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Veröffentlicht am 23.09.2019

Spannende Unterhaltung mit viel Historie

Rote Ikone
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Es ist der 02.02.1945 und Hauptmann Proskurjakow sowie sein Fahrer Owtschinikow finden zufällig eine wertvolles Gemälde. Was es damit auf sich hat und warum es ausgerechnet in einem Sarg versteckt wurde, ...

Es ist der 02.02.1945 und Hauptmann Proskurjakow sowie sein Fahrer Owtschinikow finden zufällig eine wertvolles Gemälde. Was es damit auf sich hat und warum es ausgerechnet in einem Sarg versteckt wurde, erklärt der Autor im Laufe des Buches.

Ein Schwenk in die Vergangenheit folgt. Es ist der 02.08.1914 und der Leser lernt Herrn Pekkala kennen, der als enger Vertrauter und Personenschützer des Zaren tätig ist. Und nicht nur das. Er tritt immer dann als Ermittler auf, wenn Geheimnisse zu schützen und Verräter zu überführen sind. Am 02.08. bekommt der vom Zaren persönlich den Auftrag, mit Rasputin zu sprechen. Dem Zaren missfällt der Plan seiner Frau, die rote Ikone, das symbolträchtige Gemälde, an den Vertrauten der Zaren zu übergeben.

Beim Lesen lernte ich einiges über die Geschichte Russlands. Die Fragen, warum Rasputin am Zarenhof so sehr willkommen war oder wie es den „Wolgadeutschen“ nach dem Ersten Weltkrieg und bis zum Beginn des Zweiten Krieges erging, wurden beantwortet. Ich besuchte Stalin in seinem Büro und habe mir diesen Mann genau so vorgestellt, wie hier beschrieben.

Es ist ein munteres Hin und Her zwischen den Jahren 1914 und 1945. Dabei geht der Autor nicht immer chronologisch vor und beim Lesen ist hohe Konzentration gefragt. Es ist ein guter Kriminalroman der durch seine vielen Wendungen überzeugt. Das Cover zeigt die für Russland typischen Zwiebeltürme im Hintergrund einer Schneelandschaft. Auch das ist treffend gewählt. Ein Buch, das ich durchaus empfehle. Nicht, weil es so spannend wäre, sondern weil es so viele historische Fakten bietet.

Veröffentlicht am 15.09.2019

Erster Band einer Trilogie über Englands berühmtes Hotel

Das Savoy - Aufbruch einer Familie
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Maxim Wahl, so nennt sich der Autor des Romans Das Savoy - Aufbruch einer Familie. Er hat wohl schon einige Bestseller geschrieben und dieses Buch ist der erste Band einer Trilogie. Es ist eine Mischung ...

Maxim Wahl, so nennt sich der Autor des Romans Das Savoy - Aufbruch einer Familie. Er hat wohl schon einige Bestseller geschrieben und dieses Buch ist der erste Band einer Trilogie. Es ist eine Mischung aus Kriminalroman, Lovestory und ein wenig Historie.

Der Roman beginnt im Jahr 1932. Violet, eine junge Frau, die bei der BBC arbeitet, hat soeben eine Standpauke ihres Chefs erduldet. Sie kam zwei Minuten zu spät und das mag der Herr absolut nicht. Eigentlich möchte sie an ihren Arbeitsplatz aber sofort wird sie zum Telefon gerufen. Ein Mitarbeiter des Hotels Savoy ruft an. Sofort ist sie besorgt um ihren Großvater, den Chef des Hotels Savoy und ihre Sorge ist berechtigt. Er hatte einen Zusammenbruch.

Großvater Laurence Wilder ist der Sohn deutscher Einwanderer und übernahm vor 40 Jahren die Geschicke des noblen Hauses. Erst durch sein Engagement wurde es zur ersten Adresse in London. Nun hatte der 72jährige einen Zusammenbruch und Violet, seine Enkelin, ist erschüttert. Sie lebt seit Kleinkindtagen bei ihm und er ist alles, was sie an familiären Bindungen hat. Nun liegt er da und begreift nicht, was mit ihm geschah. Er denkt sogar, dass er einem Giftanschlag zum Opfer fiel.

#DasSavoyAufbruchEinerFamilie wurde in leichter und angenehmer Sprache geschrieben. Ein wenig Spannung, etwas Zwischenmenschliches und die 30er Jahre des Letzten Jahrhunderts machen einen bunten Strauß netter Unterhaltung. Für mich war interessant, welchen Einfluss Hitler damals selbst beim Adel in England hatte. Seine Fühler waren sogar bis über den Ärmelkanal ausgestreckt. Im nächsten Jahr kommt der zweite Band und daher gibt es zum Schluss dieses Buches auch einen großen Cliffhanger. Was wird aus Violet, überlebt ihr Großvater und für welchen Mann wird sie sich entscheiden? Die Spannung bleibt und wer leichte Kost mag, wird das Buch auch mögen.

Veröffentlicht am 13.09.2019

Wer kennt die Wahrheit?

Die Leben der Elena Silber
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Menschen ändern sich nicht. Nur die Umstände änderten sich.

Alexander Osang arbeitet als Journalist und schreibt für den Spiegel aus Tel Aviv. Sein erster Roman Die Nachrichten wurde verfilmt und mit ...

Menschen ändern sich nicht. Nur die Umstände änderten sich.

Alexander Osang arbeitet als Journalist und schreibt für den Spiegel aus Tel Aviv. Sein erster Roman Die Nachrichten wurde verfilmt und mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Die Leben der Elena Silber ist seine eigene Familiengeschichte, die er genau recherchierte.

Die Hauptperson ist Jelena und zu Beginn des Buches ist sie zweieinhalb Jahre alt. Damals lebte sie mit den Eltern und ihrem Bruder P.. in dem kleinen Ort Gorbatow. Im Februar 1905 wird dort der Vater von Aufständischen ermordet. Die Mutter Sina Krasnowa floh mit ihren beiden Kindern vor den Mördern, da sonst auch sie deren Opfer geworden wäre. Ihr Bruder Pawel nannte sie „Feuerköpfchen“, sie hatte kräftige rote Haare.

Vierzehn Jahre nach der Flucht kehrt die Mutter mit ihrem neuen Mann und Jelena zurück nach Gorbatow. Mittlerweile bekam sie weitere Kinder und ihr Mann, Alexander Petrowitsch verging sich an Jelena. Dass die Mutter sie nicht schützte, konnte sie ihr nie verzeihen. Jelena verliebt sich zum ersten Mal, verliert den Jungen aber aus den Augen. Dann folgt der Wegzug von zuhause. Sie arbeitet als Sekretärin in einer Tuchfabrik. Als sie einen deutschen Textilingenieur zur Seite stehen soll, sagt sie zu und lernt so ihren späteren Ehemann kennen. Fünf Kinder hat sie und lebt mit ihrem Mann in einem großen Haus mit Bediensteten. Zum Schluss lebt sie in Berlin, wo sie dann in einem Altersheim stirbt.

Neben dem Leben Jelenas, die später dann Elena wird, schreibt der Autor über ihren Enkel Konstantin. Der begibt sich auf die Suche nach Erinnerungen und fährt sogar mit einem Cousin nach Gorbatow. Er redet mit seinen Tanten und kann doch nicht alle Geheimnisse und weißen Flecken lüften.

Die Leben der Elena Silber ist ein Roman, der für mich schwer zu lesen war. Ständig wechselte der Autor in den Zeiten und es bleiben einige Fragen offen. Was mich berührte, das war die Rastlosigkeit der Elena. Sie musste ihre Kinder alleine unterhalten und das in einem fremden Land. Sie wurde nie so recht anerkannt und selbst ihre Töchter konnten viele ihrer Entscheidungen nicht verstehen. Ihre Verhältnis war unterkühlt. Dass ihr Mann ein Nazi war, konnte sie nicht glauben. In der Nähe des Wohnortes war aber ein KZ für Frauen und im Giftschrank des Hauses lagerten Büchsen mit dem Aufdruck: „Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung.“

Zwei Zitate möchte ich Ihnen nicht vorenthalten: Die Fluchtbewegung ist das, was Europa zurzeit definiert, all die Wahlen werden dadurch entschieden. Und Nach dem Krieg gab es für viele Nazis keine Strafe. Im Gegenteil, ihnen wurden die höchsten Ämter der jungen Republik zuteil.

Mir persönlich hatte das Buch zu viele Enden, die nicht erklärt und schon gar nicht aufgeklärt wurden. Das Verhältnis zwischen Deutschen und Russen kommt aber in dem Roman gut zum Ausdruck.

Ich danke dem Verlag und #NetGalleyDE, dass ich das Buch lesen durfte.

Veröffentlicht am 12.09.2019

Verdrängtes ist nicht verschwunden, sondern schläft im Gedächtnis

Das geheime Lächeln
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„Verdrängtes ist nicht verschwunden. Es schläft in einem toten Winkel unseres Bewusstseins.“
(Zitat aus dem Buch Das geheime Lächeln)

Oft saßen sie gemeinsam am Tisch. Ihre Mutter und andere Familienmitglieder ...

„Verdrängtes ist nicht verschwunden. Es schläft in einem toten Winkel unseres Bewusstseins.“
(Zitat aus dem Buch Das geheime Lächeln)

Oft saßen sie gemeinsam am Tisch. Ihre Mutter und andere Familienmitglieder von Emilia. Sobald diese nach ihrer verstorbenen Großmutter Sophie fragte, wurde sie mit bösen Blicken und eisigem Schweigen bedacht. Um Sophie ranken sich einige Gerüchte und sie zeigen kein schönes Bild von ihr. Sie habe ihr Kind, die Mutter Emilia namens Pauline, im Stich gelassen, so heißt es, und sei ohne Wort nach Frankreich gegangen.

Emilia ist selbstständige Journalistin und arbeitet an Texten, die sie für eine Auktion erstellt. Sie soll die angebotenen Gegenstände möglichst gut beschreiben. Da auch Gemälde dabei sind und sie nicht sicher ist, wie sie diese ins rechte Licht rücken kann, schaut sie sich einen Auktionskatalog an. Plötzlich stutzt sie. Beim Betrachten eines Fotos kommt es ihr vor, als schaue sie in einen Spiegel. So sah sie vor einigen Jahren aus. Das Gemälde wurde um 1930 erstellt und das in Frankreich. Emilia ist sich sicher, dass es sich dabei um das Porträt ihrer Großmutter Sophie handelt. Kurzentschlossen fährt sie nach Frankreich und dort zur Auktion, bei der das Gemälde den Besitzer wechseln soll.

Sophia lebte vor ihrem Tod in Frankreich und niemand aus der Familie weiß angeblich, wo das genau war. Als Emilia im Elsass und bei der Auktion ankommt, wird es spannend für sie. Kann sie das Bild ersteigern? Warum ist der Portier des Anwesens, wo die Auktion stattfindet so komisch zu ihr? Später fährt sie noch in die Provence und lernt dort einen verschlossenen älteren Herrn kennen, Jean-Pierre Roch. Kann er ihr bei der Suche nach dem Leben ihrer Großmutter helfen?

Neben dem Heute, wo Sophie die Hauptperson ist, erzählt die Autorin auch die Geschichte von Sophie. Sie beschreibt, wie es damals in Paris für sie war, wie sie sich in einen Künstler, den Maler Fugin, verliebte und schwanger wurde. Mehr verrate ich nicht nur das: Ein spannendes Buch, mit viel historischen Fakten. So beschreibt die Autorin den Ort Dieulefit, wo viele Menschen vor den Nazis Zuflucht fanden. Die Dame vom Standesamt dort gab hier unter anderem den flüchtenden Juden eine neue Identität. Es war Jeanne Barnier und ihr Name steht in Yad Vashem und das als „Gerechte unter den Völkern.“ Das hat mich sehr beeindruckt.

Die Autorin beschreibt Frankreich so genau und farbenfroh, dass ich mich gedanklich mit ihr auf die Reise begab. Auch die damalige Zeit mit all ihren schmerzvollen Geschehnissen, sind im Buch Das geheime Lächeln beeindruckend festgehalten. Trotz einiger Längen gebe ich eine eindeutige Empfehlung für dieses schöne Buch. Auf dem Cover ist Sophia in jungen Jahren abgebildet. Sie trägt den Mantel in der Farbe Petrol, den sie damals geschenkt bekam. Sie schaut über die Schulter zurück. Was mag sie wohl sehen? Ist es vielleicht ihre Tochter Pauline, die sie in Deutschland zurückließ?

Veröffentlicht am 11.09.2019

Du darfst summen, wenn du den Text nicht kennst

Miroloi
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Miroloi, ist ein griechisches Wort und bedeutet: Totenlied. So wurde auch das Buch Dbp19 in 128 Strophen gegliedert. Nein, es ist nicht in Versform gestaltet, nur in den Überschriften ist das Wort Strophe ...

Miroloi, ist ein griechisches Wort und bedeutet: Totenlied. So wurde auch das Buch

Dbp19 in 128 Strophen gegliedert. Nein, es ist nicht in Versform gestaltet, nur in den Überschriften ist das Wort Strophe enthalten. Es ist der erste Roman der Autorin Karin Köhler und steht neben 19 anderen auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2019. Die Sprache ist eigenwillig, entspricht aber Meinung nach dem Alter der Hauptperson. Für mich war sehr schön zu erkennen, wie sie reifer wird und ihre Worte dementsprechend wählt.

„Trostmoment“, so nennt das Mädchen ohne Namen ihre kleine Katze. Minki heißt das Tier und es erlitt das gleiche Schicksal wie sie. Beide humpeln, weil eins der Beine kürzer ist. Und die Behinderung ist keineswegs von Geburt an gewesen oder durch einen Unfall hervorgerufen. Es waren Menschen, die ihnen leid zufügten.

Die Hauptperson von #Miroloi, das namenlose Mädchen, lebt in einem Bethaus und wird hier vom Bethaus-Vater versorgt. Er fand sie an einem kalten Winterabend auf der Treppe in einem Bananenkarton. Die Bewohner des Dorfes verachten sie, weil der Winter damals so kalt war, dass die Aussaat erfror und es keine Ernte gab. Die Menschen nennen sie „Dievondrüben, Eselstochter und Erntevernichterin“. Kinder verhöhnen sie und rufen ihr die Schimpfnamen hinterher. Alte Frauen sitzen am Straßenrand und tuscheln über sie. Als eine junge Frau eine Totgeburt erlitt, wird die Kleine auch dafür verantwortlich gemacht.

Einzig der Bethaus-Vater und Mariah, eine ältere Frau beschützen sie vor dem Schlimmsten. Die Menschen lassen sich ihr Leben vom Ältestenrat bestimmen. Der macht die Gesetze und die sind keineswegs nachvollziehbar. Lesen lernen dürfen nur Kinder mit „Zipfel“, mehr als drei Baby darf kein Paar haben und der dritte Sohn muss ein Betmann werden. Wer den Gesetzen nicht folgt, muss harte Strafen hinnehmen.

Dass der Konjunktiv Abstand bringt, tröstet das Mädchen. Ihr Ziehvater meint dazu: „Sie sagen, ich sei eine Missgeburt. Nicht ich bin eine.“ Die Ich-Erzählerin schreibt eine fiktive Geschichte, es ist nicht klar zu erkennen, wo das kleine Eiland liegt. Mir gefiel das Buch gut. Interessant finde ich hier mal wieder die kontroversen Diskussionen, die mit zum Erfolg beitragen werden. Die Erzählung ist strukturiert und zuweilen recht brutal. Ich gebe eine Empfehlung für Leser, die sich auf eine Literatur einstellen möchten, die nicht gang und gäbe ist.

Ich bin gespannt, ob Miroloi es auf die Shortlist schafft.