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Veröffentlicht am 17.03.2021

Vermisstenfall und Krabbenbrötchen

Nordwesttod
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Ostfriesenkrimis gibt es schon reichlich, mit "Nordwesttod" hat Autorin Svea Jensen nun den Auftakt einer Nordfriesland-Serie veröffentlicht. Naturgemäß geht es also auch darum, den Rahmen für Folgebände ...

Ostfriesenkrimis gibt es schon reichlich, mit "Nordwesttod" hat Autorin Svea Jensen nun den Auftakt einer Nordfriesland-Serie veröffentlicht. Naturgemäß geht es also auch darum, den Rahmen für Folgebände zu setzen, die Hauptfiguren vorzustellen und Entwicklungspotenzial aufzuzeigen. Das merkt man, denn es geht mindestens ebenso so stark um die privaten Probleme der Protagonistien wie um das Berufliche, sprich den Kriminalfall. Und natürlich darf das Setting nicht zu kurz kommen, schon gar nicht, da der Konflikt zwischen (ausuferndem) Tourismus und Umweltschutz auch Teil des Plots ist.

Die Zeichen stehen jedenfalls von Anfang an auf Neustart: Hendrik Norberg, der bisher Kriminalbeamter bei der Mordkommission war und seit dem Tod seiner Frau vor wenigen Monaten alleinerziehender Vater ist, steckt beruflich zurück und übernimmt die Leitung des kleinen Polizeireviers von Sankt Peter Ording. Aufgebrochene Ferienwohnungen und Kneipenstreitigkeiten statt Kapitaldelikten - das ist schon eine Umstellung, aber er will seine beiden Söhne nicht aus der gewohnten Umgebung reißen, zumal auch seine Schwiegereltern vor Ort leben und bei der Betreuung der Jungen helfen. (Hier stellt sich mir allerdings die Frage, wie er trotz auswärtigem Kripo-Job monatelang seine Frau pflegen konnnte)

Neu im Norden ist auch Anna Wagner, vom LKA München an die Kollegen in Schleswig Holstein abgeordnet, wo eventuell eine eigene Einheit für Vermisstenfälle aufgebaut werden soll, ähnlich der, in der Anna gearbeitet hat. Die Amtshilfe in Kiel kommt ihr gelegen, hat sie doch eine schmutzige Scheidung hinter sich und der Ex weigert sich, aus dem Haus auszuziehen, bei dem es sich obendrein um ihr Elternhaus handelt. An Hendriks erstem Arbeitstag hat auch sie gerade angefangen zu ermitteln: Mitarbeiter der Seehundstation haben eine Kollegin vermisst gemeldet, die nach dem Urlaub nicht zur Arbeit erschienen ist.

Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, denn die vermisste Nina war sehr zurückhaltend, was ihr Privatleben angeht, Die Kollegen wissen nur, dass sie während des Urlaubs mit ihrer Familie sprechen wollte. Doch waren das die Adoptivmutter und Schwester eine Hoteliersfamilie mit Expansionen, die zum Bruch mit der Umweltschützerin Nina führten? Oder die biologische Mutter, zu der sie erst vor wenigen Jahren Kontakt aufnahm, die sie aber durch zu starkes "Klammern" wieder auf Distanz gehen ließ. Und was ist mit den beiden Männern, die in ihrem Leben eine Rolle spielen sollen?

Für Hendrik ist die Anwesenheit Annas in Sankt Peter-Ording, die er zuerst als störend empfunden hatte, eine willkommene Gelegenheit, doch wieder kriminalistisch zu arbeiten. Anna wiederum ist angesichts von Deich und Salzwiesen nicht traurig darüber, nicht in Kiel am Schreibtisch sitzen zu müssen. Gibt es womöglich ein Arbeitsmodell, das ihr dauerhaft Präsenz an der Küste ermöglicht?

Wer schon einmal in Sankt Peter Ording und Umgebung war, kann lesend Erinnerungen auffrischen - bei einem Regionalkrimi spielt der Lokalkolorit schließlich immer eine Rolle. Mit der langwierigen und oft unergiebigen Ermittlung in einem Vermisstenfall kommt natürlich weniger Tempo ins Buch als mit Verfolgungsjagden und Beziehungsdrama. Zudem gibt es einige Längen, die sicherlich zumindest teilweise dem Auftakt-Setting geschuldet sind. Solider Küstenkrimi, der Erinnerungen an Deichspaziergänge und Krabbenbrötchen weckt.

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Veröffentlicht am 28.02.2021

Von Schafen und Preppern

Fürchte dich vor morgen
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Die hannoversche Üstra dürfte höchst erfreut sein: In Susanne Mischkes Hannover-Krimi haben die Kommissare die Verkehrswende bereits vollzogen und sind ausgesprochen häufig mit der Stadtbahn unterwegs ...

Die hannoversche Üstra dürfte höchst erfreut sein: In Susanne Mischkes Hannover-Krimi haben die Kommissare die Verkehrswende bereits vollzogen und sind ausgesprochen häufig mit der Stadtbahn unterwegs - und das trotz Corona. Kein Wunder, dass da auch Lokalkolorit nicht zu kurz kommt, sei es der Multikulti-Stadtteil Linden oder die ländliche Wedemark. Allerdings geht es im 10. Band von Mischkes Maschsee-Kommissaren vor die Stadt an den Deister. Hauptkommissar Bodo Völxen wohnt da bereits mit Frau, Terriermischling und seinen geliebten Schafen und stolpert beim Pilzesuchen mit seinem Nachbarn beinahe über die Leiche einer jungen Frau, die mit einer archaischen Jagdwaffe in der Brust auf einer Lichtung liegt.

Ihr Vater, so stellt sich heraus, ist nicht nur der Guru der örtlichen Prepper-Szene, sondern auch ein ehemaliger Kollege. Die Tote war seine Lieblingstochter, während die jüngere Tochter Nele sich zwar durch totale Identifizierung mit den Survivalisten um die Anerkennung des Vaters bemüht, aber nie die gewünschte Beachtung findet. Jeder müsse eben seinen Platz im Rudel kennen, so die kühle Bemerkung des Vaters.

Eigentlich könnte Mischke hier den Leser noch tiefer eintauchen lassen in die Szene, die sich auf den "Tag X" vorbereitet, an dem die öffenliche Ordnung zusammenbricht - durch bürgerkriegsähnliche Verhältnisse, eine Umweltkatastrophe oder einen Cyberangriff etwa auf die Stromversorgung. Für die Polizisten stellen sich die Zeugen aus dem Umfeld der Toten eher als exzentrische Spinner dar, ob es da noch andere Verflechtungen gibt als Orientierungsläufe im Wald ohne Handy und GPS und gehortete Lebensmittel, wird gar nicht erst geprüft.

Das ist schon merkwürdig, denn angesichts der Verbindungen zwischen Preppern und Reichsbürgerszene oder rechtsextremen Kameradschaften wäre es doch naheliegend gewesen, zumindest beim Staatsschutz zu prüfen, ob sich im Deister einschlägig bekannte Szenemitglieder tummeln.

Allerdings zeigt sich schon bald, dass die Lösung des Falls wohl eher im Privaten als im Politischen zu suchen ist. Motive gibt es reichlich - die Eifersucht der Schwester, die Eifersucht des Freundes der Toten, die im übrigen sowohl den Ausstieg aus der Beziehung wie aus dem väterlichen Haus geplant hatte, die Rache von Kriminellen, die der Vater einst hinter Gitter gebracht hatte. Miscke präsentiert in ihrem soliden Krimi eine ganze Reihe von Möglichkeiten und führt dabei auch die Ermittler gelegentlich vor. Bis Bodo Völxen wieder den Frieden seiner Schafweide genießen kann, ist jedenfalls für reichlich action gesorgt.

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Veröffentlicht am 13.02.2021

Rezepte zwischen Vorzelt und Wohnmobil

Campingküche mit 5 Zutaten
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Camping???? Bei den derzeitigen Frostgraden kein besonders einladender Gedanke. Aber wir sind ja nur noch gut zwei Wochen vom meteorologischen Frühlingsanfang entfernt. Und da niemand sagen kann, wie lange ...

Camping???? Bei den derzeitigen Frostgraden kein besonders einladender Gedanke. Aber wir sind ja nur noch gut zwei Wochen vom meteorologischen Frühlingsanfang entfernt. Und da niemand sagen kann, wie lange Reisebeschränkungen, geschlossene Hotels oder gar Grenzschließungen noch zu unserer Realität gehören, ist Camping eine gute Sache - autark unterwegs, mit Abstand. Für alle, die bei der Verpflegung andere Ansprüche haben als eine Dose Ravioli zu öffnen oder ein paar Würstchen auf den Grill zu schmeißen, hat Somja Stötzel "Campingküche mit fünf Zutaten" geschrieben.

Ob mit Zelt unterwegs oder im Glamping-Wohnmobil - Platz ist beim Camping bekanntlich immer ein wichtiges Argument, bzw der Mangel an Platz. Dem kommt nicht nur das kompakte Buch mit übersichtlichen 64 Seiten entgegen, sondern auch die Beschränkung auf fünf Zutaten und Rezepte, die auch auf der Gasflamme des Campingkochers gelingen.

Aufgeteilt ist das wie üblich appetitanregend fotografierte Buch in die Kapitel kalte Gerichte, Kochen mit Flamme sowie Snacks und Süßes, ergänzt mit einigen Tipps und Hacks zur Campingküche und dem platzsparenden Verpacken von Gewürzen und anderen Essentials - sicher gerade für Neucamper nützlich.

Dass es auch auf dem Campingplatz nicht einfachst zugehen muss (wie eben mit den kalt gelöffelten Ravioli),dafür stehen beispielsweise ein lauwarmer Möhrensalat oder der orientalisch anmutende Kichererbsen-Tomatensalat. Ziemlich exotische Variante mit womöglich selbst gesammeltem Speiseanteil: Bulgursalat mit Heidelbeeren. Zwischen Rucola und Mais, angemacht mit Olivenöl, hätte ich die blauen Beeren jetzt erst mal nicht vermutet. Das Bauernbrot mit Ziegenfrischkäse und Feige klingt auch für indoors-Aufenthalte super lecker.

Durchaus mediterran lässt sich auch auf der Flamme kochen - Spinat Risotto etwa. Pfannen-Flammkuchen stehen für die Kunst der Improvisation. Und bei der Kartoffelpfanne kann nur Cowboy- und Präriestimmung aufkommen, vor allem wenn man ums Lagerfeuer kauert und direkt aus der Pfanne isst (und nebenher den Abwasch klein hält!)

Veröffentlicht am 13.02.2021

Für die Ermittler wird´s persönlich

Die Schuld der Zeugen
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Im vierten Band von Joy Ellis´ Fenland-Serie um die Polizisten Jackman und Evans in der ostenglischen Moorlandschaft wird es ganz besonders düster. Denn der neue Fall der Ermittler wird insbesondere für ...

Im vierten Band von Joy Ellis´ Fenland-Serie um die Polizisten Jackman und Evans in der ostenglischen Moorlandschaft wird es ganz besonders düster. Denn der neue Fall der Ermittler wird insbesondere für DI (Detective Inspector) Jackman höchst persönlich: Der Selbstmord seiner Schwägerin Sarah hat die Familie schwer getroffen.

Was konnte die Mutter zweier Kinder zu dem verzweifelten Schritt bewogen haben? Zunächst geht es um die üblichen Fragen, die sich Familienangehörige nach einem für sie völlig unerwarteten Suizid stellen. Doch dann gelingt es Orac, der IT-Spezialistin des Teams, den eigentlich zerstörten Laptop Sarahs wiederherzustellen, um an die dortigen Daten zu kommen. Es stellt sich heraus, dass sie vor ihrem Tod Emails erhielt, in denen nicht nur sie, sondern insbesondere ihre Kinder bedroht wurden. Hat sie mit ihrem Selbstmord versucht, ihre Kinder zu retten, in dem sie ihr eigenes Leben opferte?

Dann wird ein ähnlicher Fall aus einem zweiten Distrikt bekannt. Bei der Zusammenarbeit mit der dortigen Polizei stellt sich heraus, dass beide Frauen nicht nur ähnliche Namen hatten, sondern dass über ihre Vergangenhei und ihre Familie kaum etwas bekannt ist. Keine zufälligen Gemeinsamkeiten: Als 16-Jährige sagten die beiden in einem Mordprozess aus. Ein junger Mann wurde deshalb wegen Vergewaltigung und Mordes verurteilt, beging im Gefängnis Selbstmord. Seine Familie kämpft seit Jahren um seine Rehabilitation - würden sie dazu zu allen Mitteln greifen? Kann die "Schuld" der Zeuginnen nur mit deren Tod bezahlt werden?

Weitere Todesfälle, die in Zusammenhang mit dem damaligen Verfahrem stehen, zeigen: Es ist noch nicht vorbei. Jackman und Evans haben es mit einem hochintelligenten Psychopathen zu tun, der zudem Jackman als seinen ganz persönlichen Gegner bei der Polizei auszumachen scheint. Ist Jackmans Familie dadurch weiter in Gefahr?

Joy Ellis streut immer wieder Hinweise, lässt dabei aber auch genügend Möglichkeiten offen, die die Spannung aufrecht erhalten. Dabei verbindet sie die Ermittlungsarbeit des klassischen Polizeiromans mit Thriller-Elementen - wen sucht sich der Killer als nächstes Opfer, wie inszeniert er seine nächste Tat, wieso ist er trotz aller Ermittlungsfortschritte immer einen Schritt voraus?

Sympatisch ist, dass auch das Team eine wichtige Rolle spielt und nicht nur als Wasserträger Jackmans agieren darf. So können all die unterschiedlichen Charaktere und Persönlichkeiten der Fenland Police ihre jeweilige Rolle ausfüllen und auch das "Menschelnde" zwischen den Arbeitskollegen kommt nicht zu kurz.

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Veröffentlicht am 12.02.2021

Wenig Zeit, wenig Zutaten - trotzdem lecker kochen

Vegetarisch kochen mit 5 Zutaten
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Mal ganz ehrlich: Nicht immer hat man Zeit und Lust, aufwändig zu kochen. Oder es hat einfach nicht mit dem Einkauf geklappt, weil mal wieder irgendwas dazwischen kam. Was steht noch im Vorratsschrank? ...

Mal ganz ehrlich: Nicht immer hat man Zeit und Lust, aufwändig zu kochen. Oder es hat einfach nicht mit dem Einkauf geklappt, weil mal wieder irgendwas dazwischen kam. Was steht noch im Vorratsschrank? Für solche Situationen mit wenig Zeit und überschaubaren Zutaten hat Martina Kittler wohl auch "Vegetarisch kochen mit fünf Zutaten" geschrieben.

Der Kochratgeber von G+U kann mit der bewährten Mischung aus klarer Rezept-Ansage und appetitanregenden Fotos trumpfen. Mit 64 Seiten handelt es sich um ein eher schmales Büchlein, das ich deshalb auch mehr als Rat in Krisenfällen sehen würde, wenn es wirklich schnell und mit eher wenig gehen soll.

Unterteilt sind die Kapitel in Kleine Gericht, one pot meals (noch mehr Ersparnis, diesmal beim Abwasch - da bin ich immer dafür!), Gerichte aus dem Ofen sowie Süßes.

Gleich am Anfang bin ich auf zwei Salate gestoßen, die bestimmt in nächster Zeit ausprobiert werden (bei den momentanen Temperaturen sollte es schon was Warmes sein) - den Fenchel-Orangen-Salat und den Pilz-Feldsalat mit Paprika, die zeigen, es braucht gar nicht so viel, um trotzdem für interessante Geschmackskontraste zu sorgen. Für Kohlrabi, die ich gerne als Gemüse oder Rohkost verputze, gibt es hier ein Suppenrezept - da kam auch gleich auf die to do-Liste.

Sicherlich auch familienfreundlich ist die scharfe Paprika-Pasta und auch die Gemüsepfanne mit Mozarella verspricht, ein wenig mediterrane Aromen in den kalten deutschen Winter zu bringen. Eine Kombination von Süden und Herbst wäre hingegen der Ofen-Feta auf Kürbisgemüse. Und kommt erst mal die Spargelsaison, ist es sicherlich Zeit für das Spargelgratin mit Walnüssen.

Für Süßmäuler ist meine persönliche Empfehlung der Sauerkirsch-Mohn-Crumble. Nur fünf Zutaten? Passt schon!