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Nilchen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.05.2021

Katar – wo liegt das?

Freitag ist Sonntag in Katar
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Ihr wollt mal aus eurem doch sehr eintönigem Alltag entkommen? Kein Problem! Dann macht es euch gemütlich und lest ‚Freitag ist Sonntag in Katar‘ von Frida Benedikt! Am besten in der prallen Sonne! ;0)
Frida ...

Ihr wollt mal aus eurem doch sehr eintönigem Alltag entkommen? Kein Problem! Dann macht es euch gemütlich und lest ‚Freitag ist Sonntag in Katar‘ von Frida Benedikt! Am besten in der prallen Sonne! ;0)
Frida Benedikt, übrigens ein Pseudonym um ihre Familie zu schützen (was sehr löblich ist). Sie lebte von 2014 bis 2017 mit ihrem Mann und ihren Kindern in Katar und hat aus ihren Erfahrungen und Erlebnissen, die zum Teil uns aberwitzig vorkommen, zum Glück ein Buch gemacht.
Sie führt uns anhand von kurzen Kapiteln durch die knappen 3 Jahre ihres „Abenteuers“ und beschreibt Erlebtes, wie beispielsweise die Suche nach einer Wohnung verlief oder Arztbesuche als Frau. Man denkt, alltäglicher könnte es nicht werden, wenn vom Autofahren die Rede ist oder von Haustieren ….aber Achtung, es ist einfach Vieles, wenn nicht ALLES anders. Haustiere in Katar, da denken die locals an Kamele nicht an Hunde und Katzen!
Klar, natürlich taucht sie auch kulturell mit uns ab in die arabische Sprache, in den alltäglichen Klang des Muezzin und was an Ramadan passiert und natürlich die Reflektion der Frauen in dieser traditionellen Gesellschaft. Aber alles aus einer Beobachtenden, absorbierenden Haltung heraus, nie überheblich, nie ablehnend, nur ab und an überfordert mit der Andersartigkeit, aber sie schafft es auch einzutauchen oder versucht es zumindest so weit es geht, denn es ist eine Klassengesellschaft, was auch erörtert wird.
Ich war noch nie in Katar und hatte bisher nur ein vages Bild, dass nun viel bunter und vielfältiger ist. Ich habe viel gelernt über die Katari und ihr Land, wurde trotz viel Input auch sehr gut von Frida Benedikt unterhalten dabei.
Lesenswert! Vor allem momentan, wo man doch eher im Kopf reisen sollte als in echt.

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Veröffentlicht am 26.04.2021

Die vergessene Vorreiterin: Die Königin der Tretkurbel

Die Rebellion der Alfonsina Strada
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Alfonsina Strada war ihrer Zeit weit voraus, heute bezeichnet man sie bewundernd als willensstarke Frau, die sich ihren Platz in der Männerdomäne des Radrennsports erobert hat! Sie war die einzige Frau ...

Alfonsina Strada war ihrer Zeit weit voraus, heute bezeichnet man sie bewundernd als willensstarke Frau, die sich ihren Platz in der Männerdomäne des Radrennsports erobert hat! Sie war die einzige Frau die je am Giro D’Italia teilnahm! Ach, sie haben diesen Namen noch nie gehört? Was eine Schande, aber so ging es mir vor dem Lesen dieses guten Romanes auch. In „Die Rebellion der Alfonsina Strada“ wird die Lebensgeschichte dieser Dame erzählt. Es beginnt mit ihrem Todestag, den 13 September 1959 und der Text springt munter vor und zurück zu bestimmten Ereignissen und wichtigen Lebenspunkten. In der Summe ist alles wichtige enthalten was ihre Biographie ausmacht und natürlich auch die feinen Nuancen die dazwischen liegen – was wird die gedacht und gespürt haben? Wie erging es ihr?

Simona Baldelli hat sich feinfühlig in die starke Frau mit dem Fahrtwind im Haar hinein gedacht und Fakten in Fiktion verwandelt und uns somit eine wunderbare Frau näher gebracht. Das Einzige was mich störte, waren die zeitlichen Sprünge innerhalb einiger Kapitel. Mag das Kapitel mit 1959 betitelt sein und dann springt sie wiederum in Gedanken in das Jahr 1924 muss der Leser sich manchmal noch mal bewusst machen wo man in ihrem Lebenszeitstrahl gerade steckt. Sonst haben mich die Sprünge nicht gestört, im Gegenteil lockert es die Geschichte doch auf und wird sie nicht stupide vom Anfang bis zum Ende erzählt, hat die Strada doch einige Höhen und Tiefen erlebt.

Ein interessanter literarischer Kniff ist die Art wie sich Alfonsina im Roman mit ihren Toten verständigt. Sie erscheinen ihr ab und an und Alfonsina erzählt ihnen was sie selbst nicht mehr erleben können. Hier handelt es sich hauptsächlich um die toten Geschwister, die durch Krankheiten und Hunger früh verstorben sind.

Was den Schreibstil anbelangt, muss man Simona Baldelli ein großes Lob aussprechen sowie ihrer Übersetzerin Karin Diemerling. Der Roman ist wie eine Daunendecke in die man sich einhüllen mag. Die Gegenwart wird ausgesperrt und man ist mit Alfonsina gedanklich auf dem Rad und saust durch die Zeit. Die Prosa ist fließend und was dem Italienischen scheinbar sehr liegt auch streckenweise poetisch.

Fazit: Sehr gelungen – erfahren sie mehr über eine vergessene Ikone des Radrennsports!

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Veröffentlicht am 20.04.2021

Über sich hinauswachsen in den Ferien

Mission Hollercamp Band 1 - Der unheimliche Fremde
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Wie? Alleine ohne Eltern oder Großeltern in die Ferien fahren? Das hat meine Kinder sehr beeindruckt. Hatten sie doch noch nie dieses Vergnügen und konnten sich hier via Buch in eine ungekannte Situation ...

Wie? Alleine ohne Eltern oder Großeltern in die Ferien fahren? Das hat meine Kinder sehr beeindruckt. Hatten sie doch noch nie dieses Vergnügen und konnten sich hier via Buch in eine ungekannte Situation hineindenken. Denn im Auftakt Band der neuen Reihe „Mission Hollercamp“ mit dem Titel „Der unheimliche Fremde“ ist das die Ausgangsbasis. Leon, Emily und Jakub verbringen ihre Ferien gemeinsam im Hollercamp auf einem Campingplatz und das ohne Verwandte! Schon mal aufregend.
Die Geschichte wird aus Leons Sicht erzählt und wird von Emilys Kommentaren begleitet. Die Freude ist bei allen groß, nur ist dieses Jahr etwas anders. Denn Cousine Charlotte kommt auch mit und stört die Gruppendynamik. Gelungen ist dabei, dass hier aus meiner Sicht eine sehr ehrliche und unterschiedliche Reaktion auf die veränderte Situation aufgezeigt wird und dies sich mit weiteren Erfahrungen und gemeinsamen Erlebnissen überdenkend verändert. Aber nicht nur Cousine Charlotte ist anders dieses Jahr und das ergründen die Kinder.
Lena Hach hat mit großem Bedacht die kindliche Interaktion dargestellt, was uns gut gefallen hat. Großartig finde ich, wie selbstverständlich Jakub sein Hörgerät braucht und endlich mal auch nicht nur perfekte, blitzschlaue und nette Kinder dabei sind. Alle Menschen haben ihre Ecken und Kanten, mache äußerlich, manche innerlich und natürlich variiert auch der Grad der Ausprägung. Bisher wurde dies selten bis wenig in Kinderbüchern berücksichtig, aber so langsam beginnt ein Umdenken was ich SEHR begrüße. An der Stelle muss ich den Mixtvision Verlag auch lobend erwähnen, denn sie trauen sich oft Dinge, die im Mainstream noch nicht selbstverständlich sind!
Die Altersangabe mit 10 Jahren finde ich schwierig. Zum einen, weil es sich hervorragend für die Grundschule eignet thematisch und inhaltlich und eben auch vorgelesen werden kann. Ab der 2. Klasse, so ab 8 Jahren definitiv ein lesenswertes Buch zum gemeinsamen entdecken und vorlesen. Da die Textmenge und Fülle natürlich nicht einem Erstleser entspricht, kann man dieses Buch zum Selbstlesen für gute Leser empfehlen ab der 3.Klasse, ca 9 Jahre. Natürlich ist 9-11 Jahren die perfekte Spanne, die ich aber als zu kurz erachte für so ein klasse Buch. Daher vorlesen ab 8 Jahren und Selbstleser für gut geübte ab 9 Jahren.
Band 2 „Das verlassene Boot“ ist auch schon erhältlich und steht auf unserer Lese-Liste!

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Veröffentlicht am 17.04.2021

Zartbitter oder bittersüß?

Stay away from Gretchen
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Nimmt man dieses Buch zum ersten Mal in die Hand oder liest den Klappentext kann schnell der Eindruck entstehen, es ist die hundertste Nachkriegsgeschichte die publiziert wird. Dieser Teil der deutschen ...

Nimmt man dieses Buch zum ersten Mal in die Hand oder liest den Klappentext kann schnell der Eindruck entstehen, es ist die hundertste Nachkriegsgeschichte die publiziert wird. Dieser Teil der deutschen Geschichte wird seit ein paar Jahren ausdauernd und wiederkehrend beleuchtet. Aber dieses Buch hat Qualitäten, die andere nicht haben. Daher nicht gleich aus dem Rennen kegeln, wenn gerade nach neuer Lektüre gesucht wird!
In diesem Roman stehen aus meiner Sicht zwei Themen zentral im Fokus: Zum einen Eltern, die älter werden und für den rasanten Alltag eine Belastung bedeuten, da sie bedürftiger sind. Zum anderen die Lebensgeschichte der Mutter im Nachkriegsdeutschland, die ihren Platz finden musste mit einer belastenden Vergangenheit. Diese beiden Ebenen werden von der Autorin Susanne Abel wunderbar verwoben.
Der Sohn, Tom, ein erfolgreicher Nachrichtensprecher, erfährt, dass seine Mutter, Greta, im Krankenhaus ist, nicht wie erwartet in Bonn, sondern 400 km weit weg in Aschaffenburg. Nun kommt zu Tage was die Mutter geschickt verbergen konnte: Sie ist dement und braucht Hilfe. Ihm passt das wenig, ein Unsympath, aber realistisch gezeichnet.
Im Zuge dieser neuen Annäherung von Sohn und Mutter, erzählt sie ihm zum ersten Mal ihre Geschichte, ihren Lebensweg mit den vielen Tiefen, die sie erlebt hat. Bittersüße Erinnerungen. Es wird Vieles ausgesprochen was die Mutter zeitlebens belastet hat, aber keine Worte dafür fand, nun im hohen Alter mit der Demenz muss es raus.
Und dabei steht besonders eine Geschichte im Fokus: Ihre Liebe zu einem Alliierten GI. Etwas was damals verteufelt wurde von beiden Seiten. Hier im Roman wird dieses Thema eingehend beleuchtet, denn der GI ist Afroamerikaner. Mir war der Themenkomplex im Ansatz bekannt um die damals sogenannten „brown babies“, aber es in einer fiktiv persönlichen Geschichte gebetet zu lesen ergreift mehr und macht sprachlos.
Sprachgewand schreibt Susanne Abel und seitenfliegend habe ich das Buch gelesen. Macht es doch einerseits Spaß zu lesen und andererseits ist man erschüttert wie Menschen miteinander umgehen.
Nicht nur hat sie die Nachkriegsgeschichte plastisch und ergreifend beschriebene, auch die Demenz der Mutter ist gut gezeichnet und man hat den Eindruck, dass die Autorin weiß wovon sie schreibt.
Fazit: Eine klare Leseempfehlung! Wer als Erwachsener seine Eltern noch hatte, sollte sich denen auf Augenhöhe widmen und echtes Interesse an dem zeigen was die ureigene Geschichte der eigenen Eltern ist bevor es zu spät ist!

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Veröffentlicht am 16.04.2021

Raue West-Berliner Nostalgie

Teufelsberg (Wolf Heller ermittelt 2)
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Lange mussten wir warten auf den zweiten Wurf des Trios Lutz/Wilhelm/Kellerhoff. Ihr gemeinsames Debüt gaben sie mit „Die Tote im Wannsee“ (2018) und nun geht es weiter mit „Teufelsberg“.
Meine Begeisterung ...

Lange mussten wir warten auf den zweiten Wurf des Trios Lutz/Wilhelm/Kellerhoff. Ihr gemeinsames Debüt gaben sie mit „Die Tote im Wannsee“ (2018) und nun geht es weiter mit „Teufelsberg“.
Meine Begeisterung hält an, denn wieder werden wir zurückversetzt ans Ende der 60er Jahre nach West-Berlin und auch Kommissar Wolf Heller ist wieder der Ermittler der Stunde. Dieses Mal wird die Frau eines Richters erwürgt. Das brisante daran: die Tote war Jüdin. Auch die jüdische Gemeinde wird bedroht und Wolf Heller muss schnell und umsichtig handeln um das Schlimmste zu verhindern, denn die Nichte der Toten wird auch noch entführt!
Spannend ist es wieder und auch wenn ich mich wiederhole. Hier haben die drei Autoren wieder ein großartiges Zeitportrait geliefert das als Kulisse für den Krimifall dient. Die Gefühlslage der Stunde wird hier großartig transportiert. Und erschreckend sind die Parallelen zu heute.
Die Charaktere sind schlüssig und rund, so mancher kantig und rau, macht das Personalkabinett sehr lesenswert.
Auch wenn hier wieder 3 Autoren am Werk waren, es ist rund, liest sich gut wie aus einer Hand geschöpft. Spannend, rasant und auch tiefgründig wird es ab und an. Alles drin um niveauvoll unterhalten zu werden aus meiner Sicht.
Mein Fazit bleibt unverändert zu dem des ersten Falls: Ein Muss für alle ehemaligen West-Berliner und für Krimi-Fans, die es mögen, wenn das Buch mehr zu bieten hat als einen Fall zu lösen.

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