Profilbild von Aennie

Aennie

Lesejury Profi
offline

Aennie ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Aennie über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.01.2022

Ob ihr wirklich richtig zählt, …

Mein großes Lichter-Wimmelbuch: Im Wald
0

…seht ihr, wenn das Licht angeht!
Ein tolles Bilderbuch, das erstes Zählen und das beliebte Such und Find der Wimmelbücher miteinander verknüpft. Ein kurzer Text stellt jeweils die Szenerie der Doppelseite ...

…seht ihr, wenn das Licht angeht!
Ein tolles Bilderbuch, das erstes Zählen und das beliebte Such und Find der Wimmelbücher miteinander verknüpft. Ein kurzer Text stellt jeweils die Szenerie der Doppelseite vor, kleine Suchaufträge rufen dann die kleinen Entdecker aktiv auf den Plan.
Alles dreht sich rund um Entdeckungen im Wald, typische Waldtiere und Pflanzen. Doch es geht nicht nur um das bloße Auffinden, auch das Zahlenverständnis wird geschult: finde einen Marienkäfer, zwei kleine Rehkitze… Bunte Druckknöpfe neben den Suchbildern lassen kleine Lichter aufleuchten – zur Kontrolle und wenn sich so ein Tierchen vielleicht doch ein bisschen zu gut versteckt hat – ganz sicher eine große Attraktion, die das Buch nochmal so spannend macht. Aktiviert wird die Lichtfunktion über einen Regler auf der Buchrückseite. Sehr schön finde ich, dass sich hierbei der Schwierigkeitsgrad langsam steigert: sind auf der ersten Doppelseite ein und zwei Objekte zu finden, wird am Schluss des Buches der Zahlentraum bis fünf abgedeckt. Grundsätzlich gibt es noch viel mehr zu entdecken, als nur die gestellten Aufgaben. Hier gibt es reichlich weiteren Grund zum Zählen und Erzählen. Die Illustrationen sind sehr farbenfroh und eher wenig detailreich und fein, haben so aber auch eine gewisse Strahlkraft. Einziger wirklicher Kritikpunkt den ich habe, ist der Buchrücken. Den finde ich sehr weich und dünn, so dass man irgendwie ab dem ersten in die Hand nehmen schon das Gefühl hat, dass er leicht einreißt, und verknicken wird er alle Male sofort sehr heftig. Auch wenn durch die Technik vielleicht hier eine etwas andere Art der Bindung nötig ist, finde ich das nicht so gelungen – aber was zählt schon Äußerliches, wenn die inneren Werte stimmen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.07.2021

Lange Schatten

Raumfahrer
0

Jan ist vollkommen konsterniert, als ihn ein Patient anspricht, Zusammenhänge der beiden Familien andeutet, ihm Unterlagen förmlich aufdrängt, Jans Mutter erwähnt und seine Verwandtschaft zum berühmten ...

Jan ist vollkommen konsterniert, als ihn ein Patient anspricht, Zusammenhänge der beiden Familien andeutet, ihm Unterlagen förmlich aufdrängt, Jans Mutter erwähnt und seine Verwandtschaft zum berühmten Maler Georg Baselitz. Nichts desto trotz gibt er diesem „komischen Kauz“ nach, macht sich auf die Spurensuche, in den Unterlagen, in Deutschbaselitz, dem Heimatort des Malers und mit vorsichtigen Fragen bei seinem Vater. Seine Mutter kann er nicht mehr fragen. Viel bringt er erst einmal nicht in Erfahrung, aber das seinem Vater das Thema unangenehm ist, wird ihm klar, und auch, dass in der Vergangenheit seiner Eltern Dinge vorgefallen sind, die er nicht weiß, ist ihm durchaus seit Jahren bewusst. Doch eine Verbindung nach Deutschbaselitz, zur Familie Kern, so der bürgerliche Name des Malers, war ihm bisher unbekannt.
Der Roman berichtet parallel über Jan, seine Familie und seine Verwunderung über die Ansprache des Patienten namens Thorsten Kern sowie über dessen Familiengeschichte, vor allem die seines Vaters, Günter Kern, dem Bruder des Malers, und deckte langsam Vorgänge der Vergangenheit auf, in Details vermutlich exemplarisch für viele Schicksale in der DDR, aber in ihrer Besonderheit dann wiederum einzigartig und individuell.
Nebenbei bemerkt, bin ich froh, diesmal tatsächlich nicht den Klappentext oder die Beschreibung vorher allzu deutlich gelesen zu haben – er hätte mir nämlich für meinen Geschmack viel zu viel verraten. Natürlich war mir irgendwie klar, dass es eine Verbindung zwischen Jans Familie und der von Torsten Kern geben MUSS, und auch, dass es selbstverständlich irgendwie mit dem politischen System der DDR und der Stasi zusammenhängt, aber en detail geahnt habe ich es nicht und es war für mich einer der sehr guten Momente im Buch als mir klar wurde, wer welche Rolle spielte und wo eine Verquickung stattgefunden hatte.
Was bleibt hängen? Für mich kommt Raumfahrer nicht an Rietzschels ersten Roman heran. Ich mag den Schreibstil, aber der Plot blieb mir hier zu blass. Eindrucksvoll ist die Leere, die der Autor schafft zu vermitteln. Egal, ob das Krankenhaus, in dem Jan (noch) arbeitet, die sich verändernden Wohnsiedlungen oder die Menschen selbst. Er vermittelt ein Gefühl des Vakuums, der immer noch post-Wende-Ära, der immer noch überstrahlenden Vergangenheit eines totalitären Regimes mit für Außenstehenden nicht nachzuvollziehenden Mechanismen. Dinge, die in den Menschen, die sie erlebt haben – und sei sogar nur mittelbar, z.B. durch Eltern und deren Schicksal, für immer zementiert bleiben werden. Dauerhafter als jedes Bauwerk es war. Mit langen Schatten, die bis heute geworfen werden können. Diese Vermittlung von Leere, Luftleere, die den Menschen umgibt – eben den Raumfahrer - ist in meinen Augen das Stärkste an diesem Roman.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.05.2021

Tiefer Sumpf

Verhängnisvolles Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 7)
0

Die Schilderung eines grauenvollen Missbrauchs bildet den Auftakt zum neuen Fall in Leon Ritters Wahlheimat Le Lavandou. 25 Jahre nach diesen Ereignissen taucht plötzlich eine Kinderleiche am Strand auf, ...

Die Schilderung eines grauenvollen Missbrauchs bildet den Auftakt zum neuen Fall in Leon Ritters Wahlheimat Le Lavandou. 25 Jahre nach diesen Ereignissen taucht plötzlich eine Kinderleiche am Strand auf, und der Rechtsmediziner ist sich sicher, der Mörder ist kein Spontantäter, hat nicht zum ersten Mal ein Verbrechen begangen. Er folgt dem kleinen Wasserlauf und einem Schildkrötenei in ein Sumpfgebiet und fördert – mal in Zusammenarbeit mit der Polizei, mal im Alleingang einiges zu Tage. Als plötzlich mehrere gutsituierte Herren ebenfalls tot aufgefunden werden, ist ein Zusammenhang lange Zeit nicht klar ersichtlich, aber Ritter spürt, dass mehr hinter allem stecken muss. Mehr hinter den Mimosen im Mund der Opfer, mehr hinter einem kleinen gepflegten Grab eines Jungen, mehr hinter den Vorgängen in einem ehemaligen Kinderheim der katholischen Kirche…
Bereits zum siebten Mal lässt Autor Remy Eyssen seinen Rechtsmediziner Leon Ritter den Unterschied bei den Ermittlungen der provenzalischen Kriminalpolizei ausmachen. Mit seinem Gespür für Details und seiner Akribie, manchmal auch mit seiner Neigung sich über Hierarchien und Anweisungen hinweg zu setzen, gibt er auch im aktuellen Band der Reihe wieder entscheidende Hinweise zum Fall und erzwingt durch seine eigenständigen Aktionen ein Ergebnis herbei. Ob das nun sehr realistisch ist, oder nicht eigentlich ein wenig beleidigend für die Kriminalkommissare, deren eigentlicher Job das wäre – es ist in jedem Fall für den Leser angemessen spannend und unterhaltsam.
Ich finde, oft muss es doch gar nicht mehr sein: verlässliche Unterhaltung mit einem Krimi, einer Krimireihe, die einem über die Jahre ans Herz gewachsen ist, die gleichbleibende Qualität liefert. Stimmt die nicht, ist es natürlich müßig, aber dieses Gefühl habe ich bei der Lavandou-Reihe nicht. Weder habe ich das Gefühl zum wiederholten Male dasselbe Buch gelesen zu haben, noch sind die Fälle zu schematisch oder zu einfach. Ein bisschen Schauder ist schon auch immer dabei und am Ende löst sich natürlich alles eindeutig auf. Auf der anderen Seite reibe ich mich aber auch nicht an den Figuren oder erlebe ein Lesehighlight sondergleichen – ich lese einfach einen recht guten Krimi. Für mich passt das soweit.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.04.2021

Von Fasanen, Kühen und Wilddieben

Laudatio auf eine kaukasische Kuh
0

Olgas Familie stammt aus Georgien, jedoch sind sie Pontos-Griechen. Seit vielen Jahren leben sie nun in München und leben je nach Generation ein mehr oder minder integriertes Leben. Geht es nach der Vorstellung ...

Olgas Familie stammt aus Georgien, jedoch sind sie Pontos-Griechen. Seit vielen Jahren leben sie nun in München und leben je nach Generation ein mehr oder minder integriertes Leben. Geht es nach der Vorstellung ihrer Eltern, wird auch Olga eher dem traditionellen Rollenbild entsprechen: früh heiraten, eine Familie gründen und einen Salon besitzen, der fortan als ungenutztes Wohnzimmer nicht mehr betreten wird. Den passenden Mann wird man schon für sie finden, dass auch er im besten Falle pontischer Grieche, zur Not auch Georgier sein wird, steht fest – außer für Olga. Sie wehrt alle Bestrebungen vehement ab, denn ihr Ziel ist ganz klar: Studieren und wenn sie heiratet, dann jemanden mit einem sehr sehr kurzen Nachnamen, der nicht auf -idis oder -villi endet.
Olga ist dabei aber innerlich doch furchtbar zerrissen. Einerseits, weiß sie ganz genau, was sie will: Ärztin werden und nicht den Vorstellungen ihrer Familie nach einer traditionellen griechisch oder georgischen Lebensplanung entsprechen, das Ganze aber ohne Jemanden zu enttäuschen. Ein Balanceakt zwischen zwei Welten, der nur zu Konflikten führen kann. Andererseits lässt sie sich auf Beziehungen ein, die sie doch eigentlich gar nicht will, nur um der Tendenz zur Paarbildung unter den Medizinerkollegen zu entsprechen. Dass auch das nur zu Problemen führen kann, liegt sofort auf der Hand, als dann plötzlich jemand auftaucht, der weder Arzt, noch Georgier, noch sonst irgendwie in Olgas Schema passt – und der beginnt nun zwischen ihren Welten zu wandern, mäandriert lustig und ungehemmt um Olga herum und in ihre Familie und ihr Leben hinein und hinterlässt Spuren, die irgendwann nicht mehr zu leugnen sind. Jack ist vom ersten Blick an verschossen in sie und legt eine Energie an den Tag, nun ja, Stalking ist dann vermutlich gar nicht sooo weit davon entfernt, aber seine Absichten sind ja gute, man entschuldigt es ihm. Diese Absichten führen ihn tatsächlich Olga hinterher nach Tiflis, noch tiefer in die familiären Strukturen, die georgische Landschaft und die kaukasische Rinderwelt und wie er hofft – in Olgas Herz hinein.
Die kaukasische Kuh hat wahrlich eine Laudatio verdient. Von Jack und Olga und auch von den Lesern. Im Grunde genommen ist es ein Liebesroman, der herrlich un-kitschig daherkommt, mit Humor und Herz und dabei aber auch ganz viel über Kultur und Leben in Georgien, oder spezieller der Pontos-Griechen, und sogar ein bisschen die mythologische Figur der Medea und Kuh-Anatomie vermittelt. Alle Figuren sind dabei, auch in ihren manchmal wahnwitzigen und skurrilen Charakteristiken, liebevoll und wertschätzend angelegt, amüsant – aber nicht platt, überzeichnet – aber nicht unangenehm stereotyp. Der Stil der Autorin ist flüssig und fesselnd, die wechselnden Perspektiven von Olga und Jack bringen den Plot ausgewogen und flott voran.
Fazit: eine humorvolle, leichte Geschichte, die aber doch mit einer Menge interessantem Wissen unterfüttert ist

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.02.2021

Augusts Landschaftsentwicklung

Big Sky Country
0

August wird in Michigan geboren, geschätzt Mitte der 1980er Jahre (das kann man aus seinem Alter zum Zeitpunkt von 9/11 herleiten, genannt wird es nicht). Seine Eltern sind sich nicht sehr ähnlich. Die ...

August wird in Michigan geboren, geschätzt Mitte der 1980er Jahre (das kann man aus seinem Alter zum Zeitpunkt von 9/11 herleiten, genannt wird es nicht). Seine Eltern sind sich nicht sehr ähnlich. Die Mutter aus gutem Haus, Studentin, der Vater Farmer. Und das wird August auch, ein Farmkind, dann ein junger Mann, der tief mit dem Landleben verwurzelt ist. Erst in Michigan auf dem väterlichen Hof, später dann in Montana, wo er mit seiner Mutter hinzieht, nachdem die Eltern sich endgültig trennen. Nebeneinander her gelebt hatten sie schon lange zuvor. Und allen Bestrebungen seiner Mutter zum Trotz, hat August erst einmal auch keine weiter gehenden Ambitionen. Zunächst kehrt er auch in den Ferien immer zum Vater zurück, später sucht er sich Arbeit auf wechselnden Höfen in den Rocky Mountains, löst sich von seiner Heimat im mittleren Westen. August ist ein verschlossener Mensch, etwas eigenbrötlerisch, merkwürdig leidenschaftslos für sein Tun und seine Umgebung. Er hat nicht viele Freunde, und die, die er hat, vor denen möchte man ihn warnen und ihn fernhalten. Aber er ist oft viel zu unbedarft. Aktionen gehen eigentlich nie von ihm selbst aus. Er stellt fest, wenn er sich bei etwas unwohl fühlt, wenn etwas moralisch oder rechtlich falsch ist, aber er reagiert oft erst mit einer gewissen Verzögerung, bevor er eine Änderung anstrebt. Und doch entwickelt er sich irgendwie irgendwann weiter und trifft Entscheidungen über Änderungen seines Lebens. In dem Sinne ist er metaphorisch mit der im Roman wichtigen Landschaft gleichzusetzen: eine Entwicklung, eine Veränderung findet statt, stetig, langsam, oft nicht auf den ersten Blick zu erkennen.
Insgesamt habe ich mit dem Roman zwei Probleme: ich weiß einfach nicht, was August jeweils weitergebracht hat, ihn zu Entscheidungen geführt hat. Ich fand die Schilderung seines Gefühlslebens, seine Wahrnehmung, seine Kommunikation, seine Interaktionen mit anderen immer gut angelegt und nachvollziehbar. Insbesondere das Motiv der Telefongespräche mit seinen Eltern, erst einmal kurz angebunden und belanglos erscheinend, aber eigentlich sehr tiefgründig und erhellend, richtig gut. Aber irgendwie hat mir das entscheidende Moment gefehlt, seine Entwicklung zu erkennen und nachvollziehen zu können. Was mich zum zweiten Punkt führt: ich glaube, dass man das im Roman erkennen kann – beim nächsten Lesen. Aber sollte ein Buch so angelegt sein, dass ich dies für nötig halte? Ich habe dieses Buch nicht schnell gelesen, ich habe mir Zeit gelassen und trotzdem dachte ich am Ende, dass mir eben irgendwie die Erkenntnis fehlt und kam zum Schluss, hätte ich über dieses Buch immer wieder Gespräche, Analysen geführt – oder würde es mit eben diesem Wissen ein zweites Mal lesen, wäre mein Verstehen größer.
Das ist für mich ein erheblicher Knackpunkt in der Bewertung. Um mich nicht falsch zu verstehen – das Buch ist nicht kompliziert geschrieben. Die Sprache ist klar, das Erzähltempo angemessen dem Thema und beides hat mir ausnehmend gut gefallen, aber irgendwie bedarf es einer eingehenderen Beschäftigung. Das ergibt im Ergebnis bei mir eine Bewertung von 3,5, die ich in diesem Fall auf 4 aufrunde. Ich sehe das Potential darin.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere