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Veröffentlicht am 05.12.2021

Hassnachrichten in den Social Media

Die Nachricht
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Das Buch hat mich wirklich packen können. Es ist so aktuell und nachdenklich stimmt, dass das, was der Protagonistin Ruth widerfährt, jeder/jedem auch passieren könnte. Diese nutzt soziale Medien und erhält ...

Das Buch hat mich wirklich packen können. Es ist so aktuell und nachdenklich stimmt, dass das, was der Protagonistin Ruth widerfährt, jeder/jedem auch passieren könnte. Diese nutzt soziale Medien und erhält einige Jahre nach dem Skiunfalltod ihres Mannes Hassnachrichten, die sich zusehends häufen und inhaltlich immer verletzender werden, sogar an Dritte aus Ruths privatem und beruflichem Umfeld gesandt werden. Statt sie zu ignorieren, will Ruth den Absender aufspüren, verdächtigt auch zwei Personen. Sie, die eigentlich das Opfer ist, findet in ihrer Umgebung kein Gehör, wird sogar als Schuldige gesehen, weil sie nicht unbedingt den gesellschaftlichen Erwartungen entspricht. Als Leser rätselt man mit, wer wohl der anonyme Beleidiger ist, und fragt sich, wie man sich selbst wohl in solch einer Situation verhalten würde. Interessant ist, wie nach und nach aufgedeckt wird, dass im Leben von Ruth und ihrem verstorbenem Mann so manches im Argen lag.
Sehr empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 30.11.2021

Über eine langjährige Ehe

Der Brand
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Diesen Roman habe ich sehr gerne gelesen. Der ruhige, bedächtige Erzählton liest sich recht angenehm und passt gut zu dem behandelten Thema. Es geht um ein Ehepaar aus Dresden, sie 49, er 55, das nach ...

Diesen Roman habe ich sehr gerne gelesen. Der ruhige, bedächtige Erzählton liest sich recht angenehm und passt gut zu dem behandelten Thema. Es geht um ein Ehepaar aus Dresden, sie 49, er 55, das nach bald 30jähriger Ehe in den Alltagstrott verfallen ist. Das will vor allem sie nicht akzeptieren. Ein dreiwöchiger House-Sitting-Urlaub auf dem verfallenen Gehöft eines betagten befreundeten Ehepaares in der Uckermark soll Klarheit bringen, wie es mit der Ehe weiter gehen kann.
In die Personen der beiden Protagonisten wird sich bestimmt so mancher hineinversetzen können. Ihre Gespräche und das tägliche Zusammenleben werden realistisch dargestellt. Vor allem sie als Psychologin neigt zum Analysieren der Ehesituation. Außer den Eheproblemen werden noch andere interessante Themen angesprochen, wie familiäre Probleme der erwachsenen Kinder, Corona, Bombardierung Dresdens. Etwas Spannung wird in die Geschichte durch ein Geheimnis zur Herkunft der Protagonistin getragen, das sie aufdeckt. An keiner Stelle wirkt die Geschichte kitschig oder klischeehaft.

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Veröffentlicht am 21.11.2021

Die eigene Familiengeschichte

Hast du uns endlich gefunden
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Unter Schauspielern scheint es derzeit angesagt zu sein, die eigene Familiengeschichte in Buchform niederzuschreiben. Ich erinnere da etwa an Joachim Meyerhoff mit seiner sehr humorigen Buchserie. In eine ...

Unter Schauspielern scheint es derzeit angesagt zu sein, die eigene Familiengeschichte in Buchform niederzuschreiben. Ich erinnere da etwa an Joachim Meyerhoff mit seiner sehr humorigen Buchserie. In eine ähnliche Richtung geht dieses Buch. Der als Schauspieler bekannte Autor Selge erzählt autobiografisch seine Familiengeschichte. Dabei steht im Fokus die Zeit um 1960, als er etwa zwölf Jahre alt war. Aus kindgerechter Perspektive arbeitet er vor allem seine Beziehung zu seinem Vater auf, der Despot war und gewalttätig gegenüber dem Sohn, ja sich ihm sogar sexuell unzüchtig annäherte, von Edgar aber dennoch geliebt wurde. Betrachtenswert ist auch, wie Selge die Einstellung der Eltern zum Nationalsozialismus und ihre Neuorientierung in der Nachkriegszeit darstellt. In seiner Familie gab es viele Schicksalsschläge. Dennoch durchzieht den ganzen Roman ein humoriger Grundton; alles ist angefüllt mit Anekdoten, die einen immer wieder schmunzeln lassen.
Sehr lesenswert.

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Veröffentlicht am 14.11.2021

Ein moderner Robin Hood

Die Rebellin und der Dieb
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Es ist einfach nur wunderbar, was hier der Feder von Jan-Philipp Sendler entsprungen ist. In gewisser Weise erinnert das Buch an Robin Hood sowie Bonnie und Clyde, deren Rollen hier von den 18jährigen ...

Es ist einfach nur wunderbar, was hier der Feder von Jan-Philipp Sendler entsprungen ist. In gewisser Weise erinnert das Buch an Robin Hood sowie Bonnie und Clyde, deren Rollen hier von den 18jährigen Niri und Mary eingenommen werden. Er hat mit seiner Familie bis vor kurzem wenngleich als „Illegale“, so doch auch einigermaßen auskömmlich als Hausangestellte bei ihrer reichen Familie in irgendeinem Land in Südostasien gelebt. Doch mit dem Ausbruch der Pandemie landen sie wie so viele ihresgleichen in einem Slum. Anfangs ist es der Hunger seiner kleinen Schwester, der Niri nächtliche Raubzüge in den Vorratskeller seiner einstigen Arbeitgeber machen lässt. Daraus werden dann schnell mit Hilfe von Mary immer größere Diebesserien in die Tresore der Reichen. Die Beute verteilen sie geschickt unter den Armen, womit sie bewusst den streng buddhistischen Glaubensansichten seines Vaters und der sozialen Stellung ihrer Familie zuwider handeln.
Die Geschichte liest sich äußerst spannend und die beiden Protagonisten mit ihrem Kampf um eine gerechtere Welt haben die volle Sympathie des Lesers. Die Sozialkritik an den diktatorischen Verhältnissen in den Ländern Südostasiens, die ihr innewohnt, trifft leider voll zu.
Dieser Roman verdient es, gelesen zu werden.

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Veröffentlicht am 26.10.2021

Die Rechtlosigkeit von Mädchen und Frauen in Afrika

Das Mädchen mit der lauternen Stimme
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Dieser Roman gibt einen sehr schönen Einblick in die nigerianische Gesellschaft und zugleich wohl auch in diejenige vieler anderer afrikanischer Länder. Nigeria ist einerseits eines der reichsten und fortschrittlichsten ...

Dieser Roman gibt einen sehr schönen Einblick in die nigerianische Gesellschaft und zugleich wohl auch in diejenige vieler anderer afrikanischer Länder. Nigeria ist einerseits eines der reichsten und fortschrittlichsten Länder Afrikas mit einer wohlhabenden Oberschicht. Doch die armen, bildungsfernen Mädchen und Frauen werden nach wie vor gnadenlos mit den Füßen getreten und rechtlos gestellt. Die archaische und patriarchalische Gesellschaft lebt auf den Dörfern weiter. Das wird anhand der vierzehnjährigen Protagonistin Adunni dargestellt. Weil der Familie die Geldmittel fehlen, kann sie die so sehr ersehnte Schulausbildung nicht beenden. Wie leider immer noch weit verbreitet, wird sie von ihrem Vater als Drittfrau für einen Appel und ein Ei an einen sehr viel älteren Mann verkauft, dem sie sexuell zu Diensten sein muss. Sie flüchtet nach Lagos, wo sie vom Regen in die Traufe kommt, denn sie wird als Hausmädchen von einer reichen Familie wie eine Leibeigene gehalten, von dem Ehemann sexuell belästigt. Adunni weiß, dass nur eine gute Schulbildung ihr die Möglichkeit auf ein besseres Leben bietet, in dem sie erhört wird. Zum Glück findet sie in einer Nachbarsfrau eine Gönnerin, die ihr hilft, ihren Traum zu verwirklichen.
Schon thematisch ist das Buch mit seinem Einblick in eine uns fremde Gesellschaft interessant. Wir, denen alles so selbstverständlich erscheint, werden aufgerüttelt. Sehr gelungen ist der eigentümliche Schreibstil aus Adunnis Perspektive. Ihre bildungsferne Sprache wird verwendet, so dass etwa vom „Außenland“ statt „Ausland“ die Rede ist, von „Fernseh“ statt „Fernseher“, von „Aeloplane“ statt „Flugzeug“. Dadurch wirkt alles sehr authentisch.
Sehr lesenswert.

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