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Veröffentlicht am 11.03.2021

Methanwale und Müllquallen

Die Clans von Tokito – Lotus und Tiger
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Erin Rider lebt mit ihrem Freund Mikko in der Megacity Tokito und schlägt sich mehr schlecht als recht durch. Wenn man in Tokito nicht einem der Clans zugehörig ist und das durch ein Tattoo am Handgelenk ...

Erin Rider lebt mit ihrem Freund Mikko in der Megacity Tokito und schlägt sich mehr schlecht als recht durch. Wenn man in Tokito nicht einem der Clans zugehörig ist und das durch ein Tattoo am Handgelenk belegen kann, ist man Freiwild. Erin hat gerade wieder einen Job und damit den Schutz eines Clans verloren. Eigentlich kann sie ganz gut selbst auf sich aufpassen, dennoch wird sie entführt und steht kurz davor, aufgeschlitzt zu werden. In ihrer Not befreit sie einen Dämon, der fortan mit ihr ihren Körper teilt (und als ihr Liveticker im Kommentieren dient). Doch selbst mit übermächtigen Dämon ist das Leben in Tokito gefährlich, ganz besonders, wenn die Clans Intrigen spinnen und sich dann auch noch die Hüter der Clans einmischen ...

Hier bekommt man ein außergewöhnliches Setting präsentiert, bei dem nicht nur der Name Tokito in Richtung Japan/Fernost verweist. Dabei entwickelt die Autorin nicht nur eine spannende Umgebung, sondern mit den Clans, deren Eigenheiten und den Charakteren ihrer drei erzählenden Protagonisten auch eine fesselnde Geschichte. Zwischendurch ist bei aller Gefahr sogar Platz für Humor, wenn der Dämon in einen verbalen Clinch mit seiner Trägerin gerät. Auch gut gefallen hat mir, dass die starke, selbstbewusste Protagonistin stark und selbstbewusst genug ist, mit einem nice guy zusammenzuleben und den auch noch so zu lieben, wie er ist. (Ich bin mir gar nicht sicher, ob das in Jugendbüchern überhaupt erlaubt ist.) Zumal ein anderer männlicher Protagonist vorkommt, der so dumm wie stark, so unfähig wie badboyig ist. Ich vergebe also volle Punktzahl für sehr gute Unterhaltung, auch wenn die Autorin mir auf furchtbare Weise im letzten Drittel des Buches mein nicht vorhandenes, eiskaltes Herz gebrochen hat.

Veröffentlicht am 26.11.2020

Große Rochade

Once & Future 1
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Als bei einer Ausgrabung ein uraltes Artefakt entwendet und der Archäologe ermordet wird, wird Bridgette hellhörig. Die alte Dame lebt in einem Altersheim, haut jetzt aber ab. Als ehemalige Monsterjägerin ...

Als bei einer Ausgrabung ein uraltes Artefakt entwendet und der Archäologe ermordet wird, wird Bridgette hellhörig. Die alte Dame lebt in einem Altersheim, haut jetzt aber ab. Als ehemalige Monsterjägerin ist ihr klar, dass irgendwer versucht, mit dem Artefakt alte Mythen wiederzubeleben. Allerdings braucht sie dafür die Hilfe ihres Enkels Duncan. Der Rugbyspieler und Akademiker wuchs bei Bridgette auf, wusste jedoch nichts über deren Vergangenheit. Plötzlich werden er und seine neue Flamme in die Geschehnisse um die Artussage gezogen und nicht eine Minute mehr vergeht, in der sie nicht in Lebensgefahr sind.

Also, hier haben wir mal ein echtes Schmuckstück einer Graphic Novel. Nicht nur, dass die Geschichte an sich absolut originell ist, sie sprüht auch vor Action und Witz - mal ehrlich, wie cool ist eine knallharte Triple-X-Oma, die mal eben Zombies und Monster aufmischt und dabei ihren muskulösen und etwas tollpatschigen Enkel hineinzieht? Dazu kommen perfekte Zeichnungen, die geradezu alles in Animequalität vor dem Auge entstehen lassen und diverse Wendungen, mit denen man überhaupt nicht gerechnet hat. Mir hat dieser erste Teil um den untoten König hervorragend gefallen und ich werde diese Reihe auf jeden Fall weiterverfolgen!

Veröffentlicht am 23.11.2020

Sternenträume

FAYRA - Das Herz der Phönixtochter
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Fee ist beinahe dreizehn und fürchtet sich vor fast allem. Ihre Freundin Nelly dagegen vor fast gar nichts. Sie sind ein unschlagbares Team, das immer zusammenhält, und das brauchen sie auch, als Fee in ...

Fee ist beinahe dreizehn und fürchtet sich vor fast allem. Ihre Freundin Nelly dagegen vor fast gar nichts. Sie sind ein unschlagbares Team, das immer zusammenhält, und das brauchen sie auch, als Fee in das alte, ehemalige Herrenhaus zieht. Seltsame Sachen gehen da vor, Marmorstatuen erwachen zum Leben, und plötzlich finden sie ein Mädchen, das so ganz anders ist als sie, und das verfolgt wird. Fayra, so ihr Name, kommt aus der Anderswelt und wird von Jägern verfolgt, die ihr Herz haben wollen, um damit Magie auszuüben. Fee und Nelly müssen alles daransetzen, um sie zu retten und geraten dadurch immer wieder in große Gefahr.

Anfangs dachte ich mir, dass die Protagonisten ganz schön jung sind, dafür, wie sie meistens recht vernünftig agieren, aber irgendwann spielt das keine Rolle mehr. Viele Kinder in der Welt werden nicht gefragt, wie jung sie sind, wenn sie aus ihrer Heimat flüchten oder für etwas kämpfen müssen. Das Setting ist magisch, aber auf eine Art realistisch, die mich mitreißen konnte, und ich mochte einfach diesen festen Zusammenhalt zwischen Fee und Nelly, da ist keiner von beiden die Coole, die alles bestimmt, die sind einfach ein Herz und eine Seele. Dazu werden noch andere Dinge angeschnitten - ohne erhobenen Zeigefinger. Die erwähnten Flüchtlinge und deren Probleme, (Alters)Armut, Kriege, die von Erwachsenen begonnen, aber auch und viel auf den Rücken von Kindern ausgetragen werden. Das Ganze einfach nur magisch verpackt und durch einen fantastischen Schreibstil zusammengehalten. Nichts zu meckern - höchstens für Leute, die üblichen Einheitsbrei erwarten, aber nicht bekommen.

Veröffentlicht am 01.11.2020

Aus Liebe zum Brot

Lutz Geißlers Almbackbuch
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Was haben wir denn hier? Ein Backbuch? Einen Almanach des Brotes? Eine Liebeserklärung an die Berge und ein einfaches Leben? Alles das und noch mehr.

Ich bin ja ein bekennender Fan von Lutz Geißlers ...

Was haben wir denn hier? Ein Backbuch? Einen Almanach des Brotes? Eine Liebeserklärung an die Berge und ein einfaches Leben? Alles das und noch mehr.

Ich bin ja ein bekennender Fan von Lutz Geißlers Rezepten und seiner Art des Brotbackens und seit ich seinen Blog und seine Bücher kenne, kommen mir so gut wie gar nicht mehr gekaufte Brote ins Haus. Ich war gespannt auf sein neuestes Werk und ich wurde geradezu erschlagen. (Im wahrsten Sinne des Wortes, der Postbote legte das Meisterwerk auf der Fensterumrandung ab und als ich es nehmen wollte, kam mir der 2,5-kg-Klopper von selbst entgegen.)

In diesem Buch finden sich nicht nur unzählige Rezepte aus verschiedenen Mehlen und Sauerteigen. Es gibt eine Einführung in die Bergwelt, in die geologischen Gegebenheiten der Umgebung, die Geißler für seine Schulungen wählte, die Liebeserklärung eines gelernten Geologen. Dazu ein historischer Abriss und viele, viele Panoramabilder sowie Erzählungen der interessantesten Menschen, die bei den Kursen aufschlugen.

Aber dann geht es los. Ob man lieber Sauerteigbrote mag, lieber welche aus Roggen/Weizen/Dingel- oder sonstwelchen Mehlen, Geißler und seine Kursteilnehmer haben für jeden was im Angebot. Auch Kuchen und Feingebäck profitieren von der Art des geduldigen Brotbackens. (Und Art meine ich hier in jeder sprachlichen Hinsicht.)

Ich habe mir für das Buch, die Rezepte, die Brote und Kuchen Zeit genommen. Habe in jedem Unterkapitel mindestens ein Rezept ausprobiert. Und obwohl ich wirklich kein bekennender Fan von Sauerteigen bin, testete ich sogar diese.

Und wisst ihr was? Es funktioniert. Der Vorteil all dieser Brote: Sie brauchen Zeit. Der Nachteil all dieser Brote: Sie brauchen Zeit.

Und Vorbereitung. Und manchmal Geduld. Aber man wird belohnt. Und man kann sich ruhig selbst trauen zu experimentieren, falls man nicht alle Zutaten daheim hat. Vielleicht geht mal ein Brot nicht so perfekt auf wie im Buch. Vielleicht ist es dunkler oder heller. Aber: Sie schmecken. Alle. Und das ist mehr, als man von vielen gekauften Broten behaupten kann.

Gibt es was zu bemängeln? Vielleicht. Vielleicht, wenn man nicht ganz so ein Fan von Sauerteigen ist, dass es in diesem Buch die Mehrzahl der Brote aus Sauerteig besteht. Aber wer sich - wie ich - überwinden kann, sie zu probieren, wird nicht enttäuscht werden. Von daher bekommt dieses Brotbackbuch genau die Liebe von mir, die es verdient.

Veröffentlicht am 30.10.2020

Guten Tag, Genosse!

Die Republik
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1949: Der 2. Weltkrieg ist erst wenige Jahre vorbei, die BRD wird gegründet. Doch nur wenige Tage später gelingt es der UdSSR in einem Coup, das gesamte deutsche Gebiet für sich zu beanspruchen, die Westmächte ...

1949: Der 2. Weltkrieg ist erst wenige Jahre vorbei, die BRD wird gegründet. Doch nur wenige Tage später gelingt es der UdSSR in einem Coup, das gesamte deutsche Gebiet für sich zu beanspruchen, die Westmächte ziehen sich zurück, es entsteht eine gesamtdeutsche DDR.

Heute: Die DDR ist ein mächtiger Staat, hochmodern, hochentwickelt, umweltfreundlich und mit einem engmaschigen Überwachungsnetz ausgestattet. Und dennoch: Über den Alexanderplatz in Berlin wabert eine Giftwolke, die viele Opfer fordert. Nicht nur die DDR-Führung, auch die Westmächte sind alarmiert, denn alles deutet auf eine Kriegserklärung hin. In die Aufklärung der Sache werden durch die Umstände nicht nur ein desillusionierter Stasimann und eine kaltschnäuzige MI-6-Agentin gezogen, sondern auch eine rebellische junge Frau aus der DDR und ihr bis dahin unbekannter französischer Cousin. Auf unterschiedlichen Wegen kommen alle zu demselben Ergebnis und geraten in tödlichste Gefahr.

Ich mag diese Was-wäre-wenn-Szenarien sehr gern. Und hier hat sich jemand die Mühe gemacht, Gepflogenheiten der DDR zu recherchieren und immer wieder in seine schöne neue Welt einfließen zu lassen. Mir fiel es wahnsinnig leicht, in diese Geschichte einzutauchen; sie war spannend und rasant erzählt, aus mehreren Perspektiven, es gab jede Menge Action wie in einer Räuberklamotte. Natürlich war es manchmal ein bisschen ZU unwahrscheinlich, allein, wie es die Agentin in die DDR geschafft hat. Auch nahmen die Protagonisten abgeschlachtete Familienangehörige ein bisschen ZU oft hin, ohne mit der Wimper zu zucken. Und doch mochte ich diese Geschichte. Man stelle sich vor, Karl May hätte heute einen Roman geschrieben und seinen Old Shatterhand auf vier verschiedene Typen aufgeteilt sowie ein mega Szenario erschaffen - dann hat man eine ungefähre Vorstellung, was einen hier erwartet.

Eine wohlmeinende Warnung zum Schluss: Wer mit mehr als drei handelnden Personen in einer Geschichte überfordert ist, möge bitte nicht zu diesem Buch greifen.