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Veröffentlicht am 18.09.2021

Wichtiges Thema: Organspende!

Die andere Tochter
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Antonia Petzold räumt gerade die Wohnung einer verstorbenen Person, als der Unfall geschieht. Sie verletzt sich an den Augen und ohne Hornhauttransplantation wird sie erblinden. Sie hat Glück, ein Spender ...

Antonia Petzold räumt gerade die Wohnung einer verstorbenen Person, als der Unfall geschieht. Sie verletzt sich an den Augen und ohne Hornhauttransplantation wird sie erblinden. Sie hat Glück, ein Spender schnell gefunden und ihr Augenlicht kann gerettet werden. Als die Mutter der jungen Spenderin sie kennenlernen möchte, ist Toni Feuer und Flamme. Antonia lernt die Familie Mertens kennen und fühlt sich sofort mit ihnen verbunden. Erst nach und nach erkennt sie, dass sie manipuliert wird und dadurch in Gefahr gerät.





Das erste Kapitel enthält viele Informationen zu der Protagonistin Antonia und hat mich neugierig auf die Geschichte gemacht. Die verschiedensten Themen machen das Buch abwechslungsreich und fesselnd. Transplantation, der Beruf einer Entrümplerin, Malerei, Organspende, Trauer und die Verarbeitung eines Verlustes sind zentrale Themen rund um Toni. Und über all dem wabert eine mysteriöse Sache, die die Familie von Toni, sowie die Familie der verstorbenen Spenderin betrifft.

In abwechselnden Kapiteln, die im Frühling 2019 und im Herbst 2019 handeln, versucht man als Leser eine Verknüpfung herzustellen. Puzzleteil um Puzzleteil und damit hat das Cover seine Berechtigung, fallen an Ort und Stelle.

Sehr interessiert hat mich das Thema „Seelenwanderung“. Davon habe ich bisher noch nie gehört und habe ich mir so auch noch nie überlegt. Die These, dass ein Teil der Seele des Spenders im Körper des Empfängers weiterlebt, finde ich spannend. Es gab aber auch Themen, die waren mir zu viel. Die Passagen, die die Nazizeit und die Beutezüge thematisieren, hätte dieses Buch bei der Fülle von Themen nicht auch noch gebraucht.


Toni ist keine einfache Figur. Zeitweise ist sie leicht depressiv, melancholisch und traumatisiert von ihrem Unfall und ihrer Jugendzeit. Toni hatte immer wieder Reaktionen, die ich nicht nachvollziehen konnte. Ich denke, dafür bin ich viel zu lebensbejahend. Toni leidet unter Minderwertigkeitskomplexen und nach und nach erfährt man, dass der Ursprung dieser wohl in ihrer Vergangenheit zu finden ist. Toni hat mir zwar leidgetan, aber die Figur macht das Buch auch zu etwas dunklem und melancholischen. Denn fröhlich oder gutgelaunt erlebt man Toni praktisch nie.


Die Geschichte besticht mit sehr vielen Wendungen, die sie unvorhersehbar machen. Einige dieser Wendungen empfand ich im Nachhinein als logisch. Andere waren mir zu aufgesetzt und überzogen. So wie zum Beispiel die Verbindung der Familien Petzold und Mertens. "Die andere Tochter" enthält zwar spannende Themen, die hätten jedoch entschlackt werden dürfen.

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Veröffentlicht am 15.09.2021

Zu viel private Belange!

Das Flüstern der Puppen (Thriller)
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Kaum bei der neuen Arbeitsstelle begonnen, wird Lena Freyenberg schon mit einem Mordfall konfrontiert. Eine junge Frau wird bei lebendigem Leib, im Garten ihrer Eltern, im Pizzaofen, verbrannt. Als die ...

Kaum bei der neuen Arbeitsstelle begonnen, wird Lena Freyenberg schon mit einem Mordfall konfrontiert. Eine junge Frau wird bei lebendigem Leib, im Garten ihrer Eltern, im Pizzaofen, verbrannt. Als die Eltern von einem Konzert zurückkehren, finden sie ihre Tochter und daneben eine Puppe. Zusammen mit ihrem neuen Partner, Kommissar Henning Gerlach, muss Lena Freyenberg zuerst einen gemeinsamen Nenner in der Zusammenarbeit finden.



Den Fall, der mit der toten jungen Frau in dem Ofen beginnt und nach und nach zu einer ganzen Serie an Morden wird, empfand ich als gut aufgebaut. Auch die Ermittlungsergebnisse, die vor allem der Intelligenz der neuen Ermittlerin geschuldet sind, sind nachvollziehbar und stimmig. Man kann zusehen, wie das Ermittlerteam einen Stein nach dem anderen umdreht. Unter einigen dieser Steine sind Finten versteckt und einige bringen Ergebnisse in den Ermittlungen.

Allerdings lassen die privaten Belange von Lena Freyenberg und Henning Gerlach oft den beruflichen Aufgaben nicht viel Platz. Mir haben diese privaten Details zu viel Platz eingenommen. Lena, die von ihrem Freund Nils weggezogen ist, den Tod ihres früheren Partners Manfred noch nicht verdaut hat und mit einem alkoholkranken Vater, der sie auf Trab hält, geschlagen ist, hat schon eine geballte Ladung an Problematik. Doch da ist auch noch Henning, der noch einer früheren Beziehung nachtrauert und eine demente Grossmutter hat, die neu in ein Seniorenheim zieht. Da hätte ich Hennings Schwärmerei für Lena nicht zusätzlich auch noch gebraucht.


Durch die kursiv geschriebenen Passagen, die die Gedanken des Täters festhalten, merkt man sehr schnell, wie krank er tickt. Jedoch sind mir die zu ausschweifend geraten. Hier hätte für meinen Geschmack, gestrafft werden dürfen. Was allerdings der Spannung meiner Meinung nach keinem Abbruch getan hat. Die Identität des Täters hat mich komplett überrascht, war jedoch im Nachhinein plausibel.


Den Schreibstil empfand ich, als einfach zu lesen und der Satzaufbau ist nicht sehr anspruchsvoll. Das und die eher geringe Seitenzahl hat dazu geführt, dass ich diesen Thriller in wenigen Stunden gelesen hatte.

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Veröffentlicht am 08.09.2021

Ein Wunder!

Das geheime Leben des Albert Entwistle
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Albert Entwistle arbeitet als Postbote in Toddington und lebt sehr zurückgezogen. Seine nächste Vertraute ist seine Katze Gracie, seine Arbeitskollegen meidet er und fühlt sich alleine am wohlsten. Als ...

Albert Entwistle arbeitet als Postbote in Toddington und lebt sehr zurückgezogen. Seine nächste Vertraute ist seine Katze Gracie, seine Arbeitskollegen meidet er und fühlt sich alleine am wohlsten. Als bekannt wird, dass der 64-jährige Albert in drei Monaten seinen Ruhestand antreten muss, bricht für ihn die Welt zusammen. Das Einzige, das ihm im Leben soziale Interaktion beschert, wird ihm weggenommen. Da lernt Albert die junge und alleinerziehende Mutter Nicole kennen und durch sie fasst er den Mut, sich den Menschen zu öffnen und sich auf die Suche seiner einzigen grossen Liebe zu machen. 50 Jahre lang hat Albert George nicht mehr gesehen, die Erinnerungen an ihn und ihre Liebe sind für Albert traumatisch.



Mit der Charakterisierung der Figur Albert bin ich nicht richtig warm geworden. Albert ist zu Beginn gehemmt, schüchtern und scheut jeden Kontakt zu seinen Arbeitskollegen. Das Ganze grenzt schon fast an eine Sozialphobie. Nach 100 Seiten ist Albert plötzlich nicht wiederzuerkennen.

Ein Wunder!

Er plaudert mit seinen Kunden, findet in der jungen, alleinerziehenden Mutter Nicole eine gute Freundin und führt tiefschürfende Gespräche mit seinen Kollegen bei der Arbeit. An einem Fest tanzt er sogar öffentlich. Das ging mir einfach zu glatt und reibungslos. Zu Beginn hatte mich Albert überzeugt. Er lebt zurückgezogen mit seiner Katze, die Arbeit bedeutet ihm alles, darin lebt er völlig auf. Sehr schnell spürt man, dass er in der Vergangenheit einen großen Verlust erlitten hat. Dieser Verlust ist nicht nur seine einstige große Liebe, sondern war auch der Moment, in dem er sich für die weiteren 50 Lebensjahre völlig verschlossen hat.

Albert hat immer geschwiegen, nicht gewagt sich gegen die damals gängigen Normen zu wehren und zu seiner Liebe zu stehen. Sehr traurig, unfassbar traurig hat mich das gemacht. Vor allem, da bewiesen ist, dass vor 40, 50 oder mehr Jahren es viele Männer wie Albert gab, die an ihren gleichgeschlechtlichen Gefühlen zerbrochen sind. Die ihre große Liebe verleugnen mussten, wegen ihres Rufes, dem Ansehen der Familie und wegen kleinkariertem Denken.



Was tragisch beginnt und 50 Jahre lang ein tiefes Loch in Alberts Herzen reißt, endet mit Hoffnung für die Zukunft, in der Menschen so sein dürfen, wie sie sind. In der er sich nicht mehr verstellen muss und an die Liebe glauben darf.



Matt Cain hat es hervorragend verstanden die vor 50 Jahren herrschenden Moralvorstellungen in die Geschichte einzuweben. Kaum zu glauben, wie Männer sich verstecken mussten, ausgegrenzt, ja sogar eingesperrt wurden, weil sie es gewagt haben gleichgeschlechtliche Gefühle zu fühlen oder zu leben.

In den Rückblicken in Alberts Kinder und Jugendzeit erfährt man 1-1, wie ein Junge sich fühlt, wenn er nicht der damaligen Norm entsprach. Weit weniger zentral wurde auch ab und zu Rassismus, dies in der Figur von Nicole und ihrem Freund Jamie, eingeflochten. Damit trifft der Autor auch den Nerv der heutigen Zeit, sind doch die Themen Homophobie und Rassismus leider immer noch aktuell.

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Veröffentlicht am 06.09.2021

Sehr gut...bis auf den Schluss!

Barbara stirbt nicht
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Barbara und Walter Schmidt sind ein Ehepaar der alten Schule. Barbara kocht, wäscht, putzt, kauft ein und hat den Haushalt im Griff. Der pensionierte Walter wird verwöhnt, bedient und muss im Haushalt ...

Barbara und Walter Schmidt sind ein Ehepaar der alten Schule. Barbara kocht, wäscht, putzt, kauft ein und hat den Haushalt im Griff. Der pensionierte Walter wird verwöhnt, bedient und muss im Haushalt keinen Finger krumm machen. Eines Morgens wird ihre Welt mit dem bisher klaren Rollenmuster durcheinandergewirbelt. Denn Barbara liegt im Bett und steht nicht mehr auf. Walter muss nun notgedrungen in die Küche, denn verhungern will er ja nicht. Und da ist ja auch noch Barbara, um die er sich kümmern muss.





Die Geschichte um Barbara und Walter beginnt skurril: Als Walter morgens aufwacht, riecht er nicht wie sonst den Kaffeeduft durch das Haus ziehen. Unweigerlich kommt der Gedanke hoch, ob Barbara im Schlaf verstorben ist? Er ist so daran gewöhnt, dass Barbara schon mit dem Kaffee wartet, wenn er aufsteht, dass er denkt, sie sei tot. Gestorben, ohne ihm Kaffee zu machen! Diese Arroganz hat mich schockiert.



Sehr oft habe ich nicht gewusst, ob ich über Walter lachen oder ihn bemitleiden soll? Walter ist so was von unselbstständig im Haushalt, dass es an Slapstick vom Feinsten grenzt. Zudem ist er knochentrocken, völlig humorlos und zu den beiden erwachsenen Kindern findet er sehr schwer Zugang. Als ich Walter auf den ersten Seiten kennengelernt habe, habe ich gedacht „mein Gott, was für ein Macho“. Denn Walter bestimmt und dirigiert. Mit der Zeit habe ich jedoch gemerkt, dass seine Frau Barbara ihn erstens zu nehmen weiß und zweitens ihr Ding gemacht hat, ob es Walter passte oder nicht.



Immer wieder führt Walter mit seiner Familie oder mit der Bäckereiverkäuferin Dialoge, die sind zum Brüllen komisch. Walter ist ein Klotz von Mann. Empathie, Freundlichkeit oder Anteilnahme sind Fremdwörter für ihn. Was vor allem Barbaras zahlreiche Bekannte, aber auch die Kinder Sebastian und Karin zu spüren bekommen. Die Autorin zeigt da einen feinen Sinn für Humor und oft habe ich laut gelacht. Der Schreibstil passt sehr gut zu der trockenen Art von Walter. In knappen, sachlichen Sätzen wird das Leben von Walter und Barbara beleuchtet. Walter ist überzeugt, dass Barbara gesund wird, wenn sie nur endlich Nahrung zu sich nimmt. Walter lernt sogar durch einen TV - Koch kochen und muss sich, denn Walter ist nun mal Walter, zuerst mal im Internet zurechtfinden.



Je länger man liest, je mehr wandelt sich die Geschichte. Irgendwann ist bei mir der Punkt gekommen, an dem ich nichts mehr an Walters Benehmen lustig fand. Da war nur noch Mitleid. Vor allem seine Weigerung, sich einzugestehen, dass Barbara ernsthaft erkrankt ist, hat mich sehr berührt. Sehr tiefgründig und mit einer unheimlich treffsicheren Charakterisierung der Figuren hat Alina Bronsky es geschafft, dass ich mitgefühlt und gelitten habe mit diesem verstockten Mann, der Stück für Stück von seiner Frau Abschied nehmen muss. Leider macht die Geschichte gegen Schluss einen Dreher ins Absurde. Plötzlich wird man als Leser mit einer Figur konfrontiert, die zur Familie gehört, jedoch nie vorher erwähnt, ja nicht mal angedeutet wurde. Das geschieht so übergangslos, dass ich mehrmals die letzten Seiten lesen musste.

Schade, von mir hätte das Buch die volle Punktezahl gekriegt, wenn die letzten 30 Seiten nicht gewesen wären.

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Veröffentlicht am 31.08.2021

Einfach gehaltener Schreibstil!

Waldeskälte
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Ein 14-jähriges Mädchen wird in Eigerstal im Gotthardgebiet vermisst. Nora ist nachts aus dem Haus ihres Vaters verschwunden, seither fehlt von ihr jede Spur. Ihr Onkel ruft Valeria Ravelli von Interpol ...

Ein 14-jähriges Mädchen wird in Eigerstal im Gotthardgebiet vermisst. Nora ist nachts aus dem Haus ihres Vaters verschwunden, seither fehlt von ihr jede Spur. Ihr Onkel ruft Valeria Ravelli von Interpol an und bittet um Hilfe. Valeria fühlt sich in die Zeit vor 20 Jahren zurückversetzt, denn damals wurde sie und ihre beiden Freundinnen Sophie und Stephanie am selben Ort entführt. Sie konnte entkommen, ihre Freundinnen mussten sterben. Ist derselbe Täter wie vor 20 Jahren am Werk und kann Nora rechtzeitig gefunden werden?



Den Schreibstil stufe ich einerseits als klar und einfach gehalten ein, anderseits wurde mir zu viel Gewicht auf Beschreibungen der Landschaft und der Orte gelegt. Sehr oft hatte ich das Gefühl, dass die Handlung auf der Stelle tritt, weil wieder mal der Wald, die Kälte oder zur Abwechslung die Gefühle der Ermittlerin thematisiert werden. Es gibt praktisch keine Perspektivwechsel und so ist auch der Aufbau einfach gehalten. Ein paar Abstecher in die Vergangenheit, die sehr oft in den Passagen in der Gegenwart eingeflochten sind, fallen da kaum ins Gewicht.



Die Geschichte handelt in der Schweiz und es wurden geografische Details, sowie typische Landesausdrücke authentisch verwendet. So sucht zum Beispiel die schweizerische Rega nach dem verschwundenen Mädchen und nicht die Flugwacht. Es schimmert oft das Exzentrische, das „unter sich bleiben“ von Bewohnern abgelegener Dörfer in der Schweiz durch. Fremde werden mit Argusaugen beobachtet und Einheimische geben zu spüren, dass sie es gewohnt sind, sich alleine durchzuschlagen. So wie es Valeria Ravelli, die als Weggezogene gilt, das auch in der Geschichte zu spüren bekommt.



Die Verknüpfung zwischen dem Cold Case und dem aktuellen Fall wird durch die Figur Valeria Ravelli gemacht, In beiden Fällen spielt sie eine zentrale Rolle und dies äusserst glaubwürdig. Tief traumatisiert durch den Verlust der beiden Freundinnen vor 21 Jahren arbeitet sie zielstrebig darauf hin, die 14-jährige Nora zu finden. Die Auflösung beider Fälle, das heisst der Tod von Sophie und Stephanie, sowie der Verbleib von Nora ist schlüssig und sehr gut gemacht. Die Handlung wird gegen Schluss doch noch richtig rasant. Etwas, was ich vor allem im Mittelteil vermisst habe.

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