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Veröffentlicht am 07.12.2023

Familie und Heimat

In Liebe, deine Lina (Mühlbach-Saga 1)
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Die Geschichte beginnt im Mai 1883. In dem kleinen pfälzischen Dorf Mühlbach spielen die Kinder Lina und Albert, die als unzertrennlich gelten, zusammen mit Karl, den Dritten im Bunde. Die Zeit geht dahin ...

Die Geschichte beginnt im Mai 1883. In dem kleinen pfälzischen Dorf Mühlbach spielen die Kinder Lina und Albert, die als unzertrennlich gelten, zusammen mit Karl, den Dritten im Bunde. Die Zeit geht dahin und aus den Kindern werden junge Leute, Lina und Albert verlieben sich ineinander. Als Lina schwanger wird will Albert sie heiraten, doch seine Eltern verbieten es und drohen ihm mit enterben. Er lässt Lina im Stich, die mit einem unehelichen Kind fortan von der Dorfgemeinschaft gemieden wird. Als Karl, der selbst ein „Bankert“ war und inzwischen weggezogen ist, davon erfährt, bietet er Lina an, sie zu heiraten. Lina willigt ein und gemeinsam mit Charlotte, dem inzwischen geborenen Baby, verlassen sie Mühlbach und ziehen nach Bremen. Dort wird Lina vom Heimweh geplagt, sie sehnt sich zurück ins Elternhaus und möchte auch ihre Brüder wieder sehen. Bei einem Besuch kommt es zu einer unangenehmen Begegnung, die beinahe die kleine Familie zerstört hätte …

Barbara Leciejewski, die Autorin von „In Liebe, deine Lina“ wurde in Mühlbach, dem Ort der Handlung, geboren. Nach der Schule studierte sie in München Literaturwissenschaft, Linguistik und Theaterwissenschaft, hatte einige Jobs am Theater und arbeitete dann, bevor sie mit Schreiben begann, als Synchroncutterin. Inzwischen sind mehrere Romane von ihr erschienen – eine Fortsetzung der Geschichte um Lina unter dem Titel „Für immer, dein August“ ist für März 2024 geplant.

Der Roman ist nicht irgendeine Geschichte, sondern die Geschichte der Vorfahren der Autorin, die mit Urgroßmutter Lina begann. Neben den Fakten ist sicherlich einiges an Fantasie und an Erdachtem eingeflossen, dennoch hat man immer den Eindruck, dass es so und nicht anders gewesen sein muss. Der Schreibstil ist sehr ansprechend, angenehm flüssig und gut lesbar. Die einzelnen Charaktere sind sehr gut und differenziert heraus gearbeitet, man lebt, liebt und leidet beim Lesen mit ihnen. Es ist stets zu merken, dass die Autorin die Geschichte ihrer Familie mit viel Liebe und Herzblut geschrieben hat.

Neben der ergreifenden Familiengeschichte sind noch einige, in der damaligen Zeit relevante Themen mit eingeflossen. So lesen wir über den Kampf der Frauen um Gleichberechtigung, sind bei den ersten Aufruhren schlecht bezahlter Arbeiter dabei und müssen erleben, wie die jungen Männer freudigen Herzens in den 1. Weltkrieg ziehen. Auch waren die Moralvorstellungen in der damaligen Zeit andere als heute. Eine schwangere Frau, die für ihr Kind keinen Vater nachweisen konnte, wurde von der Gesellschaft geächtet und ausgegrenzt. Selbst das unehelich geborene Kind, der „Bankert“, hatte darunter zu leiden, da niemand mit ihm zu tun haben wollte.

Fazit: Ein schönes, lesenswertes Buch – man darf auf den 2. Band der Mühlbach-Saga gespannt sein.

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Veröffentlicht am 29.10.2023

Auf Regen folgt Sonne - Verlust und Neuanfang

Was nach dem Regen kommt
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Auf Regen folgt irgendwann auch wieder Sonnenschein. Doch für Dani Manchester scheint es nicht so, seit sie die Diagnose erhielt, dass sie allmählich ihr Augenlicht verlieren wird. Auch ihre 12jährige ...

Auf Regen folgt irgendwann auch wieder Sonnenschein. Doch für Dani Manchester scheint es nicht so, seit sie die Diagnose erhielt, dass sie allmählich ihr Augenlicht verlieren wird. Auch ihre 12jährige Tochter Bella sieht alles nur grau in grau, seit dem Tod ihres geliebten Vaters, dem Ex-Mann ihrer Mutter. Deshalb beschließt die Einunddreißigjährige Dani, die sich bisher künstlerisch betätigte, einen Neuanfang zu wagen. Sie kauft ein altes Anwesen und plant, dort zu wohnen und eine moderne Galerie zu errichten. Anfangs läuft es nicht wie erwartet, Bella ist unzufrieden und die Umbauarbeiten ziehen sich hin. Doch als Nachbar Jackson die Sache in die Hand nimmt und seine Schwägerin Juniper sich intensiv um Bella kümmert, wird für Mutter und Tochter das Leben allmählich besser. Beide können nun voller Hoffnung in die Zukunft blicken …

Mary Ellen Taylor ist das Pseudonym der US-amerikanischen Schriftstellerin Mary Burton, die in den Südstaaten der USA geboren wurde. Sie wuchs in Richmond auf, studierte an der Hollins University in Virginia und arbeitete mehrere Jahre in der Werbebranche, ehe sie das Schreiben zu ihrem beruflichen Mittelpunkt machte. Sie schreibt Unterhaltungsromane, in denen meist starke Frauen im Mittelpunkt stehen, sowie romantische Krimis, die regelmäßig auf den Bestsellerlisten erscheinen. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und drei Zwergdackeln in Richmond/Virginia.

„Was nach dem Regen kommt“ („When The Rain Ends“ 2023) ist ein zu Herzen gehender Roman über Liebe, Verlust, Schicksalsschläge und Neuanfang. Der Autorin ist es dabei ausgezeichnet gelungen, die Gemütslage der Protagonisten gefühlvoll zu beschreiben, ohne dabei ins Kitschige abzugleiten. Sie versteht es sehr gut, die liebenswerten Eigenschaften der Menschen hervorzuheben, ohne jedoch ihre Schwächen zu verharmlosen, und hat dabei ein gutes Gespür für die zwischenmenschlichen Beziehungen. Der Schreibstil ist angenehm flüssig und vermittelt ganz nebenbei auch viel regionales Flair.

Fazit: Ein gut gelungener Roman - eine Geschichte zum mitfreuen und mitleiden die ich gerne weiter empfehle.

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Veröffentlicht am 27.10.2023

Wenn der Alltag zur Routine wird …

Das Glutnest
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Als Teenager hat sich Stacey ihr Leben anders vorgestellt. Jetzt ist sie 38, verheiratet mit einem mäßig erfolgreichen Mann und Mutter von vier Kindern. Zutiefst unzufrieden mit ihrem Dasein als Hausfrau ...

Als Teenager hat sich Stacey ihr Leben anders vorgestellt. Jetzt ist sie 38, verheiratet mit einem mäßig erfolgreichen Mann und Mutter von vier Kindern. Zutiefst unzufrieden mit ihrem Dasein als Hausfrau hat sie an allem und jedem zu mäkeln. Sie lässt ihren Gedanken freien Lauf, kritisiert sich selbst und andere. Gedanklich verweilt sie oft in ihrer Jugendzeit, als sie noch in Manawaka lebte und voller Leidenschaft und Schwung war. Da hilft es auch nicht, ihren Frust und ihre Gefühle zeitweise mit Gin Tonic zu betäuben. Doch dann geschehen einige Dinge die ihr endlich klar machen, dass ihr Leben gar nicht so schlecht ist …

Die kanadische Schriftstellerin Margaret Laurence wurde 1926 geboren und starb 1987 durch Selbstmord, nachdem bei ihr Lungenkrebs diagnostiziert worden war. Sie zählt neben Margaret Atwood und Alice Munro zu den bedeutendsten Autorinnen Kanadas. Der vorliegende Roman erschien bereits 1969 unter dem Titel „The Fire-Dwellers“ und wurde erst jetzt, 2023, in deutscher Übersetzung von Monika Baark unter dem Titel „Das Glutnest“ vom Eisele-Verlag München veröffentlicht.
Ausgezeichnet beobachtet und von der Autorin schonungslos, aber dennoch sehr feinfühlig zu Papier gebracht, sind hier die Gedanken und Gefühle einer unglücklichen, mit sich selbst unzufriedenen Frau. Sie lässt Stacey selbst erzählen und uns so hautnah an deren innerer Unausgeglichenheit teilhaben. Hin- und hergerissen zwischen Sympathie und Abneigung zur Protagonistin erleben wir als Leser einen Überschwang an Gefühlen, Aufregungen und versöhnlichen Momenten. Ein ruhiger, besinnlicher Schluss lässt uns mit der Protagonistin auf eine friedlichere, glücklichere Zukunft hoffen.
Fazit: Nicht unbedingt eine Geschichte zum Wohlfühlen, aber ein beeindruckender Roman, den ich gerne weiter empfehle.

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Veröffentlicht am 25.10.2023

Eine Künstlerin beweist sich

Ich bin Frida
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Frida Kahlo ist in der Mitte ihrer Jahre, als sie endlich den Durchbruch als Malerin und Künstlerin hat. Bisher stand sie als Ehefrau und Muse des bekannten mexikanischen Malers Diego Rivera stets in dessen ...

Frida Kahlo ist in der Mitte ihrer Jahre, als sie endlich den Durchbruch als Malerin und Künstlerin hat. Bisher stand sie als Ehefrau und Muse des bekannten mexikanischen Malers Diego Rivera stets in dessen Schatten, nun soll sie in einer bekannten New Yorker Galerie und danach in Paris eine eigene Ausstellung bekommen. Zum ersten Mal ist sie alleine, ohne Diego, unterwegs. Das ist künstlerisch ihre große Chance – und endlich hat sie auch die Möglichkeit, sich als selbständige Frau zu bewähren. Sie verliebt sich in den Fotografen Nickolas Muray und erlebt ein Chaos der Gefühle. Als er von ihr eine Entscheidung verlangt merkt sie, dass sie auch ihren Mann Diego immer noch liebt …

Caroline Bernard ist das Pseudonym der 1961 in Hamburg geborenen deutschen Schriftstellerin und Lektorin Tania Schlie, die auch unter einem weiteren Pseudonym Greta Hansen schreibt. Sie studierte Germanistik und Politikwissenschaften in Hamburg und Paris. Nach dem Abschluss arbeitete sie als Verlagslektorin. Sie veröffentlichte sowohl unter ihrem tatsächlichen Namen als auch unter den beiden Pseudonymen bereits zahlreiche Romane. Heute arbeitet Tania Schlie als freie Lektorin, Journalistin und Autorin. Sie hat zwei Kinder und lebt mit ihrer Familie in Glückstadt an der Elbe.

Wer hat nicht schon von Frida Kahlo gehört, gelesen oder ihre Bilder betrachtet und sich dabei gedacht, wer war diese Frau? Sehr gut recherchiert und von der Autorin ohne zu beschönigen, aber dennoch gefühlvoll und empfindsam beschrieben, ist hier ein Ausschnitt aus dem Leben dieser Aufsehen erregenden, sinnlichen Frau und vielseitig begabten Künstlerin. Hin- und hergerissen zwischen Sympathie und Ablehnung werden wir hier mit einem Überschwang an Gefühlen konfrontiert. Wir erfahren, dass Frida Kahlo zeitlebens mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte und von Schmerzen geplagt wurde. Ein verkürztes Bein, das nach überstandener Kinderlähmung zurück blieb, und etliche Brüche, die durch einen schweren Verkehrsunfall entstanden, versuchte sie stets zu verbergen – war aber dennoch voller Lebenslust.

Der Schreibstil der Autorin ist angenehm flüssig, sodass sich das Buch schnell lesen lässt. Sie schafft es mühelos, die historischen Personen in eine lebendige Handlung einzubauen. Leider haben sich einige Längen und Wiederholungen eingeschlichen (Frida lässt gefühlt etwas zu oft ihre Röcke schwingen, erwähnt mehrfach ihren Unfall und stöhnt häufig über ihre Schmerzen), und etliche schwülstige Passagen könnten einem seichten Liebesroman entsprungen sein. Ein kurzes Nachwort der Autorin über das weitere Schicksal der Frida Kahlo und eine Auflistung der wichtigsten in New York und Paris ausgestellten Bilder runden die Geschichte gekonnt ab.

Fazit: Wer sich für das Leben und die Bilder von Frida Kahlo interessiert, sollte dieses Buch unbedingt lesen.

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Veröffentlicht am 24.10.2023

Schreibblockade und andere Kümmernisse

Rauch und Schall
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Bisher brachte eine Reise immer die gewünschte Inspiration, doch diesmal blieb sie aus. Goethe kommt zurück aus der Schweiz und seine Schreibblockade hält noch immer an. Es will ihm einfach nichts einfallen, ...

Bisher brachte eine Reise immer die gewünschte Inspiration, doch diesmal blieb sie aus. Goethe kommt zurück aus der Schweiz und seine Schreibblockade hält noch immer an. Es will ihm einfach nichts einfallen, seine Gedanken sind wie Rauch und Schall, sein Geist ist leer. Dabei drängt die Zeit, der herzogliche Hof erwartet von ihm zur Geburtstagsfeier der Herzogin ein Festgedicht. Was tun? In seiner größten Not bietet Schwager Christian August Vulpius, ein von Goethe als Lohnschreiber verachteter Schriftsteller, seine Hilfe an. Goethe ist außer sich, das geht doch nicht. Ausgerechnet ein Schreiber seichter Romane soll sein Festgedicht schreiben, nie und nimmer! Doch er braucht dringend Hilfe …

Charles Lewinsky ist ein Schweizer Schriftsteller, der 1946 in Zürich geboren wurde. Er studierte in Zürich und Berlin Germanistik und Theaterwissenschaft. 1984 veröffentlichte er sein erstes Buch, es folgten zahlreiche weitere Romane, Theaterstücke und Drehbücher. Bei uns richtig bekannt wurde er 2020, als sein Roman „Der Halbbart“ auf der Longlist des Deutschen Buchpreises stand und er für den Schweizer Buchpreis nominiert wurde. Lewinsky wohnt in Zürich und im französischen Vereux.

„Goethe hatte Hämorrhoiden“, schon dieser erste Satz des Romans regt zum Schmunzeln an. Als „einzigartiger Lesespaß“ wird dieses Buch angepriesen - und das ist keine Übertreibung. Einfach herrlich, wie der Autor hier einerseits mit gut recherchierten Fakten und andererseits mit fantasievoll erfundenen Unwahrheiten über Goethes Schreibblockade, deren Existenz belegt sein soll, aufwartet.

Brillante Situationskomik wechselt in rascher Folge mit unterhaltsamen Gesprächen zwischen Goethe und Herzog Carl August oder Schwager Vulpius – die Weimarer Zeit und Goethes Familie, Christiane und Sohn August, sind weitere interessante Themen. Wie es zum erfolgreichsten deutschen Räuberroman des 19. Jahrhunderts – „Rinaldo Rinaldini, der Räuberhauptmann“ von Christian August Vulpius“ – gekommen sein soll, wird ebenfalls erörtert. Was man in dieser Geschichte als Wahrheit, und was man als möglicherweise ausgedacht empfindet, bleibt jedem Leser selbst überlassen.

Fazit: Großartig gelungen! Etwas störend für mich waren lediglich die vielen eingefügten lateinischen Aphorismen, die den Lesefluss etwas hemmen.

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