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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.08.2020

Wer war Miranda?

Alles, was zu ihr gehört
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Das soll Kate in Erfahrung bringen. Sie ist aus ihrem Job als Journalistin in New York gegangen worden und versucht nun, auf eine andere Art weiterzukommen: Die Künstlerin Miranda Brand, eine Fotografin, ...

Das soll Kate in Erfahrung bringen. Sie ist aus ihrem Job als Journalistin in New York gegangen worden und versucht nun, auf eine andere Art weiterzukommen: Die Künstlerin Miranda Brand, eine Fotografin, ist vor Jahren verstorben und ihr Sohn Theo, inzwischen Vater zweier Kinder, hat Kate mit der Ordnung des Nachlasses beauftragt.

Das Spannende daran: alles ist mehr oder weniger vorhanden, wie Miranda es vor ihrem Tod verlassen hat. Allerdings hat Theo die Lage verändert und alles zusammengeworfen. Doch es gibt noch mehr Geheimnisse zu Miranda in diesem Haus - es stand seit ihrem Tod leer, Theo lebt dort mit den Kindern erst seit kurzem wieder.

Kate hängt dadurch zwischen zwei Familien, denn sie kommt in Kalifornien bei ihrer Tante unter, die in dem kleinen Ort eine große Nummer ist und unter deren Neugierde Kate, die eine Verschwiegenheitsklausel unterschrieben hat, ganz schön leidet.

Ihre Wühlerei bringt informationen in einer Art Tagebuch Mirandas zum Vorschein, in dem allerdings Teile zu fehlen scheinen. Und sie findet Mirandas Arbeiten - all das wirft mehr Rätsel auf, als dass es zur Klärung beiträgt.

Ein Roman, der auf Stimmungen und auf Atmosphäre basiert - wem kann man trauen, wem nicht. Das bezieht sich übrigens sowohl auf Kate als auch auf Miranda.

Einer, der sehr viel Konzentration erfordert, der sicher auch nicht unsperrig ist - andererseits fand ich die Sprache der Autorin Sara Sligar zumindest teilweise durchaus faszinierend, ihren Ansatz ungewöhnlich. Ein Buch für Leser, die das Rätselhafte lieben, auch wenn es sich nicht um einen Krimi handelt.


Veröffentlicht am 16.08.2020

Leider keine Friedentauben

Der Leutnant und das Mädchen
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Eine Menge Tauben schwirren in diesem Roman durch den Westen Europas. Leider sind es keine Friedenstauben, sondern vielmehr das Gegenteil: es sind kleine Krieger im Dienste der Alliierten, die Nachrichten ...

Eine Menge Tauben schwirren in diesem Roman durch den Westen Europas. Leider sind es keine Friedenstauben, sondern vielmehr das Gegenteil: es sind kleine Krieger im Dienste der Alliierten, die Nachrichten der Briten zu den Franzosen und umkehrt befördern.

Wir befinden uns nämlich im Ersten Weltkrieg und zwar gefühlt mittendrin, auch wenn dieser eigentlich schon fast zu Ende ist. Denn wir schreiben das Jahr 1918 und den jungen britischen Leutnant Colin Mabry, ein Kriegsopfer - er hat seine Hand im Kampf eingebüßt - erreichte eine zunächst vermessen wirkende Bitte. Die junge Johanna bittet ihn um Unterstützung bei der Suche ihrer SchwesterJewel - Colins großer Liebe - die offenbar von einem Deutschen verschleppt wurde und zwar in Frankreich. Rasch stellt sich heraus, dass einiges anders ist als es scheint und der Leser begibt sich mit dem Duo auf eine Odyssee durch den Westen Europas, bei der Brieftauben eine nicht unwesentliche Rolle spielen.

Ein spannender und ungewöhnlicher Roman, in dem Gottes Kraft gewürdigt wird, aber leider nicht die Emanzipation der Frau. Im Gegenteil, wenn man genauer hinschaut (-liest), ist es gewissermaßen ein Loblied auf das Heimchen am Herd, das seinem Mann den Rücken freihält.

Was mir den Roman ein kleines bisschen madig machte - aber nicht zu sehr, dafür war er einfach zu ungewöhnlich!

Veröffentlicht am 11.07.2020

Althergebrachte Bräuche

Ein verzehrendes Geheimnis
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Alte Bräuche - sie können etwas Warmherziges beinhalten und das Herz erfreuen. Sie können aber auch kalt, böse und abschreckend sein. So wie der Brauch vom Sündenmann, den Einwanderer aus Schottland Mitte ...

Alte Bräuche - sie können etwas Warmherziges beinhalten und das Herz erfreuen. Sie können aber auch kalt, böse und abschreckend sein. So wie der Brauch vom Sündenmann, den Einwanderer aus Schottland Mitte des 19. Jahrhunderts in die Staaten mitbrachten, zusammen mit viel anderem Alten, Kalten und Schrecken bringendem.

So wie den "Sühnemann", der sich selbst die Sünden der Sterbenden aufladen soll und durch diese Stigmatisierung am Rande der Gesellschaft lebt und geächtet wird.

Cadi, erst zehn Jahre alt, hat ihn angesehen - ein Vergehen. Aber sie will ihn finden und mit ihm sprechen - auch das Tabus in der nach strengen Regeln lebenden kleinen Gemeinschaft. Aber sie hat aus ihrer Sicht schon in jungen Jahren schwere Schuld auf sich geladen.

Eine ungewöhnliche, eine kraftvolle Geschichte, die verschiedene Stilrichtungen in sich vereint: Eine Sage, ein Mythos, ein Gleichnis, eine Parabel. Ein bisschen von allem etwas. Und zwar mit einer klaren christlichen Botschaft hinsichtlich der Vergebung. Mir war die Handlung teilweise zu einseitig, aber Francine Rivers erzählt mit einer solchen Vehemenz, einer Stärke, dass ich dieses Buch immer in Erinnerung behalten werde!

Veröffentlicht am 13.06.2020

Der Blinde wird zum Sehenden

Der unsichtbare Garten
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Der Tennisspieler und -lehrer Vincent erfährt von seiner Augenärztin, dass er aufgrund einer selten Krankheit erblinden wird. Und das nicht irgendwann, sondern bereits in wenigen Wochen.

Im Erzählverlauf ...

Der Tennisspieler und -lehrer Vincent erfährt von seiner Augenärztin, dass er aufgrund einer selten Krankheit erblinden wird. Und das nicht irgendwann, sondern bereits in wenigen Wochen.

Im Erzählverlauf wird der Leser Zeuge seiner Überlegungen, Ängste und Handlungen sowie auch der Reaktionen seines Umfeldes. Ich habe mich überhaupt nicht gewundert, dass es in vielen Fällen (so zunächst auch von seiner Braut Émilie) überhaupt gar keine gab, denn ich kenne es auch, dass sich die Menschen nach einem Unglücksfall egal welcher Art zunächst einmal zurückziehen - sei es aus Verunsicherung oder aus anderen Gründen. Andere wie Arnaud, sein Kumpel, der bisher eher unter "ferner liefen" rangierte, wachsen hingegen über sich hinaus.

Und Vincent selbst? Nun, er bleibt nicht verschont von der harten Prognose, so viel erlaube ich mir zu verraten. Und er wächst an ihr, wenn auch nicht sofort.

Aber doch sehr schnell und genau das ist mein hauptsächlicher Kritikpunkt an diesem Roman. Bestimmte Prozesse, seien es gedankliche oder aktive Handlungen, schreiten hier ausgesprochen zackig voran, was mich aus zwei Gründen abstieß. Erstens empfand ich dies vielfach als unrealistisch, zweitens wurde die Entwicklung dadurch stark verkürzt dargestellt, was für aus meiner Sicht die Tiefgründigkeit erheblich beeinträchtigte.

Dagegen möchte ich die Darstellung der Figuren, ja der Charaktere, denn das sind sie bei der Autorin Karine Lambert in jedem Fall, äußerst positiv hervorheben: sie verfügt über die seltene Fertigkeit, eine Figur mit wenigen Worten lebendig werden zu lassen. Somit ist dieser eher kurze Roman prall gefüllt mit lebendigen Akteuren, die nur so aus den Seiten heraus- und in das Bewusstsein des Lesenden quellen wollen!

Insgesamt ein eindringlicher Roman mit einer klaren Botschaft, die jedoch ein wenig zu glatt, zu gefällig vermittelt wird. Ich lege ihn trotzdem den Lesern ans Herz, für die Unterhaltungsliteratur nicht nur Geplänkel ist, sondern durchaus auch schwerere, tragischere Themen ansprechen darf.

Veröffentlicht am 05.06.2020

Abenteuer Leben

City of Girls
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Für Vivian, die aus einer Kleinstadt kommt, wird das Leben selbst zum Abenteuer, als es sie 1940 nach New York verschlägt. Die 19jährige genießt im Vorkriegs-USA - das Land trat ja erst mit dem Angriff ...

Für Vivian, die aus einer Kleinstadt kommt, wird das Leben selbst zum Abenteuer, als es sie 1940 nach New York verschlägt. Die 19jährige genießt im Vorkriegs-USA - das Land trat ja erst mit dem Angriff auf Pearl Harbour am 7. Dezember 1941 in den Zweiten Weltkrieg ein - das pralle Leben beziehungsweise das, was sie darunter versteht. Und das unterscheidet sich von ihrem bisherigen Wandel wie nur was - sie ist nämlich bei ihrer Tante untergekommen, die ein Revue-Theater leitet und so sind es Revue-Girls und Tänzerinnen, die sie unter ihre Fittiche nehmen.

Vivian arbeitet viel - denn sie hat von ihrer Großmutter von der Pieke auf Nähen gelernt, was beim Theater ein wichtiges Gut ist - aber noch mehr schlägt sie über die Stränge. Irgendwann dann so sehr, dass sie nach Hause zurück muss. Wo es ihr jetzt noch provinzieller erscheint als vorher. Dennoch ist die Rückkehr hilfreich, sie lernt jetzt, dass sie kein Kind mehr ist und ihr Handeln und Tun selbst zu verantworten hat.

Und das ist ihr bei ihrem zweiten Einzug in New York mehr als hilfreich, denn die USA befinden sich nun im Krieg und das Leben ist alles andere als glamourös. Und nun ist Vivian imstande, ihre eigene Zukunft aufzubauen, zuerst mit, dann ohne das Revuetheater. Diese dritte Phase in ihrem Leben wird die längste und wichtigste sein, in der sie sich völlig einrichtet.

Eine Frau, die ein sehr wechselvolles und spannendes Leben lebt - ein vor allem sehr unterhaltsamer Roman, der ruhig noch mehr Atmosphäre hätte aufweisen können. Denn das alles ist längst nicht so spannend wie es zu werden verspricht - großartige Aha-Erlebnisse und überraschende Wendungen zum Schluss hin bleiben aus.

Doch Elizabeth Gilbert schreibt in ihrem gewohnt eloquenten Stil und breitet den schützenden Mantel der Fürsorge vor allem über ihre weiblichen Figuren aus - sie sind es, denen ihre besondere Aufmerksamkeit und Liebe gilt und die sie besonders vielschichtig gestaltet. Wohlgemerkt nicht alle, aber einige davon. Die übrigen - und auch fast alle Männer- werden in Bezug auf die Charakterisierung dann doch sträflich vernachlässigt. Dieser Roman hätte noch einiges mehr beinhalten können an eindringlicher und zeithistorischer Darstellung, doch auch so habe ich ihn gerne gelesen und mich gut unterhalten gefühlt!