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Veröffentlicht am 30.09.2023

Gut geschriebene Krimigeschichte

Holly
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Bereits im Vorfeld muss ich erwähnen, dass King in seinem neuen Werk erneut die Corona-Pandemie aufgreift und auch hier sein Liebings-Feind Trump eine große Rolle spielt. Dennoch habe ich mich wieder mit ...

Bereits im Vorfeld muss ich erwähnen, dass King in seinem neuen Werk erneut die Corona-Pandemie aufgreift und auch hier sein Liebings-Feind Trump eine große Rolle spielt. Dennoch habe ich mich wieder mit Holly auf Spurensuche begeben und muss sagen: Die Realität, vermischt mit Kings Fantasie, ist einfach einzigartig!

Holly, die Figur, scheint King sehr am Herzen zu liegen. Bereits in „Der Outsider“ hatte sie eine große Rolle inne, nach einigen kleinen Auftritten in anderen seiner Bücher. Nun ist sie unsere Hauptprotagonistin und führt uns mit ihren Ermittlungen durch ein Amerika, in dem Verschwörungstheoretiker glauben, dass Menschenfleisch den Alterungsprozess stoppt. Puh. Dieses Mal ist der Horror also nicht übernatürlich, sondern menschengemacht.

Holly als Figur ist überaus interessant, jedoch kein einfacher Charakter. An manchen Stellen musste ich mich vergewissern, dass sie tatsächlich eine gestandene Frau in der zweiten Lebenshälfte ist – ihre „Holly-Hoffnung“ erinnerte mich an innere Göttinnen, die ich ebenfalls nicht ernst nehmen konnte. Aus den vorigen Büchern wusste ich natürlich, dass sie ihr Päckchen zu tragen und King sie komplex aufgebaut hat. Wer ihr bislang nicht begegnet ist, sei unbesorgt, denn das tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch. Der Autor erwähnt Hollys Vergangenheit immer wieder und zeigt damit, wie sehr den 75-Jährigen ihr Schicksal umtreibt. Holly weiß um ihre Traumata und musste lernen, dass es Dämonen gibt, die man nicht einfach so loswird.

Die Atmosphäre ist düster und beklemmend. Für mich sind die Themen, die King der Realität entliehen hat, irgendwann in den Hintergrund gerückt. Insbesondere im letzten Viertel flogen die Seiten nur so dahin. King schafft es immer wieder, viele Einzelschicksale in seinen Büchern zu einem großen Ganzen zu verweben. Aus einem normalen Vermisstenfall entwickelt sich ein Grauen, dessen Ausmaße bis zum Schluss undenkbar sind. Hier und da hätte dem Plot etwas Tempo, Feinschliff und Pepp gutgetan, doch es schien so, als hätte King zu seinen alten Wurzeln zurückgefunden.

Zum Stil per se lässt sich nur so viel sagen: Entweder man liebt oder man hasst ihn. Dazwischen gibt es nichts. King schreibt ausufernd, verliert sich zuweilen in Nebensträngen, der rote Faden wird über drei Ecken gesponnen. Und es gibt Passagen, die ziehen sich derart in die Länge, dass man mitunter vergisst, worauf der Autor eigentlich hinaus wollte. Das ist eben sein Stil. So kennt man seine Schreibe. Und so ist es auch in diesem Werk.

Fazit: So richtig vergleichen lässt sich „Holly“ nicht mit „Es“ oder „Shining“ oder anderen Werken von King. Wenn man das Buch einzeln und unabhängig bewertet, kann man es als gut gemachten Krimi verzeichnen. Auch wenn ich auf die politischen Elemente gerne verzichtet hätte, konnte mich der Roman insgesamt gut unterhalten.

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Veröffentlicht am 20.09.2023

Mit einem Unterton von Unbehagen

Die Fremden in meinem Haus
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Das Erste, was ich mich gefragt habe, als ich den Klappentext las, war: Wie kann es sein, dass man abends nach Hause kommt und eine fremde Familie im eigenen Haus wohnt? Die Antwort ergibt sich schnell, ...

Das Erste, was ich mich gefragt habe, als ich den Klappentext las, war: Wie kann es sein, dass man abends nach Hause kommt und eine fremde Familie im eigenen Haus wohnt? Die Antwort ergibt sich schnell, denn Fiona und Bram sind getrennte Eltern, die das Nestmodell leben. Sprich: Die Kinder wohnen fest im Haus, die Eltern wechseln sich dort ab und leben abwechselnd dort und in einer kleinen Wohnung. Dadurch erschien mir der Knackpunkt schon mal nicht allzu konstruiert.

Die Story selbst wird abwechselnd aus der Perspektive der Beiden geschrieben. Fionas Sicht der Dinge erfahren wir durch eine True-Crime-Podcast-Aufnahme. Sie muss ihre Worte weise wählen, denn jeder könnte sie hören und sie muss ihr Image aufrechterhalten. Lieber würde sie so sprechen, wie ihr der Schnabel gewachsen ist, das ist aber nur eingeschränkt möglich. Bram hingegen kann frei von der Leber weg erzählen - und der Grund hierfür stimmt ein wenig traurig.

Dieser Sichtwechsel war erfrischend und die doch sehr unterschiedlichen Stile haben enorm dazu beigetragen, die Charaktere mehrdimensional zu gestalten. Dennoch fand ich insgesamt, dass Fiona viel zu leichtgläubig dargestellt wurde, fast schon unrealistisch für ihren Charakter. Und Bram – sollte ich mit ihm mitfühlen wegen seines Schicksals? Ihn für seine Handlungen gedanklich ohrfeigen? Ist er hier eher der Antagonist? Spannend!

Zwar konnte ich mir relativ schnell zusammenreimen, was geschehen ist, und meine Vermutung hat sich am Ende auch bestätigt. Dennoch hatte ich durchgehend Spaß am Lesen und habe die Geschichte sehr genossen.

Fazit: Klug konstruiert, fesselnd, mit einem Unterton von Unbehagen und Nervenkitzel - ein blutdrucksteigernder Thriller mit kleineren Schwächen, über die man ruhigen Gewissens hinwegsehen kann, weil alles andere passt.

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Veröffentlicht am 06.09.2023

Gelungener Fantasy-Mix

Die Schwarze Königin
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Die Geschichte um die titelgebende schwarze Königin ist in zwei Zeitebenen geteilt. Die erste spielt im 15. Jahrhundert und nimmt nach einem kurzen Prolog auch sofort Fahrt auf. Barbara von Cilli hält ...

Die Geschichte um die titelgebende schwarze Königin ist in zwei Zeitebenen geteilt. Die erste spielt im 15. Jahrhundert und nimmt nach einem kurzen Prolog auch sofort Fahrt auf. Barbara von Cilli hält nicht viel davon, nur die Frau an der Seite von König Sigismund zu sein und bildet sich selbst fort. Insbesondere Magie und Alchemie sind ihre Steckenpferde, die ihr zum Beinamen „die schwarze Königin“ verholfen haben. Sie zieht Vlad Dracul, Geisel am ungarischen Hof, in ihr Vertrauen. Ihr gemeinsames Ziel wird es, die Untoten auszurotten. Heitz gelingt es, die Ungleichheit der Beiden dazustellen und sie trotzdem auf einer gemeinsamen Welle reiten zu lassen.

Der zweite Erzählstrang ist in der Gegenwart angesiedelt und war für mich lange Zeit der weniger interessante. Len vertritt seine Großmutter auf einer Reise nach Prag. Zwar hat er ihre Geschichten im Hinterkopf: Er als Draculesti ist ein Nachfahre von Vlad II. und somit ein Feind der Vampire. Aber wer bitte glaubt seiner Großmutter solche Geschichten? Len nicht, bis sein Leben in Gefahr gerät.

Normalerweise interessieren mich bei Stories dieser Art mehr die, die in der Gegenwart spielen. Hier jedoch war es genau umgekehrt. Len blieb für mich lange farblos, eher ein Nebencharakter. Seine Motivation war nicht erkennbar, er wirkte eher unmotiviert und wenig fesselnd. Die historische Sequenz übte bei mir ähnlich Anziehungskraft aus wie Vlad bei Barbara. Immer tiefer wurde ich in den Sog der Geschichte gezogen, die atmosphärische Beschreibung der Umgebung hatte großen Anteil, dass ich mittendrin war statt nur dabei.

Etwas gewöhnungsbedürftig war die Mischung unterschiedlicher Sprachstile, die jedoch dazu beiträgt, die Geschichte lebendig wirken zu lassen. Nach einiger Zeit war ich so gefangen, dass ich das kaum mehr wahrgenommen habe. Zu spannend das Netz, das Heitz um die Vampire webt.

Auch andere Fantasy-Wesen tragen dazu bei, dass die Geschichte immer weiter vorangetrieben wird. Heitz hat sich mit Barbara von Cilli eine spannende Persönlichkeit ausgesucht, die den Kreuzzug gegen die Vampire anführt. Stand sie doch selbst lange im Verdacht, ein Vampir gewesen zu sein. In Verbindung mit Vlad, der der Blutlinie des „Pfählers“ angehört, ein unschlagbares Duo in Sachen historischer Spannung.

Nicht umsonst gehört Heitz zu den besten deutschen Fantasy-Autoren. Wieder einmal schafft er es, mit seinem dynamischen Schreibstil die Geschichte zum Leben zu erwecken. Auch wenn es ein paar Längen gab, schritt die Handlung schnell voran und die Ereignisse der Vergangenheit und Gegenwart verschmolzen zu einem Guss. Ich hoffe, dass es einen weiteren Teil gibt, da die Story und die Charaktere das auf jeden Fall hergeben.

Den Erzähler Uwe Teschner kannte ich bereits vom Hörbuch „Die stumme Patientin“, welches ich sehr angenehm zu hören fand. Gerade bei einem Fantasy-Epos wie „Die schwarze Königin“ ist der Erzähler enorm wichtig, da er die Story mitträgt. Und auch hier wurde ich nicht enttäuscht.

Fazit: Wie man es von Markus Heitz gewohnt ist, bekommt man hier eine gelungene Mischung aus Fantasy und Fakten präsentiert, verwoben zu einer spannenden Story mit authentischen Charakteren. Eine Vampirgeschichte mit allem drum und dran.

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Veröffentlicht am 02.09.2023

Ein verstörender Thriller

ANGST
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Mia will Schauspielerin werden und endlich hat sie ein wichtiges Vorsprechen. Nebenbei hat sie Dates und trifft sich mit Freunden in einem angesagten Café. Man lernt sie dadurch näher kennen und folgt ...

Mia will Schauspielerin werden und endlich hat sie ein wichtiges Vorsprechen. Nebenbei hat sie Dates und trifft sich mit Freunden in einem angesagten Café. Man lernt sie dadurch näher kennen und folgt ihr durch sämtliche Szenen Berlins. In pikfeine Edelrestaurants und in geheime "speakeasy" Clubs in abgelegenen Stadtteilen.

Die verschiedenen Eindrücke der pulsierenden Hauptstadt bringt der Autor authentisch rüber. Es fühlt sich fast so an, als wäre man mittendrin. Insbesondere dann, als sich merkwürdige Ereignisse häufen und Mia es mit der Angst zu tun bekommt. Denn ER taucht ständig wieder auf. Mia ist überzeugt davon, dass sie gestalkt wird. Da sie das aber nicht beweisen kann, versucht sie den Spieß umzudrehen und ahnt nicht, wie nah die Gefahr wirklich ist...

Was für 'ne coole Schreibe! Menger peitscht seine Leser temporeich durch die Seiten und pumpt ihnen jede Menge Adrenalin in den Körper. Man kann die angespannte Atmosphäre förmlich greifen und ahnt ganz aufgeregt, dass die nervenaufreibende Story vor dem Ende noch eine Wendung parat hat. Die Auflösung war zwar etwas vorhersehbar, aber trotzdem böse und hinterhältig. Ich war beim Lesen wie hypnotisiert.

Fazit: Wer Spannung und eine unheilvolle Atmosphäre sucht, wird hier garantiert fündig. Dieser verstörende Thriller lässt den Leser nicht zur Ruhe kommen und schnürt ihm die Kehle zu. Menger ist ein phantastischer Erzähler. Bitte mehr davon!

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Veröffentlicht am 30.08.2023

Nervenzerfetzende Reise

Der Trip – Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.
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Für Evelyn ist vor zwei Jahren eine Welt zusammengebrochen, als ihr Bruder Fabian von seinem Camping-Trip nicht mehr zurückgekehrt ist. Seitdem fehlt jede Spur von ihm und Evelyn lebt in der Ungewissheit, ...

Für Evelyn ist vor zwei Jahren eine Welt zusammengebrochen, als ihr Bruder Fabian von seinem Camping-Trip nicht mehr zurückgekehrt ist. Seitdem fehlt jede Spur von ihm und Evelyn lebt in der Ungewissheit, ob Fabian noch am Leben ist oder nicht. Als sie in einer Mordserie als Psychologin von der Polizei hinzugezogen wird, ahnt Evelyn nicht, wie sehr ihr dieser Fall persönlich zusetzen wird. Ein erstelltes Phantombild gleicht ihrem Bruder und Evelyn schöpft Hoffnung. Doch ist Fabian wirklich zu einem brutalen Killer geworden? Und würde sie das in Kauf nehmen für die Bestätigung, dass er noch am Leben ist? Evelyn macht sich auf die Suche nach dem Campingplatz-Mörder und begibt sich damit in höchste Lebensgefahr…

Strobels Schreibstil ist prägnant und fesselnd. Er schafft es, die Ängste und Emotionen von Evelyn gekonnt auf den Leser zu übertragen. Mit seiner detaillierten und bildhaften Beschreibung des „Trips“ nimmt er den Leser mit auf eine ganz besondere Reise und lässt ihn die Handlung hautnah miterleben. Die Spannung hält er dabei konstant hoch und versetzt den Leser durch unvorhersehbare Twists und Enthüllungen in eine Situation voller Adrenalin und Nervenkitzel.

Die Charaktere sind sehr gründlich ausgearbeitet und realistisch gezeichnet. Es fiel mir leicht, mich mit ihnen zu identifizieren und ihre Emotionen nachzuvollziehen. Vor allem Evelyn ist eine starke und mutige Protagonistin, die mir auch auf psychologischer Ebene imponiert hat. Aber in ihrer Rolle als Schwester hat sie mir am besten gefallen, und ich erwischte mich oft dabei, wie ich mit ihr gehofft und gelitten habe.

Vom Schlussteil war ich etwas enttäuscht, denn meine Erwartungen waren nach den rasanten Geschehnissen enorm hoch. Das Ende kam mir zu abrupt, als hätte Strobel die Story plötzlich schnell beenden wollen. Schade, denn die Handlung bot reichlich Potenzial.

Fazit: Mit „Der Trip“ hat mich Strobel auf eine nervenzerfetzende Reise mitgenommen, die insbesondere in puncto Spannung und Action auftrumpfen konnte. Auch wenn das Ende dem Plot einen kleinen Dämpfer verpasst, kommen alle Thriller-Fans auf ihre Kosten.

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