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Veröffentlicht am 08.06.2021

Neues aus Elwenfels – diesmal im Untergrund

Weingartengrab
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Wer Elwenfels bereits aus den drei Vorgängerbänden kennt, wird schon eine Ahnung haben, wie viel Pfälzer Charme, ironischer Witz und phantastische Elemente ihn in diesem fiktiven Pfälzer Örtchen erwarten. ...

Wer Elwenfels bereits aus den drei Vorgängerbänden kennt, wird schon eine Ahnung haben, wie viel Pfälzer Charme, ironischer Witz und phantastische Elemente ihn in diesem fiktiven Pfälzer Örtchen erwarten. Wem das noch fremd ist, dem sei „Weingartengrab“ und die gesamte Elwenfels-Reihe von Britta und Christian Habekost wärmstens empfohlen.

In „Weingartengrab“ geht es im lauschigen Elwenfels plötzlich hoch her, denn in bisher verborgenen Katakomben unter dem Dorf wurde eine Leiche entdeckt, gemeinsam mit einem fast 100 Jahre alten mysteriösen Tagebuch. Archäologen (oder eher: Arschologen, wie der Volksmund sagt?), Polizei, Presse und Hobby-Ausgräber machen das sonst so beschauliche Dörfchen zum Rummelplatz, und die Elwenfelser sehen ihren Status als autonome Enklave und ihre ganz eigenen Geheimnisse gefährdet.

Mit Pfälzer Dialekt, rustikalem Charme und viel Humor ermitteln sich Carlos, der ortsansässige Detektiv und Ex-Polizist, die zupackende Cordula, die eigentlich einen Unterwäsche-Laden führt, und die anderen ElwenfelserInnen durch die Geschichte des Ortes und einen (oder mehrere?) mysteriöse Todesfälle. Dass sie sich dabei noch eines raffgierigen Archäologen erwehren müssen, erschwert das Unterfangen, aber die Dorfgemeinschaft hält zusammen und hat eine Menge Tricks im Ärmel.

Elwenfels ist ein Ort voller grundsympathischer, bodenständiger Menschen, die man gerne alle einmal in den Arm nehmen würde. Mit viel Lokalkolorit und Humor, aber auch einer ordentlichen Portion Spannung erwecken Britta und Christian Habekost das Dorf zum Leben, sodass man sich beim Lesen sofort zu Hause fühlt – angekommen in Elwenfels. Absolute Wohlfühl-Lektüre, von der ich gar nicht genug bekommen kann!

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Veröffentlicht am 08.06.2021

Ein herrlich schräger Alien-Thriller, der vor trockenem Humor nur so strotzt

Fressfeind
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Ein Buch wie „Fressfeind“ von Mikael Lund kann man nicht mehr aus der Hand legen, wenn man einmal mit dem Lesen angefangen hat. Daher die Empfehlung: Nicht spät am Abend mit dem Lesen anfangen, sonst wird ...

Ein Buch wie „Fressfeind“ von Mikael Lund kann man nicht mehr aus der Hand legen, wenn man einmal mit dem Lesen angefangen hat. Daher die Empfehlung: Nicht spät am Abend mit dem Lesen anfangen, sonst wird es eine kurze Nacht!

Dieser urkomische Roman begleitet eine Truppe glückloser Alien-Jäger und einen desillusionierten Polizeikommissar dabei, wie sie einer Reihe merkwürdiger Ereignisse auf die Spur zu kommen versuchen: Neben einer Reihe toter Tiere im Zoo und einem überfallenen Butterlaster hat es auch den Freund der etwas ruppigen Jacky erwischt, die nähere Auskunft geben kann – ein schuppiges Alien war es, und es scheint auf Fett aus zu sein!

Die bunt zusammengewürfelte Truppe begibt sich schnurstracks in die Ermittlungen – dabei kommen ihnen ihre jeweiligen Spezialfähigkeiten zugute, die bloß der Rest der Welt nicht so recht anerkennen kann. Mit einer guten Portion Galgenhumor und sarkastischen Wortgefechten improvisieren sie sich durch den Fall und stolpern von einer Absurdität in die nächste.

Mikael Lund ist hier ein WIRKLICH originelles, unfassbar witziges und nonstop spannendes Alien-Abenteuer gelungen. Wer „District 9“ mochte, wird „Fressfeind“ lieben!

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Veröffentlicht am 08.06.2021

Ein poetisches, authentisches Buch über Freundschaft und Vergebung

Die Geschichte von Kat und Easy
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„Die Geschichte von Kat und Easy“ von Susann Pásztor beginnt mit einem ersten Satz wie ein Donnerschlag: „Kat hat die Macht. Sie hat die Macht, Wörter zum Leuchten zu bringen und Räume mit Wut zu verpesten.“ ...

„Die Geschichte von Kat und Easy“ von Susann Pásztor beginnt mit einem ersten Satz wie ein Donnerschlag: „Kat hat die Macht. Sie hat die Macht, Wörter zum Leuchten zu bringen und Räume mit Wut zu verpesten.“ Dieser erste Satz trägt bereits so viel Schönes und Schreckliches in sich, dass man einfach weiterlesen muss – und es lohnt sich.

Der Roman wird in zwei Zeitebenen erzählt, wobei auf geschickte Weise und mit großen Effekt auch Erzählstimme und Tempus wechseln: 1973 sind Kat und Easy Teenager in einer Kleinstadt, sie rauchen, nehmen Drogen, erleben den ersten Sex. Fünfzig Jahre später finden sich die beiden über Kats Lebenshilfe-Blog wieder und verbringen gemeinsam eine Woche auf Kreta. Eine Woche voller offenbarter Geheimnisse, über der stets die Frage schwebt: Warum ist diese Freundschaft einmal zerbrochen?

In mal wunderbar poetischer, mal trocken-humorvoller Prosa wird nach und nach in Gesprächen und Rückblicken enthüllt, was sich damals zugetragen hat und was zum Bruch einer engen Jugendfreundschaft führte. Schonungslos ehrlich treten Kats Gefühle in beiden dieser Lebensabschnitte zutage, die nicht immer nobel und gerecht und großzügig sind – eben menschlich. Denn Easy und Kat waren sich nah, aber nicht offen miteinander. Für eine kurze Zeit waren sie unzertrennlich, aber auf eine intensive, schnelle Art, wie nur eine impulsive Jugendfreundschaft sein kann, in der die eine zur anderen aufschaut. Dass der Sommer eines Jahres als Jugendliche Einfluss auf ein gesamtes Leben haben kann, wird hier eindrucksvoll illustriert.

„Die Geschichte von Kat und Easy“ ist leicht zu lesen, aber schwer zu verarbeiten. Das Buch enthält eine subtile und unaufdringliche Weisheit, die zum Reflektieren einlädt und berührt. Es ist die Geschichte von zwei ganz und gar unperfekten Menschen, die im fortgeschrittenen Alter beschließen, dass es Zeit wird, mit der Vergangenheit abzuschließen. Und das macht diese Buch so wunderbar ehrlich und einfühlsam.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Ein eindringlicher, verstörender, wahnsinniger Roman

Die wunderbare Kälte
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Von „Die wunderbare Kälte“ muss man sich erst mal ein paar Tage erholen, bevor man etwas dazu sagen kann. Für diese Rezension habe ich mich nach dem Lesen zunächst eine Woche sammeln müssen, bevor ich ...

Von „Die wunderbare Kälte“ muss man sich erst mal ein paar Tage erholen, bevor man etwas dazu sagen kann. Für diese Rezension habe ich mich nach dem Lesen zunächst eine Woche sammeln müssen, bevor ich meine Empfindungen in Worte fassen kann. Denn diese Roman geht unter die Haut.

Die junge Maskenbildnerin Kai hat kaum ein nennenswertes Sozialleben und konstruiert ihre Geschichten lieber selbst, als Außenstehende … über Menschen, die sie unbemerkt beobachtet. Sie belässt es aber nicht dabei, sondern interveniert ständig im Leben ihrer Opfer, wird zur Regisseurin zwischenmenschlicher Beziehungen, ohne aus dem Schatten hervorzutreten.

Allein diese vielschichtige, verstörende Figur, durch deren Augen wir als Leser*innen blicken, macht „Die wunderbare Kälte“ zu einem Buch, das einem noch lange nachgeht. Kais Empfindungen sind so echt wie unnachvollziehbar, denn man fühlt sich beim Lesen wie im Kopf einer Psychopathin, mit der man trotzdem auf merkwürdige Art und Weise mitfühlt, sie manchmal sogar versteht. Ihr Handeln folgt keiner rationalen Überlegung, auch keiner echten Emotion, sondern einem irrationalen Trieb, der uns fremd bleibt, aber trotzdem manchmal irgendwie nachvollziehbar wird.

Die stärksten Momente im Roman sind die, in denen wir tatsächlich mit Kai empathisieren. Denn als sie Milo, einem ihrer Opfer, unerwartet näherkommt, schleichen sich da manchmal Gefühle in Kais Stream of Consciousness, die uns nicht fremd sind – aber ihr. Kai wehrt sich vehement gegen ihre eigene Menschlichkeit, die immer wieder zum Vorschein kommt. Aber am Ende muss sie alles kontrollieren, auch sich selbst.

„Die wunderbare Kälte“ von Elisabeth Rettelbach ist ein atemberaubendes Buch, erzählt in eleganter, poetischer Prosa, direkt aus dem Kopf einer schwierigen, fremden, ungewöhnlichen Person. Dieser Roman wird mich lange nicht loslassen!

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Ein atemberaubendes Buch übers Frausein und Muttersein

Der Verdacht
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„Der Verdacht“ von Ashley Audrain ist eines dieser Bücher, die einen in einen tiefen Strudel hinabziehen und erst, nachdem man es in einem Atemzug durchgelesen hat, wieder auftauchen lassen.

Blythe und ...

„Der Verdacht“ von Ashley Audrain ist eines dieser Bücher, die einen in einen tiefen Strudel hinabziehen und erst, nachdem man es in einem Atemzug durchgelesen hat, wieder auftauchen lassen.

Blythe und Fox bekommen ihr Wunschkind, Violet. Alles könnte perfekt sein, aber Blythe hat von Anfang an Schwierigkeiten, eine Beziehung zu ihrer Tochter aufzubauen. Was zunächst einfach wie eine postpartale Depression wirkt, erweist sich bald als etwas Düstereres: Denn Blythe glaubt, dass Violet sie hasst und bewusst von sich stößt, dass sie gar böse ist. Und Fox ist ihr keine Stütze, denn er ist ganz vernarrt in seine kleine Tochter.

Eingewoben in das tragische Versinken einer Mutter und Frau in Schmerz und Sorge und Entfremdung von sich selbst und den Menschen, die ihr lieb sind, sind Rückblicke in ihre Familiengeschichte, die geprägt ist von schwierigen Mutter-Tochter-Beziehungen. Durch Blythes Augen sind wir entrüstet über das, was ihr geschieht, wie ihr Mann mit ihr umgeht, wie die Gesellschaft mit ihr umgeht. Aber dann wiederum verstehen wir auch ein Stück weit, welchen Ballast Blythe in ihre eigene Mutterrolle mitgebracht hat.

„Der Verdacht“ ist ein schwieriges, tiefgehendes, emotionales Buch, das kaum eine Leserin unberührt lassen wird. Dass es sich dabei um den Debütroman der Autorin handelt, ist eigentlich kaum zu fassen, so wunderbar ist diese Geschichte erzählt. Es ist eine außergewöhnliche Geschichte, die sich im ganz Gewöhnlichen abspielt. Sie verhandelt existenzielle Fragen wie die nach dem Ursprung des Bösen im ganz Intimen, Privaten.

Ashley Audrain ist hier ein brillanter Roman voller Untiefen gelungen, die uns an die Grenze unserer eigenen Belastbarkeit und unseres eigenen Urteilsvermögens führen. Von dieser Autorin wird man sicher noch sehr viel hören!

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