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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.02.2018

Ein Ende und ein Neubeginn?

Ein Schlag ins Gesicht
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Robert Fallner ist ein Exbulle - das ist allerdings erst ganz neu. Er hat einen jungen Typen in Notwehr erschossen, und, obwohl eigentlich so ein richtig cooler Typ, kommt er damit gar nicht klar. Und ...

Robert Fallner ist ein Exbulle - das ist allerdings erst ganz neu. Er hat einen jungen Typen in Notwehr erschossen, und, obwohl eigentlich so ein richtig cooler Typ, kommt er damit gar nicht klar. Und verliert seine Frau. Möglicherweise auch seine Würde und Selbstachtung - das ist ihm selbst noch nicht so ganz klar.

Er wird eine Art Sicherheitsmann in der Firma seines Bruders Hans - schon das erniedrigend genug. Und dann noch der Fall - es geht um eine alternde Schauspielerin auf dem absteigenden Ast, die gestalkt wird. Nur angeblich oder wirklich?

Irgendwie sind in diesem Buch alle auf dem Weg nach unten - außer Hans. Oder? Und was ist mit dem Fall?

Franz Dobler hat es wirklich drauf - zumindest, was den Stil anbelangt, der ist so unterkühlt wie in den allerbesten Noir- Krimis der 1960er Jahre. Sein Held Robert Fallner ist eine Mischung aus Raymond Chandlers Philip Marlowe und Jo Nesbos Harry Hole. Eigentlich sehr einladend, finde ich, aber so gut seine Hauptfigur angelegt sind, so cool - manchmal auch heiß, irgendwie samtig-glatt seine Schilderungen, so wenig fluppt der Fall. Irgendwie ist das nichts Halbes und nichts Ganzes und so hatte ich mit dem Buch und den extremen Längen, die dem Fall die ganze Spannung raubten, so meine Schwierigkeiten. Er zog sich, ebenso wie meine Lektüre.

Man muss schon sehr auf den Noir-Stil stehen, um Gefallen an der Geschichte zu finden und genügend Geduld aufzubringen.

Veröffentlicht am 21.02.2018

Wenn das Wasser im Rhein gold'ner Wein wär

Das Mädchen im Strom
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Der jungen Gudrun aus Mainz reicht auch das "normale" Rheinwasser, um das Leben am großen Fluss in vollen Zügen zu genießen. Sie wächst als Tochter des reichen Händlers Wilhelm Salomon in den 1920er und ...

Der jungen Gudrun aus Mainz reicht auch das "normale" Rheinwasser, um das Leben am großen Fluss in vollen Zügen zu genießen. Sie wächst als Tochter des reichen Händlers Wilhelm Salomon in den 1920er und 30er Jahren auf und ihr fehlt es an nichts, auch wenn sie in der Schule nicht gerade gut ist und es mit der Ehe der Eltern immer wieder nicht zum Besten steht.

Aber sie ist wild und lebenslustig und hat eine Freundin, die stille Margot, mit der sie durch dick und dünn geht und früh - schon im Alter von 13 Jahren - auch einen Liebsten, Martin, mit dem sie die Freuden des Lebens genießt.

Doch leider nur bis 1933, denn Gudrun und auch Margot sind Jüdinnen und ihre Familien bekommen auch bald diverse Repressalien zu spüren. Martin, der aus einer rein deutschen Familie kommt, hält zwar weiter zu Gudrun, doch trotzdem trennen sich ihre Wege alsbald.

Etwa für immer? Man wird sehen, denn Gudrun steht eine Odyssee bevor, die sie - schon während des Zweiten Weltkriegs - mit der Transsibirischen Eisenbahn durch entlegene Gebiete führt. Die Zeit bis Kriegsende übersteht sie mehr schlecht als recht in Shanghai.

Und dann? Nun, die Erlebnisse von Gudrun während und auch nach dem Krieg sind bunt und vielfältig, der Autorin Sabine Bode fehlt es nicht an Ideen. Teilweise geht es für meinen Geschmack sogar um einiges zu wild zu, die ein oder andere Episode hat was von einer Räuberpistole und ich kam mir vor wie in einer Welt von Karl May, Hanni Münzer oder auch Heinz G. Konsalik, in der eine Sensation die andere jagt.

Die Figuren sind interessant und vielschichtig, wenn auch nur in Ansätzen, denn die meisten Akteure tauchen nur kurz auf, um dann wieder - ob für immer oder für eine Weile - von der Bildfläche zu verschwinden. Leider dehnt die Autorin ihre Beschreibung vielschichtiger Charaktere auch nicht auf alle vorkommenden Personen aus, wobei das aber auch den Rahmen sprengen würde. Es wimmelt nämlich nur so von Personal in diesem mit knapp 350 Seiten durchschnittlich langen Roman - kein Wunder, dass man da nicht allen gerecht werden kann.

Gute Ansätze, die sich aber in einem viel zu groß aufgezogenen Rahmen verlieren, ein Buch, das mir wohl nicht lange in Erinnerung bleiben wird, wenn es auch vor guten Ideen darin nur so wimmelte - aber eben leider nur in Ansätzen. Ein Buch, das Versprechungen macht, die es leider nicht halten kann - so sehe ich es!

Veröffentlicht am 21.02.2018

Montauk

Als das Meer uns gehörte
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So heißt eine sehr persönliche Erzählung von Max Frisch, in der er über einen Aufenthalt in dem kleinen Ort am Meer im Staate New York erzählt und um eine Romanze, die er dort erlebte: auch auf weitere ...

So heißt eine sehr persönliche Erzählung von Max Frisch, in der er über einen Aufenthalt in dem kleinen Ort am Meer im Staate New York erzählt und um eine Romanze, die er dort erlebte: auch auf weitere Beziehungen kommt er zu sprechen.

Die Protagonistin des Romans "Als das Meer uns gehörte" der amerikanischen Autorin Barbara J. Zitwer, begibt sich ebenfalls nach Montauk, allerdings unter vollkommen anderen Vorzeichen: Adam, ihr Mann ist ganz plötzlich unter dramatischsten Umständen verstorben, während sie noch ohnmächtig ist vor Trauer, erfährt sie, dass sein Herz schon lange einer anderen gehörte - ihrer besten Freundin nämlich.

Völlig am Ende mit den Nerven und am Ende mit ihrem Latein in Bezug auf den Sohn Robbie, der ebenfalls unter Schock steht und sich gegen sie stellt, begibt sie sich nach Montauk zu ihrem einzigen noch lebenden Verwandten, ihrem Onkel Ike.

Dort schöpfen sowohl sie als auch Robbie ganz langsam wieder Kraft, wenn auch zunächst jeder für sich. Werden sie sich einander wieder nähern? Wird Tess nach der großen Enttäuschung überhaupt wieder ins Leben zurückfinden können?

Kein einfaches Thema, dem sich die Autorin hier stellt und - wie ich meine - zumindest in Teilen grandios dran scheitert. Beispielsweise durch die unzulängliche Einführung einiger Figuren, durch Erzählstränge, die im Nichts versanden - vor allem jedoch dadurch, dass sie sich selbst gleich mehrfach ein Bein stellt und über ihre eigenen Erläuterungen stolpert, indem sie sie gleich auf der nächsten Seite widerlegt oder fragwürdig erscheinen lässt.

Beim Lesen kam mir ab und an die Redewendung "Gewollt, aber nicht gekonnt" in den Sinn, auch wenn mir andere Stellen - und auch die Idee zum Roman insgesamt gefallen haben. Das absolute Highlight waren Onkel Ike sowie ein paar andere männliche Nebenfiguren. Vielleicht sollte die Autorin als Nächstes einen reinen Männerroman, bspw. einen Western schreiben, mit Männern kann sie definitiv besser!

Veröffentlicht am 21.02.2018

Wer ist das schwarze Schaf?

Der Sommer der schwarzen Schafe
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England: eine Straße in einer Wohnsiedlung in einem heißen, heißen Sommer 1976. Der Asphalt kocht, der Klatsch auch. Aber letzteres ist bei jeder Witterung der Fall, wie sich im Laufe der Lektüre zeigt, ...

England: eine Straße in einer Wohnsiedlung in einem heißen, heißen Sommer 1976. Der Asphalt kocht, der Klatsch auch. Aber letzteres ist bei jeder Witterung der Fall, wie sich im Laufe der Lektüre zeigt, als es nämlich zum zweiten - um einiges knapper gehaltenen - zweiten Erzählstrang geht, der im Jahre 1967 spielt und so einiges klar rückt. Warum niemand Walter Bishop mag, beispielsweise und einige andere Punkte.

Wobei dieser Mensch gar nicht die Hauptrolle spielt: nein, die nehmen zwei kleine Mädchen ein (zumindest 1976), nämlich Tilly und Grace, die sich langweilen und stets dankbar jede Anregung zur Unterhaltung annehmen - so aktuell die Suche nach der plötzlich verschwundenen Mrs. Creasy. Die Mädels ermitteln auf eigene Art und Weise - doch immer wieder führt die Geschichte weitab vom roten Faden, wodurch es mir oftmals schwerfiel, am Ball zu bleiben.

Faszinierend ist die Demaskierung gewisser gesellschaftlicher Gruppen und die damit verbundene Aufdeckung verschiedener Eigenschaften, die vielen von uns schlummern - fiesen, kleinen Eigenschaften wie bspw. Missgunst, Neid und Geltungssucht, die am Beispiel der Anwohner dieser so friedlichen kleinen englischen Vorstadtstraße dargestellt werden. Auch Vorurteile spielen eine große Rolle.

Doch findet sich wirklich das schwarze Schafe oder gleich mehrere davon. Dadurch, dass die Autorin Joanna Cannon irgendwie ständig vom Thema abkommt - ein bisschen kam ich mir während der Lektüre vor wie beim Kaffeeklatsch im Seniorenheim - bleibt ein wirkliches Aha-Erlebnis aus, jedenfalls bei mir.

Ja, tolle Ideen, vielversprechende Ansätze, aber die Zusammensetzung passt nicht so richtig. Ein Buch, das ich leider nicht so richtig empfehlen kann - vielleicht für England-Liebhaber, die schon (fast) alles andere gelesen haben!

Veröffentlicht am 30.12.2017

I'm on the road to nowhere

Kings of Nowhere
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ist ein altes Lied von den "Talking Heads", das ich sehr mag und an das ich bei dem Titel dieses Buchs gleich denken musste. Aber hier führt nicht der Weg ins Nichts, nein, es sind die Wanderer, die manchmal ...

ist ein altes Lied von den "Talking Heads", das ich sehr mag und an das ich bei dem Titel dieses Buchs gleich denken musste. Aber hier führt nicht der Weg ins Nichts, nein, es sind die Wanderer, die manchmal nicht wissen, wo sie sich befinden - innerlich, versteht sich. Dass sie auf dem Appalachean Trail unterwegs sind, der in eine klare Richtung führt, ist schon klar.
Der Leser lernt vor allem drei dieser Wandervögel näher kennen - den Ex-Drogensüchtigen - wirklich ex? - Taz, für den der Weg eine neue Perspektive ist, Simone, eine junge Wissenschaftlerin mit einem überaus fatalen Zwang und Richard, den Möchtegern-Indianer und Trinker, der einem quasi vorgegebenen Lebensplan entrinnen möchte.

Und dann begegnet man noch zahlreichen Menschen, die am Wegesrand leben, die mit den Wanderern in verschiedenster Art und Weise in Interaktion suchen: sei es, dass sie - beispielsweise als Gastwirte - von ihnen leben, sei es, dass sie ihre Nähe suchen oder ihnen entfliehen wollen.

Zu kurz kommt die Landschaft rund um diesen Weg, viel zu kurz. Für Leser, die wie ich bei einem solchen Roman auch das Naturerlebnis suchen, wird er eine große Enttäuschung sein.

Insgesamt aus meiner Sicht ein sehr negatives Buch, der den Trail als zerstörendes Element zeigt, der die Hiker kaputtmacht, statt sie aufzubauen. So richtig Kraft aus der tiefen Begegnung mit der Natur geschöpft - das hat meines Erachtens keine einzige Figur in diesem Roman. Insgesamt hat mich dieser Roman ziemlich runtergezogen - es gab darin nichts Stärkendes, Aufbauendes für mich. Also nur was für Leser, die gerade mit sich und der Welt im Reinen sind!

Warum ich trotz dieses vernichtenden Urteils keine ähnlich vernichtende Gesamtbewertung gebe? Nun, der Autor kann schreiben und dafür, dass der Titel in der deutschen Übersetzung absolut unpassend wiedergegeben wird - es gibt schließlich auch Queens auf dem Trail, kann er ja nichts. Im Original heißt das Buch nämlich "Black Heart on the Appalachean Trail". Die Figuren sind gut gezeichnet, fast sieht man Taz, Simone und Richard vor sich, kann sich ihre Reaktionen und auch ihr Umfeld vorstellen. Deswegen denke ich, dass dieses Buch Leser mit anderen Erwartungen, die zudem noch härter im Nehmen sind, durchaus bereichern kann.