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Veröffentlicht am 04.04.2023

Spannend und überraschend

Es war einmal in Venedig
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„...Während wir ostwärts fuhren, brannte schräg hinter uns die Sonne ein gelbglühendes Loch ins Hellblau des Himmels, und von vorne fächelte der laue Fahrtwind unsere erhitzte Haut...“

Wir schreiben das ...

„...Während wir ostwärts fuhren, brannte schräg hinter uns die Sonne ein gelbglühendes Loch ins Hellblau des Himmels, und von vorne fächelte der laue Fahrtwind unsere erhitzte Haut...“

Wir schreiben das Jahr 1973, als die Studentin Julia mit ihrer Kommilitonin auf den Weg nach Italien ist. Das erste Ziel heißt Venedig. Noch ahnt Julia nicht, dass ein einziger Tag ihr ganzes Leben verändern wird.
Die Autoren haben eine fesselnde Geschichte geschrieben. Der Schriftstil ist stellenweise sehr poetisch, andererseits fördert er den Spannungsbogen. Eine in kursiv gehaltene Rahmenhandlung, die auch zwischendurch ab und an aufflammt, hat die Protagonistin im höheren Lebensalter zum Inhalt. Den Aufenthalt in einer Privatklinik nutzt diese, um die Geschichte für ihren Enkel aufzuschreiben. Dabei fließen manch philosophische Gedanken mit ein.

„...Wer hingegen wie ich in seine Vergangenheit zurückblickt, muss feststellen, dass die Zeiträume zwischen den Ereignissen umso gestauchter erscheinen, je länger sie vorbei sind...“

Die jungen Frauen waren in dem Fischerstädtchen Chioggia untergekommen. Während Ella den ersten Tag mit einem jungen Mann verbringen will, macht sich Julia mit der Fähre in Richtung Venedig auf den Weg. Sehr gut wird ihr Spaziergang durch die Stadt beschrieben. Sie fotografiert alles, was ihr vor die Linse kommt.

„...Was für ein Anblick! Edle Arroganz verstrahlend, blickten die Herrschaftshäuser würdevoll hinab auf die geschäftige Wasserstraße mit Gondeln, Barken und Nachen...“

Als Ella das jüdische Viertel erreicht, sieht sie, wie ein Mann mit einem Stecken auf eine Katze los geht. Julia stürzt sich auf ihn. Ein zweiter Mann namens David erscheint und hilft ihr auf die Beine. Damit beginnt für Julia das Abenteuer ihres Lebens. Die Katze hatte eine rotes Tuch um den Hals. Das nimmt David mit. Julia will das Geheimnis des Tuches ergründen und David wieder sehen.
Was Julia innerhalb weniger Stunden erlebt, würde für ein halbes Leben reichen. Die komprimierte Darstellung wirkt besonders eindrücklich, in der Gesamtheit der Geschehnisse aber auch stellenweise unrealistisch. Julia gerät zwischen die Fronten und beide Seiten sind nicht zimperlich, wenn es um die Durchsetzung ihrer Interessen geht.
Ich möchte nch einmal aus den kursiven Teil zitieren, weil dieses Thema die Geschichte wie ein roter Faden durchzieht.

„...Nur wer Angst hat, kann Mut beweisen, ein Risiko eingehen, einer Bedrohung entschlossen entgegentreten. Angst und Mut sind wohl zwei Seiten derselben Medaille, sind gegensätzliche Impulse, die sich ergänzen und unserer Selbsterhaltung dienen...“

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es setzt ein nach wie vor aktuelles Thema spannend um und verknüpft es mit einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte.

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Veröffentlicht am 30.03.2023

Agatha will es wissen

Windstärke Tod (WaPo Cuxhaven 1)
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„...Es war mühsam. Ein toter Körper war nicht so einfach zu bewegen. Ziehen. Schieben. Luftholen...“

Diese Sätze finden sich fast am Anfang des Buches. Was vorher passiert ist, bleibt im Dunkeln.
Die ...

„...Es war mühsam. Ein toter Körper war nicht so einfach zu bewegen. Ziehen. Schieben. Luftholen...“

Diese Sätze finden sich fast am Anfang des Buches. Was vorher passiert ist, bleibt im Dunkeln.
Die Autoren haben eine spannenden Krimi geschrieben. Der Schriftstil transportiert sehr viel Nordseefeeling.
Ausrechnet an ihren freien Tag, an dem Agatha mit dem Boot unterwegs ist, findet sie eine Wasserleiche. Sie ist Mitglied der Wasserschutzpolizei, muss den Fall aber an die Kripo abgeben. Das passt ihr gar nicht. Gern würde sie selbst ermittelt. Dabei handelt sie sich nicht nur Ärger mit ihrem Chef, sondern auch mit Victor von der Kripo ein. Ihr Chef warnt sie:

„...Du musst dich nicht dumm anstellen. Ich weiß, dass du dich gerade in Kripoarbeit einmischst, und ich möchte, dass du das auf der Stelle lässt...“

Der Tote war Mediator im Auftrag der Oberbürgermeisterin. Vor der Küste soll ein Windpark gebaut werden. Dazu ist es notwendig, die vielfältigen Meinungen unter einen Hut zu bringen. Jeder des Teams könnte mehr oder weniger vom Tod des Mediators profitieren, ob Gegner oder Befürworter. Deutlich werden die unterschiedlichen Standpunkte und ihre Begründung herausgearbeitet. Letztendlich geht es aber allen nur ums Geld.
Victor, der erstmals eine Ermittlung leiten darf, hat aber noch ein privates Problem. Seine kleine Schwester Ana könnte sich den falschen Freundeskreis gesucht haben.
Nebenbei erfahre ich einiges über die Gefahren der Nordsee.

„...Wahnsinnig gefährlich. Man schwimmt raus, und dann ist es wie ein Sog., Rippströme können auf zweieinhalb Meter pro Sekunde beschleunigen, dagegen kommen nicht mal Olympiasieger an...“

Schneller als gedacht kenne ich als Leser den Täter, während die Polizei noch im dunkeln tappt. . Dann aber gibt es einen weiteren Toten. Hängen die Fälle zusammen? Lars, Victors Vorgesetzter, ist sehr unsympathisch. Anstatt sein Team zu motivieren, wirft er ihnen Inkompetenz und Untätigkeit vor.
Ab und an gibt es norddeutsche Mundart. Das passt ins Geschehen. Kleine Kostprobe gefällig?

„...Wer Dag för Dag sein Arbeit deit, un immer op´n Posten steiht, und deit dat goot und deit dat geern, de kann sik ok mol amüseern...“

Letztendlich ist es Agathas Hartnäckigkeit zu verdanken, dass der Fall logisch gelöst wird.
Das Buch hat mich sehr gut unterhalten.

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Veröffentlicht am 28.03.2023

Unterhaltsamer Krimi

Fiese Brise in St. Peter-(M)Ording (St. Peter-Mording-Reihe 2)
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„...Ich lugte aus dem Fenster, um mich zu vergewissern, dass die Luft rein war. Eilig schulterte ich die Tasche und verließ den Schuppen. Der Schreck saß mir gehörig im Nacken...“

Das erste Kapitel gehört ...

„...Ich lugte aus dem Fenster, um mich zu vergewissern, dass die Luft rein war. Eilig schulterte ich die Tasche und verließ den Schuppen. Der Schreck saß mir gehörig im Nacken...“

Das erste Kapitel gehört dem Täter, einen Dieb. Er schildert sein Vorgehen auf seine Weise. Leider hat er nicht gefunden, was er gesucht hat.
Die Autorin hat eine lockerleichten Krimi geschrieben. Die Geschichte lässt sich flott lesen. Der Schriftstil vermittelt so nebenbei eine ganze Menge Lokalkolorit.
In St. Peter – Ording soll das jährliche Kegelturnier stattfinden. Auch die Familie Feddersen ist voll eingespannt. Sybille, die Mutter, hofft auf den Gewinn. Allerdings gibt es zwei Favoriten, die sich seit Jahren die Trophäe teilnehmen. Ernie Feddersen, Polizist und Sybilles Sohn, ist dem Dieb auf der Spur. Dem seine Beute allerdings führt bei der Polizei zu Kopfschütteln.
Anfangs steht das Leben im Ort im Mittelpunkt. Doch dann wird kurz nach Beginn des Turniers der erwartete Sieger tot in seinem Wohnwagen aufgefunden. Ich als Leser weiß in dem Moment im Gegensatz zur Polizei schon, was passiert ist. Jedenfalls bilde ich mir das ein. An den Toten lassen die meisten keinen guten Faden.

„...Zwar hätte es nicht gleich sein Tod sein müssen. Doch viel zu viele Jahre hatte er seine Mitmenschen erpresst, vorgeführt und gedemütigt. Das musste irgendwann einfach tragisch enden...“

Dann aber bringt das Obduktionsergebnis auch für mich als Leser eine Überraschung. Ilva, Ernies Schwester, hat eine ganz bestimmte Vermutung. Also horcht sie erst einmal ihren Bruder aus. Das gelingt ihr mehr oder weniger gut.
Zwischendurch kommt ab und an der Täter zu Wort. Dadurch wird deutlich, wie schnell seine Abwärtsentwicklung geht. Aus einem kleinen Dieb wird ein Mörder.
Die Geschichte lebt durch die vielfältigen Gespräche der Einwohner. Vor allem Ilva und ihre Freundinnen wägen immer wider das Für und Wider ab. Natürlich bleibe ich auch mit dem Verlauf des Kegelturniers auf dem Laufenden.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 19.03.2023

Berührende Biografie

Aus dem Staub erhebst du mich
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„...Von meiner Geburt bis zu meinem Weggehen mit achtzehn Jahren wuchs ich auf dem Gipfel eines Berges im ländlichen West Virginia ein einem einachsigen Trailer auf, der aus Holz und Aluminium zusammengezimmert ...

„...Von meiner Geburt bis zu meinem Weggehen mit achtzehn Jahren wuchs ich auf dem Gipfel eines Berges im ländlichen West Virginia ein einem einachsigen Trailer auf, der aus Holz und Aluminium zusammengezimmert war...“

Dieser Satz findet sich in der Biografie der Autorin. Sie hat ihr Leben ungeschönt erzählt. Dabei hat sie die Geschichte in zwei Abschnitte gegliedert. Im Teil 1 geht es um das Mädchen im Trailer, im Teil 2 um das Mädchen nach dem Trailer.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen, auch wenn man sich an manche Zeitsprünge erst gewöhnen muss.
Deutlich wird, dass Mary in großer Armut aufgewachsen ist. Dafür hatte sie aber eine Menge an Freiheit.

„...Wie ich schon sagte, waren die Regeln im meiner Kindheit locker, fließend und veränderten sich ständig. Und ich war ein Kind, das gern mit dem Feuer spielte...“

Neben dem Trailer stand das Haus der Großmutter. Die hat ihre Enkeltochter sonntags mit in die Kirche genommen. Marys Bild von Gott hat sich während ihrer Kindheit häufig gewandelt.
Ihr Vater legte sehr viel Wert auf die Bildung seiner Tochter. Er bereitete sie akribisch auf die Schule vor.

„...Mein Vater wusste, dass Bildung für arme Leute ein Luxus war, der nur widerwillig und zu einem hohen Preis vergeben wurde. Aber er sah darin auch den Schlüssel für meinen Aufstieg...“

Mary lässt mich einen Blick in das Leben ihrer Vorfahren werfen. Die meisten Männer hatten im Bergwerk gearbeitet oder waren Holzfäller, wie ihr Vater. Es war ein Bergwerksunglück, dass für die Zukunft des Vaters die Weiche stellte.
Schnell stellt sich heraus, dass Mary hochbegabt ist.
Mary bekommt ein Stipendium für ein Jahr Studium in England und wird anschließend an der Universität Yale zugelassen. Doch ihre Erfolge sind immer von ihrer Kindheit überschattet. Sie lebt auf der Überholspur und fühlt sich unzulänglich.
Erst als ihr eine Freundin vermittelt, dass sie von Gott geliebt und angenommen ist, beginnt sie sich selbst zu vertrauen. Und sie beginnt, ihre Vergangenheit zu hinterfragen. Dabei erkennt sie, welche Wert ihre Eltern für sie hatten. Sie lernt, auch die Vergangenheit wertzuschätzen.
Einige Fotos ergänzen die Biografie.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Setzt sich die Liebe durch?

Ein Graf auf Abwegen
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„...Eine gute Partie ist er, unser junger gnädiger Herr. Vor allem jetzt, wo er ein Doktor ist...“

Im Lilienpalais in München wird Maximilian von Seybach zurück erwartet. Er hat seine Ausbildung als Arzt ...

„...Eine gute Partie ist er, unser junger gnädiger Herr. Vor allem jetzt, wo er ein Doktor ist...“

Im Lilienpalais in München wird Maximilian von Seybach zurück erwartet. Er hat seine Ausbildung als Arzt abgeschlossen. Unter den Bediensteten wird eifrig geklatscht.
Die Autorin hat einen romantischen historischen Roman geschrieben. Der Schriftstil lässt sich flott lesen.
Wir schreiben das Jahr 1828. Carl von Seybach hat schon die Weichen für seinen Sohn gestellt. Er soll Leibarzt des Königs werden und Sophie de Neuville heiraten. Doch Maximilian träumt davon, Behandlungen für die ärmeren Schichten der Bevölkerung anzubieten. Damit sind Konflikte vorprogrammiert.
Hinzu kommt, dass Maximilian von Louisa, einer der Dienstmädchen, beeindruckt ist. Die junge Frau ist erst seit kurzem im Palais.
Die Personen werden gut charakterisiert. Nehmen wir Henriette von Seybach, Maximilians Großmutter. Sie legt Wert auf Etikette. Gefühle darf man haben, aber nicht zeigen.
Wie eine graue Eminenz im Hintergrund agiert Nanette, die Gouvernante. Was sei ausgeheckt hat, erfahre ich als Leser immer erst im Nachhinein. Sie ist sehr gut darin, die Strippen auf ungewöhnliche Weise zu ziehen.
Isabella, Maximilians jünger Schwester, ist eine lebenslustige junge Frau, die keinerlei Standesdünkel kennt. So stellt sie für den Ball der Dienstboten ihre eigene Garderobe zur Verfügung.
Deutlich wird die Scheinmoral der Zeit. Maximilian darf sich Louisa ins Bett holen, aber sie zu heiraten, geht gar nicht. Wie sagt seine Großmutter so klar?

„...“Oder du musst lernen, dich wenigsten geschickter anzustellen“, brummte seine Großmutter...“

Maximilian allerdings reagiert nicht immer selbstbewusst. Er weiß, dass er für die Erfüllung seiner Wünsche das Geld der Familie braucht. Für Louisa ist seine schwankende Haltung in der Öffentlichkeit nur schwer zu ertragen. Sie ist auf die Stelle angewiesen. Alternativen gibt es keine, jedenfalls keine annehmbaren.
Die Örtlichkeiten werden anschaulich und ausführlich beschrieben.

„...Er betrat den üppig begrünten Wintergarten, der als Eingangshalle diente. Im blank polierten Marmor spiegelten sich die Kerzenflammen der Silberleuchter...“

In den Gesprächen mit seinen Freunden Leopold und Alexander wird deutlich, dass die jüngere Generation eine andere Vorstellung von der Zukunft hat als ihre Eltern.
Im Anhang geht die Autorin ausführlich auf die politischen Zeitverhältnisse ein Einiges davon hätte ich mir schon im Laufe der Handlung gewünscht.
Ein Personenregister vervollständigt das Buch.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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