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Veröffentlicht am 08.01.2022

Gelungene Anthologie

Zur falschen Zeit am falschen Ort
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„...Seien Sie nicht zur falschen Zeit am falschen Ort. Kommen Sie zu dem Platz, an dem sich Ihr Schicksal vollendet...“

Diese Zeilen stammen aus der ersten Geschichte. Mit gleicher Wortwahl gingen drei ...

„...Seien Sie nicht zur falschen Zeit am falschen Ort. Kommen Sie zu dem Platz, an dem sich Ihr Schicksal vollendet...“

Diese Zeilen stammen aus der ersten Geschichte. Mit gleicher Wortwahl gingen drei Briefe an ihre Empfänger. Die Wahrsagerin Filomena hatte ein besonders Treffen geplant.
In den 19 folgenden Erzählungen spielt das Thema, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, jedes Mal eine andere Rolle. So unterschiedlich wie der Inhalt der Geschichten, so verschieden ist der Schriftstil der 20 Autoren und Autorinnen, deren Kurzporträt mit Bild am Ende des Buches vorgestellt wird. Mal wird mit Ich – Erzähler gearbeitet, mal kommt die Geschichte kurz und präzise zum Punkt, während in anderen Erzählungen Raum für scheinbare Nebensächlichkeiten bleibt.
Einige der Geschichten beziehen sich auf Katastrophen der letzten Jahre, die gekonnt in ein persönliches Umfeld eingebunden werden. Dem Anschlag aufs World – Trade - Center entrinnt ein Betrüger, . Ob auch den Folgen seiner Tat, soll hier nicht beantwortet werden. Der Tsunami in Thailand ist genauso Inhalt wie der Feuerbrand am Düsseldorfer Flughafen. Beides kommt für die Betroffenen mit Urgewalt und plötzlich.
Natürlich bietet sich das Thema geradezu für Kurzkrimis an. Die sind dann unter Umständen tiefschwarz, weil sie anders enden wie geplant. Außerdem kann es tödliche Folgen haben, wenn man sich nicht nur an den Dingen der Schwester vergreift.

„...Du hast nicht mehr daran gedacht, dass ich mit einem Veganer verlobt bin und die Milch in meinem Krügchen im Kühlschrank nicht von der Kuh stammt...“

Drei der Geschichten stechen besonders heraus. Eine weil sie in der Vergangenheit, speziell in der Nachkriegszeit, spielt, die zweite, weil sie die besonderen Fähigkeiten eines Kindes thematisiert, die von ihrer Mutter leider nicht erkannt werden und die dritte, weil hier die Tatsache, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein, einen positiven Effekt hat.

„...Vielleicht kam das Glück manchmal auch über Umwege...“

Die Anthologie hat mir sehr gut gefallen. Sie ist abwechslungsreich und unterhaltsam.

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Veröffentlicht am 06.01.2022

Biografie in Anekdoten

E.T.A. Hoffmann
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„...Anekdotenerzähler gleichen den Hausierern, die fremde Ware feilbieten, ohne von der Kunst, sie zu bereiten, auch nur das Mindeste zu verstehen...“

Diese Zitat von E. T. A. Hoffmann steht unter der ...

„...Anekdotenerzähler gleichen den Hausierern, die fremde Ware feilbieten, ohne von der Kunst, sie zu bereiten, auch nur das Mindeste zu verstehen...“

Diese Zitat von E. T. A. Hoffmann steht unter der Überschrift des Geleitwortes der Autoren. Dann lassen vielfältige Anekdoten des Leben des Schriftstellers an mir vorbeiziehen.
Die Anekdoten sind chronologisch geordnet und werden in einzelnen Kapiteln zusammengefasst. So folgen zum Beispiel nach der Jugend in Königsberg die Jahre in Glogau, Berlin und Posen. Dabei sit jedem Kapitel mindestens ein Zitat aus Büchern oder Briefen von E. T. A. Hoffmann vorangestellt.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Durch die Anekdoten lerne ich viele der Menschen kennen, mit denen E. T. A. Hoffmann Begegnung hatte.

„...Sein früherer Reisebegleiter Jagwitz war wieder zur Stelle, als Hoffmann Jahre später zur Kur noch einmal in Warmbrunn weilte, dem Ort, der für seine gute Luft, aber auch für seine Spielbank bekannt war...“

In anderen Anekdoten erfahre ich, wie und warum es zu den einzelnen Büchern und Erzählungen kam und wessen Persönlichkeit sich darin widerspiegelt.
Natürlich fehlen auch Anekdoten über Liebschaften und Ehe nicht. In den letzten Anekdoten kommen Zeitgenossen von E. T. A. Hoffmann zu Wort.
Das Büchlein hat mir sehr gut gefallen. Der feine Humor zeichnet ein schönes Lebensbild des Schriftstellers.

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Veröffentlicht am 04.01.2022

Finn muss sich entscheiden

Finn macht es anders
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„...Meine Mutter machte sich Sorgen. War ja auch klar, so blass wie ich in der letzten Zeit war. Natürlich lag es an der Schule...“

Finn geht in die dritte Klasse. Max, Paul und Sven aus seiner Klasse ...

„...Meine Mutter machte sich Sorgen. War ja auch klar, so blass wie ich in der letzten Zeit war. Natürlich lag es an der Schule...“

Finn geht in die dritte Klasse. Max, Paul und Sven aus seiner Klasse machen ihn das Leben schwer. Keiner steht zu Finn. Die meisten halten sich raus.
Die Autorinnen haben ein eindrucksvolles Buch zum Thema Mobbing geschrieben. Die Geschichte ist zwar ziemlich kurz, macht aber auf das Wesentliche aufmerksam.
Der Schriftstil ist kindgerecht. Die Schriftgröße und die Länge der Sätze sind für Erstleser angemessen.
Normalerweise hat Finn keine Chance gehen die Drei. Dann aber passiert etwas Ungewöhnliches und Finn muss sich entscheiden. Mischt er sich ein oder lässt er seine Peiniger ins offene Messer laufen?
Deutlich wird, dass Kinder, die mobben, völlig unterschiedliche Motive haben können.
Das Buch ist sehr schön illustriert. Die Kinder wirken lebendig. Ihre Emotionen sind erkennbar.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es kann Kinder in ein schwieriges Thema einführen.

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Veröffentlicht am 04.01.2022

Briefe, die ein Leben spiegeln

C.S. Lewis - Ein Leben in Briefen
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„...Ich bin mir sicher, ein paar unserer Lieblingsplätze sehen jetzt prächtig aus. Wir sind hier schon die ganze Woche eingeschneit….“

Das Zitat stammt aus einem Brief von Lewis im Jahre 1914 an Arthur ...

„...Ich bin mir sicher, ein paar unserer Lieblingsplätze sehen jetzt prächtig aus. Wir sind hier schon die ganze Woche eingeschneit….“

Das Zitat stammt aus einem Brief von Lewis im Jahre 1914 an Arthur Greeves. Es ist nur einer von vielen Briefen, die dieses Buch enthält.
Bei meiner Rezension bin ich zwiegespalten. Kommt es mir zu, die ganz persönlichen Briefe eines bekannten Autors zu beurteilen? Oder kann es nur der Sinn der Rezension sein, mir ein Urteil über die Auswahl des Herausgebers zu bilden? Ich werde versuchen, beides miteinander zu verbinden.
Das Buch enthält im Prinzip drei Teile. Nach einem Vorwort, in dem erläutert wird, warum es zur Entstehung des Buches kam, folgt ein ausführlicher Lebenslauf von C. S. Lewis.
Dem schließen sich über mehr als 100 Seiten seine Briefe an, die chronologisch geordnet sind. Danach folgen die Biografien der Briefpartner, so weit bekannt. Ausführliche Anmerkungen schließen das Buch ab.
Die Auswahl der Briefe ist vielfältig. Es geht um den Austausch über Bücher, um erste berufliche Aktivitäten sowie um private Befindlichkeiten. Ab und zu ist ein Blick auf den Lebenslauf hilfreich.
Ab 1936 nehmen die Diskussionen zu Glaubensfragen einen breiten Raum in den Briefen ein. Dabei wendet er sich auch unerwarteten Fragen zu. So heißt es in einem Brief 1936 an seinen Bruder:

„...Warum wurde Joseph von Potiphar nicht getötet, sondern ins Gefängnis geworfen? Das erscheint ganz gewiss als eine außerordentlich milde Behandlung für die versuchte Vergewaltigung einer bedeutenden Dame durch einen Sklaven...“

Intensiv setzt sich Lewis mit Feindesliebe auseinander. Es hat mich erstaunt, wen er in Kriegszeiten dabei alles mit einbezogen hat. Auch das Thema der Heilung spielt in seinen Briefen eine Rolle. Sehr bildhaft formuliert er:

„...Wir müssen es Gott überlassen, die Wunden zu verbinden, und nicht dauernd selbst unter die Bandagen schielen...“

Ab und an überträgt er naturwissenschaftliches Wissen auf Glaubensfragen:

„...Die Sonne wird nicht heller, weil sie sich in einem Spiegel bricht, aber der Spiegel wird heller, weil er die Sonne reflektiert...“

In den letzten Briefen spielen unter anderem Krankheit und Tod eine Rolle.
Die Auswahl der Briefe ermöglicht nicht nur einen Blick in die Gedankenwelt von Lewis, sie spiegelt gleichzeitig die gesellschaftliche Entwicklung wider.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Gerade die philosophischen und theologischen Diskussionen regen zum eigenen Reflektieren an. Ab und zu hätte ich gern die Antwort des Briefpartners gelesen.

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Veröffentlicht am 03.01.2022

Spannender historischer Krimi

Die Hafenärztin. Ein Leben für die Freiheit der Frauen (Hafenärztin 1)
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„….Ein neues Jahrzehnt war angebrochen, aber für sie war es viel mehr als das. Noch vor 48 Stunden hatte sie auf einer Party gelacht, getrunken und getanzt. […] Niemals hatte sie geahnt, was ihr der nächste ...

„….Ein neues Jahrzehnt war angebrochen, aber für sie war es viel mehr als das. Noch vor 48 Stunden hatte sie auf einer Party gelacht, getrunken und getanzt. […] Niemals hatte sie geahnt, was ihr der nächste Morgen bringen würde...“

Wir schreiben das Jahr 1910, als Anne Fritzpatrick von jetzt auf gleich London verlassen muss. Die Ärztin kehrt nach Hamburg zurück, der Stadt ihrer Kindheit, in der sie bis zu ihrem 15ten Lebensjahr als Tochter eines Reeders gewohnt hat. Auch damals geschah der Aufbruch nach London nicht freiwillig.
In Hamburg will Anne im Hafenviertel ein Frauenhaus eröffnen. Am ersten Tag erscheinen nicht nur Reporter, sondern auch Helene, die Tochter eines Pastors. Ausgerechnet die sieht im Wasser eine Frauenleiche.
Die Autorin hat einen spannenden historischen Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil ist ausgereift. Die Personen werden gut charakterisiert.
Anne weiß, was sie will. Sie setzt sich für die Rechte der Frauen ein und macht sich damit für deren Gegner angreifbar.

„...Früher, in England, hatte sie geglaubt, den Frauen die Augen über ihre gewalttätigen Männer öffnen zu müssen, aber sie hatte stattdessen erlebt, dass diese ihre Peiniger noch verteidigten...“

Nun geht Anne einen neuen Weg. Sie bietet Frauen praktische Unterstützunga n. Gleichzeitig bleiben einige Fragen aus der Vergangenheit lange im Dunkeln. Das betrifft den Abstieg ihrer Familie als auch ihre Flucht aus London.
Helene soll eine Hauswirtschaftsschule besuchen. Doch das Leben ihrer Mutter zeigt ihr ein: Hausfrau und Mutter als Lebensziel genügen ihr nicht. Sie möchte mehr erreichen, vielleicht sogar studieren. Natürlich beißt sie bei ihrem Vater erst einmal auf Granit.
Der Fall wird von Berthold Rheydt übernommen. Es ist für ihn eine Chance, zu zeigen, was er kann. Mir gefällt vor allem, wie er mit seinen Untergebenen umgeht und diese bewusst nach ihren Fähigkeiten mit einspannt. Ansonsten würde man Berthold als gebrochenen Mann bezeichnen. Ein Schicksalsschlag hat seinem Leben die entscheidende Wende zur Polizei gegeben.
Die Autorin beherrscht den Umgang mit schönen Sprachbildern.Sie gibt der Geschichte Raum für die Beschreibung der Stadt, aber auch von Wetter und Natur.

„...Hatte sich der gestrige Abend noch mit undurchdringlichen Nebel und Regen verabschiedet, so zeigte sich der heutige Tag wie klargespült, eine gnädige Hand hatte den grauen Schleier gelüftet...“

Deutlich herausgearbeitet werden ebenfalls die Gefühle der Protagonisten. Für Anne ist der Neuanfang mit Einsamkeit verbunden. Menschen, die sie liebte, ließ sie in London zurück. Doch ein anders Gefühl beschäftigt sie ebenfalls.

„...Es war Wut. Ihre Wut, immer wieder gegen die gleichen Mauern zu rennen. An den Regeln zu scheitern, die Männer aufgestellt hatten...“

Anne ahnt, dass sie in den Fokus des Mörders geraten ist. Gleichzeitig wird bei der Polizei gegen die Ermittlungen interveniert. Man soll gefälligst den Täter im Milieu des Untergrunds suchen. Berthold und seine Leute aber wissen, dass er aus ganz andern gesellschaftlichen Schichten kommen muss.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen, auch wenn die eine oder andere Frage offen bleibt. Das betrifft allerdings nicht den Kriminalfall. Der ist gelöst. Außerdem malt die Autorin mit ihrem Buch ein stimmiges Zeitgemälde in einer Zeit der Umbruchs, wo Neues und Altes aufeinander prallen.

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