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Veröffentlicht am 22.05.2023

Abrupter Cut ab der Hälfte

Die Tage in der Buchhandlung Morisaki
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Die junge Takako ist glücklich mit ihrem Leben in Tokio und ihrem Freund. Doch eines Abends stellt sich heraus, dass er mehrere Freundinnen gleichzeitig hatte und nun die andere heiraten wird. Tief verletzt ...

Die junge Takako ist glücklich mit ihrem Leben in Tokio und ihrem Freund. Doch eines Abends stellt sich heraus, dass er mehrere Freundinnen gleichzeitig hatte und nun die andere heiraten wird. Tief verletzt kündigt Takako ihren Job, denn ihr Ex arbeitet auch dort, und verkriecht sich. Bis ihr Onkel ihr anbietet bei ihm im Buch-Antiquariat unterzukommen. Bücher sind nicht Takakos Welt, doch allmählich fühlt sie sich in dem kleinen Buchladen mit tausenden von Büchern und interessanten Kunden wohl.

Anfangs fühlt sich Takako noch erschlagen von den Büchern (und befürchtet sogar, dass diese es auch im physischen Sinn tun könnten), doch irgendwann greift sie zu einer Geschichte von einem der unzähligen Stapeln in ihrem Zimmer über dem Antiquariat um Ablenkung zu finden. Die Geschichten erfüllen sie zunehmend, zu ihrem Onkel (den sie jahrelang nicht mehr gesehen hat) baut sie auch wieder eine engere Beziehung auf und selbst zu den Kunden der Buchhandlung bildet sie eine Verbindung. Das Ausbrechen aus ihrer Trauer und Depression wird richtig angenehm beschrieben. Vor allem die Buchliebe, die Takako mit der Zeit entwickelt, ist sehr schön dargestellt und füllt bald die Seiten der Geschichte. Leider konnte ich mit den gelesenen Autor/innen und Büchern nichts anfangen, aber das ist bei älterer japanischer Literatur nicht weiter verwunderlich. Als Leserin habe ich die Beschreibungen von Takakos aufkommender Leidenschaft zum geschriebenen Wort natürlich besonders gut nachvollziehen können. Zudem habe ich mir an diesen Stellen auch viele Zitate markiert, weil der Autor das Gefühl, das Takako und wir Leseratten Büchern entgegenbringen, ausdrucksvoll zu Papier gebracht hat.

"Ich begann, die Bücher um mich herum förmlich zu verschlingen. Es war, als hätte die Leseratte in meinem Herzen nur darauf gewartet, endlich freigelassen zu werden. [...] Ich ärgerte mich, dass ich nicht schon viel früher angefangen hatte zu lesen. Mein bisheriges Leben schien mir regelrecht verschwendet." S. 50f

Und dann kam der zweite Teil der Geschichte und ich war enttäuscht. Schon während Takakos Zeit in der Buchhandlung hat mich gewundert, dass diese relativ schnell vorangeht und nicht mehr in die Tiefe zu Geschichten oder ihrer Tätigkeit in dem Antiquariat eingegangen wird, denn wer erwartet denn schon eine zweite völlig davon losgelöste Buchhälfte? Hier taucht plötzlich wieder die Frau von Takakos Onkel auf. Deren Beziehung hat mich überhaupt nicht interessiert und auch die Tante selbst fand ich nicht gänzlich sympathisch. Kontrastreich zu dem schönen Anfang über Bücherliebe, geht es hier plötzlich um Takakos Beziehung zu ihrer Tante und deren Probleme und Vergangenheit. Nachdem ich nun das Buch schon seit einiger Zeit beendet habe, kann ich auch jetzt nichts damit anfangen und frage mich immer noch, wie die zweite Buchhälfte zu dem Rest der eigentlich schönen Geschichte, angepriesen durch Cover und Titel, passen soll.


Fazit:
„Die Tage in der Buchhandlung Morisaki“ ist eine schöne Geschichte über Takako, die nach einem gebrochenen Herzen wieder zurück ins Leben findet, und der Liebe zu (japanischen) Büchern. Zugunsten der zweiten Hälfte des Buches wurde die Begeisterung zu Geschichten nicht zu intensiv beschrieben, birgt aber trotzdem einige schöne Zitate und Szenen. Die eben genannte zweite Hälfte des Buches hat mir gar nicht gefallen und der Sinn dessen erschließt sich mir leider auch nicht.

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Veröffentlicht am 14.02.2023

Märchen statt Dark Academia

Dark Ivy – Wenn ich falle
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Eden will am Woodford College neu beginnen, nachdem ihr bester Freund gestorben ist und sie sich die Schuld dafür gibt. Noch nicht mal auf der exklusiven Insel des Colleges angekommen, stößt sie (im wahrsten ...

Eden will am Woodford College neu beginnen, nachdem ihr bester Freund gestorben ist und sie sich die Schuld dafür gibt. Noch nicht mal auf der exklusiven Insel des Colleges angekommen, stößt sie (im wahrsten Sinne des Wortes) auf William Grantham III. und seine Freunde Devin und Kendra.

Ich war so gespannt auf die Geschichte, weil ich mir eine Mischung aus Dark Academia und New Adult überhaupt nicht vorstellen konnte. Wie kann man das Düstere mit einer aufkeimenden Anziehung und Verliebtsein kombinieren? Gar nicht, denn dieses Buch ist wie gewohnt ein New Adult Roman an einem College. Schade! Das Setting mit den efeuumrankten Gebäuden und die altehrwürdige Bibliothek ist sehr schön gewählt, aber mit der Büste Davids als Stifteköcher nur ein kleiner Teil von Dark Academia. Nichtmal in der Kleidung wurde die Ästhetik fortgeführt, wie auch, wenn Eden nur eine Hose, zwei Röcke und drei Pullis besitzt. Ich denke, einen Teil sollen die sozialen Experimente abdecken, die aber eher wie die Fortführung des „Wahrheit oder Pflicht“-Spiels einer unerfahrenen jungen wissenschaftlichen Mitarbeiterin wirken, die die Student/innen nur verletzten und beschämen.

Abgesehen davon, dass Eden und William sehr schnell unangenehmen und unpassenden Sex (1. und 3. Spicy Szene) haben, hat mich ihre Liebesgeschichte zusehends eingenommen. Sie sind sich immer näher gekommen und Eden konnte sich öffnen, da William auch liebe- und verständnisvoll ist. Die Nachrichten zwischen den beiden sind ebenso etwas Besonderes (muss ja schließlich einen Vorteil haben, dass der Millionär so eine technische Neuerung wie Handys ablehnt), weil sie mit Edens Vorliebe für Blackout Peotry und Williams Hang zu Theaterstücken verknüpft sind. Ich liebe die künstlerische Art, mit der die Blackout-Nachrichten in diesem Buch dargestellt werden. Ebenfalls ein schönes Detail ist Edens Faible für unbekannte Wörter, die ganz alltägliche Dinge beschreiben.

"Ich wünschte nur, man könnte bei sich selbst auch alles wegreißen und einfach neu tapezieren, aber das funktioniert nicht. Mit jedem Riss, mit jedem Stück, das von einem abgesplittert ist, muss man leben. Und das Einzige, worauf man hoffen kann, ist, dass man Menschen findet, die das akzeptieren. [...] Menschen, die einen trotz aller Unvollkommenheiten wertschätzen und lieben können.", S. 326

Neben den beiden Protagonisten sind die anderen Charaktere auch recht gut ausgearbeitet und mir fast alle sympathisch. Außer Devin, denn der ist sehr unsensibel und provoziert ständig. Besonders schade finde ich, dass Kendra ständig auf Garrett rumhackt, den ich im Gegensatz zu ihrem Stiefbruder Devin echt nett finde. Ihre Abneigung steigert sich in einen geschmacklosen Streich mit Garretts Handy (Stichwort Therapie), was überraschenderweise nicht einmal Eden stört, die ja schließlich selbst kurz eine Therapeutin hatte. Ja, ich weiß, was sich liebt das neckt sich, aber ich war am Ende echt überrascht, dass Garret zu Williams Freundeskreis gehört, so schlecht wie er vorher geredet wurde. William selbst ist der totale Good Guy, anfangs noch leicht arrogant, später dann hilfsbereit und verständnisvoll, außerdem noch reich und wunderschön… naja, wäre da nicht das Feuermal an seiner Stirn (finde ich persönlich überhaupt nicht hässlich). Ich finde es schade, dass Williams Makel eher oberflächlich in seinem Aussehen und seiner Unbehaglichkeit aufgrund seines Reichtums gewählt wurden. Trotzdem finde ich William sympathisch und liebenswürdig, jedenfalls bis zum Schluss. Ich mag nicht, wie das Buch endet, weil es nur Drama verspricht, und als ich den Klappentext zum zweiten Band gelesen habe, habe ich nur noch mehr Drama rausgelesen. Ich kann das Problem am Ende nicht verstehen und werde definitiv nicht den nächsten Band von „Dark Ivy“ lesen.


Fazit:
„Dark Ivy – Wenn ich falle“ ist leider kein Dark Academia-Roman, sondern eher eine märchenhafte New Adult-Geschichte, in der sich das arme Mädchen in den reichen Good Guy verliebt. Es gibt einige Details, die mich gestört haben, z. B. das Lustigmachen über Therapien, aber auch Aspekte, die ich toll fand, wie die Kommunikation zwischen William und Eden mittels Blackout Poetry und Theaterstücken. Die Liebesbeziehung der beiden fand ich, abgesehen von seltsamen spicy Momenten, schön und behaglich, wobei mich das Ende des Buches diesbezüglich sehr stört, weshalb ich das Drama im nächsten Band nicht lesen möchte.

Veröffentlicht am 30.09.2022

Hä? -> Dem Hype nicht wert

Kein Sommer ohne dich
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Vor 12 Jahren trafen sich Poppy und Alex zum ersten Mal am College, doch die beiden sind so unterschiedlich, dass sie erst auf einer mehrstündigen Fahrt in ihre Heimat zueinander finden. In diesen Semesterferien ...

Vor 12 Jahren trafen sich Poppy und Alex zum ersten Mal am College, doch die beiden sind so unterschiedlich, dass sie erst auf einer mehrstündigen Fahrt in ihre Heimat zueinander finden. In diesen Semesterferien treffen sie sich öfter und es entsteht eine Freundschaft, die hauptsächlich von den jährlichen Sommerurlauben getragen wird. Nach 10 Jahren geschieht etwas es im Kroatien-Urlaub, das die beiden entzweit. Seit zwei Jahren haben sie deshalb keinen Kontakt mehr und Poppy will ihre Freundschaft durch einen gewohnten Urlaub wieder aufleben.

Die Geschichte wird auf mehreren Zeitebenen erzählt: Nach dem Prolog folgen wir Poppy und Alex „diesen Sommer“, während dazwischen immer wieder Kapitel von früheren Sommern erzählen, sodass wir beginnend vor 12 Jahren chronologisch immer mehr über die Freundschaft der beiden erfahren. Es spielt ganz oft ihre Freundschaft eine Rolle, sowie Insiderwitze, unterschiedliche Liebesbeziehungen, viele Urlaubsorte und ihre Karrieren. Ich mag die Rückblenden und konnte dadurch ihre Beziehung gut nachvollziehen und wie sie durch ihre gemeinsamen Erlebnisse immer weiter zusammengewachsen sind. Doch die Chemie zwischen den beiden für die aufkeimende Liebesgeschichte konnte ich nicht spüren und nachvollziehen. Vielleicht lag es auch daran, dass ich Poppy nie verstanden habe. Sie ist etwas schräg, hat einen ausgefallenen Geschmack und ist eine kleine Quasselstrippe mit häufig seltsamem Humor. Eigentlich mag ich auch ausgefallene Charaktere, aber… ich hab nicht nur einfach nicht gelacht, ne, ich musste wirklich oft nachdenken, was an ihrem Gesagten nun der Witz sein soll und besonders zu Anfang haben sich ihre Späße für mich wie Gemeinheiten gelesen. Einfacher macht es auch nicht, dass Alex das genaue Gegenteil von Poppy ist. Er ist diszipliniert, steckt immer zurück und spielt so extrem den Ritter mit der glänzenden Rüstung, dass ich ihn oft vom Pferd fegen wollte. Außerdem geht er dabei viel zu weit, denn manche Dinge, die er tut, würde man nur für eine (besondere!) feste Beziehung machen, die Poppy und Alex nicht hatten. Gegensätze können sich anziehen, aber hier leider nicht.

"Es ist faszinierend. Dass Liebe so sehr davon abhängt, wie man selbst ist, wenn man mit jemandem zusammen ist.", 76 %

Die Entwicklung der friends-to-lovers-Geschichte hat gefehlt, denn alles ergibt für mich nicht wirklich Sinn. Während die Urlaube im Rückblick erzählt werden und die Leser/innen sich immer mehr auf den verhängnisvollen Urlaub vor zwei Jahren zubewegen, war ich so gespannt was in Kroatien passiert ist, dass die Freundschaft auf Eis lag. Doch nach dem Geschehen in der Gegenwart, war das gar nicht mehr wichtig und hat kaum eine Rolle gespielt. An diesem Punkt kommt auch das Problem ihrer Beziehung auf und ich weiß, was die Autorin darstellen wollte, aber ich persönlich versteh es einfach nicht und sehe da kein Problem, das einen so großen Rattenschwanz an Funkstille, Probleme und (Streit)Gespräche in der Gegenwart nach sich zieht – oder überhaupt diese niedergeschriebene Geschichte wichtig macht. Das Ende hab ich dann auch gar nicht mehr begriffen, denn es hat sich doch nichts geändert? Trotzdem finde ich den Schreibstil von Emily Henry toll und hab auch einige Zitate markiert.


Fazit:
„Kein Sommer ohne dich“ ist eigentlich ganz kurzweilig zu lesen, aber es fehlen einfach die Spannung und ein nachvollziehbarer Konflikt. Ich wurde mit der Protagonistin nicht warm und hab die Chemie und tiefen Gefühle zwischen Poppy und Alex nicht gespürt. Emily Henry beschreibt die Freundschaft der beiden sehr schön, aber die Probleme wurden mir zu wenig nachvollziehbar erläutert, obwohl der sprichwörtliche Finger in die Wunde gelegt wurde. In meinem Kopf befinden sich Fragezeichen und mein Herz ist kalt.

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Veröffentlicht am 15.08.2021

Spannende Idee, aber zu wenig Erklärung zum Weltenaufbau

Der dunkle Schwarm
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Atlas bzw. Oracle lebt in einer Welt, in der die Menschen über ihre persönlichen Adics (Implantate im Gehirn) kommunizieren, die Klimaerwärmung weit vorangeschritten ist und zwar noch Staaten existieren, ...

Atlas bzw. Oracle lebt in einer Welt, in der die Menschen über ihre persönlichen Adics (Implantate im Gehirn) kommunizieren, die Klimaerwärmung weit vorangeschritten ist und zwar noch Staaten existieren, aber alles stark vom Geld und den großen Konzernen kontrolliert wird. Atlas hat durch ihr Adic gewisse Fähigkeiten, die sie einsetzt um Informationen zu stehlen und sie im Untergrund unter dem Namen Oracle verkauft. Eines Tages erscheint Noah und möchte, dass sie herausfindet wer einen ganzen Hive (quasi wie ein Gruppenchat bei WhatsApp) ausgelöscht bzw. getötet hat, zu dem seine Schwester gehörte. Bei diesen Recherchen hilft Oracle immer ihr einstiger Ziehvater Julien, der aufgrund seines Androidendaseins heute eher als externer Datenverarbeiter für Oracle dient. Da diese zukünftige Welt in einer zerstörten Natur lebt, gibt es noch die Organisation „The Cell“, die gegen die großen Konzerne rebelliert. Das zukünftige Washington hat mich mit seinen unterschiedlichen Levels, den großen Wolkenkratzern und den Leuchtreklamen stark an Marie Grasshoffs Welt in ihrer „Neon Birds“-Reihe erinnert. Nur ist das Leben hier noch düsterer, da z. B. die Natur nur noch in unter Kuppeln angelegten Gärten existiert und der Blick auf die Sonne bzw. in den Nachthimmel nur noch sehr selten möglich und mittlerweile hauptsächlich künstlich ist, sowie die meiste Nahrung.

„Es würde mir immer ein Rätsel sein, wie man auf die Idee gekommen war, die Natur so zu deformieren, dass sie dem persönlichen Geschmack entsprach. Das war vermutlich einer der Gründe, aus denen sich die Menschheit an dem Punkt befand, an dem sie nun war.“, S. 173

Und damit kommen wir zu meinem größten Kritikpunkt: Das Aussehen der dystopischen Welt konnte ich mir gut vor Augen führen, aber wie die Gesellschaft strukturiert ist und die Menschen leben, konnte ich mir lange nicht richtig vorstellen. Der Unterschied zwischen Oracles Adic und dem der anderen wurde mir zu Beginn nach und nach klarer. Trotzdem haben mir diesbezüglich viele Informationen gefehlt, um mir ein umfassendes Bild der Gesellschaft zu bilden und damit Oracle und Noah bei ihrer Recherche verstehen zu können. Wie funktionieren Hive-Minds? Wann und wie erhält man das Implantat? Welchen Status und welche Rechte haben die Androiden? Sind sie nur Arbeiter für die reichen Menschen oder ist es ihnen möglich ein eigenständiges Leben zu führen? Von der Autorin ist man deutlich dickere Bücher gewohnt und auch hier hätte ich mir mehr Seiten gewünscht. Ich weiß, dass dieses Buch zunächst als Hörbuch mit begrenzter Wörterzahl erschienen ist, aber eine erweiterte Version in Schriftform hätte mir mehr zugesagt und mich mehr in das Geschehen eintauchen und mitfiebern lassen.

Die zweite Buchhälfte hat mich insgesamt etwas versöhnlicher gestimmt. Ich hatte immer noch manchmal Fragezeichen im Kopf, aber es wurde langsam mehr erklärt, wodurch ich tiefer in die Geschichte eintauchen konnte. Trotzdem war vieles für mich zu spät erwähnt. Hier wurde auch endlich das Geschehen rasanter und es kam viel mehr Spannung auf. Durch den ständigen Wechsel der Orte und das Aufeinandertreffen von Atlas, Julien und Noah mit unterschiedlichen Charakteren nimmt die Geschichte endlich an Fahrt auf. Mit einem Detail am Ende hätte ich fast gar nicht mehr gerechnet, aber mich gefreut, dass es noch erwähnt wurde. Die Erkenntnis hat mich sehr überrascht: Die Autorin hat definitiv eine Bombe platzen lassen. Und dann tat Alaska etwas, was mir zum einen nicht gefallen hat (muss es nicht, ich weiß), aber zum anderen hab ich es auch mal wieder nicht verstanden. Obwohl Alaska sehr leicht in die Köpfe anderer schauen kann, hat sie es mir nicht leicht gemacht, es bei ihr ebenso zu tun und ihre Gefühle gänzlich nachvollziehen zu können. Die Szene ist überhastet und ich hätte mir mehr aktives und verbales Geschehen gewünscht.


Fazit:
„Der dunkle Schwarm“ beinhaltet eine tolle Idee, deren Umsetzung aber noch ausbaufähig ist, wodurch ich mich in der faszinierenden Welt nie richtig zurechtfinden konnte. Wer gerne verstehen möchte, wie etwas funktioniert oder warum es so ist, sollte vielleicht lieber die Finger von dem Buch lassen. Ich finde es sehr schade, dass mich die Geschichte nicht mitreißen konnte, Potential dazu hat sie definitiv! Ein kleiner Tipp zum Schluss: In einem IGTV-Video (Instagram) der Autorin findet man einige Infos zu den Hive-Minds.

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Veröffentlicht am 09.08.2021

Tolle Freundschaft in langweilige Handlung verpackt

Wir für uns
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Josie ist Anfang Vierzig und nun von ihrem Freund schwanger. Doch der hat neben Josie noch eine Frau und Kinder, weshalb er kein weiteres mehr will. Josie steht vor der Frage, was sie selbst will: Kind ...

Josie ist Anfang Vierzig und nun von ihrem Freund schwanger. Doch der hat neben Josie noch eine Frau und Kinder, weshalb er kein weiteres mehr will. Josie steht vor der Frage, was sie selbst will: Kind behalten oder nicht? Könnte sie eine gute Mutter werden? Würde sie mit einer Entscheidung für das Kind ihre Beziehung aufs Spiel setzen? Durch einen verlorenen Gegenstand, den sie Kathi wiederbringt, lernt sie ebendiese ältere Dame kennen. Erst kürzlich hat Kathi ihren Mann beerdigen müssen, mit dem sie fast 50 Jahre lang verheiratet war. Die beiden freunden sich mit jedem weiteren Gespräch an und sind sich gegenseitig eine große Stütze, während beide gerade an einem Scheideweg im Leben stehen.

Das Geschehen im Buch baut immer weiter aufeinander auf, da die Protagonisten größere Entscheidungen fällen, z. B. Josie für oder gegen das ungeborene Kind. Beide Frauen leben aber auch oft in der Vergangenheit. Kathi denkt an ihre verlorene Beziehung und auch ihre Kindheit, die sie bei ihren Großeltern verbracht hat und nur teilweise von Zuneigung geprägt war. Genauso hängt Josie in den vergangenen neun Jahren mit ihren Freund fest und denkt aufgrund ihrer Schwangerschaft immer öfter an ihre ältere verstorbene Schwester, die seit jeher in der Familie totgeschwiegen wird. Mir hätten weniger Wiederholungen in den Gedanken der beiden Protagonisten und mehr aktives Geschehen gefallen. Zumal einige Begebenheiten in der Gegenwart (z. B. der Mutter-Tochter-Urlaub) recht schnell vorübergegangen sind. Auch wenn es keine überraschenden Geheimnisse gab, finde ich die Geschichte recht kurzweilig zu lesen. Es wird im Geschehen auch darauf eingegangen, welche Beziehung Eltern und Kinder zueinander haben. Kathi denkt zum Beispiel oft an ihre Kindheit bei den Großeltern und hat nun in der Gegenwart mit dem eher distanzierten Verhalten zu ihrem Sohn zu kämpfen.

„Schmerz ist eine subjektive Empfindung. Und er gehört immer nur dem, der ihn fühlt.“, Josie, 66 %

Daneben spielen auch viele wichtige Themen eine Rolle. Zum Beispiel wird das Down-Syndrom angesprochen. Aufgrund von Josies Alter ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass das Kind es haben könnte. Außerdem gibt es einen sehr liebenswerten Charakter in der Geschichte, der das Down-Syndrom hat. Daneben wird auch Homosexualität in die Geschichte eingeflochten. Damit verbunden die Ablehnung von anderen, aber auch die Erkenntnis, dass das eigentlich nichts ausmacht. Auch die Einsamkeit im Alter spielt eine Rolle, denn Kathi lebt nun plötzlich alleine und ihr fehlt die zweite Person im Haus, auch wenn sie mit ihrem Mann oft die selben Gespräche hatte. Und Josie hat währenddessen die Entscheidung zu fällen, ob sie ihr Baby aufziehen möchte oder nicht. Dabei fragt sie sich, ob sie es alleine schaffen kann bzw. muss dies anderen Personen bestätigen. Neben ihr befinden sich bereits ein paar Charaktere in der Geschichte, die ihre Kinder alleine großziehen.

Der Schreibstil der Autorin ist kurz und knapp gehalten. Es gibt kaum Satzgefüge, weshalb die Geschehnisse und Gefühle direkt auf den Punkt gebracht werden. Die Emotionen der Protagonisten wurden immer ausreichend beschrieben. Auch beinhaltet die Geschichte viele schöne Sätze, die ich mir markiert habe. Jedoch liegt mir diese Art des Schreibstils nicht, weshalb das Lesen für mich insbesondere zu Beginn eher holprig war. Ebenfalls hat mich die eher niederdrückende Stimmung manchmal gestört. Die Geschichte ist eintönig und durch vergangene oft nicht positive Erlebnisse deshalb auch trist. Wir verfolgen Josie und Kathi im Wechsel. Josies Kapitel sind aus der Ich-Perspektive geschildert, für Kathis nutzt die Autorin die personale Erzählperspektive.

„Das Leben ist schon seltsam. Es besteht aus lauter Augenblicken, die sich unaufhörlich aneinanderreihen. Ohne Pause und ohne erkennbare Logik. Jeder Augenblick für sich genommen ist einmalig, aber wir […] schenken ihnen keine Beachtung. Und irgendwann sind wir dann alt und stellen fest, dass wir unser ganzes Leben verpasst haben.“, Kathi, 87 %


Fazit:
„Wir für uns“ erzählt in ruhiger und angenehmer Weise von einer Freundschaft zwischen der 40-jährigen Josie und der 71-jährigen Kathi. Die eine scheint am Anfang von etwas neuem zu stehen, die andere muss etwas gehen lassen. Das Buch ist ruhig, hält keine Überraschungen parat und spielt sich oft in den Überlegungen der Protagonisten wieder. Die Geschichte ist kurzweilig zu lesen, aber ich habe sie trotzdem als öde empfunden. Daneben spielt die Eltern-Kind-Beziehung eine große Rolle, wie auch die Themen Down-Syndrom, Alleinerziehende, Homosexualität und Einsamkeit.

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