gewesen sein. von daher kam diese Lektüre nun grad zum rechten Zeitpunkt für mich und „Kalmann“ zählt da definitiv zu meinen bisherigen Leselieblingen 2020.


[Ein Rezensionsexemplar war mir, via Vorablesen, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Veröffentlicht am 07.09.2020

Berührend

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Kalmann wohnt in Island in Raufarhöfn. Genauso wie sein Großvater ist er Haifischfänger und Jäger von Füchsen. Zu seinem Großvater hat Kalmann eine tiefe Verbindung. Von ihm hat er die Herstellung von ...

Kalmann wohnt in Island in Raufarhöfn. Genauso wie sein Großvater ist er Haifischfänger und Jäger von Füchsen. Zu seinem Großvater hat Kalmann eine tiefe Verbindung. Von ihm hat er die Herstellung von Gammelhai gelernt. Als er eines Tages Blut im Schnee entdeckt, fängt er an als selbsternannter Sheriff zu ermitteln.

Joachim B. Schmidt hat einen sehr liebenswerten Roman geschrieben. Es ist ein sehr ruhiger Roman und es werden die Erlebnisse in der Ich-Perspektive von Kalmann geschildert. Die Sprache war sehr flüssig zu lesen. Kalmann ist geistig etwas zurückgeblieben. Er ist keinesfalls dumm. Man folgt den Gedanken von Kalmann. Sie sind auch leicht philosophisch angehaucht. Er wird sehr herzgewinnend dargestellt. Am Anfang habe ich etwas gebraucht, um in den Roman reinzukommen. Aber nach einiger Zeit hat er eine wahre Sogwirkung entwickelt, dass ich immer weiter lesen musste. Das Ende hat mich sehr überrascht. Damit habe ich gar nicht gerechnet. Sehr gefallen haben mir die athmosphärischen Schilderungen der Natur und der Landschaft von Island.

Ein sehr zu empfehlender Roman mit einem liebenswürdigen Charakter, mit wunderschönen Landschaftsschilderungen von Island und mit Krimi-Elementen.

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Veröffentlicht am 06.09.2020

Islands rauer Norden

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In Raufarhövn, einem ehemals geschäftigen, mittlerweile aber vom Niedergang der Fischerei betroffenen Hafenort in Islands schroffen und ungemütlichem Norden spielt die Geschichte, die Joachim B. Schmidt ...

In Raufarhövn, einem ehemals geschäftigen, mittlerweile aber vom Niedergang der Fischerei betroffenen Hafenort in Islands schroffen und ungemütlichem Norden spielt die Geschichte, die Joachim B. Schmidt aus der Sicht von Kalmann erzählt.
Zu Beginn weiß man nicht so recht, wo die Erzählung hinführt, Kalmann erzählt die Geschichte auf seine ganz eigene Art und die folgt nicht immer einer Logik, ist mal lang und ausufernd, mal kurz und abgehackt, dann endet ein Gedankengang abrupt, denn Kalmann tickt im Kopf nicht wie andere Menschen, Zyniker bezeichnen ihn auch als Dorftrottel. Doch auch wenn er in der Schule nicht mithalten konnte und seine Gedankengänge manchmal ins Stolpern zu geraten scheinen, kommt er in der kargen Natur des eisigen Nordens und auf dem Meer sehr gut zurecht, er ist Jäger und Haifischfänger und der selbsternannte Sheriff von Raufarhövn, ausgestattet mit Cowboyhut, Sheriffsstern und einer echten Mauserpistole passt er auf Raufarhövn und seine Einwohner auf.
Langsam entfaltet sich die Geschichte, die damit beginnt, dass Kalmann auf der Jagd eine große Blutlache findet und im Dorf ein Einwohner vermisst wird. Und am Ende kommt alles anders als man denkt.

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Veröffentlicht am 03.09.2020

Mann mit Hut

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Der in Island lebende Autor Joachim B. Schmidt hat mit "Kalmann" einen rührendkomischen Roman mit kriminalistischen Anleihen geschrieben. Der 33-jährige Protagonist und Ich-Erzähler lebt in seiner eigenen, ...

Der in Island lebende Autor Joachim B. Schmidt hat mit "Kalmann" einen rührendkomischen Roman mit kriminalistischen Anleihen geschrieben. Der 33-jährige Protagonist und Ich-Erzähler lebt in seiner eigenen, fast autistischen und etwas zurückgebliebenen Welt, weiß aber dennoch viel: "Wenn man unter einen Eisbär zu liegenkommt, wird es dunkel und warm." Von seinem Großvater hat er das Haifischen und vieles mehr im Leben gelernt, er bleibt auch in Erinnerungen sein Wegweiser - nur ist dieser jetzt sehr schwach im Pflegeheim untergebracht. Kalmann hat keinen Bezug zu Frauen, ist es gewohnt, der Dorftrottel zu sein, stellt aber vorzüglichen Gammelhai her und sieht sich als Sheriff in dem maroden Hafendorf Raufarhöfn - einst hat es vom Fischfang gelebt, aber diese goldene Zeiten sind nach der Umverteilung der Fischfangquoten längst vorbei.

Bei einen seiner Streifzügen und auf der Jagd nach einem Polarfuchs entdeckt Kalmann eine Blutlache - könnte das Blut von dem vermissten, reichen und snobbigen Hotelier stammen? Kalmann geht ausgestattet mit Cowboyhut, Sheriffstern und Pistole zwischen den Journalisten, Polizisten und der litauischen Mafia auf Spurensuche - und scheint ein Geheimnis zu bergen.

"Kalmann" ist kein Krimi im herkömmlichen Sinne, sondern ein sonderbarer, aber flüssig zu lesender Trip in die detaillierte Gedanken- und Gefühlswelt eines isländischen Eigenbrötlers mit gelegentlichen Wutausbrüchen, der einfach anders tickt. Aber warum nicht mal die Perspektive wechseln und sich in den Bann eines schrägen Typens mit gutmütigem Herzen begeben? Obendrein leuchten schroffe und irrsinnig schöne Landschaftsbeschreibungen in dem Buch, wenn Kalmann endlos in der Natur zu wandern scheint. Ein packender Kerl mit Hut, dieser Kalmann! Und seine Gedanken sind gar nicht so zurückgeblieben, wie es anfangs scheint. Manche Einsichten sind weise und komplex - und lakonische Einwürfe garantiert.

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Veröffentlicht am 01.09.2020

Roman mit kriminalistischen Elementen mit einem gutmütigen, besonderen Alltagshel

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Der titelgebende Protagonist des Romans „Kalmann“ von Joachim B. Schmidt ist 33 Jahre alt und lebt im Norden Islands in dem nur 173 Einwohner zählenden Raufarhövn. Er ist bei seiner Mutter und seinem Großvater ...

Der titelgebende Protagonist des Romans „Kalmann“ von Joachim B. Schmidt ist 33 Jahre alt und lebt im Norden Islands in dem nur 173 Einwohner zählenden Raufarhövn. Er ist bei seiner Mutter und seinem Großvater Odin in dessen Haus großgeworden. Von anderen hat Kalmann erfahren, dass er über keine besondere Intelligenz verfügt. Odin hat ihm beigebracht den Alltag zu meistern, aber inzwischen lebt sein dementer Großvater in einem Pflegeheim.

Polarfuchsjäger und Haifischfänger ist Kalmanns Berufung. Sein amerikanischer Vater hat ihm einige Sachen aus Familienbesitz geschenkt und mit Würde trägt er den Cowboyhut und den Sheriffstern, die ihm dabei helfen seine Courage und seinen Anspruch, sein Dorf zu beschützen, nach außen zu tragen. Eines Tages findet er bei einem Streifzug durch die Gegend eine Blutlache, die sich langsam mit dem fallenden Schnee vermischt. Blut an seinen Händen wirft im Dorf Fragen auf und setzt eine Serie von Ereignissen in Gang, die der Ort noch nie erlebt hat.

Kalmann erzählt in der Ich-Form, so dass ich an seiner ständigen Selbstreflektion teilhaben konnte. Er ist ein ungewöhnlicher Romancharakter. Sein Großvater hat ihm wertvolle Kenntnisse vermittelt und seine Sinne geschärft. Er ist ein guter Beobachter und ebenso guter Zuhörer. Obwohl seine sozialen Kontakte aufgrund der abgeschiedenen Ortslage beschränkt sind, schöpft er aus den Begegnungen und Interaktionen mit den Bewohnern seine Erkenntnisse. Odin hat ihm viele Regeln für das Zusammenleben und den Alltag gegeben, an denen er sein Leben ausrichtet, an denen er aber neue Erfahrungen prüft und einordnet. Seine Ansichten über Frauen sind einseitig und richten sich nur danach aus, Liebe zu empfangen und Kinder zu bekommen, eventuell hängt das mit dem Wunsch zusammen, mit einer Partnerin so glücklich wie seine Großeltern zu werden. Seine Mutter dient dabei eher als negatives Beispiel, denn sie hat als Alleinerziehende wenig Zeit für ihn als Kind gehabt. Er ist fleißig und eifert in vielem Odin nach. Seine unberechenbare Wut hielt jedoch meine Sympathie für ihn in Grenzen.

Joachim B. Schmidt ließ mich tief eintauchen in die verschneite Landschaft der Insel. Er versteht es sehr gut, die Atmosphäre eines abgelegenen Orts mit wenigen Einwohnern zu vermitteln. Im Laufe der Erzählung wurden die Sorgen und Probleme der Bewohner immer deutlicher. Lebten sie früher vom Fischfang, so ist die Branche heute aufgrund einer Fangquotenregelung kaum noch von Bedeutung. Gleichzeitig wirkt sich der Umstand ebenfalls auf die damit in Zusammenhang stehende Verarbeitung der Fische aus. Jedoch zeigt der Autor auch, dass aktuelle weltpolitische Themen nicht an Island und nicht an einem kleinen Ort im Norden der Insel vorbeigehen. Der Autor erzählt einiges über die Kultur der Isländer. Ich war darüber verwundert, dass es den beschriebenen arktischen Steinkreis tatsächlich auf Island gibt, um damit Touristen anzuziehen.

„Kalmann“ von Joachim B. Schmidt ist ein Roman mit kriminalistischen Elementen, der von einem gutmütigen, besonderen Alltagshelden handelt. Seine Arglosigkeit, die verbunden ist mit gelebten Regeln, die immer wieder auf den Prüfstand geraten, regt zum Nachdenken über viele Details an, die uns sonst bei unseren täglichen Verrichtungen verborgen bleiben. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

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