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heinoko

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.10.2019

Magisch schön

Rulantica (Bd. 1)
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Auch wenn mir bewusst ist, dass eine mächtige Werbemaschinerie in Verbindung mit dem Freizeitpark Rust hinter Rustica steckt – das Buch zu lesen hat mir großen Spaß bereitet. Und es verfehlt nicht seine ...


Auch wenn mir bewusst ist, dass eine mächtige Werbemaschinerie in Verbindung mit dem Freizeitpark Rust hinter Rustica steckt – das Buch zu lesen hat mir großen Spaß bereitet. Und es verfehlt nicht seine Wirkung, Neugier zu wecken auf die gigantische Unterwasserwelt, die im November 2019 ihre Pforten öffnen wird.
Die Geschichte nimmt ihren Ausgang in der ganz alten Zeit der Götter und Runen und dem ewigen Wunsch nach Unsterblichkeit. In einem Prolog wird berichtet über den göttergewollten Ursprung von Rulantica. Unmittelbar danach bewegen wir uns in der Unterwasserwelt der Meermenschen. Das neugierige Meermädchen Aquina fühlt sich immer schon etwas fremd unter Ihresgleichen, besonders da ihr so Vieles verboten ist. Als sie überraschend 12-jährig erfährt, dass sie einen Zwillingsbruder in der Welt der Menschen hat, gibt es für sie kein Halten mehr. Sie will ihre wahre Familie finden. Doch gemäß den jahrhundertealten Prophezeiungen der nordischen Götter drohen ihr ganz große Gefahren, bis hin zum Untergang von Rulantica…
Was zunächst positiv auffällt, ist die aufwändige Gestaltung des Buches. Dem Coppenrath Verlag gelingt es immer wieder, seine Bücher äußerst ideenreich auszustatten und damit das reine Lesevergnügen zu erweitern durch visuelles und haptisches Erleben. Allein schon das Cover mit der beeindruckend dynamischen Illustration von Helge Vogt fesselt. Dazu Golddruck, Wechsel von matter und glänzender, teilweise geprägter Oberfläche. Das Innere des Buches suggeriert durch scheinbare Wasserflecken den Druck auf altem Papier. Die vielen, in den Farben einer Wasserwelt angepassten, fast dreidimensional wirkenden wunderschönen Illustrationen bereichern das Buch zusätzlich. Zu lesen ist die Geschichte durchweg spannend, zum Schluss hin geradezu aufregend. Die Autorin schreibt lebendig, frisch und humorvoll. Besonders begeistert hat mich die gelungene Darstellung der Sprache der Wellen und die Lautmalerei von Snorri, dem Tintenfisch, meinem absoluten Liebling im Buch. Wissenswertes ist unaufdringlich versteckt in der Geschichte, aber auch wichtige Themen wie Freundschaft, Vertrauen, Verlässlichkeit und Mut spielen eine Rolle. Dazu liegt über allem ein Hauch von Magie. Rundum empfehlenswert!

Veröffentlicht am 18.10.2019

Kurz, prägnant und neugierig machend

50 Künstlerinnen, die man kennen sollte
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Die wunderbare Reihe „50 Gemälde, die…“ oder „50 Bilder, die … “ ist nun ergänzt worden durch die Vorstellung von „50 Künstlerinnen, die man kennen sollte“. Mit großer Entdeckerlust bin ich durch das ...


Die wunderbare Reihe „50 Gemälde, die…“ oder „50 Bilder, die … “ ist nun ergänzt worden durch die Vorstellung von „50 Künstlerinnen, die man kennen sollte“. Mit großer Entdeckerlust bin ich durch das Buch und damit durch die Jahrhunderte gewandert. Ich begegnete vertrauten Namen, aber auch vielen unbekannten Künstlerinnen, und Seite um Seite wurde ich neugieriger…
Der Verlag drückt sein Anliegen so aus: „Die Autorinnen berichten von ungewöhnlichen Biografien und bahnbrechenden ästhetischen Ansätzen, sie zeigen weltbekannte Meisterwerke und wenig gesehene Neuentdeckungen und vermitteln damit einen umfassenden und gleichzeitig kompakten Überblick über weibliches Kunstschaffen.“ Das Buch ist chronologisch aufgebaut, beginnend mit dem 16. Jahrhundert und endend in der Gegenwart. Jeder Künstlerin ist eine Textseite gewidmet, auf der sie kurz, prägnant und doch hoch informativ vorgestellt wird. Leben, Werk und kunstgeschichtliche Bedeutung finden gleichermaßen Raum. Am Rand gibt es ergänzend jeweils eine tabellarische Biographie und eine sehr gelungene Kürzestinformation über die spezifische Besonderheit oder Bedeutung der Künstlerin zu ihrer Zeit. Eine ganzseitige Abbildung mindestens eines Werkes, manchmal auch von zweien oder dreien, macht die jeweilige Künstlerin in ihrer individuellen Ausdrucksweise besonders intensiv erlebbar. Dass bildende Kunst in früherer Zeit eine Männerdomäne war und wie sich einzelne Künstlerinnen dennoch zu verwirklichen verstanden, wird in den erläuternden Texten lesenswert berichtet.
Ich war von diesem Buch sehr beeindruckt, weil ich sehr, sehr viel Neues erfuhr und meine Neugier geweckt wurde, über einzelne Künstlerinnen mehr erfahren zu wollen bzw. mich ausführlicher mit Ihnen beschäftigen zu wollen. Für meinen persönlichen Geschmack wurde den Kunstschaffenden der Gegenwart ein wenig zuviel Raum gegeben, denn wer von den genannten Namen tatsächlich überdauern wird, dürfte sich erst in fernerer Zukunft zeigen.
Rundum jedoch ein interessantes, informatives und Neugier weckendes Kompendium, das eine Vielzahl weiblicher Kunstschaffender zwar kurz, aber dennoch in gebührender Weise würdigt.

Veröffentlicht am 14.10.2019

Spannend und hintergründig

Der Minutendieb
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Ein Jugendbuch, das es verdient, mehrfach gelesen zu werden – und zwar nicht nur von Jugendlichen…
Eduardo ist zehn und ein fröhlicher, unbeschwerter Junge. Bis die Behörden, warum auch immer, beschließen, ...

Ein Jugendbuch, das es verdient, mehrfach gelesen zu werden – und zwar nicht nur von Jugendlichen…
Eduardo ist zehn und ein fröhlicher, unbeschwerter Junge. Bis die Behörden, warum auch immer, beschließen, den 6. Oktober aus dem Kalender zu streichen. Und das treibt Eduardo zur völligen Verzweiflung, denn der 6. Oktober ist der Tag seines Geburtstages, ausgerechnet! Nun soll er also für immer 10 Jahre alt bleiben? Nie mehr Geburtstag feiern dürfen? Nie mehr seine Freunde zur Feier einladen können? Nie mehr Geschenke bekommen? Unfassbar! Da bleibt ihm nur eines: Er geht zu Herrn Vinicius in dessen Laden der Verbotenen Dinge, um ihm sein Leid zu klagen. Und der weiß tatsächlich eine Möglichkeit der Rettung. Er übergibt Eduardo leihweise einen Zeitsauger. Mit diesem Gerät kann Eduardo anderen Menschen heimlich Zeit stehlen, Minute für Minute, über ein ganzes Jahr hinweg, bis er einen ganzen Tag zusammen hat und damit also wieder seinen Geburtstag zurück hat. Doch Zeitdiebstahl ist strengstens verboten, d. h. Eduardo muss sehr, sehr vorsichtig beim Diebstahl sein, um nicht erwischt zu werden. Was alles Eduardo in diesem Jahr des Zeitstehlens erlebt und welche unerwartete Wendung die Geschichte nimmt - das muss jeder selbst lesen.
Allem voran: Die märchenhafte Geschichte ist spannend zu lesen. Und sie ist leicht zu lesen, dank der relativ großen Schrift, die man normalerweise eher in Büchern für jüngere Leser findet. Doch genau diese unangestrengte Lesbarkeit bekommt der Geschichte ausnehmend gut. Denn man kann das Buch lesen wie ein fantasievolles, abenteuerliches Märchen, unterhaltsam, lebendig frisch erzählt. Und mit einem herrlich verqueren Humor versehen. Dank an dieser Stelle den Übersetzern, denen es offensichtlich ausnehmend gut gelungen ist, die im Text enthaltenen Wortjonglierereien adäquat ins Deutsche zu übersetzen. Das Buch hat es verdient, noch ein weiteres Mal gelesen zu werden, diesmal nachdenklicher vielleicht, denn eigentlich hat der Autor mit dem Minutendieb einen hochphilosophischen Roman geschrieben, der zwar als märchenhafte, schlichte Geschichte daherkommt, aber voller essentieller Fragen (und so mancher wertvoller Antwort) steckt.

Veröffentlicht am 07.10.2019

Ruhig-gespanntes Katz- und Mausspiel

Wisting und der Tag der Vermissten
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Für mich war dieser Autor eine Entdeckung! Ganz sicher werde ich auch den zweiten Band mit Kommissar Wisting lesen, denn Jorn Lier Horst trägt den Leser absolut sicher und verlässlich durch alle spannenden ...


Für mich war dieser Autor eine Entdeckung! Ganz sicher werde ich auch den zweiten Band mit Kommissar Wisting lesen, denn Jorn Lier Horst trägt den Leser absolut sicher und verlässlich durch alle spannenden Geschehnisse des Cold Cases und kommt dabei ganz ohne marktschreierische Effekte aus – eine Wohltat.
Jedes Jahr trifft Kommissar William Wisting den Ehemann der vor 24 Jahren verschwundenen Katharina Haugen. Sie treffen sich freundschaftlich zu einem Angelausflug in einer abgelegenen Hütte. Der Fall der verschwundenen Katharina konnte nie gelöst werden. Über die Jahre hinweg hat Wisting die Ermittlungsakten wieder und wieder studiert, ohne weiterzukommen. Doch dieses Jahr wird aus diesem Ausflugsritual eine mehr als gefährliche Situation.
Das Lesen dieses perfekt durchkomponierten Kriminalromans habe ich sehr genossen. Der Autor hat es nicht nötig, durch wildes Hin- und Herspringen in den Zeiten und Perspektiven eine Pseudospannung aufzubauen. Er erzählt in ruhigem, folgerichtigem Erzählton auf feine, geradezu feinfühlige Weise und so detailliert, dass man das Gefühl hat, bei jedem einzelnen Ermittlungsschritt, bei jeder sich neu ergebenden Situation dabei zu sein, so intensiv, als würde man selbst jedes Blatt der umfangreichen Ermittlungsakte sichten und neu bewerten. Die relativ kurzen Kapitel machen das Lesen angenehm, die eigene Aufmerksamkeit wird geschickt wechselnd auf die verschiedenen überzeugend dargestellten Protagonisten gelenkt. Man befindet sich als Leser mitten in einem raffinierten Katz- und Mausspiel und wird weiter und weiter in eine seltsam still-gespannte Haltung getrieben, lauernd wie eine Katze vor dem Mauseloch. Genau so soll meiner Meinung nach ein Kriminalroman sein!

Veröffentlicht am 04.10.2019

Wort-Pralinen - zum staunenden Schauen und genussvollen Lesen

So süß schmeckt das Leben
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Die genialen Strickkunstwerke von Madame Tricot durfte ich bereits mehrmals im Original in Augenschein nehmen und war fasziniert, begeistert und voll der höchsten Bewunderung, wie es möglich ist, einen ...

Die genialen Strickkunstwerke von Madame Tricot durfte ich bereits mehrmals im Original in Augenschein nehmen und war fasziniert, begeistert und voll der höchsten Bewunderung, wie es möglich ist, einen Wurstsalat oder einen Pressack oder ein Stück rohes Bratenfleisch so lebensecht zu stricken, dass man das Gefühl hat, an der Theke einer echten Metzgerei zu stehen und gleich eine Scheibe Wurst zum Probieren angereicht zu bekommen. Madame Tricot ist für mich im wahrsten Sinne des Wortes eine Strickkünstlerin! Und genau wegen ihres Namens fand das vorliegende Buch meine besondere Aufmerksamkeit. Erst mit dem zweiten Blick entdeckte ich den Glückswert dieses Geschenkbuches.
Wer vielleicht erwartet hatte, hier konkrete Anleitungen zu finden, um selbst Bockwürstchen zu stricken oder Salami, der würde enttäuscht werden. Aber das Büchlein ist dennoch ein Anleitungsbuch, nämlich zum Glücklich-Sein und –Werden, zur Wahrnehmungsschulung für das, was gut tut. „So süß schmeckt das Leben“ ist eine Sammlung von Aphorismen, humorvollen oder nachdenklichen Texten, von Rezepten für Gelassenheit oder für einen Seelenkuchen. Allesamt wundervoll ausgewählte Texte, die Mut machen, süß wie eine Praline, Wort-Pralinen sozusagen. Die feinsinnig ausgewählten Texte werden durch die süße Maschenkunst der Madame Tricot auf liebenswerte Weise vertieft.
Welch ein schön gestaltetes, beglückendes Geschenkbuch, dessen Texte immer wieder gelesen werden wollen. Mit einer Botschaft, die der kluge Peter Handke in kürzester Form so ausgedrückt hat: „Ich bin ja zum Vergnügen auf der Welt“. Was kann man besseres schenken als dieses die Lebenszeit Versüßendes Buch - zum Schauen, zum Lesen, zum Denken, zum Genießen!