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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.08.2018

Die Entscheidung

Die Polizisten
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In der Kriminalliteratur beschäftigen sich Polizisten ausschließlich mit dem Aufklären von Mordfällen.
Aber der preisgekrönte Roman Die Polizisten des französischen Schriftstellers Hugo Boris ist kein ...

In der Kriminalliteratur beschäftigen sich Polizisten ausschließlich mit dem Aufklären von Mordfällen.
Aber der preisgekrönte Roman Die Polizisten des französischen Schriftstellers Hugo Boris ist kein Krimi. Er zeigt die realistische Arbeit von Polizisten, das können z.B. Einsätze bei Demonstrationen sein oder die Überführung von Personen, die ausgewiesen werden sollen.
Die Polizisten sind aber auch Menschen, doch die beruflich starke Beanspruchung bringt sie in eine Position zwischen Pflicht und Menschlichkeit. Hinzu können auch private Beziehungsprobleme kommen, die Entscheidungen mit beeinflussen..
Virginie, Erik und Aristide kommen in einen moralischen Konflikt, als sie einen Flüchtling zum Flughafen Charles de Gaule bringen sollen. Die Abschiebung würde seinen sicheren Tod bedeuten.

Hugo Boris meistert den gesellschaftsrelevanten Stoff mit seinen sprachlichen Mitteln.

Veröffentlicht am 05.08.2018

Prägnant erzählt

Opfer
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Opfer (Sacrifices) ist der dritte Teil der Camille Verhoeven-Trilogie. Als deutscher Leser fragt man sich, wo ist die Übersetzung des ersten Teils? Man kann aber problemlos einsteigen.
Pierre Lemaitre ...

Opfer (Sacrifices) ist der dritte Teil der Camille Verhoeven-Trilogie. Als deutscher Leser fragt man sich, wo ist die Übersetzung des ersten Teils? Man kann aber problemlos einsteigen.
Pierre Lemaitre ist ein geschickter Autor, dessen Kriminalromane die Genregrenzen gelegentlich überschreitet. Hier ist der kühle Stil das besondere, der teilweise minutiös und detailgenau Szenen zeigt. Das ist bei dem sehr gewalttätigen ersten Abschnitt schwer zu ertragen, abgemildert wird das nur durch den Kommissar Camille Verhoeven, der ein mitfühlender Mensch ist. Er ist aber auch privat involviert, denn die Frau, die bei einem Raubüberfall misshandelt wurde, ist seine Lebensgefährtin Anne.
Schauplatz der Handlung ist Paris.
Camilles erste Frau wurde ermordet, daher ist er bei Anne besonders engagiert, sie zu schützen. Dann erwacht bei der Verfolgung des Täters aber auch seine alte Kraft der Ermittlung. Er erinnert mich in seinen obsessiven Momenten an Dürrenmatts Kommissar, verfilmt als Es geschah am helllichten Tag.
Camille ist eine vielschichtige Persönlichkeit, aber auch Anne ist interessant und stark. Trotz ihrer Verletzungen ist sie darauf bedacht, alleine klar zu kommen.
Thrillergemäß gibt es schließlich auch noch ein paar Wendungen und Spannungsmomente.
Es ist aber kein alltäglicher Thriller, der Fokus liegt auf den Figuren und ihren Emotionen. Vielleicht hat Pierre Lemaitre deswegen einen so sachlichen, distanzierte Stil gewählt.

Veröffentlicht am 03.08.2018

Respekt

Flucht aus Syrien - neue Heimat Deutschland?
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Seit 7 Jahren ist Bürgerkrieg in Syrien, der so viele Menschen zur Flucht zwang.
Es sind vielfältige Gespräche mit Flüchtlingen aus Syrien, die dieses Buch versammelt. Die verschiedensten Menschen kommen ...

Seit 7 Jahren ist Bürgerkrieg in Syrien, der so viele Menschen zur Flucht zwang.
Es sind vielfältige Gespräche mit Flüchtlingen aus Syrien, die dieses Buch versammelt. Die verschiedensten Menschen kommen zu Wort, berichten von ihrer Heimat, der Flucht und ihren Eindruck von Deutschland. Die Geschichten haben Gemeinsamkeiten, aber auch so viele Unterschiede wie die Menschen halt unterschiedlich sind.
Interessant sind aber fast alle Geschichten, denn die meisten mussten einiges durchmachen.
Dank an die Stiftung Respekt!, die das zusammengetragen hat.

Herausgeber Klaus Farin schrieb das Vorwort. Dann folgen die ersten Gespräche.
Etwas zu ausführlich kommt mit die Umfrage unter WissenschaftlerInnen zum Thema Flucht vor, aber da es hier in die Tiefe geht, ist das für Interessierte vermutlich wertvoll.
Es ist überhaupt ein umfangreiches Buch. Alle Interviews habe ich noch nicht gelesen, dennoch hinterlassen die Gespräche einen bleibenden Eindruck.

Zweiter Herausgeber ist der bekannte Rafik Schami, der aus Syrien stammt, aber schon seit 47 Jahren in Deutschland lebt und einer der bedeutendsten Schriftsteller unterhaltender Literatur dieses Landes ist.

Höhepunkt des Buches ist der brillante Beitrag von Rafik Schami, ein langes, komplexes Essay über die Geschichte Syriens, den Strukturen der Diktatur und den Folgen des Krieges. Schami zeigt nicht unbedingt auf der Hand liegende, aber in sich schlüssige Zusammenhänge auf.

Veröffentlicht am 02.08.2018

Schriftsteller*innen und der Rechtspopulismus

Unsere Antwort. Die AfD und wir.
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Vom Umgang mit der AfD. Dieses Buch startet eine Diskussion darüber u.a. im Kontext des Literaturbetriebes. Es gibt darüber sehr unterschiedliche Einstellungen. Ausgangspunkt ist die Forderung nach einer ...

Vom Umgang mit der AfD. Dieses Buch startet eine Diskussion darüber u.a. im Kontext des Literaturbetriebes. Es gibt darüber sehr unterschiedliche Einstellungen. Ausgangspunkt ist die Forderung nach einer Unvereinbarkeitsvereinbarung des ver.di als Erklärung gegen Afd-Mitglieder. Das könnte ein wichtiges Signal sein, von der neuen Rechten aber auch polemisch ausgeschlachtet werden. Ein Dilemma!

Es gab in der jüngeren Vergangenheit auffällige Vorfälle, in denen Schriftsteller wie Uwe Tellkamp mit seinen unsachlichen und unrichtigen Aussagen für einen Skandal sorgte oder die Provokationen rechter Verlage auf den Buchmessen.

Die Autoren gehen in ihren Beiträgen teilweise auf die anderen ein. Herausgeber ist Klaus Farin. Gut gefallen hat mir der Beitrag von Bestsellerautorin Nina George, die klare Worte schreibt. Leider wird von den Wortführern wenig auf sie eingegangen. Thrillerautorin Zoe Beck hält die AfD für äußerst gefährlich, während Klaus Farin glaubt, dass diese armselige Partei nur lästig sei und bald wieder verschwindet.
Meine Aufgabe als Rezensent dieses Buches kann es nicht sein, mich für einen dieser Ansätze zu entscheiden. Ich kann aber sagen, dass ich diese Diskussion an sich für sinnvoll und wichtig halte. Das Buch ist außerdem sogar interessant zu lesen.

Veröffentlicht am 30.07.2018

Ernstes Thema leicht, aber angemessen dargestellt

Solange wir uns haben
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Die Autorin Andrea Ulmer schafft es, ein ernstes Thema wie Burnout und Panikattacken angemessen in einem Unterhaltungsroman darzustellen.
Das Cover des Buches ist eigentlich zu blumig für diesen Stoff, ...

Die Autorin Andrea Ulmer schafft es, ein ernstes Thema wie Burnout und Panikattacken angemessen in einem Unterhaltungsroman darzustellen.
Das Cover des Buches ist eigentlich zu blumig für diesen Stoff, obwohl es auch humorvolle Momente gibt.
Die alleinerziehende Jessica hat es so schwer erwischt, dass sie weder arbeiten noch Autofahren kann. Sie ist krankgeschrieben, doch ihr fordernder Chef hat wenig Verständnis. Dazu kommt Ärger, als Miriam, ihre Teenagertochter eigenmächtig zu Jessicas geschiedenen Mann nach Brasilien reist.
Trotz ihres Handicaps will Jessica hinterher, um Miriam zu überzeugen, zurückzukommen.
Die Strapazen der Reise schafft sie nur, weil einen Nachbarin sie begleitet. Dadurch wird der Roman auch ein Buch über Freundschaft.
Die Nachbarin ist Hildegard, die als Katzenfrau in dem Städtchen nicht gut angesehen ist dabei ist sie doch die einzige, die Jessica in ihrer Not beisteht.

Mir hat der Roman gut gefallen, da er ein interessantes Thema behandelt und nicht gerade langweilig ist. Die Figuren sind durchweg lebhaft und realitätsnah entworfen und man reist gerne mit ihnen durch diesen Roman.