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Veröffentlicht am 20.08.2022

Natur in der Elbmarsch

Die Rückkehr der Kraniche
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Dieser Familienroman mit seiner norddeutschen Atmosphäre hat alle meine Erwartungen erfüllt. Bereits das Cover vermittelt eine entschleunigende Atmosphäre voller Romantik und Melancholie. Die wunderschön ...

Dieser Familienroman mit seiner norddeutschen Atmosphäre hat alle meine Erwartungen erfüllt. Bereits das Cover vermittelt eine entschleunigende Atmosphäre voller Romantik und Melancholie. Die wunderschön beschriebene Natur im Hamburger Elbumland, mit allen dort lebenden Tieren, lässt den Leser in eine fremde Welt eintauchen. So ist auch die Dorfatmosphäre, die jeden diskreiminiert, der sich nicht genau spurgenau verhält, sehr realistisch beschrieben.
Das alte Haus inmitten der Elbmarsch ist das Zuhause der 50-jährigen Vogelwartin Greta und Wilhelmine, Wilhelmine, ihrer sehr herrischen, alten, Mutter die immer schwächer wird. Ihre Schwester Freya, die sich dem bedrückenden Dorfleben entziehen konnte und Karriere in Berlin gemacht hat, kommt zu Besuch, ebenso wie Anne, ihre in Bremen dauerstudierende Tochter. Sie wollen Wilhelmine in ihrer vermutlich letzten Zeit beistehen.
Alle Frauen hatten völlig verschiedene Lebensentwürfe, teils gewählt, teils aus der Not heraus geboren. Sie werden sehr authentisch beschrieben. Besonders gut gefällt mir die Beschreibung von Wilhelmine, die ihre Töchter allein durchbringen musste. Sie steht für viele Frauen auf dem Lande in der Nachkriegszeit, die niemals die Chance hatten, sich selbst zu verwirklichen, geschweige denn ihr Dorf zu verlassen. Zu Arbeit von früh bis spät waren sie verdammt.
Der Perspektivwechsel gibt einen guten Einblick in das jeweilige Seelenleben der vier Hansen - Frauen. Wird Greta noch ungelebte Träume verwirklichen können? Auch sie hat immer in dem abgeschiedenen Dorf gelebt und hat den Resthof in Schuss gehalten. Die Themen sind auch das Älterwerden, der unerfüllte Kinderwunsch, ein unterdrücktes Liebesleben, das Verlassenwerden und Neuorientierung.
In allen Frauen stecken viele Geheimnisse. Aber werden sie ihr Leben verändern können, zumal das Reden miteinander schwerfällt?
Allen ist auf ihre jeweilige Weise die Natur wichtig Grete als Vogelwartin, Freya verkauft grüne nachhaltige Produkte, Anne studiert Umweltfragen, Wilhelmine ist nur in dieser grünen Landschaft glücklich.
Der ruhige sehr bildhafte Erzählstil ist Balsam für die Seele, ohne langweilig zu sein, denn man ist immer auf den Fortgang der Erzählung gespannt und wartet auf die sich sehr langsam anbahnende emotionale Annäherung der Frauen, die teilweise unnahbar wirken. Also typisch norddeutsch?
Ich kann dieses Werk Jedem empfehlen, der an komplizierten Familiengeschichten interessiert ist und einen Einblick in die Natur der norddeutschen Elbmarsch schätzt. Mich hat dieser Roman sehr begeistert, daher 5 Punkte

Veröffentlicht am 16.07.2022

Violetas Leben

Violeta
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Das Cover mit der wunderschönen Violeta im Profil und den exotischen Blumen passt perfekt zu dem südamerikanischen Setting und stimmt auf den Roman ein.
Dieses ist mein erstes Werk von Isabel Allende, ...

Das Cover mit der wunderschönen Violeta im Profil und den exotischen Blumen passt perfekt zu dem südamerikanischen Setting und stimmt auf den Roman ein.
Dieses ist mein erstes Werk von Isabel Allende, und ich bin von der Thematik und dem anschaulichen, leicht verständlichen und atmosphärischen Schreibstil begeistert.
Allende liefert einen mitreißenden Rückblick auf Violetas hundertjähriges Leben, angefangen von ihrer Geburt während der Spanischen Grippe bis zu ihrem Lebensende zu Beginn der Corona- Pandemie.
Violeta wird in der Hauptstadt in einer vermögenden Familie als einziges Mädchen nach 5 Söhnen in die Familie del Valle geboren.
Von Anfang an versteht sie es, ihren sehr starken Willen durchzusetzen. Sie wird sehr verwöhnt und kann sowohl von ihrer Mutter als auch von ihren beiden Tanten nicht gebändigt werden. Das schafft erst ihr irisches Kindermädchen, Josephine Taylor, die ihr eine lebenslange Freundin bleibt.
Ihr ist bewusst, welch ein außergewöhnliches Leben sie geführt hat. Somit ist die Erzählung aus Violetas Sicht aufgebaut, und sie schreibt Ihrem Enkel, den sie direkt anspricht, jedes Detail ohne Scham. Ihr Leben hat viele Höhen und Tiefen, in beruflicher wie in privater Hinsicht. Sie beschreibt ihre innersten Gefühle und unterwirft sich gerade in Liebesdingen in keinerlei Hinsicht. Etliche ihrer Beziehungen sind sehr sexuell bestimmt. Dabei kommt ihre Ehrlichkeit zutage, indem sie angibt, auch deswegen ihre Kinder vernachlässigt zu haben.
Als Frau in ihrem sehr konservativen Heimatland gelingt es ihr, finanziell sehr erfolgreich zu sein, so dass sie ihr Leben nach ihren, für die damalige Zeit sehr ungewöhnlichen, Vorstellungen leben kann.
Besonders interessant finde ich die Exkurse auf die politische Situation in ihrem Heimatland, aber auch weltweit. Gerne habe ich diverse Fakten gegoogelt, um einen weitgefächerten Überblick zu erhalten.
Sie beschreibt, wie in Südamerika Unterdrückung und die Verfolgung politischer Gegner an der Tagesordnung sind. Indigene sind oftmals rechtlos. Die gesellschaftliche Rolle der Frau wird beleuchtet und hinterfragt, ebenso Homosexualität und gesellschaftspolitische Themen.
Im Verlauf ihres Lebens helfen ihr immer wieder Freunde aus einem Tief, aber auch Familienangehörige.
Diese Figuren wirken sehr authentisch und sind exakt beschrieben.
Interesse am Weiterlesen wird erzeugt durch Vorgriff auf folgende Kapitel, in denen die Problematik näher erläutert wird.
Ich habe dieses ungewöhnliche Buch immer wieder aus der Hand gelegt, um die angesprochene Situation zu reflektieren. Dabei habe ich viele interessante Denkanstöße bekommen und kann es nur wärmstens weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 24.05.2022

Umweltkatastrophe in der Arktis

Schmelzpunkt
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Das Cover mit dem schmelzenden Eis in schreienden Grün - Blautönen führt perfekt in die Problematik ein.
Harlander verbindet in seinem Thriller höchst aktuelle Themen mit einer sehr spannenden fiktionalen ...

Das Cover mit dem schmelzenden Eis in schreienden Grün - Blautönen führt perfekt in die Problematik ein.
Harlander verbindet in seinem Thriller höchst aktuelle Themen mit einer sehr spannenden fiktionalen Katastrophe. Aber der Realitätsgehalt ist äußerst alarmierend denn, durch die geostrategische Lage der Arktis und die dort vorkommenden Rohstoffe,, hat bereits jetzt ein Kampf der Russen, der Chinesen und diverser anderer Nationen um das Territorium eingesetzt. Durch das Schmelzen des Packeises werden neue Seewege möglich, und die Nordostpassage gewinnt an Bedeutung. Tatsächlich hat ein Institut aus Bremen bereits dort Fuß gefasst.
Der Klimawandel ist eines der bedrohlichen Themen unserer Jetztzeit. Ist die Umweltkatastrophe in der Arktis noch aufzuhalten? Die Gletscher schmelzen unumkehrbar, denn die Erwärmung des Nordpols ist real. Diese Situation wird den Menschen in Europa immer mehr Extremwetter bescheren: Stürme, Dauerregen, Überschwemmungen und Dürreperioden.
Wie in “Systemfehler” treten die BND - Mitarbeiter, Dijana und Nelson, auf welche verdeckt am Polarkreis ermitteln sollen. Die unterschiedlichen Perspektiven werden auch aus der Sicht des Touristenführers Nanoq und der Biologin Hanna beleuchtet.
In einem schnörkellosen, eingängigen, leicht verständlichen Schreibstil wird der Leser geführt. Harlander bedient sich der Technik des “Cliffhangers”, indem er im Wechsel die Ereignisse um Nelson und Diana darlegt, dann aber die Vorgehensweise Dr. Jordans beziehungsweise Nanoqs erläutert. Somit muss man einfach weiterlesen! Tolle Naturbeschreibungen runden das Bild ab.
Inhaltlich findet der Inuit Nanoq auf Grönland zahllose verendete Fische und Vögel, jedoch ohne äußere Verletzungen. Die Biologin, Dr. Hanna Jordan, kommt nach der Untersuchung der Tiere einer erschreckenden Wahrheit auf die Spur, die sie zwischen die Fronten der Großmächte katapultiert.
Die befreundeten Geheimdienste werden aktiv, Verfolgungsjagden finden statt. Spionagetätigkeiten werden hervorgekehrt, und Forschungstätigkeiten werden unterbunden. Gefährliche Söldnergruppen attackieren die Protagonisten, die individuell und authentisch gezeichnet sind. Natürlich darf auch ein Einblick in deren amouröses Leben nicht fehlen.
Ein rundum mitreißender Thriller, der mir viele Probleme der Arktis nähergebracht hat.

Veröffentlicht am 10.04.2022

Bei Mama ist es schön

Glücksfisch: Meine liebste Mama
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Bisher kannte ich die Kinderbücher der Glücksfisch - Reihe vom Fischerverlag noch gar nicht, aber jetzt bin ich vollauf begeistert.
Dieses Pappbilderbuch ist sehr robust verarbeitet und kann ruhig mal ...

Bisher kannte ich die Kinderbücher der Glücksfisch - Reihe vom Fischerverlag noch gar nicht, aber jetzt bin ich vollauf begeistert.
Dieses Pappbilderbuch ist sehr robust verarbeitet und kann ruhig mal herunterfallen. Allerdings sind die Größe und das Gewicht für die kleinen, zarten Kinderhände nicht sehr geeignet. Aber es ist wohl angedacht, dass die Mama es hält, erklärt und liest.
Die Reime sind in einfacher Sprache gehalten, so dass ein Kind mit 2 Jahren das Meiste versteht. Allerdings kann man es auch als Bilderbuch ab 1 Jahr verwenden, denn die zauberhaften Illustrationen sind nicht überladen und überfordern das kleine Kind nicht.
Die Farbgebung ist kindgerecht und natürlich. Es gibt viel zu entdecken. Bereits das tolle Cover hat eine Mitmach-Drehscheibe, mit deren Hilfe die Farben gelernt werden können.
Das gemeinsame Leseerlebnis von Mutter und Kind wird auch durch die einfachen und kurzen Reime interessant und besonders. Aber ganz toll finde ich die Klappen, Drehscheiben, Schieber und sogar Glitzerelemente, die das Kind integrieren und immer wieder überraschen. Besonders gut gefällt mir der Schieber auf Seite 2, bei dessen Betätigung viele unterschiedliche Tiere erscheinen, die das Kind dann auch noch zu versprachlichen lernt und in seinen Wissensschatz integriert.
Leider wendet sich das Buch nur an Mama und Kind. Gibt es ein vergleichbares Buch für Papa und Kind, oder gar Oma oder Opa? Wenn nicht, dann muss es dringend erfunden werden!
Die Tiermamas mit ihren Babys sind realistisch dargestellt und stellen heraus, dass Geborgenheit, Wärme, Hinwendung und Körperkontakt sehr wichtig sind, um Vertrauen zu festigen.
Als Geschenk zur Geburt finde ich es ungeeignet. Ich würde es als Geburtstagsgeschenk für das Einjährige auswählen. Ich bin schon gespannt auf andere Bücher der Glücksfisch - Reihe und kann dieses süße Bilderbuch wärmstens empfehlen!

Veröffentlicht am 10.04.2022

Cocos neue Freunde

Coco Stolperbein
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Bisher kannte ich den Kinderbuchautor- und illustrator Jörg Hilbert noch nicht, aber seine Neuerscheinung “Coco Stolperbein” hat mich sehr für ihn eingenommen. Die Illustrationen sind eher einfach und ...

Bisher kannte ich den Kinderbuchautor- und illustrator Jörg Hilbert noch nicht, aber seine Neuerscheinung “Coco Stolperbein” hat mich sehr für ihn eingenommen. Die Illustrationen sind eher einfach und auf das Wesentliche beschränkt, somit findet keine Reizüberflutung beim Kind statt. Die Farbgebung ist natürlich gehalten und fügt sich in die Erlebniswelt eines kleinen Kindes ein. Das minimalistische Cover streicht die kleine Protagonistin heraus, und die Kleinen wissen sofort, dass sie die Hauptfigur der Geschichte ist. Ihr Name hat einen Schmunzelfaktor und die “Augenpunkte” auf den Os, passend zu Cocos Augen, lassen Kinderherzen höher schlagen.
Die Figuren sind so gezeichnet, dass sie auch zum nachahmenden Zeichnen anregen.
Sehr gut gefällt mir auch der Reim. Allerdings dürfte ein dreijähriges Kind mit einigen Ausdrücken, wie zum Beispiel, “ehrfurchtsvoll”, “er rang mit den Tränen”, “ künstlerisches Tun”, “ mit fassungslosem Blick”, “ wutentbrannt”, "hoffnungslos" überfordert sein. Sicherlich finden diese Wortschöpfungen erst bei einem ca. sechsjährigen Kind Verständnis. Der/ die Vorleser sind mit Umschreibungen gefragt.
Auch stellt die Thematik Überforderung für ein so kleines Kind dar. Wie soll es verstehen, dass hier Stereotype, nämlich Frau Richtig und Herr Wichtig dargestellt werden. Die Akzeptanz von Andersdenkenden, die sich unkonventionell verhalten, dürfte das einfache Weltbild eines Kleinkindes überfordern. Natürlich soll es Toleranz lernen, aber das kann es mit 3 Jahren noch nicht. Man muss auch bedenken, dass sich Kinder in diesem Alter oft noch nicht sprachlich differenziert ausdrücken können, und somit komplizierte Redewendungen und Denkanstöße nicht verstehen.
Aber man kann das Buch gut als Bilderbuch für die Jüngeren verwenden.
Allerdings besteht eine gewisse Gefahr der Nachahmung, was das Anmalen des Hauses und des Autos anbelangt. Sehr aufgeweckte Kinder könnten es als Aufforderung ansehen.
Fazit: ein liebevoll gestaltetes Buch, das mir eher mit vollem Impact für ein Kind ab 5 Jahren geeignet erscheint. Aber für diese Altersstufe 5 Punkte