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Veröffentlicht am 11.04.2017

Ein altmodisch und zugleich modernes Märchen

Der Wunderkasten / Leinengebundenes Bilderbuch
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Es handelt sich um ein Buch, welches erstmals 1990 erschienen ist und dieses Jahr als Sammlerstück mit Leineneinband nochmals erschienen ist. Der Wunderkasten von Rafik Schami erzählt eine Geschichte aus ...

Es handelt sich um ein Buch, welches erstmals 1990 erschienen ist und dieses Jahr als Sammlerstück mit Leineneinband nochmals erschienen ist. Der Wunderkasten von Rafik Schami erzählt eine Geschichte aus alter Zeit, wie sie schon lange mündlich immer weiter gegeben wurde. Rafik Schami hat sie mit einer wunderbar modernen Rahmenhandlung versehen, die zusätzlich eine eigene These liefert, ohne moralisch daher zu kommen.

Rafik Schami (geboren 1946 in Damaskus) wanderte 1971 nach Deutschland ein. Er studierte Chemie. Inzwischen schreibt er ausschließlich Bücher und „gilt als der Wortzauberer und Geschichtenerzähler schlechthin“(1). Seine Bücher, die für Kinder und Erwachsene gleichermaßen gedacht sind, wurden mehrfach ausgezeichnet und sind in vielen Sprachen erschienen.
Peter Knorr (geboren 1956 in München) studierte Kunsterziehung. Inzwischen arbeitet er als Illustrator und Grafiker. Er illustrierte bereits viele Kinderbücher sowie Bucheinbände für Autoren wie Erich Kästner, Kirsten Boie und Paul Maar. Außerdem ist er Zeichner für die ZDF-Kinderserie „Siebenstein“. Seine Arbeiten wurden bereits von der Stiftung Buchkunst ausgezeichnet.

Die Geschichte wird aus der Sicht eines kleinen Jungen geschildert, der in eher ärmlichen Verhältnissen aufwächst. Regelmäßig kommt ein alter Mann durch die verschiedenen Viertel gezogen. Er hat einen Wunderkasten dabei. Für ein wenig Geld können ein paar Kinder in diesen Wunderkasten schauen, während er die Geschichte des Liebespaares Leila und Sami erzählt, die wider aller Hinternisse doch am Ende zueinander finden. Die anderen Kinder und auch die Erwachsenen dürfen ohne etwas bezahlen zu müssen, der Geschichte lauschen. Im Wunderkasten sind Bilder passend zur Geschichte zu sehen. Sie sind alt und verblassen im Laufe der Jahre, sodass der Geschichtenerzähler sie durch Bilder aktueller Reklamen ersetzt. Doch das nimmt den Zauber seiner Erzählungen.

Leider wollte meine Tochter mit mir bisher nicht dieses wunderschön gestaltete Buch lesen. Woran das liegt kann ich nicht sagen und somit weiß ich auch leider nicht, wie es ihre gefallen würde. Mir hat es gut gefallen, aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob Kinder ab 6 Jahren (so die Altersangabe des Verlags) wirklich die ganze Dimension dieser Erzählung bereits erfassen können. Aber das ist ja auch nicht immer wichtig.
Schön finde ich, dass hier zwei Thematiken in einem Buch behandelt werden. Im Zentrum steht die Geschichte von Leila und Sami, dem Liebespaar, die sich über die Verbote der anderen hinwegsetzen und an ihrer Liebe festhalten. Sie werden am Ende für ihren Mut und ihre Treue belohnt. Die Rahmenhandlung bietet hier eine ganz anderen Thematik, nämlich die, der Kraft der Phantasie. Wo zunächst die wunderschönen Bilder im Wunderkasten die Phantasie der Kinder beflügeln sollen, stellt sich am Ende heraus, dass die eigenen Ideen im Kopf noch viel phantastischer und wertvoller sind und erst den wahren Wert einer Geschichte ausmachen. Das musste der Geschichtenerzähler selbst erst erkennen, als er zunächst noch verzweifelt versuchte die fehlenden Bilder zu ersetzen und sich am Schluss dazu entschloss, die Kinder einfach ins Schwarze sehen zu lassen.

„[…] da hörte ich die Stimme des alten Mannes, so warm und schön, wie nie zuvor, und er fing an zu erzählen“

Die Illustrationen von Peter Knorr sind einzigartig. Knorr setzt die Geschichte liebevoll und durchaus humorvoll in Szene. Der Text bekommt eine zusätzliche Tiefe. Ganz besonders hat mir am Ende das Porträt des Geschichtenerzählers gefallen. Es entsprach meiner eigenen Vorstellung, eines alten und liebenswerten Mannes, der dafür lebt, anderen eine Freude zu bereiten. Witzig ist hier irgendwie, dass es überhaupt Bilder gibt, denn ist die Moral der Rahmenhandlung nicht die, dass die Phantasie der Menschen ausreicht, um ein Kino im eigenen Kopf zu erschaffen?

Rafik Schami gelingt es, einer alte Erzählung neuen Wind einzuhauchen und sie mit einer aktuellen Geschichte zu kombinieren. So entstand ein altmodisch und zugleich modernes Märchen, welches durch die dichterische Sprache und die detailreichen und überaus passenden Illustrationen Flügel verliehen bekommt.

Veröffentlicht am 07.04.2017

Packend von der ersten Seite an

Fremd
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Ursula Poznanski (geboren 1968 in Wien), arbeitete als Journalistin für medizinische Zeitschriften. 2010 debütierte sie mit ihrem Jugendroman Erebos. Es folgten Saeculum, Layers und Elanus. Außerdem schrieb ...

Ursula Poznanski (geboren 1968 in Wien), arbeitete als Journalistin für medizinische Zeitschriften. 2010 debütierte sie mit ihrem Jugendroman Erebos. Es folgten Saeculum, Layers und Elanus. Außerdem schrieb sie Thriller. Mit fünf gelang ihr ein Bestseller. Gemeinsam mit Arno Strobel veröffentlichte sie Fremd und Anonym.
Arno Strobel (geboren 1962 in Saarlouis) studierte Informationstechnologie und arbeitete über viele Jahre bei einer Bank in Luxemburg. Erst spät begann er mit dem Schreiben. 2007 debütierte er unter einem Pseudonym mit dem Thriller Magnus – Die Bruderschaft. Seither sind noch viele weitere Psychothrillern erschienen: Der Trakt, Das Wesen, Das Skript, Der Sarg etc. Seine Bücher gelten als Bestseller. Seit 2014 ist er ausschließlich als Autor tätig.

Als Joanna eines Tages zu Hause den Feierabend genießen will, hört sie jemand Fremdes in ihrem Haus rumoren. Der Eindringling überrascht sie trotz aller Vorsicht und behauptet ihr Verlobter Erik zu sein.
Erik ist sich sicher, dass mit seiner Freundin Joanna etwas passiert sein muss. Er will ihr helfen, doch sie verhält sich wie eine völlig fremde Frau, ist noch dazu aggressiv und gefährlich.
So springt die Geschichte zwischen den beiden Perspektiven hin und her. Aber wer von den beiden hat nun tatsächlich die Wahnvorstellungen und wie konnte es dazu kommen?

Diesen Thriller habe ich in gerade einmal zwei Tagen verschlungen und das obwohl ich eigentlich eher selten Thriller lese. Er ist von der ersten Seite an sehr spannend geschrieben. Schnell kommt der Leser ins Grübeln und stellt seine eigenen Vermutungen und Thesen auf. Die Spannung ist teilweise kaum auszuhalten. Die beiden Hauptprotagonisten sind sehr sympathisch und die ganze Handlung sehr emotional gestaltet. Alle Charaktere sind gut ausgearbeitet, sodass es nicht schwer fällt die verschiedenen Sichtweise nachzuvollziehen. Das Ende überrascht, da es zum Teil offen bleibt und Platz für Spekulationen lässt. Wer weiß, vielleicht folgt ja auch noch ein weiterer Band.

Die Handlung ist lebhaft beschrieben und die Perspektive springt abwechselnd von Joanna zu Erik. Dies geschieht aber so fließend, sodass man manchmal einen Moment braucht, um umzuschalten. Die Auflösung kam für mich etwas zu plötzlich und ein wenig fraglich ist sie meiner Meinung nach auch. Muss wirklich ein so großer Aufwand betrieben werden, um jemanden zu stoppen, der eigentlich gar nicht wirklich weiß, was los ist?

Die Ausgangssituation packt den Leser sofort und man ist hin und her gerissen, da nicht wirklich immer klar ist, wer verwirrt ist, ob jemand in kriminelle Machenschaften verwickelt ist und was es mit dieser ganzen Sache überhaupt auf sich hat. Alles in allem handelt es sich um einen gelungenen Thriller, mit ein paar inhaltlichen Defiziten, die einen aber eher hinterher beschäftigen und nicht bereits während des Lesens. Ein Buch, welches mich sehr gut unterhalten hat, ohne dabei einen wirklich tiefgründigen Kern zu haben.

Veröffentlicht am 05.04.2017

„Der Tod ist eine reizende kleine Person. Doch das weiß niemand.“

Der Besuch vom kleinen Tod
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Im Mittelpunkt der Geschichte steht hier der Kleine Tod. Er ist traurig, denn niemand will ihn bei sich haben. Alle haben sie Angst vor ihm. Doch eigentlich will er die Menschen doch nur auf einem neuen ...

Im Mittelpunkt der Geschichte steht hier der Kleine Tod. Er ist traurig, denn niemand will ihn bei sich haben. Alle haben sie Angst vor ihm. Doch eigentlich will er die Menschen doch nur auf einem neuen unbekannten Weg begleiten. Doch alles ändert sich eines Tages, als er das Kind Elisewin abholen kommt. Sie freut sich auf ihn, begrüßt ihn freundlich, geradezu überschwänglich. Diesmal muss nicht der Kleine Tod den Weg anführen, nein das übernimmt das Mädchen selbst. Und so erinnert sich Kleiner Tod daran, dass er selbst ein Kind ist. Die beiden unterhalten sich, spielen und lachen miteinander. Doch irgend wann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem Elisewin das Totenreich verlassen und in ein neues Leben aufbrechen muss. Kleider Tod ist traurig, aber er lässt sie gehen. Kurz darauf kommt das Mädchen als Engel wieder. Von nun an begleiten beide zusammen die Toten auf ihrem Weg und die Verstorbenen haben keine Angst mehr vor dem Tod.

„Elisewin ist nicht mehr da.
Der Tod fühlt sich sehr allein.
Alles erscheint ihm sinnlos.“

Dieses Buch wurde mit dem Astrid Lindgren Memorial Award ausgezeichnet. Es hat mich sofort angesprochen, allerdings wollte meine Tochter es sich nie genauer anschauen. Das Cover lädt kleinere Kinder wohl eher nicht dazu ein, diese Geschichte zu entdecken. Die Bilder sind zwar auch durchaus mit Farbe und Helligkeit versehen, allerdings wirken sie etwas düster und gruselig. Interessant finde ich hier aber die Wendung der Geschichte. Wo sonst die Hinterbliebenen der Toten trauern und Einsamkeit verspüren, ergeht es hier dem Tod ganz genauso. Auch er fühlt sich ohne Elisewin einsam und verlassen. Die Beschreibung der Trauer um einem Verlust der etwas anderen Art ist auch hier gelungen, wobei ich es eher als ein Buch für Erwachsene empfehlen würde.

Veröffentlicht am 21.03.2017

Sei größtmöglich du!

Brave New Girl
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Wer braucht nicht auch manchmal ein paar aufmunternde Worte, wenn es im Leben gerade nicht so läuft, wie man es sich vorgestellt hat oder wenn neue Herausforderungen auf einen warten. So ging es auch Lou ...

Wer braucht nicht auch manchmal ein paar aufmunternde Worte, wenn es im Leben gerade nicht so läuft, wie man es sich vorgestellt hat oder wenn neue Herausforderungen auf einen warten. So ging es auch Lou Hamilton und ihrer Tochter, als diese die Schule abschloss und die Welt für sich erkundete. So entstanden die Zeichnungen um das Brave New Girl mit vielen Tipps und Weisheiten fürs Leben. Diese Worte waren aber sicherlich nicht nur an die Tochter gerichtet, sondern auch an sich selbst. Denn loslassen ich auch nicht so einfach.

„Freue dich über die Loopings, die das Leben dreht.“ (Seite 100)

Lou Hamilton lebt mit ihren zwei Kindern in London. Sie ist Künstlerin, Autorin und Creative Life Coach. Die Originalausgabe des vorliegenden Buches erschien 2016 unter dem Titel Brave New Girl. How to be fearless.

Auf 214 Seiten erschafft Lou Hamilton die Welt des Brave New Girls. Aussagekräftige Bleichstiftzeichnungen werden weisen Worten aus allen Belangen des Lebens zur Seite gestellt. Das Buch ist in zehn Kapiteln unterteilt, welche Titel haben wie: „Blicke deinen Ängsten ins Auge“, „Deine Zeit wird kommen“, „Frechheit ist Freiheit“ oder „Du bist gut genug“. In diesen Kapiteln sind auf Doppelseiten diverse Sprüche mit treffenden Zeichnungen abgebildet.

„Stell dein Licht nicht unter den Scheffel.“ (Seite 60)

Die Zeichnungen sind eher Minimalistisch, hin und wieder gibt es aber auch ein wenig aufwändigere Zeichnungen, wie zum Beispiel ineinander übergehende Zebras. Im Zentrum der Weisheiten steht das Brave New Girl. Ein Mädchen mit Kleid und langen Haaren, aber ohne Gesicht, welches durch die Welt wandert und vor vielen Herausforderungen steht, die es zu bewältigen gilt. Durch die Einfachheit der Zeichnung ist das Brave New Girl kein Individuum, es symbolisiert vielmehr alle Mädchen, die vor neuen Herausforderungen stehen. Die Autorin gibt viele Tipps für ein glückliches Leben. Sie will aufmuntern, stärken und aufbauen.

„Laufe mit dem Tier in dir.“ (Seite 119)

Außerdem wird deutlich, dass jeder Mensch für sich einzigartig ist und somit sehr wertvoll für den Rest der Welt. Das Mädchen wird aufgefordert mutig, stark und selbstbewusst zu sein. Es soll Ängste überwinden, Neues wagen. Aber auch manchmal einfach nur die Seele baumeln lassen, lachen und glücklich sein. Auch Umwege führen ans Ziel und sind manchmal sogar die besseren Wege. Oftmals sind Hindernisse eine Bereicherung, Misserfolge bringen wertvolle Erfahrungen.

Interessant finde ich die Titelübersetzung. Wo in der Originalausgabe „How to be fearless“ steht, also wie ich furchtlos bin, so ist die deutsche Variante eine andere: Wie wir furchtlos werden. Dies impliziert, dass man Furcht hat und diese erst überwinden muss. Während die englische Variante einfach aussagt, dass wir von Natur aus stark sind.

Die Zeichnungen sind oftmals sehr humorvoll. Die Weisheiten sind nicht wirklich neu, aber in Verbindung mit den ungewöhnlichen Zeichnungen werden sie dennoch zu etwas Einzigartigem. Wenn Lou Hamilton also sagt „Dein Karma holt dich ein“ (Seite 191), so steht das Brave New Girl auf einem Bumerang. Heißt es „Tu einfach mal so etwas nettes“ (Seite 185), dann fliegt das Brave New Girl mit dem Schlitten und den Rentieren des Weihnachtsmannes um die Welt. Der Leser wird jederzeit zum Nachdenken angeregt.

Das Buch bietet als schönes Mitbrinsel für Menschen, die oft an sich zweifeln, sicherlich den ein oder anderen Denkanstoß. Die liebevollen Zeichnungen bringen den Leser zum Lächeln und zum Nachdenken. Natürlich kann das Buch einen nicht von all seinen Sorgen und Nöten befreien, es lässt einen aber doch etwas mutiger in die Zukunft blicken.

„Sei größtmöglich du“ (Seite 209)

Veröffentlicht am 10.03.2017

Ein Kinderbuch über Flucht und Vertreibung.

Yunis und Aziza
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In der heutigen Zeit ist das Thema Flucht und Vertreibung wohl mehr denn je im Gespräch. Auch unsere Kinder kommen mit dieser Thematik in Kontakt. Umso wichtiger ist es, sie frühzeitig über die Umstände ...

In der heutigen Zeit ist das Thema Flucht und Vertreibung wohl mehr denn je im Gespräch. Auch unsere Kinder kommen mit dieser Thematik in Kontakt. Umso wichtiger ist es, sie frühzeitig über die Umstände aufzuklären. Meine Tochter hörte zum ersten Mal von Flüchtlingen, als wir Kleidung aussortierten, um sie selbigen zu spenden. Natürlich kamen da einige Fragen auf. Direkten Kontakt zu Flüchtlingskindern hatte sie bisher noch nicht, aber ich habe es dennoch für wichtig empfunden, sie mit der Thematik weiter vertraut zu machen. Das Buch "Yunis und Aziza" bietet einen sehr schönen Einstieg in das Thema Krieg, Flucht, Vertreibung und Traumata. Es regt außerdem an, darüber ins Gespräch zu kommen.

An diesem Buch haben gleich drei Autoren gearbeitet. Alle haben einen entsprechenden fachlichen Hintergrund und sind mit der Thematik des Buches bestens vertraut.
Andrea Hendrich ist Diplom-Pädagogin, Familientherapeutin, Mediatorin und Trainerin für Elterngruppen. Bei der Caritas konnte sie über lange Zeit Erfahrungen im Bereich Erziehungsberatung sammeln und arbeitet seit 2014 als Dozentin im Bereich Heilpädagogik.
Monika Becker ist Diplom-Pädagogin und Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin, sowie Paar-und Familientherapeutin. Ihr Spezialgebiet ist die Traumatherapie für Kinder- und Jugendliche. Sie arbeitete bei der Jugendhilfe und derzeit bei einer Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern.
Ulrich Koprek ist Diplom-Sozialpädagoge. Er hat eine Ausbildung zum Paar- und Familientherapeuten absolviert und wurde Trainer im Problemfeld Konfliktberatung an Schulen.

"Yunis und Aziza" ist ein Kinderfachbuch zum Thema Flucht und Traumata. Es erzählt die Geschichte der beiden Kinder Yunis und Aziza, die aufgrund des Krieges ihre Heimat verlassen mussten und nun in Deutschland in den Kindergarten gehen sollen. Die beiden Kinder sind ganz offensichtlich durch ihre Erlebnisse auf der Flucht traumatisiert. Es fällt ihnen schwer, Kontakt zu den anderen Kindern der Gruppe aufzunehmen. Weil sie sich manchmal so merkwürdig verhalten, fällt es auch den anderen Kindern schwer, mit ihnen in Kontakt zu treten. Die Geschichte ist in Wochentage aufgegliedert und umfasst somit eineinhalb Wochen, in denen Yunis und Aziza versuchen in ihrer neuen Heimat anzukommen und sich einzuleben.
Im Anhang der Geschichte findet man noch einige fachliche Informationen besonders zum Thema Traumata: wie sie entstehen, was im Körper passiert, und was man tun kann, um Betroffenen zu helfen.

„Es ist ein Geräusch, das Paula gut kennt. Ihr Vater ist Arzt. Von ihm weiß sie, dass so ein Flugzeug Leben retten kann. Doch Yunis und Aziza reagieren ganz komisch. Sie schauen sich erschreckt an. Schnell kriechen sie unter den Tisch.“ (Seite 20-21)

Dieses Buch bietet viele Möglichkeiten, sich mit der Thematik auseinander zu setzen. Ganz besonders positiv finde ich, dass in fast allen Kapiteln am Ende eine Frage direkt an den kindlichen Leser gerichtet wird. Das regt zum Nachdenken und zum Austausch der Gedanken an. Man liest dieses Buch nicht einfach und legt es dann beiseite. Nein, es bietet vielmehr die Möglichkeit selbst darüber nachzudenken, was in der Welt dort draußen passiert, wieso sich andere Menschen vielleicht anders und ungewöhnlich benehmen und wie man durch ein sensibles Miteinander dem Anderen helfen kann, sich in eine fremdes Gefüge einzugliedern. Denn nicht nur die Flüchtlinge haben Ängste, auch wir „ganz Normalen“ fürchten uns vor dem Einen oder Anderen.
Die eher schlichten und nicht aufwühlenden Zeichnungen unterstreichen den Text optimal ohne von der Handlung abzulenken oder den Kindern das Denken über die Thematik abzunehmen.
Die Thematik wird sehr sensibel behandelt und Hintergründe für diese speziellen, für uns zunächst nicht nachvollziehbaren Ängste werden erläutert.

Dieses Buch kann ich all jenen empfehlen, die mit dem Thema Flucht und Traumata bei Kindern in Berührung kommen, aber auch all jenen, die es ebenso wie ich wichtig finden, ihre Kinder für diese Thematik zu sensibilisieren. Es ist ein ganz aktuelles Thema, welches auch in den Kindergärten und Schulen ganz offen behandelt werden sollte.