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Veröffentlicht am 06.11.2023

Eigenwillige historische Erzählung mit etwas Fantasy

Das Vogelmädchen von London
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Ein aussergewöhnliches Buch welches sich ganz anders gestaltete, als ich zuvor erwartete. Ging ich zunächst von einem Fantasybuch mit historischem Setting aus würd ich das Buch im Nachhinein als historischen ...

Ein aussergewöhnliches Buch welches sich ganz anders gestaltete, als ich zuvor erwartete. Ging ich zunächst von einem Fantasybuch mit historischem Setting aus würd ich das Buch im Nachhinein als historischen Roman mit einigen Fantasyelementen beschreiben.
Im Mittelpunkt steht zunächst Londons Blackfriars-Theater mit seinem Jungen-Theater. Publikumsmagnet ist ein jugendlicher Akteur, der sich Nonesuch nennt und bei seinen Streifzügen auf den Dächern Londons dem Botenjungen Shay aus der Patsche hilft. Shay, in Wahrheit ein Mädchen, gehört einer Glaubensgemeinschaft vor den Toren der Stadt an, die Vögel als gottgleiche Geschöpfe betrachtet und an eine gewisse Form der Wahrsagerei glaubt. Fasziniert von der Welt des Theaters rutscht Shay immer mehr in diese aussergewöhnliche Welt hinein und sitzt plötzlich der Königin als wahrsagendes Vögelchen gegenüber.
Mat Osmans Stil ist bildhaft, teilweise provozierend direkt, während er an anderer Stelle nur oberflächlich die Handlung streift. Wäre der Roman ein Theaterstück, sähe man mal ein detailliertes Bühnenbild mit entsprechenden Akteuren, mal eine fast schon surreale Inszenierung, mal ein reduziertes Bühnenbild mit provokanter Darstellung.
Mit Interesse las ich die Zustände im Blackfriars Theater, welche unter heutigen Bedingungen mehr als schockierend waren. Umso unverständlicher empfand ich es, dass Shay, die mit Stolz ihre Freiheit über den Dächern Londons genießt, sich freiwillig wie ein Vogel in den Käfig des Theaters begibt, ihr Leben und ihre Freiheit einfach aufgibt für, ja, für was? Generell war dies ein gewichtiger Punkt, weswegen ich mit Shay als Protagonistin nicht warm wurde. Als Tochters eines Falkners und mit einer Zukunft als eine Art Seherin ihrer Gemeinde vor sich, scheint sie nicht fähig, die Konsequenzen ihres Handelns für sich und ihre Mitmenschen absehen zu können. Mit scheinbar romantisch verklärter Sicht auf das Leben der Theaterjungen setzt sie alles aufs Spiel und ist in ihrer Naivität entsetzt, als sie wiederholt mit der harten Realität konfrontiert wird.
Was mir ebenso fehlte war ein Spannungsbogen. Mal geht der Autor überaus explizit ins Detail, dann wischt er nur so über die Handlung rüber, um dann wieder zäh auf der Stelle zu treten oder seine Leserschaft durchs Geschehen zu hetzen. Das ist schade, denn die historischen Details sind meist gut platziert, gehen nur leider in ermüdenden Szenen samt anstrengendem Stilmix unter.

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Veröffentlicht am 17.10.2023

Feminismus und Magie zur Regency-Zeit

Der Mitternachtspakt
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Statt sich einem Ehemann unterzuordnen und für immer einen Magie-unterdrückenden Halsreif zu tragen möchte Beatrice Clayborn viel lieber eine freie Magierin werden. Ein Ziel, welches in der damaligen Gesellschaft ...

Statt sich einem Ehemann unterzuordnen und für immer einen Magie-unterdrückenden Halsreif zu tragen möchte Beatrice Clayborn viel lieber eine freie Magierin werden. Ein Ziel, welches in der damaligen Gesellschaft die Männer nur ihresgleichen gestatten. Hauptsächlich mit fadenscheinigen Begründungen. Doch Beatrice gibt nicht auf und versucht geheime Magiebücher aufzutreiben, welche von magisch begabten Frauen für magisch begabte Frauen heimlich verfasst wurden. Auf ihrer Suche begegnet sie nicht nur einer weiteren jungen Frau mit denselben Ambitionen sondern auch deren Bruder Ianthe Lavan, der tatsächlich den Weg in ihr Herz findet. Doch ihr Wunsch, sich selbst treu zu bleiben und Magierin zu werden, ist zunächst größer.
In das Buch kam ich nur schwer rein, obwohl die Grundidee als solche ganz interessant ist. Hauptsächlich liegt es daran, dass die Autorin keine richtige Einführung ins herrschende Magie-System liefert, sondern einfach drauflos erzählt. So fühlte ich mich anfangs eher verloren in der Story. Die Idee mit den geheimen Büchern und Beatrices Experimenten ist hingegen recht unterhaltsam. Wobei der Gedanke, seinen Körper einem Geist zu überlassen, etwas befremdlich ist, aber Nadi erweist sich zum Glück als sympathischer Geist des Zufalls mit leichtem Lausbubencharakter. Ebenfalls ist das Setting optisch recht gut beschrieben, die Szenen konnte ich mir stets gut vorstellen.
Beatrices jüngere Schwester bekam von der Autorin zunächst die Rolle des Gossip-Girl, die sämtliche Partyregeln kennt, bis die Autorin sie etwas so dermaßen Dämliches tun lässt, nur um eine Portion Drama ins Ende zu bekommen. Das wirkte mir zu konstruiert. Ebenso ließ sie Beatrice später unnötig trotzig wirken und dadurch fast ihren Kampf für mehr Rechte der Frau in den Sand setzen. In meinen Augen unnötig kurzsichtig. Das Ende hat mich dann jedoch wieder mit einigen Fehltritten der Charaktere versöhnt.
Insgesamt gefällt mir die Idee, in der Regencyzeit für die Rechte magiebegabter Frauen zu kämpfen. Der verwirrende Anfang ohne richtige Erklärung der Magie sowie einige unlogische Handlungen im Verlauf des Romans haben meinen Lesespaß jedoch unangenehm ausgebremst.

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Veröffentlicht am 14.08.2023

Zäher Kampf gegen buch- und kinderfeindliche Welt

Das Buch der gestohlenen Träume (Das Buch der gestohlenen Träume 1)
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Regiert von einem kinderfeindlichen Präsidenten wachsen die Geschwister Rachel und Robert in Krasnia auf. Ein Land, in welchem man für kleinste Vergehen bereits verhaftet und gefoltert werden kann. Bei ...

Regiert von einem kinderfeindlichen Präsidenten wachsen die Geschwister Rachel und Robert in Krasnia auf. Ein Land, in welchem man für kleinste Vergehen bereits verhaftet und gefoltert werden kann. Bei dem Versuch, ein magisches Buch vor der Vernichtung zu retten, wird der Vater der Kinder von den Soldaten des Präsidenten aufgegriffen und fortgeschafft. Fortan liegt es an den Kindern, das Geheimnis des Buches zu lösen und warum es das Schicksal ganz Krasnias entscheidend beeinflussen kann.
Erzählt wird die Geschichte von einem allwissenden Erzähler, wodurch das Ganze eine etwas märchenhafte Stimmung bekommt. Tatsächlich hat mir die Idee rund im das magische Buch der gestohlenen Träume, wer alles daran mitgewirkt hat und was es bewirken kann, ganz gut gefallen. Das Drumherum war mir für ein Kinderbuch jedoch zu düster. Der Präsident Charles Malstain regiert stark faschistisch, brutale Exekutionen und Foltermethoden finden Erwähnung und die Gewalt macht selbst gegenüber Kindern nicht halt. Generell geht es stellenweise thematisch sehr politisch zu mit Rebellen und Staatsflüchtlingen, das empfand ich im Gesamtpaket für das Alter der Zielgruppe einfach nicht mehr angemessen. Inmitten dieser politischen Themen versteckt sich ansonsten eine gar nicht mal so schlechte Grundstory, auch wenn sich meine Faszination zum Buch der gestohlenen Träume stark in Grenzen hielt, nachdem ich so einige Kapitel daraus kannte. Da hatte ich mehr erwartet nach all dem Brimborium rund um das Buch. Und auch ansonsten hatte der Roman so einige Längen, wodurch die Spannung ziemlich litt. Mögen andere vielleicht anders empfinden, mir fehlte zuweilen einfach das kindgerechte Abenteuer.
Mein Fazit: Mehr Abenteuer und Magie, dafür weniger Politik und Gewalt hätten der Geschichte gut getan.

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Veröffentlicht am 07.07.2023

Interessantes Magiesystem, Story mit einigen Schwächen

Dark Sigils – Was die Magie verlangt
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Dark Sigils war mein erstes Buch der Autorin und nachdem viele von ihren Vortex-Bücher so geschwärmt haben hab ich mich für Dark Sigils entschieden, da es mir thematisch mehr zusagt.
Die Vorstellung einer ...

Dark Sigils war mein erstes Buch der Autorin und nachdem viele von ihren Vortex-Bücher so geschwärmt haben hab ich mich für Dark Sigils entschieden, da es mir thematisch mehr zusagt.
Die Vorstellung einer Spiegelwelt über so manchen Großstädten hat schon was. Auch, dass dort Magie zum Alltag gehört, während auf der Erde die Magie eher als Drogen oder Aufputschmittel missbraucht wird. Warum jedoch die Leute sich in magischen Kampfarenen treffen, um Kämpfe wie bei den alten Römern oder wie im Fight Club auszutragen, konnt ich nicht nachvollziehen, zumal die Handlung in gar nicht so ferner Zukunft spielen soll. Generell haben mich diverse Kampfszenen im Buch irgendwann gelangweilt, die sind in Serien vielleicht mal ganz nett anzusehen, aber in Büchern wird seitenweises Rumgekämpfe irgendwann langweilig.
Auch hat es doch sehr lange gedauert, bis besagte Spiegelwelt ins Spiel kam, die dann endlich für mehr Abwechslung gesorgt hat als der Alltag der Freundinnen Rayne und Lily in der Londoner Straßenbande. Das Magiesystem des Romans bietet Potential und kristallisiert sich zunächst nur in kleinen Schritten heraus, wobei so manche Unklarheiten und Ungereimtheiten Nährboden für Spekulationen bieten. Sowas macht natürlich Spaß zu lesen, zumal man wie Rayne diese Magiewelt neu erkunden muss. Ebenso gefiel mir, wie Rayne sich nicht einfach vor den magischen Karren spannen lassen wollte sondern alle Hebel in Bewegung setzte, um ihre beste Freundin zu retten. Da ist der Cliffhanger am Ende, der einen ziemlichen Wendepunkt darstellt, locker zu verschmerzen. Schade ist, dass viele Charaktere Stereotypen bedienen und dadurch einfach flach und durchschaubar bleiben, selbst der männliche Hauptcharakter blieb erschreckend langweilig. Auch der Umstand, dass ein Mädchen, also Rayne, von einem Kerl nur hin und her gescheucht wird statt ihr die Hintergründe zu erklären, war langweiligstes Klischee. Was auch für die wie dahingeklatscht wirkende Liebesgeschichte gilt, die einfach null Feuer bietet und überhaupt nicht nachvollziehbar ist. Da hätte mehr kommen müssen, um überzeugend zu wirken.
Urban Fantasy mit einem vielversprechenden Magiesystem und einer starken Protagonisten, wenn auch hier und da mit einigen Längen und stereotypen Charakteren.

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Veröffentlicht am 04.06.2023

Gute Idee minderspannend umgesetzt

Babel
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In den 1820er Jahren einer Welt ähnlich der unseren bezieht die Kolonialmacht Großbritannien ihre Stärke aus dem Silberwerk, einer auf besonders behandelten Silberbarren beruhenden Magie. Doch das Streben ...

In den 1820er Jahren einer Welt ähnlich der unseren bezieht die Kolonialmacht Großbritannien ihre Stärke aus dem Silberwerk, einer auf besonders behandelten Silberbarren beruhenden Magie. Doch das Streben nach noch mehr Macht und Reichtum kann nur auf Kosten anderer Länder und Kolonien erfolgen. Über all dies macht sich der junge Robin zunächst keine Gedanken, als er, beinahe von der Cholera dahingerafft, von einem fremden Briten geheilt und aus dem chinesischen Kanton nach London gebracht wird. Hier wird er darauf vorbereitet, in Oxford im Turm Babel zu studieren, welcher für die Produktion der Silberwerk-Barren eine entscheidende Bedeutung trägt. Zunächst begeistert von dem vielen neuen Wissen rund um Worte und Sprachen erhält Robins Enthusiasmus einen ersten Dämpfer, als er mit kritischem Gedankengut rund um die politischen Interessen Großbritanniens in Kontakt kommt. Doch seine Loyalität gilt zunächst Großbritannien - bis seine eigene Heimat China im Visier steht.
Die Idee an sich gefiel mir, ein magisch gestärktes Großbritannien und ein dort aufgewachsener chinesischer Junge, welcher sich vor einem drohenden Opiumkrieg entscheiden muss, wem seine Loyalität gilt. Eine Idee mit jeder Menge Potential. Auch das Magiesystem, welches man mit Robins Betreten von Babel endlich genauer kennenlernt, ist aussergewöhnlich. Was mir jedoch weniger gefiel war die Umsetzung des Ganzen. Mag sein, dass es Leute gibt, die mit Begeisterung gern noch ein und noch ein und noch ein Beispiel lesen wollen, wie das Magiesystem funktioniert. Nachdem ich das Prinzip verstanden hatte brauchte ich diese unzähligen Beispiele allerdings nicht mehr, zumal sie die Handlung in den meisten Fällen nicht voran brachten sondern eher in eine Sammlung interessanter Beispiele als Anhang gepasst hätten. Auch bremsten sie die Spannung aufs Ärgste aus. Ebenso war Robin als Erzählperspektive einfach langweilig: Der Junge lebt die ganze Zeit in seiner eigenen kleinen Blase und bekommt kaum mit, was um ihn herum geschieht, von der Weltpolitik ganz zu schweigen. Entsprechend bekommt man von der Welt nur das mit, was andere erwähnen oder jemand aus der Zeitung vorliest. Und selbst dann ist Robin primär mit sich selbst beschäftigt. Auf Dauer empfand ich das als ziemlich enttäuschend, statt unzähliger Magiebeispiele hätte ich lieber etwas mehr vom brisanten Weltgeschehen mitbekommen, welches die Autorin einem schlichtweg größtenteils vorenthält. Oder einfach von Robin und seine Kommilitonen, welche nicht selten mit Diskriminierung konfrontiert wurden. Da hätt man so viel draus machen können. Stattdessen liest sich das Buch über Längen wie eine Mischung aus Bericht und Sachbuch über Sprachforschung, entsprechend distanziert und flach blieben die Charaktere. Und der versprochene Bezug auf die Opiumkriege war auch eher enttäuschend.
Mir hätte das Buch deutlich besser gefallen, wenn die Autorin sich nicht nur auf ihre vielen magischen und nichtmagischen Sprachbeispiele, sondern auch auf die Charakterentwicklung und das Weltgeschehen konzentriert hätte. Zudem war die Perspektive des weltfremden, ichbezogenen Robin auf Dauer einfach öde. Ebenso hätte mehr „show, don’t tell“ dem Roman gut getan. So waren es statt großer Ereignisse und Erlebnisse doch nur die kleinen Appetithäppchen des großen Abenteur-Buffets.

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