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Veröffentlicht am 06.05.2021

Ein anderer Blick auf die Kaiserin sisi

Das Kaffeehaus - Falscher Glanz
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„...Denn nahezu nichts nahm die Wiener Gesellschaft übler als aus der Mode gekommene oder unpassende Kleidung...“

Genau deshalb ist Henriette froh, dass ihr Arthur dafür mehr Geld zubilligt. Seit ihre ...

„...Denn nahezu nichts nahm die Wiener Gesellschaft übler als aus der Mode gekommene oder unpassende Kleidung...“

Genau deshalb ist Henriette froh, dass ihr Arthur dafür mehr Geld zubilligt. Seit ihre Tochter Sophie als Hofdame der Kaiserin berufen wurde, muss auch Henriette entsprechend auftreten. Allerdings hat Sophie nie verlauten lassen, wie und warum sie zu dieser Ehre kam, wenn man von einer Ehre sprechen kann. Arthur schreibt es seinen Verdiensten zu.
Die Autorin hat erneut ein spannendes Zeitgemälde der Wiener Gesellschaft gezeichnet. Die Geschichte beginnt kurz nach der Beerdigung des Kronprinzen. Gleich zu Beginn gibt es einige notwendige Rückblicke.
Der Schriftstit ist gewohnt ausgereift und abwechslungsreich. Sophie ist schockiert von der Ärmlichkeit in der Hofburg. Anfangs langweilt sie sich, da ihr keine Aufgaben zugewiesen werden. Gruslig ist der Besuch am Grabe Rudolfs mit der Kaiserin. Hier wird eine Seite von Sisi sichtbar, die in den Verfilmungen ihres Lebens höchsten punktuell zum Tragen kam.

„...Nach einer gefühlten Ewigkeit erhob sich die Kaiserin und griff nach der Fackel. Im flackernden Licht sah sie unendlich traurig aus und wirkte noch einmal um Jahre gealtert...“

Die Hofgesellschaft gleicht einer Schlangengrube. Intrigen und Missgunst sind an der Tagesordnung. Die Gunst der Kaiserin sorgt für den Neid der anderen Hofdamen. Da Sisi die Jüngste ist, wird sie zunehmend zu den stundenlangen Wanderungen von Sisi als Begleiterin hinzugezogen. Dabei öffnet sich Elisabeth nach und nach.

„...Ich war einmal jung und unbeschwert, so wie Sie. Doch heute bin ich alt und müde. Ich schwinge mich nicht mehr voller Leichtigkeit in die Lüfte. Meine Flügel sind verbrannt...“

Sisi ist nicht nur müde, sie ist lebensmüde. Außerdem hat sie den Blick für die Realität verloren. Ihre Hungerkuren sorgen zwar für eine schlanke Taille, sind aber für die äußere Schönheit eher nachteilig. Ihre Unrast bringt ihren Hofstaat oft an den Rand des Möglichen, wenn kurzfristig umgeplant werden muss.
Deutlich wird, welche Folgen die Vorgänge um den Kronprinz für die Beteiligte hatten. Maries Familie wird geschnitten, die Kammerzofe muss sich recht und schlecht durchschlagen. Allerdings hat es Sisi durchgesetzt, dass ein Kranz ohne Schleife von ihr am ersten Todestag auf Maries Grab gelegt werden durfte.
Sophie vermisst die Besuche im Kaffeehaus ihres Onkels. Er würde dringend ihre Hilfe brauchen. Hinzu kommt, dass es auch in ihrem Elternhaus nicht zum besten steht. Ihre jüngere Schwester leidet unter den Repressalien des Stiefvaters.
Richard von Löwenstein, der Sophie liebt, hadert mit seinem Schicksal. Die erzwungene Heirat mit Amalie bereitet ihm Kopfzerbrechen. Dafür aber fordert ihn seine neue Stellung. Er wird zu verschiedene Armeeteilen beordert, wenn es gilt, Unregelmäßigkeiten aufzuklären. Das wiederum wirft ein Schlaglicht auf Missstände im Heer.
Gekonnt bezieht die Autorin weitere gesellschaftspolitische Ereignisse in die Handlung ein. So erfahre ich einiges über die Arbeitsbedingungen in den Wiener Fabriken und bei der Tramway. Hier kommt es zu einem Aufstand. An der Stelle wird deutlich, dass in Wien Adel nicht gleich Adel ist. Für Teile des Hochadels gilt noch: Adel verpflichtet. Andere setzen auf Gewinnmaximierung.
Als die Hofintrige in Zusammenarbeit mit Amalie und Sophies Schwiegervater für die Verheiratung von Sophie auch gegen ihren Willen sorgen will, muss sie schnell handeln. Hier zeigt sich, dass Sophie sich auf ihre Freunde verlassen kann, aber selbst schon ein gewisses strategisches Geschick entwickelt.
Karten von Wien, ein Personenverzeichnis und ein Quellenverzeichnis ergänzen die Handlung. In einem ausführlichen und informativen Nachwort trennt die Autorin Fiktion und Realität.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeichnet ein realistisches Bild von der Kaiserin von Österreich, aber auch den Verstrickungen am kaiserlichen Hof.

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Veröffentlicht am 04.05.2021

Spannender Krimi

Lavendel-Fluch
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„...Das satte Grün einer riesigen alten Eiche beruhigte ihre aufgewühlten Nerven, und der Duft nach Thymian und aufgeheiztem Stein verdrängte die Schatten der Vergangenheit...“

Lilou ist mit ihrem Freund ...

„...Das satte Grün einer riesigen alten Eiche beruhigte ihre aufgewühlten Nerven, und der Duft nach Thymian und aufgeheiztem Stein verdrängte die Schatten der Vergangenheit...“

Lilou ist mit ihrem Freund Simon unterwegs. Dabei treffen sie auf die Reste eines 1934 abgestürzten Postflugzeugs. Lilou erlebt in Gedanken, was damals passiert sein könnte. Doch ihre Wanderung ist abrupt zu Ende, als sie einen Anruf von Commissaire Demoireau erhält. In einem Weinberg wurde ein Toter gefunden.
Lilous Freundin Claire hat sich einen alten Schreibtisch gekauft. Zusammen mit Lilou und Simon trägt sie ihn in ihre Wohnung. Dort öffnet sich ein Geheimfach. Es enthält einen Kaufvertrag für ein Chateau Madeleine aus dem Jahre 1933.
Die Autorin hat einen fesselnden Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Wie schon das Eingangszitat zeigt, beherrscht die Autorin das Spiel mit Worten und Metaphern.
Lilou fährt zweigleisig. Beruflich kümmert sie sich um den Mord, privat versucht sie heraus zu finden, wo das Chateau Madeleine liegt.
Die Mordermittlungen erweisen sich als schwierig. Der Tote hatte keinerlei Papier und wird bisher nicht vermisst. Sein Auto ist verschwunden. Angeblich hat keiner etwas gesehen und gehört. Da die Prominenz des Ortes ihre Häuser in der Nähe des Tatorts hat, wird der Commissaire extra darauf hingewiesen, behutsam vorzugehen. Das Desinteresse der Befragten begründen Demoireau gegenüber Lilou so:

„...Manche Menschen leben in ihrer eigenen Welt und wollen mit dem Rest möglichst nichts zu tun haben...“

Auch das Chateau Madeleine kennt keiner. Selbst im Katasteramt gibt es dazu keinen Eintrag. Erst als Lilou und Simon die Gaststätte von Lilous Tante im Nachbarort aufsuchen erinnert sich ein alter Einwohner.
Als besonderes Stilmittel befinden sich im Buch Briefe beginnend mit dem Jahre 1934. Eine Frau schreibt an Verwandte in den USA, dass sie Deutschland verlassen haben und in Frankreich ein Weingut gekauft haben. Aber es gibt Probleme.
Lilou gelingt es, die Identität des Toten aufzuklären. Allerdings hat sie dabei nicht den Dienstweg eingehalten.

„...Sollte sie denn alles ausblenden, was links und rechts des Weges geschah, und quasi mit Scheuklappen durch die Welt laufen, nur einen einzigen Ermittlungsansatz vor Augen?...“

Plötzlich gerät der Fall in eine völlig neue Richtung. Lilou hat Feuer gefangen. Die Geschichte lässt sie nicht mehr los. Mit unkonventionellen Methoden kommt sie dem Täter immer näher.
Der Krimi hat mir sehr gtu gefallen. Lilous jugendlich frische Art gibt den Ermittlungen ein besonderes Flair.

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Veröffentlicht am 03.05.2021

Spannend und informativ

Der kleine Drache Kokosnuss bei den Römern
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„...Oskar liest doch seit Neuestem diese Comics von den Galliern, die immer die Römer vermöbeln...“

Das obige Zitat stammt aus dem Gespräch von Kokosnuss mit Matilda. Als sich Oskar zu den Zweien gesellt, ...

„...Oskar liest doch seit Neuestem diese Comics von den Galliern, die immer die Römer vermöbeln...“

Das obige Zitat stammt aus dem Gespräch von Kokosnuss mit Matilda. Als sich Oskar zu den Zweien gesellt, beschließen sie, das römische Reich zu besuchen. Der gro0e Rüsseldrache Knödel bringt sie nach Rom. Dort nutzen sie den Laserphaser und landen im antiken Rom.
Auch dieser Band aus der Reihe ist spannend und informativ. Große Schrift und klar gegliederte Absätze machen das Buch für Leseanfänger nutzbar.
Nach ihrer Ankunft treffen sie den geflohenen Sklaven Cinquecento. Als sie einen Händler anhalten, verkauft der sie an Rekrutius Rektus. Sie stellen sich als Die Fürchterlichen Vier vor und landen direkt bei den Gladiatorenkämpfen.
Es liest sich sehr amüsant, wie sich die Freunde gegen den gefürchtetsten Gladiatoren bewähren. Die Geschichte ist von einem feinen Humor durchzogen.
Ganz nebenbei erfahren die Kinder einiges über die Verhältnisse in Rom. Manche Begriffe werden in Fußnoten erklärt.
Sehr anschaulich sind die vielen Bilder, die das Buch illustrieren.
Das Buch hat mir sehr gtu gefallen.

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Veröffentlicht am 01.05.2021

Gut recherchierter historischer Roman

Das Kaffeehaus - Bewegte Jahre
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„...Sechs hauchdünne Biskuitböden wurden mit köstlicher Mokkabuttercreme bestrichen und übereinandergelegt. Der letzte Boden wurde, genauso wie die gesamte Torte, zusätzlich mit einer Marzipanschicht überzogen, ...

„...Sechs hauchdünne Biskuitböden wurden mit köstlicher Mokkabuttercreme bestrichen und übereinandergelegt. Der letzte Boden wurde, genauso wie die gesamte Torte, zusätzlich mit einer Marzipanschicht überzogen, die mit Kakaopulver hellbraun gefärbt und geschmacklich verfeinert war. Verziert wurde das Werk zunächst mit Mokkabohnen aus Bitterschokolade, Mandeln und Tupfern aus Schlagobers...“

So wurde die ursprüngliche Princess-Torte im Café Princessin Wien von Stephan Danzer, dem Besitzer, hergestellt. Mittlerweile wurde sie verfeinert und nennt sich nun Mokkaprinzentorte. Das Rezept befindet sich in der ersten Umschlagseite.
Die Geschichte beginnt im Jahre 1879. Sophie von Werdenfels ist die Nichte von Stephan. Sie liebt das Café ihres Onkels und ist gern selbst in der Backstube tätig. Nach dem Tod ihres Vaters aber ändert sich ihr Leben grundlegend. Ihre Mutter heiratet erneut, allerdings unter ihrem Stand. Das lässt sie der Wiener Adel spüren. Gleichzeitig ist der Stiefvater dagegen, das sich Sophie im Café aufhält.
Die Autorin hat einen fesselnden historischen Roman geschrieben. In jeder Zeile ist spürbar, welch umfangreiche Recherche dem vorausgegangen sein muss.
Sophie ist befreundet mit Komtess Marie von Vetsera, genannt Mary. Die schwärmt schon als junges Mädchen vom Kronprinzen Rudolf. Im Café lernt Sophie Richard von Löwenstein, einen Vertrauten des Kronprinzen, kennen.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Auf vielen Seiten wird vor mir das Leben in der Kaiserstadt Wien aufgeblättert. Schnell wird deutlich, dass das Hofleben einer Schlangengrube gleicht. Wer sich einen Fehler erlaubt, wird geschnitten. Es gibt eine strikte Rangordnung, über die sich kaum jemand hinwegsetzen darf. Manche Privilegien sind nur dem Hochadel zugänglich. Selbst zu den Bällen und im Wiener Hoftheater gibt es eine genau vorgeschriebene Kleiderordnung.
Deutlich dargestellt wird die Entwicklung des Kronprinzen. Seine neuen Idee stoßen beim Kaiser auf taube Ohren. Verzweifelt kämpft er um die Anerkennung durch seine Eltern. Seine Mutter aber hat nur Augen für die jüngere Schwester.

„...Rudolf beobachtete die Szene mit einem gefrorenen Lächeln auf den Lippen. Innerlich fühlte er sich wie erstarrt. Vor Enttäuschung und Eifersucht konnte er keinen klaren Gedanken fassen...“

Noch heftiger trifft es ihn, wenn ihn der Vater überwachen lässt oder öffentlich brüskiert. Er flüchtet sich in die Arme seiner Geliebten. Auch sein körperlicher Verfall wird exakt von Richard bei ihren Begegnungen beschrieben. Gerade die Gespräche zwischen den beiden, die für mich zu den stilistischen Höhepunkten des Buches gehören, offenbaren die innere Zerrissenheit und Unzufriedenheit des Kronprinzen. Schon bald äußert er erste Selbstmordgedanken:

„...“Ich weiß, wies ehr du unter den aktuellen Verhältnissen leidest und wie unglücklich du bist. Doch ich erkenne dich trotzdem kaum wieder. Du hast dich über alle Maßen verändert!“ „Das mag sein Richard. Aber ich kann dich beruhigen. Lange werdet ihr mich nicht mehr ertragen müssen.“...“

Natürlich werden auch politische Fragen behandelt. Während die Ungarn mehr Selbstständigkeit wollen, macht sich in Wien eine Strömung breit, die für den Anschluss des deutschsprachigen Österreichs an Deutschland plädiert. So fällt auch durch zunehmenden Antisemitismus auf.
Als es der 17jährigen Mary gelingt, Zugang zum Kronprinzen zu bekommen, ist der Tag der Katastrophe nicht mehr fern.
Mehrere Karten zu Beginn, ein Personenverzeichnis, ein inhaltsreiches Nachwort, das Fiktion und Realität trennt und ein Glossar ergänzen das Buch.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Autorin versteht es, die Spannung hochzuhalten und trotzdem Raum für die Kleinigkeiten des Lebens im historischen Kontext zu lassen. Dazu gehören nicht zuletzt die Beschreibungen mancher Köstlichkeiten im Café Princess. Mit hungrigen Magen das Buch zu lesen, ist keine gute Idee!

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Veröffentlicht am 30.04.2021

Aus der Sicherheit auf die Müllhalde

Amra und Amir
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„...Kurz nach ihrem 18. Geburtstag zerbrach Amras Welt in kleine Stücke...“

Mit diesen Worten beginnt ein Buch, das mich stellenweise wütend gemacht hat. Es zeigt, dass Gesetz und Menschlichkeit zwei ...

„...Kurz nach ihrem 18. Geburtstag zerbrach Amras Welt in kleine Stücke...“

Mit diesen Worten beginnt ein Buch, das mich stellenweise wütend gemacht hat. Es zeigt, dass Gesetz und Menschlichkeit zwei Seiten einer Medaille sind.
Amra ist in Deutschland geboren. Sie hat die Realschule abgeschlossen und viel Freude an ihrer Lehre als Kraftfahrzeugmechatronikerin. Noch ahnt sie nicht, dass sie diese Lehre nie abschließen darf.
Schon in jungen Jahren musste sie stark sein, weil ihre Mutter nach dem Tode des Vaters häufig in Depressionen abglitt. Doch sie hatte Freunde an ihrer Seite, die zu ihr gestanden haben. Sie weiß, dass ihre Eltern aus dem Kosovo stammen, kennt aber weder die Sprache, noch das Land.

„...Flora Mekuli hatte ihre Tochter nie mit der Tatsache konfrontiert, dass sie beide nur geduldete Gäste in diesem Land sind...“

Der Schriftstil der Buches passt sich perfekt den Gegebenheiten an. Freude und Ausgelassenheit zur Geburtstagsfeier weichen wenige Tage später einer tiefen Niedergeschlagenheit. Die Wut der Freunde und ihres Lehrmeister ist in jeder Zeile spürbar, als sie erfahren, dass Amra in den Kosovo ausgewiesen wird. Amra selbst gehen die folgenden Gedanken durch den Kopf.

„...Sie selbst konnte doch nicht gemeint sein, sie gehörte doch hierher und nirgendwo anders hin. Sie war immer hier gewesen, sie war hier geboren...“

Wenige Tage vor Ablauf der Frist erscheinen zwei Polizisten, nehmen Amra mit und setzen sie in ein Flugzeug. Dass sie nicht ohne Geld und ohne Anlaufadresse sofort auf der Straße landet, ist der schnellen Reaktion ihre Mutter zu verdanken. Die hat ihr einige Euros und die Adresse ihres Bruders in die Tasche gesteckt.
Das Besondere des Schriftstils besteht darin, dass ein Teil neutral erzählt wird, dann aber in kursiv gedruckten Abschnitte einige der Protagonisten persönlich zu Wort kommen. Dadurch erhalte ich einen Einblick in die Gedankenwelt von Amra, ihrer Mutter, ihren Freunden, aber auch ihren Onkel. Und der ist alles andere als begeistert, als Amra plötzlich vor der Tür steht. Hinzu kommt, dass sie sich nicht so verhält, wie man es von einer jungen Frau imKosovo erwartet. Eine Arbeit in der Autowerkstatt kann sie vergessen, dafür wird ihr der erste mögliche Bräutigam vorgestellt.
Amra kommt jetzt entgegen, dass sie nur wenige frauliche Formen hat. Sie verkleidet sich als Junge und nennt sich Amir. Damit beginnt ihr Leben als Mann auf der Straße. Im Winter findet er Hilfe. Es bleibt die Erkenntnis:

„...Und doch war es nicht sein Leben. Sein Leben hatte man ihm genommen, ihn einfach hinausgeworfen, ihn auf den Müll geworfen – und Haki hatte ihn gefunden...“

Haki hat er es zu verdanken, dass er den Winter überlebt hat. Nach einer schweren Grippe stand sein Leben auf Messers Schneide.
Währenddessen unternehmen ihre Freunde in Deutschland alles, um ihr zu helfen. Doch die Bürokratie kennt keine Gnade.
Ganz nebenbei ringt Amir um seine sexuelle Orientierung. Er hat problemlos seine Identität von Amra zu Amir und später zu Amal gewechselt.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Auch wenn sich das eine oder andere Gesetz mittlerweile geändert hat, sind solche Schicksale wie Amras nicht ausgeschlossen. Eine junge Frau wird in ein Leben ohne Zukunft geschickt. Ich möchte meine Rezension mit einigen Worte aus dem Nachwort der Autorin beenden:

„...Woher nehmen „wir“, woher nehmen diejenigen, die sich von uns zu unseren politischen Vertretern wählen lassen, das Recht, Menschen in ein Leben zu stürzen ohne Perspektive, mit der ständigen Ungewissheit, was am nächsten Tag geschieht, in dem Krankheit und Älterwerden nicht vorkommen dürfen […]? ...“

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