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Veröffentlicht am 22.10.2017

Locker-flockiger Frauenroman

Ich bin alt und brauche das Geld
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Eva Völler hat hier einen flott geschriebenen und hinreißend komischen Frauenroman verfasst.
Hauptfigur und Ich-Erzählerin ist Charlotte, die mit Ende 40 ihr Leben nochmal praktisch neu beginnen muss. ...

Eva Völler hat hier einen flott geschriebenen und hinreißend komischen Frauenroman verfasst.
Hauptfigur und Ich-Erzählerin ist Charlotte, die mit Ende 40 ihr Leben nochmal praktisch neu beginnen muss. Denn nachdem sie sich hatte überreden lassen, zu ihrem (wie sich später herausstellte untreuen und mittlerweile auch noch verstorbenen) Freund Klaus nach Frankfurt zu ziehen und ihm noch dazu eine größere Geldsumme zu leihen, findet sie sich nun arbeits- und praktisch mittellos auf dem Sofa ihrer Freundin Doro wieder. Weil sie nicht für immer auf diesem Sofa leben möchte, entschließt sie sich, in eine zwar bezahlbare, dafür aber auch stark renovierungsbedürftige Wohnung zu ziehen – die sich aber immerhin in einer interessanten Nachbarschaft befindet. Vor allem ihr neuer Nachbar Adrian scheint eine faszinierende Persönlichkeit zu sein...
Doch Charlottes Hoffnung, dass ihr Leben nun bald wieder in geordneteren Bahnen verlaufen werde, wird jäh zunichte gemacht, als Klaus´ Tochter Jennifer plötzlich vor der Tür steht und sie dazu überredet, sich für ein paar Tage um ihre beiden Kinder samt dem russischen Au-Pair Olga zu kümmern. Sie selbst müsse dringend zu ihrem Mann nach London. Was es mit dieser Reise nach London auf sich hat und was sie dort erlebt, erfahren Charlotte (und die Leserinnen) durch Beiträge in Jennifers Blog im Internet.

Diese Ausgangssituation klingt nun schon verwirrend genug, doch im Laufe der Handlung wird sich Charlotte noch mit einer Reihe weiterer Verwicklungen auseinander setzen müssen.
Bei all diesen Erlebnissen hat man als Leserin das Gefühl, hautnah mit dabei zu sein.
Charlotte war mir von Anfang an sehr sympathisch, sie wirkt zwar ein bisschen zu naiv für eine langjährige Geschäftsfrau und ist nicht gerade mit einem besonders großen Selbstbewusstsein gesegnet, dafür ist sie aber eine herzensgute Person, welche die Schwierigkeiten, mit denen das Leben sie konfrontiert, mit einer gewissen Gelassenheit und einer großen Portion Humor zu meistern versteht.
Auch die übrigen Protagonisten sind sehr gut und lebendig gezeichnet – allen voran die beiden Kinder Paulinchen und Max, die immer wieder für heiteres Chaos sorgen und durch ihre witzigen Bemerkungen die Handlung auflockern.
Sogar bei den Nebenfiguren hat die Autorin sich noch viel Mühe gegeben, diese farbenfroh zu charakterisieren, sodass sie alle mühelos vor meinem inneren Auge zum Leben erweckt wurden.
Natürlich gibt es dabei auch eine Reihe von Klischees – beispielsweise treten ein untreuer Ehemann, der mit der sexy 22jährigen fremdgeht, ein pingeliger Hausmeister oder ein russisches Partygirl auf.
Aber damit muss man bei Büchern dieses Genres eben rechnen. Genauso wie man auch bereit sein muss, über einige Ungereimtheiten, die teilweise ziemlich vorhersehbare Handlung und das etwas unrealistisch wirkende Happy End hinwegzusehen.

Einen besonders anspruchsvollen Roman darf man hier also nicht erwarten, man kann mit dem Buch aber einige kurzweilige Stunden verbringen. Ich wurde hier jedenfalls hervorragend unterhalten!

Veröffentlicht am 22.10.2017

Kashgar und London – Vergangenheit und Gegenwart

Kashgar oder Mit dem Fahrrad durch die Wüste
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Dieses Buch besteht aus zwei Handlungssträngen, die abwechselnd erzählt werden.
Da ist zum einen das im Mai 1923 beginnende Reisetagebuch der Miss Evangeline English, die sich gemeinsam mit ihrer Schwester ...

Dieses Buch besteht aus zwei Handlungssträngen, die abwechselnd erzählt werden.
Da ist zum einen das im Mai 1923 beginnende Reisetagebuch der Miss Evangeline English, die sich gemeinsam mit ihrer Schwester Lizzie und der dominierenden Führungspersönlichkeit Millicent auf eine abenteuerliche Reise in den fernen Osten gemacht hat. Das Ziel, dem Millicent und Lizzie sich verschrieben haben, ist die Missionierung der dortigen Bevölkerung. Doch Eva täuscht ihre diesbezügliche Begeisterung nur vor, ihre wahre Ambition besteht darin, Eindrücke für einen Reiseführer zu sammeln, den sie nach ihrer Rückkehr veröffentlichen möchte. Die drei Frauen stranden schließlich in Kashgar, wo sie sich mit einem neugeborenen Baby, einer Anklage wegen Mordes und den zunehmenden politischen Spannungen in der Region auseinander setzten müssen.
Die andere Geschichte spielt im London der Gegenwart. Völlig unerwartet erhält Frieda die Mitteilung, dass ihre Verwandte Irene Guy gestorben sei und sie sich um die Auflösung ihrer Wohnung kümmern müsse. Frieda weiß nicht, wer Irene ist, doch sie vermutet, dass ihre Mutter mehr darüber weiß. Mit dieser hatte sie aber seit Jahren keinen Kontakt mehr.
Ebenso unerwartet tritt der aus dem Jemen stammende Tayeb in ihr Leben. Seine Vorliebe für kunstvoll ausgeführte Wandmalereien hat ihn schon öfters in Schwierigkeiten gebracht und weil er sich gerade illegal in England aufhält, muss er seine Entdeckung aus Auslieferung fürchten.

Es ist schwer, den Inhalt dieses Buches in ein paar kurzen Worten zusammenzufassen, da die Handlung eine Vielzahl interessanter und teilweise auf komplexe Art miteinander verwobener Elemente enthält.
Ein zentrales Thema ist das Gefühl der Fremdheit, das in verschiedenen Varianten ausgeleuchtet wird. Nicht nur Eva und Tayeb halten sich in einem für sie jeweils fremden Land auf, auch Frieda scheint ihrer Heimat in gewisser Weise entfremdet zu sein, weshalb sie sich von ihrem Beruf immer wieder von zu Hause fort in diverse islamische Länder treiben lässt, wo sie dann ihre Zeit in trostlosen Hotelzimmern verbringt.
Auch innerhalb der Familien ist eine gewisse Fremdheit allgegenwärtig. Eva sieht ihr einstmals sehr vertrautes Verhältnis zu ihrer Schwester durch Millicents Einfluss bedroht, Frieda hatte nie ein echtes Naheverhältnis zu ihrer Mutter, die sie schon verlassen hatte, als sie noch ein kleines Mädchen war, und Tayeb hat einen ganz anderen Lebensweg gewählt als sein Vater für ihn vorgesehen hatte.
So haben die in ihrer Persönlichkeit doch sehr unterschiedlichen Protagonisten mehr miteinander gemeinsam, als es auf den ersten Blick den Anschein hat.
Obwohl die Geschichte an sich relativ ruhig verläuft, die Handlung sich eher langsam entwickelt und keine großen Action-Szenen vorkommen, wird durch das ständige Hin- und Herspringen zwischen den Handlungssträngen doch eine interessante Dynamik erzeugt und eine gewisse Spannung aufgebaut. Man möchte einfach wissen, wie das alles zusammenhängt.

Alles in allem ist dies ein absolut lesenswerter, mit viel psychologischem Einfühlungsvermögen geschriebener Roman, der sich positiv von üblichen Einheitsbrei abhebt.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Habsburger hautnah

"Der Franzi war ein wenig unartig"
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Hofdamen nehmen in der Geschichtsschreibung meist nur eine Randposition ein. Sie werden in Büchern vielleicht mit einem Satz oder einem kurzen Zitat erwähnt oder sollen in Historienfilmen als hübsche Frauen ...

Hofdamen nehmen in der Geschichtsschreibung meist nur eine Randposition ein. Sie werden in Büchern vielleicht mit einem Satz oder einem kurzen Zitat erwähnt oder sollen in Historienfilmen als hübsche Frauen in prächtigen Kleidern dem optischen Aufputz dienen.
Dabei hatten sie doch eine wichtige, wenn auch im Hintergrund wirkende, Position inne, waren enge Vertraute der Herrscherfamilie und wurden bisweilen auch in politischen Angelegenheiten um Rat gefragt. Vor allem aber zeichneten sich durch ihr persönliches Naheverhältnis zu den erlauchten Personen aus und ihre Stellung gewährte ihnen intime Einblicke in das Leben der Familie Habsburg.

Viele Hofdamen haben ihre Erlebnisse sowie ihre bisweilen durchaus scharfsinnigen Beobachtungen in Briefen und Tagebuchaufzeichnungen festgehalten – und einige dieser Erinnerungen sind dem Zahn der Zeit entronnen und konnten von Gundula Walterskirchen für das vorliegende Buch verwendet werden.
Die Autorin beschränkt sich dabei auf die Zeit von Mitte des 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. So kann der Leser beispielsweise die Kindheit des späteren Kaisers Franz Josef, die Revolution von 1848, das Verhältnis zwischen Kaiserin Elisabeth und ihrer Schwiegermutter Erzherzogin Sophie oder die Irrwege des abgedankten Kaisers Karl und seiner Frau Zita nach dem Ende der Monarchie hautnah miterleben.
Natürlich muss man im Hinterkopf behalten, dass es sich bei den in diesem Werk mit großer Ausführlichkeit zitierten Texten um private Auszeichnungen handelt, die von ihren Verfasserinnen nie zur Veröffentlichung gedacht waren. So darf man keine geschliffene Ausdrucksweise erwarten und manche Stelle fällt vielleicht etwas holprig aus – andererseits kann man einigen Hofdamen eine gewisse schriftstellerische Begabung nicht absprechen.

Interessant ist die Lektüre aber auf jeden Fall, vor allem deshalb, weil einem hier Personen, die man sonst nur in ihrer „Rolle“ als Adelige kennt, als Menschen begegnen. Ich kann dieses Buch daher allen, die sich für die österreichische Geschichte begeistern, nur empfehlen.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Heitere Anekdoten-Sammlung

Die Enkel der Tante Jolesch
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In Anlehnung an Friedrich Torbergs Meisterwerke „Die Tante Jolesch“ und „Die Erben der Tante Jolesch“ widmet Georg Markus das vorliegende Buch den Wiener und Österreichischen Originalen aus der 2. Hälfte ...

In Anlehnung an Friedrich Torbergs Meisterwerke „Die Tante Jolesch“ und „Die Erben der Tante Jolesch“ widmet Georg Markus das vorliegende Buch den Wiener und Österreichischen Originalen aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Bekannte Namen wie Maxi Böhm, Attila und Paul Hörbiger, Billy Wilder oder Marcel Prawy tauchen auf und auch die Erinnerung an manche heute schon etwas in Vergessenheit geratene Persönlichkeiten wird für die Nachwelt festgehalten.
Im Prinzip handelt es sich hier um eine Aneinanderreihung verschiedener, großteils durchaus unterhaltsamer Anekdoten, durch die man aber nebenbei auch einiges über die Lebensverhältnisse und den Kulturbetrieb vergangener Zeiten erfahren kann.
Auch wenn dieses Werk nicht ganz an das Original von Torberg heranreicht, eignet es sich doch gut als amüsante Lektüre für zwischendurch.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Einblick in die Paläontologie

Dinosaurier
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Dinosaurier – diese rätselhaften Wesen aus der Urzeit faszinieren die Menschen seit ihrer Entdeckung.
Trotzdem gibt es dazu relativ wenige für ein allgemeines erwachsenes Publikum geschriebene Bücher. ...

Dinosaurier – diese rätselhaften Wesen aus der Urzeit faszinieren die Menschen seit ihrer Entdeckung.
Trotzdem gibt es dazu relativ wenige für ein allgemeines erwachsenes Publikum geschriebene Bücher. Umso besser gefällt mir dieses Werk, das einen knappen und dennoch fundierten Einblick in dieses Thema bietet.

David Norman beschreibt hier unter anderem, wie die Entdeckung der ersten Dinosaurier-Fossilien vonstatten ging, erklärt ihre Systematik und befasst sich mit den großen Kontroversen seines Faches, etwa der Frage, ob die Dinosaurier Warmblüter waren oder wie die Vögel genau entstanden sind.
Er stellt dabei nicht nur den gegenwärtigen Stand der Forschung dar, sondern zeigt auch, wie die Paläontologen zu ihren Erkenntnissen gelangten, wie sie ihre Einschätzungen in Laufe der Zeit immer wieder revidieren mussten und welche bedeutenden Fossilienfunde ihnen dabei den Weg gewiesen haben.
Außerdem erörtert er, welche Fragen noch offen sind und stellt die neuesten Methoden zur Untersuchung von Überresten vor.

Der Text ist zwar teilweise etwas trocken, aber dennoch gut verständlich und wird durch viele Bilder aufgelockert.
Natürlich kann man auf nur knapp über 200 Seiten lediglich die Grundzüge darstellen und zu manchen Punkten hätte ich mir ausführlichere Erläuterungen gewünscht. Als Einstieg und zum allgemeinen Überblick ist dieses Buch aber jedenfalls gut geeignet.