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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.07.2018

Ein rundes Ding, aber...

Entführt
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Die junge Familienmutter Ylva wird auf dem Heimweg von der Arbeit entführt - von alten Bekannten, Bekannten aus einem Lebensabschnitt, der in ihrem gegenwärtigen Leben nicht mehr von Bedeutung für sie ...

Die junge Familienmutter Ylva wird auf dem Heimweg von der Arbeit entführt - von alten Bekannten, Bekannten aus einem Lebensabschnitt, der in ihrem gegenwärtigen Leben nicht mehr von Bedeutung für sie ist. Aus Höflichkeit ist sie in deren Auto gestiegen - der Beginn eines Martyriums, denn für viele Monate wird sie in einen schalldichten und völlig abgeschlossenen Keller eingesperrt, misshandelt und missbraucht.. dabei gewährt ihr ein Monitor einen Blick auf ihr früheres Zuhause, das nur wenige Meter entfernt ist. Sie sieht täglich ihren Mann und ihre Tochter ein und aus gehen. Es geht um Rache - Rache an einer lange zurückliegenden Schuld, die Ylva aus Sicht ihrer Entführer auf sich geladen hat und für die sie nun büßen muss.

Ihre Familie, ihr berufliches Umfeld bleibt zurück - Ylva war alles andere als eine Vorzeigeehefrau, es hätte auch durchaus sein können, dass sie sich abgesetzt hat oder aber von ihrem Ehemann ermordet wurde - so denken zumindest viele im Umfeld, so denkt auch die Polizei, die allerdings keine Beweise hat. Oder hat dieser etwas mit ihrer Entführung zu tun? Stück für Stück wird die Geschichte aufgeschlüsselt, bis alle Mosaiksteine zusammenpassen.

Eine runde Sache also - aber irgendwie fehlt etwas. Es ist aus meiner Sicht kein packender Thriller geworden, da der Autor weder sprachlich noch inhaltlich so richtig zu fesseln vermag, er füllt den Rahmen nicht mit Kraft und soooo spannend und vor allem neu ist das Thema auch wieder nicht. Ein gewisser Zynismus, der dem Buch einen charakteristischen Stempel aufdrücken könnte, ist zwar vorhanden, auch die Aussage, dass man einer Schuld, die man auf sich geladen hat, nicht entfliehen kann, egal wie lange diese zurückliegt - aber dies alles bleibt in Ansätzen stecken. Aus meiner Sicht ein Buch, das man zwar zwischendurch lesen kann - eigentlich ist es jedoch überflüssig. Es gibt bereits viel Ähnliches, das um Klassen besser ist. Vielleicht sollte der Autor sich seiner journalistischen Wurzeln besinnen und zu ihnen zurückkehren. Wenn nicht, wäre zu hoffen, dass er steigerungsfähig ist - und das nicht zu knapp. Sonst werden ihm viele Leser nicht lange treu bleiben.

Veröffentlicht am 28.07.2018

Holden Caulfield in Virginia?

Fänger, gefangen
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Nicht ganz, denn der Held des vorliegenden Romans heißt Daniel Solstice Landon und ist sehr, sehr krank: er leidet an Leukämie. Seine Eltern, Ex-Hippies, wollen nur das Allerbeste - das heißt aus ihrer ...

Nicht ganz, denn der Held des vorliegenden Romans heißt Daniel Solstice Landon und ist sehr, sehr krank: er leidet an Leukämie. Seine Eltern, Ex-Hippies, wollen nur das Allerbeste - das heißt aus ihrer Sicht: keine Schulmedizin, keine Bestrahlungen und natürlich größtmögliche Schonung, d.i. kein Schulbesuch und nur wenig Kontakt zu Freunden - alles nicht ganz einfach für Daniel. Und wie kommen Holden Caulfield und Virginia ins Spiel? Nun - ersterer ist der Protagonist von Salingers bahnbrechendem Werk, DEM Jugendroman der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, der nicht nur in den Staaten, sondern auch hierzulande vielerorts in den Schulen seit Jahren als Pflichtlektüre gelesen wird und vielen jungen Menschen - so auch mir vor über 30 Jahren - in so mancherlei Hinsicht die Augen geöffnet hat. Er ist Daniels Held und begleitet sein Tun und Denken auf Schritt und Tritt und Virginia - dort wohnt Daniel.

Ein toller Ansatz, ein wichtiges Thema ... und hätte ich nicht vor kurzem noch John Greens wunderbaren, aufrüttelnden, emotionalen Roman "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" gelesen - nun, ich wäre möglicherweise begeisterter. So firmiert "Fänger, gefangen" für mich eher unter gewollt, aber nur ansatzweise gekonnt. Zu sehr kommen sich Daniels Leben, seine Wünsche, Träume und auch Probleme mit der Message der Autorin und nicht zuletzt mit den ganzen Verbindungen zum "Fänger im Roggen" ins Gehege. Aus meiner Sicht ein eher umständliches Buch, bei dem man nach einer Lesepause vergebens nach dem roten Faden sucht. Empfehlen würde ich es nur Lesern, die sich ganz eingehend mit der Thematik krebskranke Jugendliche befassen und quasi einen literarischen Rundumschlag machen wollen - allen anderen empfehle ich das bereits erwähnte Buch von John Green.

Veröffentlicht am 28.07.2018

Belanglose kleine Familiengeschichte

Mary, Tansey und die Reise durch die Nacht
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Vorneweg: die Idee mit dem Aufeinandertreffen von vier Generationen einer Familie, bzw. deren weiblicher Vertreterinnen, ist wirklich nett - an der Aufbereitung hapert es bei dem großen Roddy Doyle, Autor ...

Vorneweg: die Idee mit dem Aufeinandertreffen von vier Generationen einer Familie, bzw. deren weiblicher Vertreterinnen, ist wirklich nett - an der Aufbereitung hapert es bei dem großen Roddy Doyle, Autor bspw. eines so wegweisenden Kinderbuches wie des "Großen Giggler-Geheimnisses" aus meiner Sicht jedoch.

Die Story: Mary und ihre Mutter Scarlett, 40% und der gesamte weibliche Teil einer fröhlichen und liebevollen Familie, durchleben gerade eine traurige Zeit - täglich besuchen sie Scarletts Mutter Emer im Krankenhaus, wobei sich bereits abzeichnet, dass sie dort nicht mehr lebend hinauskommen wird. Mary hat gerade noch einen Verlust der ganz anderen Art erlitten - nämlich den Wegzug ihrer besten Freundin - auch daran trägt sie schwer. Auch in diesen schweren Zeiten ist der Umgangston in der Familie fröhlich, leicht und warmherzig - eine rundum sympathische Truppe.

Und dann taucht auch noch Tansey auf - und es entspinnt sich eine Familiengeschichte über Generationen. Alles schön und gut und auch ein bisschen abgehoben - aber es fehlt einfach der Saft. Insgesamt ist mir die Story dann doch um einiges zu gehalt- und belanglos, vor allem, wenn ich Kindern - denn für sie ist dieses Buch eigentlich gedacht - den Wandel der Generationen in der eigenen Familie, die gegenseitige Anteilnahme von Alt und Jung nahebringen will. Nun ja, ganz nett, aber mehr auch nicht. Und wie wir alle wissen, ist Nett die kleine Schwester von S....... Wenn ich also jemandem ein nettes Kinder- bzw. Jugendbuch empfehlen sollte, würde meine Wahl ganz sicher nicht auf dieses hier fallen!

Veröffentlicht am 28.07.2018

Ein Leben in einer sich verlierenden Idylle

Gleitflug
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...nämlich direkt neben einer entstehenden Landebahn, führen der 14jährige Gieles und seine Familie, die sich neben ihm aus Vater, Onkel und einer fast immer abwesenden Mutter zusammensetzt. Dazu kommen ...

...nämlich direkt neben einer entstehenden Landebahn, führen der 14jährige Gieles und seine Familie, die sich neben ihm aus Vater, Onkel und einer fast immer abwesenden Mutter zusammensetzt. Dazu kommen einige andere originelle Figuren, die Gieles' ungewöhnliches Leben begleiten und ein brennend aktuelles Thema, nämlich die Umwelt.

Ein originelles Setting besetzt mit verschrobenen Figuren: das verspricht Literatur á la John Irving und könnte wunderbar sein, wenn nicht die langatmige, umständliche Erzählweise der Autorin dem im Weg stehen würde.

Ich lese gern niederländische Autoren und habe zuletzt den atemberaubenden Peter Buwalda kennen- und schätzengelernt, doch dieser stille Entwicklungsroman ist eher nichts für mich. Möglicherweise können aber Fans von Gerbrand Bakker mehr damit anfangen und die Originalität dieser sicher begabten Autorin schätzen.

Veröffentlicht am 28.07.2018

Ein Roman zu den olympischen Spielen in London

Gold
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Der Brite Chris Cleave hat hier ein passendes Buch zum englischen Großereignis des Jahres 2012 verfasst: zu den olympischen Spielen in London - und zwar einen mitreißenden Roman rund um den Radsport.

Es ...

Der Brite Chris Cleave hat hier ein passendes Buch zum englischen Großereignis des Jahres 2012 verfasst: zu den olympischen Spielen in London - und zwar einen mitreißenden Roman rund um den Radsport.

Es geht hier um das Leben und Wirken der beiden Freundinnen Kate und Zoe, zwischen denen ein Mann und ein Kind - Kates Mann Jack - ebenfalls ein erfolgreicher Radsportler - und die gemeinsame schwerkranke Tochter Sophie stehen. Zudem wetteifern sie seit Jahren in ihrer Disziplin - wobei Zoe mit der Goldmedaille 2004 in Athen bereits einen namhaften Erfolg vorzuweisen hat - Kate blieb bei der schwerkranken Tochter. Der Sport fungiert hier quasi als Darstellung einer Leidenschaft - obwohl man quasi beiläufig Detailliertes und Wissenswertes über den Radsport erfährt, hätte es auch durch etwas anderes ersetzt werden können.

Ein schicksalhafter Roman mit dramatischen Entwicklungen und einem für mich überraschenden Ende, wobei ich teilweise das Gefühl hatte, dass der Autor merkwürdige Vorstellungen von einer Frauenfreundschaft hat- die Handlungen, Beweggründe und Motivationen der beiden Protagonistinnen waren für mich nicht immer nachzuvollziehen. Aber wer weiß - die Charaktere sind unterschiedlich.

Ein positiver Aspekt, den ich noch benennen möchte, ist die wie immer gelungene Übersetzung von Susanne Goga-Klinkenberg, einer Meisterin ihres Faches - normalerweise sind eher Krimis bzw. Spannungsliteratur im weitesten Sinne ihr Metier, doch auch hier schlägt sie sich bravurös.

Ich kann mir vorstellen, dass Leser, die offener als ich für Schicksalsdramen sind, diesem Buch mehr Begeisterung entgegenbringen werden - doch auch so garantiert es solide Unterhaltung rund um ein zeitgeschichtliches Großereignis, an das sich viele noch bildhalft erinnern.