Eine verstörende, beklemmende Geschichte
BananamaINHALT
Ein sechsjähriges Mädchen lebt mit ihren Eltern in einem Haus am Waldrand mit kleinem Garten fernab von der Zivilisation. Als selbst ernannte Aussteiger versuchen sie sich an einem einfachen Leben ...
INHALT
Ein sechsjähriges Mädchen lebt mit ihren Eltern in einem Haus am Waldrand mit kleinem Garten fernab von der Zivilisation. Als selbst ernannte Aussteiger versuchen sie sich an einem einfachen Leben in ihrem idyllischen „Bananama“ ohne großen Kontakt zur Außenwelt und ganz im Einklang mit ihren Idealen. Doch immer häufiger muss sie bei ihren Eltern Veränderungen feststellen, die sie sehr befremden und ihr Angst machen. Zunehmend wird ihr Paradies von der „Welt da draußen“ bedroht, doch die Eltern verschließen die Augen vor der Realität und halten zwanghaft an ihrer Vision fest. Doch der allmähliche Zerfall ihres kleinen Bananama lässt sich nicht mehr aufhalten…
MEINE MEINUNG
Mit „Bananama ” ist der deutschen Autorin Simone Hirth ein bemerkenswerter Roman gelungen, der dem Leser mit seiner beklemmenden Intensität unter die Haut geht und ihn noch länger beschäftigt.
In ihrem Roman beleuchtet die Autorin Widersprüche und Absurditäten des gesellschaftlichen Lebens und übt deutliche Kritik an unserer Konsumgesellschaft und der rein materialistischen Denkweise. Zugleich enthüllt sie aber auch auf ironische Weise die Beschränkungen des menschlichen Daseins und Denken.
Schon bald kann man sich der enormen Sogwirkung dieser Erzählung nicht mehr entziehen und wird von den sich zuspitzenden, unwirklichen Geschehnissen und der zunehmend bedrückenden Atmosphäre unweigerlich gefangen genommen. Hervorragend ist auch der eindringliche, bildreiche und sprachgewaltige Schreibstil der Autorin.
Im Mittelpunkt dieser skurrilen Geschichte steht die Hauptfigur und namenlose Ich-Erzählerin im Grundschulalter, die mit ihren Eltern recht abgeschieden in ihrem selbstgeschaffenen Aussteiger-Paradies „Bananama“ lebt.
Sehr subtil schildert die Autorin aus dem unschuldigen Blickwinkel eines sehr aufgeweckten Kindes, wie das idealistische Lebensmodell ihrer Eltern jenseits aller gesellschaftlichen Normen und mit ihren selbstgestrickten Konventionen mehr und mehr Risse bekommt. Den Herausforderungen des Alltags scheinen sie nicht so recht gewachsen zu sein, trotz propagiertem Konsumverzicht werden häufig der örtliche Tauschkreis und Bestellungen über das Internet genutzt. Der Vater versucht dem Mädchen sein „Weltbild“ zu vermitteln, indem er ihr Begriffe wie Ressourcenknappheit, Globalisierung, Biosphärenpark und Materialismus erklärt, die für sie jedoch sperrige Worthülsen bleiben und sie befremden. Völlig überfordert, vereinsamt und auch emotional auf sich allein gestellt wünscht sich das Mädchen nichts sehnlicher als ein bisschen Normalität aus der Welt „da draußen“ und sei es nur ein Schokoriegel, eine Freundin, Schwester oder zumindest eine Puppe. Sie rettet sich in selbst geschaffene Rituale wie beispielsweise das Beerdigen von Wörtern, die ihr eine gewisse Stabilität und Sicherheit geben.
So muss sie miterleben, wie der idyllische Schein ihres Aussteigerlebens abbröckelt und die Eltern in eine äußerst widersprüchliche Scheinwelt abdriften, wodurch sie den Bezug zur bedrückenden Realität ihres Lebens immer mehr verlieren. Zunehmend baut die Autorin eine sehr unheilvolle Spannung auf, indem sie die angespannte, oft unheimliche Situation immer stärker außer Kontrolle geraten, eskalieren und surrealer werden lässt. Die Eltern verharren schließlich in einem passiven Verhalten und hüllen sich in eine Mauer des Schweigens, unfähig sich den Realitäten zu stellen und ihr Weltbild zu revidieren. Gekonnt entlarvt die Autorin mit sehr zynischem Blick wie ihre Ideale und ihre utopische Vorstellung eines sicheren Lebens schrittweise kläglich scheitern. Lediglich die junge Ich-Erzählerin beginnt dies zu begreifen und kann durch ihr konsequentes Handeln dem ihr aufgezwungenen Lebenskonzept entkommen.
Geschickt lässt die Autorin ihren Roman mit einem offenen Ende ausklingen, so dass einige Geschehnisse und Entwicklungen ungeklärt und die Deutungen der Fantasie der Leser überlassen bleiben.
FAZIT
Eine verstörende, beklemmende Geschichte, die den Leser auf ganzer Linie herausfordert und ihm ein außergewöhnlich intensives Leseerlebnis beschert.