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Veröffentlicht am 09.07.2022

Ein Rausch für düstere Seelen

Poison Artist
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Für was seid ihr empfänglicher: Licht oder Schatten? Zieht euch das Eine mehr an als das Andere?

Ich gehöre zu den düsteren Seelen. Schatten ziehen mich ebenso magisch an wie die Nacht. Keller und Dachböden ...

Für was seid ihr empfänglicher: Licht oder Schatten? Zieht euch das Eine mehr an als das Andere?

Ich gehöre zu den düsteren Seelen. Schatten ziehen mich ebenso magisch an wie die Nacht. Keller und Dachböden faszinieren mich mehr als alle anderen Räume eines Hauses. Spricht jemand über ein Verbrechen, höre ich aufmerksam zu. Und deswegen glaube ich, dass ich Caleb Maddox ziemlich gut verstehen kann.

Caleb ist Schmerzforscher und Toxikologe, vor allem aber ist er ein gebrochener Mann. Seine große Liebe, Bridget, hat ihn soeben verlassen. Um den Schmerz auszublenden, greift Caleb daher zur Flasche, ohne zu merken, welche Ereignisse er damit in Gang setzt. Zeitgleich wird er mit Mordfällen konfrontiert, die die Menschen in seiner Umgebung in Aufruhr versetzen. Das reinste Chaos!

Ich war völlig fasziniert von Caleb, habe mit ihm gelitten, wollte ihn zur Vernunft bringen, ihn wachrütteln, ihn anschreien. Doch ich versank während des Lesens in einer eigenartigen Stagnation. Unfähig, irgendetwas auszurichten. Ganz wie Caleb, der in seinem eigenen Ich gefangen ist. Bis er auf jemanden trifft, der ihn noch viel weiter ins Dunkle zieht, ins unendliche Tief seiner Seele, von wo es keinen Ausweg mehr gibt.

Zugegeben: Es gab einige Durststrecken, die sehr spannungsarm waren. Doch auf eine besondere, wenn auch verkorkste Weise, hat es der Autor geschafft, etwas in mir am Leben zu erhalten. Wie eine Flamme, die nicht mehr lichterloh brennt, aber auch nicht ganz erlischt. So viele Fragen wollten beantwortet werden. So viele Vermutungen bestätigt. Allerdings kann ich euch verraten, dass rein gar nichts so ist, wie es zunächst scheint. Man stolpert von einem Ereignis zum nächsten und versucht, wichtige Details wahrzunehmen, sich Namen der Opfer und die der Gifte zu merken, Orte, an denen die Figuren waren, um das große Ganze zu erkennen. Dabei verlor ich mich hin und wieder in meinen Überlegungen und habe gespürt, dass mich Calebs Dunkelheit auch außerhalb der Story begleitete. Immer wieder drifteten meine Gedanken ab und ich sah mich schnuppernd durch die Straßen von San Francisco gehen auf der Suche nach einem ganz bestimmten Parfüm: einem Hauch von Schattenblumenaroma. Ich habe sogar nach dem Getränk gegoogelt, das mich durch die Handlung begleitet hat: Berthe de Joux.

Wie es für einen klassischen Crime Noir Roman typisch ist, stehen hier nicht die Verbrechen und Ermittlungen im Mittelpunkt der Erzählung, sondern die Auswirkungen, die Folgen auf die einzelnen Protagonisten - mit all ihren Schmerzen, ihrer Verzweiflung, dem Wahnsinn, und stets nahe am Abgrund. Hier passiert nichts Knall auf Fall, ganz im Gegenteil: Es geht ruhiger zu, gemächlicher, die sogartige Wirkung entsteht langsam und unterschwellig. Wie eine Kreatur des Unheils, die ihre klebrigen Fühler ausstreckt und sich im Bewusstsein festkrallt. Dort, wo Wahrnehmung und Realität aufeinander prallen. Dort also, wo wir Caleb auf Schritt und Tritt begleiten. Caleb, der mir so ans Herz gewachsen ist, dass ich all das, was er erlebt hat, nicht in Worte fassen kann. Der mich bis zur letzten Seite gequält und nicht losgelassen hat. Und dann kam das Ende, das mir den absoluten Dolchstich mitten ins Herz verpasst hat.

Ich muss dich jetzt gehen lassen, Caleb. Muss wieder zurück ins Licht.

Fazit: Dieser Roman wurde geschrieben für all die dunklen Seelen da draußen. Für LeserInnen, die im Zwischenmenschlichen mehr erkennen können als andere. Die sich entführen lassen wollen in eine Welt, die wunderschön und gefährlich zugleich ist. Lasst euch den Berthe de Joux schmecken und von den Schattenblumen berauschen.

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Veröffentlicht am 17.06.2022

Purer Nervenkitzel

Die Spur − Er wird dich finden
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Es geht weiter mit Band 3 einer wundervollen Thriller-Reihe. Ich habe nun alle Bände innerhalb von zwei Wochen durchgesuchtet - und ja: Die Reihe hat Suchtpotenzial! Band 1 war genial, spannend und vielfältig. ...

Es geht weiter mit Band 3 einer wundervollen Thriller-Reihe. Ich habe nun alle Bände innerhalb von zwei Wochen durchgesuchtet - und ja: Die Reihe hat Suchtpotenzial! Band 1 war genial, spannend und vielfältig. Band 2 war mir persönlich etwas zu fad, es nahm erst gegen Ende an Fahrt auf. Doch Band 3, also dieses Buch hier, ist das Sahnehäubchen auf der Torte. Jan Beck hat sich dieses Mal selbst übertroffen.

Wieder gehen wir auf Ermittlungsjagd mit Christian Brand und Inga Björk. Da die Geschichte der beiden ein laufender, roter Faden in der Reihe ist, sollte man die Bücher in der richtigen Reihenfolge lesen. Denn auch wenn es separate Geschichten/Morde sind, sollte man die Handlungen und Motivationen der Charaktere verstehen können. Für mich war dies enorm wichtig.

Europols Topermittler Inga Björk und Christian Brand haben bereits einiges miteinander erlebt: brutale Morde, perfide Katz-und-Maus-Spiele, der Blick in die menschenlichen Abgründe. Das nagt natürlich an ihnen, und der Autor hat hier ein besonderes Gespür für Zwischenmenschliches bewiesen, das mir ziemlich imponiert hat. Brand hat sich nach dem rasanten „Schauspiel“ in Band 2 einigermaßen gefangen und konnte dadurch eine erkennbare Entwicklung durchmachen, die Björk nicht hatte. Aber sympathisch sind sie mir beide und als Ermittler-“Pärchen“ sowieso unschlagbar.

Beck hat eine coole, lockere Schreibe, die gänzlich ohne Schnickschnack auskommt. Kein unnötiges Blabla, keine drölfzig Nebenstränge. On point! Nur die vielen Perspektiven störten mich ein wenig. Beinahe jedes Kapitel ist aus Sicht eines anderen Protagonisten beschrieben. Die Personen werden reingeworfen und man kann sie anfangs überhaupt nicht zuordnen. Wer ist Liv? Und was zur Hölle will Amelie uns nun sagen? Und dann taucht plötzlich ein Florentin Heintz auf? Dazwischen dann noch die vielen Städtewechsel und das Chaos ist perfekt. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau!

Mit dem Ende hatte ich wirklich nicht gerechnet. Hat mich ein wenig geärgert, dass meine Ermittlungen ins Leere gelaufen sind. So daneben lag ich noch nie.

Fazit: Ein klug konstruierter Thriller, der mich tierisch fesseln und zum Fingernägelkauen animieren konnte. Trotz kleiner Kritikpunkte werde ich die Reihe definitiv weiterverfolgen. Besonders Thriller- und Ermittler-Fans möchte ich sie ans Herz legen. Nervenkitzel pur!

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Veröffentlicht am 19.05.2022

Unkonventionell, sexy, Highlight

Real Easy
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Hat von euch schon mal jemand einen Pole-Dance-Kurs mitgemacht? Oder habt ihr schon mal einen sexy Lap Dance für eure Liebsten vollführt? Wenn ja, dann habt ihr eine ungefähre Vorstellung davon, dass das ...

Hat von euch schon mal jemand einen Pole-Dance-Kurs mitgemacht? Oder habt ihr schon mal einen sexy Lap Dance für eure Liebsten vollführt? Wenn ja, dann habt ihr eine ungefähre Vorstellung davon, dass das bei weitem nicht so einfach ist, wie es aussieht. Wer sich, so wie ich, nicht öffentlich der Blöße der absoluten Bewegungslegasthenie hingeben möchte, könnte sich auch unendlich viele Tutorials im Internet anschauen: Wie strippe ich richtig?

Nun, die Ladys in Maria Rutkoskis Thriller „Real Easy“ haben es voll drauf. Sie haben sich das Strippen nicht nur selbst beigebracht, sie verdienen auch noch Geld damit. Wie erstrebenswert das ist, lasse ich an dieser Stelle wertungsfrei. Darüber könnt ihr euch selbst ein Bild machen, wenn ihr zu diesem Leckerbissen greift.

Dumm ist nur, dass einige der Mädels hier vielleicht genau durch ihr Können zum Opfer grauenhafter Morde werden. Die Story spielt im Jahr 1999. Rutkoski gelingt es, die wilden und bunten 90er Jahr wieder aufleben zu lassen und ihre Leserinnen und Leser zurück in diese Zeit zu holen. Dabei erzählt sie die Handlung aus unterschiedlichen Perspektiven, was immer wieder für die nötige Abwechslung sorgt und diesen Thriller nie langweilig werden lässt. Und genau hier liegt die Besonderheit: unterschiedlicher könnten die einzelnen Sichtweisen nicht sein.

Zum Einen wird uns natürlich die typische Ermittlerseite präsentiert. Gut, kennen wir, dennoch wird die leitende Ermittlerin Detective Meylin immer wieder vor neue Herausforderungen und Rätsel gestellt. Und so habe ich doch mit ihr mitgefiebert. Zum Anderen aber, und hier wird es wirklich special, erzählt Rutkoski aus der Sicht der Stripperinnen. Da geht es auch mal zur Sache. Unkonventionell und bissig gewährt Rutkoski Einblicke in die verschiedenen Sichtweisen und die Leben der sexy Ladys. Überhaupt gelingt es ihr, sämtlich Charaktere authentisch und auf ihre Art sympathisch darzustellen.

Auch sprachlich konnte mich Rutkoski vollends überzeugen. Schon mit dem ersten Satz hatte sie mich. Der Twist am Ende hat mich vollkommen umgehauen. I was so hooked!

Fazit: „Real Easy“ ist ein vielschichtiger Roman, der trotz einem ordentlichen Maß an Brutalität sehr feinfühlig bleibt. Maria Rutkoski liefert einen Thriller, der sich sehen lassen kann und durch seine unkonventionelle Art besticht. Für mich war dieses Buch endlich mal wieder ein (ziemlich sexy) Highlight.

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Veröffentlicht am 10.05.2022

Spannend, düster, ein Highlight

Kingdom of the Wicked – Der Fürst des Zorns
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Für mich war "Kingdom of the Wicked" ein kleines Jahreshighlight. Es hat wirklich (fast) alles gestimmt - und das sage ich sehr selten von Büchern.

Ich mochte den wundervollen Schreibstil: fetzig, humorvoll ...

Für mich war "Kingdom of the Wicked" ein kleines Jahreshighlight. Es hat wirklich (fast) alles gestimmt - und das sage ich sehr selten von Büchern.

Ich mochte den wundervollen Schreibstil: fetzig, humorvoll und voller Emotionen. Die Autorin hat alles bildlich und detailliert beschrieben. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Ich konnte mich sehr gut nach Palermo träumen.

Auch die Charaktere konnten mich fesseln. Emilia ist eine wundervolle junge Frau, eine Hexe, aus deren Sicht erzählt wird und deren Schwester ermordet wurde. Sie ist äußerst selbstbewusst und hegt manchmal nicht sehr sittliche Gedanken, was trotz der traurigen Umstände für einige Lacher sorgte. Richtig cool fand ich vor allem ihr amüsantes Geplänkel mit Wrath.

Wrath ist einer der Dämonenprinzen, die Emilia eigentlich nur aus Sagen kennt. Dennoch existiert er wirklich, und die beiden müssen im Kampf gegen das (noch) Böse(re) zusammenarbeiten. Ich hätte gerne hin und wieder in seinen Kopf geschaut, da ich bis zuletzt nicht sonderlich schlau aus ihm geworden bin.

Die Story hat sich um die Protagonisten herum gebildet und sich wie ein Knospen festgesetzt. Ich weiß, Klischee, aber ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Es gab Überraschungsmomente, unheimlichere Szenen, humorvolle Situationen und auch den einen oder anderen schnulzigen Moment.

Fazit: Ein toller Reihenstart: spannend, düster, perfekt für Fantasy-Leser. Aber auch Aufgeschlossene könnten hier ihr nächstes Highlight finden. Und wer Englisch kann, der darf sogar bereits die komplette Reihe suchten.

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Veröffentlicht am 13.04.2022

Unterhaltung für Rätselwillige

No Escape - Insel der Toten
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Kennt ihr diese Escape-Books von damals? 1000 Gefahren, du entscheidest selbst. Man, was ich habe ich die geliebt, auch wenn ich andauernd gestorben bin, weil ich falsch entschieden habe. Dennoch haben ...

Kennt ihr diese Escape-Books von damals? 1000 Gefahren, du entscheidest selbst. Man, was ich habe ich die geliebt, auch wenn ich andauernd gestorben bin, weil ich falsch entschieden habe. Dennoch haben sie mir unheimlich gut gefallen, waren spannend und brisant. Genau das habe ich bei diesem Buch erwartet.

Auch hier musste man nach jedem Kapitel entscheiden, welchen Weg man nun gehen will. In vielen Kapiteln warteten Rätsel auf mich, die mal mehr, mal weniger schwer waren. Konnte ich das Rätsel lösen, dann durfte ich direkt weiterlesen. Wenn aber nicht, dann gab es zwar auch eine Auflösung, aber man erhielt einen Totenkopf. Natürlich wollte ich überleben, daher rätselte ich und rätselte, solange bis mir der Kopf qualmte. Ich versuchte nach und nach die richtigen Entscheidungen zu treffen, was gar nicht so leicht war. Das hat mir wirklich sehr viel Spaß gemacht beim Lesen. Ich habe einen Zettel nach dem anderen vollgekritzelt, denn ins Buch malen wollte ich nicht. Auch die geforderten Eselsohren ersetzte ich lieber durch Lesezeichen. Das Buch soll schließlich auch überleben. Spaß beiseite.

Nebenher gab es natürlich noch die Story. Ich lese Bücher von Hohlbein sehr gern, da er es immer wieder schafft, mich zu begeistern. Er hat einen grandiosen Schreibstil, kann die verschiedensten Emotionen in mir hervorrufen. Es fühlte sich so lebensnah und real an, als wäre ich selbst auf dieser Insel gefangen.
Ich war einer der Charaktere, auch wenn diese mir nicht unbedingt sympathisch waren.

Komische Typen an Protagonisten waren mit dabei. Unter anderem eine reiche und arrogante Frau, ein eingebildeter Schauspieler, ein verrückter Techniker, ein uncharmanter Italiener und noch einige mehr. Die Art von Gruppe, mit der man eigentlich nicht um sein Leben kämpfen möchte. Denn keiner von ihnen würde zögern, seine eigene Haut zuerst zu retten. Aber es gab dennoch zwei Personen, die ich nett fand. Zum einen wäre da Brianna. Sie arbeitet für die Reichen und ist nebenher eine ganz normale, junge Frau. Sie hat immer wieder Mut bewiesen und viel Menschlichkeit gezeigt. Hin und wieder hat sie mich sogar überraschen können. Zum anderen dann noch Heather McManus. Ihr Mann und sie haben diese kleine Kreuzfahrt gesponsert bzw. dazu eingeladen. Obwohl Heather die Frau eines sehr reichen Mannes ist, so ist sie dennoch herzlich und nett geblieben. Sie behandelt Brianna wie jeden anderen Menschen auch.

Fazit: Mir hat das Buch wirklich gut gefallen, obwohl die beiden Autoren doch sehr die Entscheidungen gelenkt haben. Man konnte eigentlich nicht viel falsch machen, daher war es anders als die Bücher in meiner Jugend. Ich empfehle es gern für Rätselwillige weiter; aber auch ein Krimi-Fan sollte auf seine Kosten dabei kommen.

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