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Veröffentlicht am 25.08.2023

historische Fiktion mit Abstrichen

Die Tochter des Doktor Moreau
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Ich wollte das Buch wirklich lieben, mich genauso gefangen nehmen lassen wie von „Der mexikanische Fluch“ und dieses ziehen in der Magengrube wieder spüren, das ich bei der Lektüre dieses Buches gespürt ...

Ich wollte das Buch wirklich lieben, mich genauso gefangen nehmen lassen wie von „Der mexikanische Fluch“ und dieses ziehen in der Magengrube wieder spüren, das ich bei der Lektüre dieses Buches gespürt habe. Eine Prise Horror, eine Prise mexikanische Geschichte, gewürzt mit dem fremdartigen Gewürz.

Die Bausteine hierzu lagen vor mir auf dem Boden. Aber ich war nicht in der Lage sie anständig und zu einem stimmigen Bild zusammenzusetzen. Doch beginnen wir am Anfang:

Die Geschichte wird aus zwei Perspektiven erzählt: Carlotas und Montgomerys. Carlota Moreau wächst abgeschieden und fern von der zivilisierten Welt im Dschungel auf. Auf dem Anwesen, auf dem sie lebt, führt ihr Vater gemeine Experimente durch. Man kommt schnell dahinter, dass die Experimente Kreuzungen sind. Soweit ganz spannend. Carlota wirkte gleichermaßen gebildet wie naiv auf mich. Kurzum - ich wurde einfach nicht warm mit ihr. Als der Sohn von Dr. Moreaus Geldgeber ihr schöne Augen macht, stürzt sie sich sofort in die Liebe hinein, und hält und hofft bis zum dramatischen Ende, während Eduardo - der Sohn - einfach nur ein Mann der nicht so netten Sorte ist. Ich konnte mit der Anlage ihres Charakters nicht wirklich viel anfangen. Als Gegenpart hat die Autorin ihr Montgomery entgegen gestellt, ein Angestellter ihres Vaters, der von der Welt und der Liebe schon viel gesehen hat. In seinen Versuchen, sie zu beschützen, wirkt er beinahe verzweifelt. Die beiden geraten auch öfter mal in heftige Auseinandersetzungen. Zudem ist ihm die störrische Melancholie förmlich auf die Stirn tätowiert. Manchmal waren ihre Auseinandersetzungen witzig, manchmal aber auch nervig.

Die Inspiration war wiederum klasse gewählt. Vor dem realen Hintergrund eines blutigen Krieges zwischen der europäischen und gemischt mexikanischen Bevölkerung und Maya-Rebellen, gepaart mit H.G. Wells. Wells schrieb über einen Schiffbrüchigen, der, auf einer Insel voller seltsamer Kreaturen gelandet, Vivisektionsexperimente durchführte. Man strebte im 19. Jahrhundert danach, die Formbarkeit des Lebens auszuloten. Natürlich waren diese umstritten. Die Experimente, die der fiktive Dr. Moreau durchführte, sind gruselig, wollte er doch Tiere in Menschen verwandeln. Das Konzept fand ich unglaublich spannend, keine Frage. Genau mit diesen Experimenten bevölkerte Carlotas Vater sein Anwesen (einige davon habe ich wirklich lieb gewonnen).


Trotzdem konnte mich das Buch nicht abholen. Es plätscherte für mich gefühlt nur so dahin. Ich verfolgte Carlota, wie sie Liebe und Leid kennen lernt, aber der Funke sprang für mich nicht über. Ich habe das Buch zur Seite gelegt, wieder zur Hand genommen, ein paar Seiten gelesen. Wieder zur Seite gelegt. Dann lag es tagelang vernachlässigt auf meiner Couch, während ich mich durch andere Bücher fraß. Das Buch war einfach nicht meins - was ja auch mal sein kann.

Fazit? Ein spannender Ansatz, der mich aber leider nicht abholen konnte. Lest „Der mexikanische Fluch“ von der Autorin, wenn ihr euch von ihrem Talent, Geschichten mit leisen klassischen Horrorelementen zu erzählen, überzeugen wollt.

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Veröffentlicht am 12.07.2023

Tolle bissige Protagonistin

Violet Made of Thorns – Dem Schicksal zu trotzen hat seinen Preis
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Violet - Ein Straßenmädchen, das in die Zukunft sehen kann, rettete einst Prinz Cyrus das Leben. Als Dank wurde sie im Palast aufgenommen und zur Seherin ausgebildet. Sie ist beides - Seherin und Lügnerin ...

Violet - Ein Straßenmädchen, das in die Zukunft sehen kann, rettete einst Prinz Cyrus das Leben. Als Dank wurde sie im Palast aufgenommen und zur Seherin ausgebildet. Sie ist beides - Seherin und Lügnerin zugleich. Mit ihren prophetischen Visionen hangelt sie sich durch das Intrigengespinst des Palastes und hat dabei einen erklärten Feind - Prinz Cyrus, mit dem sie sich regelmäßig Grabenkämpfe liefert. Enemy-to-lover, eingebettet in ein gefährliches Märchenreich.

Violet war für mich das Highlight dieses Buches. Ich mochte sie sehr gerne - ist sie doch nicht auf den Mund gefallen, lügt, das sich die Balken biegen, wenn es ihr und ihrer Sicherheit oder ihrem Wohlbefinden dient und führt die jungen Damen am Hofe scharenweise an der Nase herum. Sie ist stark (geworden) - hat zwischen sich und dem sozialen Leben im Palast eine unsichtbare Mauer gezogen - und als sie bemerkt, dass sie sich immer mehr zu einer gewissen Person hingezogen fühlt, möchte sie sich am liebsten übergeben. Da passt ihre rotzige Art gut rein, meines Empfindens nach. Ja, es ist eine moderne Sprache, die in der an Märchen angelehnten Welt gesprochen wird. Man mag davon halten, was man möchte - mich persönlich hat es nicht sonderlich gestört und insbesondere Violets Vokabular fand ich bisweilen zum Schnauben witzig.

Die Feen, die ihre Zauber über alle geworfen haben, fand ich auch noch ziemlich cool eingebaut. Sie waren für mein Empfinden immer präsent und haben dem Roman ein gewisses Glamour-Flair verliehen. Ich mochte die kleinen Zauberwesen sehr gerne.

Doch sooft ich an Violets Turm geklopft habe, hereingelassen hat sie mich nie. Ich konnte einfach nicht ins Buch finden, so sehr ich mich auch bemüht habe. Immer wieder ertapte ich mich dabei, wie meine Gedanken abgeglitten sind, als wäre die Seite mit Wachs bestrichen worden (Hände hoch, wer von euch war das?) - Ich kann selbst nicht Sio genau festmachen, woran es eigentlich lag, vor allen Dingen, da ich mich an der Ausdrucksweise nicht gestört habe. Der Plot hat sich immer in den eigenen Schwanz gebissen. Es ging um Visionen und Lügen, und ihre unwahre Vorhersage, dass der Prinz auf der nächsten Reise seine Liebe finden wird. (Das ist im Übrigen kein Spoiler, die Aussage wird schon auf den ersten paar Seiten getroffen.) Daneben braut sich Unheil zusammen. Für mich stand der Loveplot deutlich im Vordergrund. Und obwohl Gina Chen versucht hat, die beiden Stränge zu verbinden, hat sich der Loveplot aufgeblasen wie ein überdimensionierter Luftballon (ja, ihr dürft nicht, ihr wollt einander aber trotzdem, wir haben es verstanden). Für das Übel im Feenwald und die Bestien bleibt kaum noch Raum, sodass es mir als Leser nebensächlich erschien. Dabei hätte gerade der Plotstrang nicht so stiefmütterlich behandelt werden müssen. Im Endeffekt krankte es für mich wohl an diesem Ungleichgewicht zwischen den beiden Strängen.

Die Welt an sich ist wirklich märchenhaft. Streckenweise kam mir Violet vor wie eine (herrlich grumelige) Cinderella, Cyrus hatte Züge von dem männlichen Protagonisten aus „Die Schöne und das Biest“ - die Mischung war für mich amüsant, vor allen Dingen, da die liebevoll gestaltete Karte zu Beginn des Buches auf die märchenhafte Welt einstimmt.

Einige Wendungen waren für mich zu schnell herbeigeführt oder erahnbar. Insbesondere zum Ende hin - obwohl das Finale im Gesamten gesehen noch mal überzeugen konnte.

Empfehlenswert? Alle, die Enemy-to-Lovers Geschichten und märchenhafte Settings lieben sollten mal einen näheren Blick riskieren. Mich persönlich konnte an dieser Geschichte hauptsächlich Violet überzeugen.

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Veröffentlicht am 23.04.2020

Substanzmangel

Priest of Bones
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Priest of Bones

Ehrlich – ich habe diesem Buch mehr als eine Chance gegeben. Es zur Seite gelegt, in der Hoffnung, dass es mich in einem anderen Moment mehr packt, das die Charaktere für mich stimmiger ...

Priest of Bones

Ehrlich – ich habe diesem Buch mehr als eine Chance gegeben. Es zur Seite gelegt, in der Hoffnung, dass es mich in einem anderen Moment mehr packt, das die Charaktere für mich stimmiger sind, als sie auf den ersten Blick scheinen. Ich legte es also zur Seite, nahm es wieder zur Hand, las ein paar Seiten, verdrehte die Augen und packte es erneut zur Seite, in der Hoffnung, das ich morgen eher in der rauen Stimmung bin – bis ich mir dann schließlich eingestand, dass es schlecht an meiner Stimmung liegen kann …

Wodrum geht’s? Kurz gefasst um einen Söldnertrupp, der gebeutelt vom Krieg wieder heimkehrt unter ihrem Anführer dem Priester Tomas Piety, und die sich versuchen, ein neues Leben aufzubauen und erst Mal die Bande, die das Gasthaus besetzten, rausschmeissen, da Piety der Eigentümer des Etablissements ist.
Ah, dacht ich mir. Endlich hat der Autor einmal nicht die große Schlacht im Blick, sondern die Heimkehr der versehrten Helden. Das klang interessant, das konnte sehr spannend aufgezogen werden, insbesondere wenn man den psychischen Aspekt beachtet. Denn eine solche Schlacht fordert immer ihren Tribut. Und da ist es gleich, ob die Zahlung nun in Körperteilen oder in Stücken der Seele erfolgt.

Doch ich stolperte um ehrlich zu sein schon zu Anfang. Ich nehme es gerne in Kauf, wenn die Männer sich rau unterhalten oder Mal eine deftige Bemerkung machen. Doch gerade am Anfang hatte ich das Gefühl, der Autor strengte sich mehr an, möglichst kreative Schimpfwörter zu erfinden, als die Handlung voran zu treiben. Da wird sich eine viertel Seite lang beschimpft, nur um darauf zu saufen und zu grölen – und ich habe mich gefragt, was ich aus diesen Seiten mitnehmen soll? Nicht viel … Natürlich, es ist immer ein schmaler Grad zwischen Authentizität und maßloser Übertreibung, und diese Tatsache hatte ich bei der Lektüre immer vor Augen. Der Autor bemühte sich anscheinend wirklich um Authentizität in der Sprache – womit er wohl in Kauf nahm, dass er einige Leser vergrault hat – mich eingeschlossen. Die Geschichte an sich blieb trotz der spannenden Grundthematik nur oberflächlich, wo ich mir mehr Tiefe gewünscht hätte war nur ein zotiger Trinkspruch.

Dieses Buch ist aus der Perspektive von Tomas erzählt. Er trinkt, er schimpft, bemüht sich jedoch seine Truppe zusammenzuhalten, was ich ihm zu Gute halte. Trotzdem geht der Autor für mich nicht genügend auf seine Hauptperson ein. Nach einem Drittel des Buches hat er zwar massig Probleme, ich hab jedoch kaum eine Ahnung davon, was in ihm drin los ist. Am liebsten mochte ich noch Bloody Anne, die an seiner Seite kämpft, und ziemlich cool ist – und auch noch einiges zu verbergen hat.

Über eines kann ich mich jedoch nicht beschweren. Action und Kämpfe, Blut und Gedärme existieren in „Priest of Bones“ zu Hauf. Da kommt der Action-Liebhaber auf seine Kosten. Nicht falsch verstehen, ich liebe gut gemacht oder ausgedehnte Schlachten – wenn sie von Charakteren geschlagen werden, mit denen ich mitfühlen kann.
Leider muss ich sagen, dass mich dieses Buch nicht abholen konnte – was mich selbst traurig stimmt, als Fan von Rabenblut oder den Powder-Mage-Chroniken habe ich einfach mehr erwartet. Ich hoffe, „Priest of Bones“ findet andere Fans.

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Veröffentlicht am 28.02.2019

Schwere Zeit

Hexenzirkel 1: Das Lied von Usgar
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Das Lied von Usgar von R.A. Salvatore

Aoleyn hat ihre Eltern verloren und muss von nun an in einem Stamm wilder Barbaren allein zurechtkommen. Die Welt hinter ihrer Bergheimat scheint furchtbar fern. ...

Das Lied von Usgar von R.A. Salvatore

Aoleyn hat ihre Eltern verloren und muss von nun an in einem Stamm wilder Barbaren allein zurechtkommen. Die Welt hinter ihrer Bergheimat scheint furchtbar fern. Doch zum Glück ist sie begabt in der Magie ihres Stamms. Doch Aoelyns Talent macht sie zum Signalfeuer in der Nacht, sowohl für die Männer innerhalb des Stamms als auch für den Dämon des Berges.

R:A. Salvatore ist ein großer Name im Fantasy-Genre. Ich wollte seine Romane zugegeben schon seit längerem lesen. Als ich dieses Buch entdeckte, beschloss ich damit anzufangen. Magie? Das klingt doch immer gut! Also stürzte ich mich hinein in ein, wie ich hoffte, fantastisches episches Abenteuer, das seinesgleichen sucht.

Vielleicht wurden zu hoch geschürt, vielleicht stellte ich mir etwas anderes unter der ganzen Thematik, die Salvatore behandelt vor. Der Roman und ich hatten auf jeden Fall eine recht schwere Zeit mit einander. Ich habe zwischenzeitlich öfters unterbrochen, weil ich dachte, ich sei nicht in der richtigen Stimmung für das Buch. Manchmal ist ja so, dass man einen besseren Zugang zum Buch findet, wenn man es zu einem anderen Zeitpunkt erneut zur Hand nimmt. Doch auch in dieser Frage musste ich leider mir selbst eingestehen, dass „Das Lied von Usgar“ und ich wohl schwer Freunde werden.

Doch zunächst zu den positiven Aspekten. R.A. Salvatore versteht sein Handwerk Er kann Szenerien und Momente einfangen, und dass so, dass das Kopfkino angeworfen wird. Ich sah die Szenen vor mir – und konnte die unterschiedlichen Charakterfärbungen deutlich wahrnehmen. Mit dem Stil hatte ich folglich keine Probleme, schön düster, aber auch farbig genug für mich. Die Welt hatte er zu Beginn schön begrenzt, sodass ich mich erst einmal mit ihr vertraut machen konnte. Trotzdem ließ der Autor durchschimmern, dass die Welt noch viel viel mehr zu bieten hat. Deshalb war ich unglaublich gespannt, auf die weitere Welt.

Aeolyn, die Tochter eines barbarischen Stamms, kann man von Kindesbeinen an verfolgen. Wie sie größer und erwachsener wird. Die Gedanken, die sie beschäftigen, sind nur allzu bekannt. Sie will mehr, sehnt sich nach der ersten Bekanntschaft mit der Magie während ihres Unterrichts. Ich hatte das Gefühl, ihre Thematik war die Ungeduld der Jugend, die es nicht erwarten kann, erwachsen zu werden.
Innevah ist eine junge Frau, die in die Sklaverei gerät, als der Barbarenstamm ihr Dorf am Seeufer überfällt. Ihr Kind gebiert sie in die Sklaverei hinein. Schön dargestellt fand ich die unterschiedlichen Kulturen, die der jeweils anderen Seite so unbekannt ist und verachtet wird. So zum Beispiel das Binden des Kopfes und die dadurch erfolgende Verformung vom ersten Tag an.

Hört sich doch eigentlich ganz gut an? Voller Konfliktpotential und Spannungsaufbauend.
Leider … empfand ich die Thematiken als nicht unbedingt meines. Ich schätze Spannung. Hintergründige Spannung, die sich von Beginn an immer weiter steigert. Aber in diesem Roman musste ich unterscheiden zwischen Spannung und actiongeladenen Szenen.
Die Action kam wahrlich nicht zu kurz. Ordentlich Blut floss auch. Doch ich konnte leider keinen Sinn in diesen Szenen sehen, außer um dem Leser zu zeigen, wie brutal der Stamm und seine Kultur ist. Mehrere solcher Szenen reihten sich aneinander und irgendwann verlor ich die Lust auf dieses Kapitel. Ich erwischte mich dabei, wie quer las und Zeilenhüpfer spielte. Das hat weder das Buch noch ich verdient.
Ihr seht also, wir beide hatten keine leichte Zeit miteinander. Ich vergebe drei Sterne, für den Stil und für die Welt. Leider konnte mich das Buch jedoch nicht überzeugen.

Veröffentlicht am 08.10.2018

Machtgefüge

Dark Palace – Zehn Jahre musst du opfern
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Dark Palace von Vic James

10 Jahre muss jeder, der nicht zur magischen Elite Englands gehört, opfern und in den Dienst der Herrschenden treten. Manchmal unter grausamen Bedingungen. Die Hadleys glauben ...

Dark Palace von Vic James

10 Jahre muss jeder, der nicht zur magischen Elite Englands gehört, opfern und in den Dienst der Herrschenden treten. Manchmal unter grausamen Bedingungen. Die Hadleys glauben alles richtig zu machen, als sie ihre Sklavenzeit gemeinsam antreten und sich in den Dienst der mächtigen Familie Jardine stellen. Doch Luke, der Sohn, wird von den anderen getrennt und in eine Arbeiterstadt gebracht, während der Rest der Familie im Herrenhaus Dienst verrichten muss.

Diese dystopische Story konnte mich persönlich leider nicht so fesseln wie ich eigentlich erhofft hatte. Dabei hat Vic James vieles richtig gemacht: Ihr Schreibstil liest sich einfach so weg, die Seiten fliegen förmlich an einem vorbei und ich wusste gar nicht, wie ich in der Mitte des Buches gelandet bin. Ihre manchmal wunderschön bildhaften Beschreibungen zauberten Millmore oder das Herrenhaus oder den Wald und den See förmlich in meinen Kopf. Dieses Detail verstand mich zu fesseln.
Wahrscheinlich um dem Roman Komplexität zu verleihen und die Geschichte aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, werden mehrere POVs ins Feld geführt. Dies gefiel mir vor allen Dingen zu Anfang ziemlich gut, da ich schnell vertrauen zu Luke und Abi fasste, den Kindern der Hadleys und ihr Alltag vor ihrer Sklavenzeit recht eindrücklich beschrieben wird. Luke fand ich besonders toll und Abi ist schlauer als ihr gut tut. Sowas mag ich (eigentlich). Auch die Idee gemeinsam die Sklavenzeit anzutreten erwuchs aus Abis hellem Köpfchen.
Die Familie Jardine schien mir schon nach dem ersten Kapitel, in dem sie ihren Auftritt hatten, recht wahnsinnig zu sein. Ein gabenloser Bruder, ein Psychopath und ein Choleriker (um es mal mit einfachen Worten zusammen zu fassen) treten hier gemeinsam auf, garniert noch mit gruseligen Haustieren und einem glänzenden Aussehen. Vic James hat hier versucht, zu viele Superlative auf einem Fleck zu vereinen, um die Dekadenz der Oberschicht und die offensichtliche Grausamkeit gegenüber ihren Untergeben darzustellen, grausam und dekadent ist diese Familie alle Mal, dabei treten aber leider ihre Charaktere in den Hintergrund. Auf mich wirkten sie (nachdem der erste Glanz verflogen war) blass. Ein wenig mehr Characterbuilding hätte hier wohl weniger geschadet).
Das selbe Muster kann man auch am Beispiel von Luke herunter deklinieren, der nach Milllmoor gebracht wurde – einer alten Arbeiterstadt. Auch hier bediente sich James vieler Klischees, die ich so auch schon in historischen Romanen des 19. Jahrhunderts gelesen habe. Grau, Trist, Arbeit, keine medizinische Versorgung und unzureichende Versorgung mit Nahrungsmitteln. Natürlich läuft es dem Leser kalt den Rücken hinab – aber gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass die Autorin genau das erreichen wollte – und das wiederum überlagerte den Lesegenuss.

Im Endeffekt geht es um das Machtgefüge zwischen den Menschen. Spannung konnte dieses Machtgefüge jedoch bei mir nur teilweise wachkitzeln. Und wenn, dann wurde diese durch Infodumping, welches an manchen Stellen erfolgte, erstickt. Jedenfalls hatte ich das Gefühl, immer wenn ein bisschen Spannung aufkam, mussten gleich wieder endlose Informationen folgen. Das hätte man auch eleganter lösen können.

Fazit? Eine Dystopie, die von der Grundstory her recht solide angelegt war, mich jedoch wenig zu begeistern vermochte. Schade! Ich kann hierfür nur 3 Sterne vergeben.