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Veröffentlicht am 28.03.2025

Sci-Fi über anthropozentrisches Weltbild

Lyneham
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Im Roman "Lyneham" von Nils Westerboer geht es darum, dass die Menschen, nachdem sie die Erde nun komplett zerstört haben, auf einen weit entfernten Planeten auswandern - kommt einem wohl bekannt vor. ...

Im Roman "Lyneham" von Nils Westerboer geht es darum, dass die Menschen, nachdem sie die Erde nun komplett zerstört haben, auf einen weit entfernten Planeten auswandern - kommt einem wohl bekannt vor. Dort werden sie vor verschiedene Probleme gestellt, wie unsichtbare Wesen, die bereits dort leben und eine Atmosphäre, die sehr sauerstoffarm ist und somit für Menschen nicht lebensfähig. Die Forscher:innengruppe, die zuerst dort ankommt, versucht alles, um den Planeten habitabel zu machen, doch nicht alle sind über die Vorgehensweisen, die die Eindringline einsetzen, glücklich.
Die Leser:innen verfolgen zwei Erzählstränge. Auf der einen Seite gibt es Henry Meadows, der gerade mit seinem Vater und seinen Geschwistern auf dem neuen Planeten angekommen ist, auf dem bereits die neue Gesellschaft gegründet wurde. Die Familie versucht sich an die neuen Gegenheiten zu gewöhnen und sich in die Gesellschaft einzugliedern.
Die ethisch interessantere, wenn auch komplexere, Perspektive, da viele viele Fachbegriffe und eine stark wissenschaftliche Sprache verwenden werden, ist die von Henrys Mutter, Mildred Meadows. Sie ist bereits früher angekommen und war Teil der "Pioniere", die den Planeten auf die Ankunft der Menschen vorbereiten sollte. Mildred ist unglücklich über die invasive Vorgehensweise, mit der sich die Gruppe den Planeten zu eigen machen möchte. Sie versteht ihre Rolle als "Einwandernde" und möchte lieber versuchen eine Symbiose mit der neuen Welt anzustreben, anstatt auch diese zu zerstören.
Beide Perspektiven sind durchaus interessant. Die Kapitel aus Henrys Sicht sind wesentlich einfacher zu lesen und bieten somit eine gute Abwechslung zu den stark wissenschaftlichen Kapiteln. Durch diesen Fokus wirkt Mildred auch unnahbar, man baut kaum Sympathien für sie auf. Dafür ist es bei Henry umso einfacher. Bei ihm stehen die Gefühle, die neuen Eindrücke und seine Ängste und Unsicherheiten im Vordergrund. Man kann gut mit ihm mitfühlen und so eine Verbindung zu ihm aufbauen.
Am Ende bleibt vor allem der Gedanke, wie wir mit unserer Welt umgehen und unter welchen Umständen ein Auswandern auf einen neuen Planeten passieren sollte. Westerboer stellt klar, dass das anthropozentrische Weltbild, bei dem sich derzeit die Menschheit als absoluten Mittelpunkt sieht, in diesem Fall überdacht werden muss und wir uns nicht einfach neue Planeten unter den Nagel reißen können, weil wir unsere Welt zerstört haben.

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Veröffentlicht am 24.03.2025

Gelungene Urban Fantasy mit leichten Pacingproblemen

Nachtlügen
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Der Urban-Fantasy-Roman "Nachtlügen" von Lisanne Surborg ist eine spannende, aber auch recht angenehme Lektüre für den Abend.
Die Protagonistin Isra ist eine Albin, sie schleicht sich in die Träume schlafender ...

Der Urban-Fantasy-Roman "Nachtlügen" von Lisanne Surborg ist eine spannende, aber auch recht angenehme Lektüre für den Abend.
Die Protagonistin Isra ist eine Albin, sie schleicht sich in die Träume schlafender Menschen, verwandelt diese in Albträume und erntet anschließend den schönen Traum. Das muss sie tun, um zu überleben, denn Albe können nicht selbstständig träumen. Durch den luziden Träumer Marek wird ihr jedoch klar, dass sie vielleicht nicht so viel Kontrolle über ihre Albträume hat, wie sie haben sollte.
In sehr kurzen Kapiteln erzählt die Autorin von der jungen Isra, die anfangs nicht gerade sympathisch oder menschenfreundlich scheint, mit der Zeit aber "auftaut". Zwischen den Kapiteln finden sich immer wieder kurze Schnipsel aus unserer Kultur, die mit Schlaf und Albträumen zu tun haben oder Ausschnitte aus Regelwerken, Podcasts oder Newslettern für Albe. Zu Beginn des Romans ist schon sehr viel passiert, das müssen die Leser:innen aus Gesprächen, Erinnerungen und Rückblenden zusammenpuzzeln zu einer logischen Handlung, die uns die Geschehnisse im Roman erklären. die Geschehnisse, die im Roman zeitlich teils falsch platziert wirken. Da passieren für Isra schreckliche Dinge, die große Konsequenzen haben könnten, doch die werden mal für hundert Seiten zur Seite geschoben, damit scheinbar das Leben für Isra normal weitergehen kann. Das führt dann dazu, dass sich die Ereignisse am Ende überschlagen und das Finale übereilt scheint. Ich hätte mir hier eine bessere Aufteilung gewünscht.
Trotzdem ist "Nachtlügen" ein gelungener Urban-Fantasy-Roman, der ein interessantes Konzept bietet und auch für Fantasy-Neulinge einen guten Einstieg ermöglicht.

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Veröffentlicht am 12.03.2025

Über Freundschaft

Wenn wir lächeln
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Jara und Anto sind Freundinnen, nicht mehr, nicht weniger. Aber gibt es den wichtigeres?
Diese ganz besondere Beziehung in einem Leben betrachtet der Roman "Wenn wir lächeln" von Mascha Unterlehberg. ...

Jara und Anto sind Freundinnen, nicht mehr, nicht weniger. Aber gibt es den wichtigeres?
Diese ganz besondere Beziehung in einem Leben betrachtet der Roman "Wenn wir lächeln" von Mascha Unterlehberg. Dabei verfolgen wir Jara, ein Mädchen in den 90er Jahren, lernt die mutige, aber auch mysteriöse Anto kennen und schnell entwickelt sich zwischen den beiden eine ganz besondere Freundschaft - die, die sich eher wie eine Schwesternschaft anfühlt. Anto zeigt Jara wie man sich im Enkaufszentrum Geld schnorrt, wie man im Bioladen klaut und was man nachts mit einem Baseballschläger alles anfangen kann.
Der Roman beginnt jedoch nicht am Anfang, beim Kennenlernen. Die Leser:innen werden mitten rein geworfen, in eine Nacht, in der Anto plötzlich von einer Brücke in den Rhein springt und während Jara überlegt, was sie nun tun soll, erleben wir rückblickend, wie die beiden Mädchen dort gelandet sind. Dies sorgt beim Lesen teilweise für Verwirrung, man muss sich die richtige Chronologie selbst zusammenpuzzeln, während in der Gegenwart immer neue Möglichkeiten, wie es den weitergehen könnte, je nachdem wie Jara sich entscheidet, erzählt werden. Wir lesen die Geschichte durch die Augen einer unbewusst unzuverlässigen Erzählerin, die uns von einer bewusst unzuverlässig erzählenden Freundin erzählt, ein interessantes Konzept, aber manchmal dann doch etwas anstrengend.
Was bleibt ist jedoch dieses wunderschöne Gefühl der engen Freundschaft zwischen den zwei heranwachsenden Mädchen. Eine Freundschaft, die ohne erotische Liebe auskommt. Eine Freundschaft, wie sie jede:r einmal in seinem/ihrem Leben haben sollte.

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Veröffentlicht am 25.02.2025

Versprechen nicht gehalten

Super-GAU
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Die Graphic Novel "Super-GAU" von Bea Davies erzählt mit schönen Bildern und auf sanfte Art und Weise von Schicksalen in Deutschland.
Die handelnden Personen sind durchaus interessant und ihre Geschichte ...

Die Graphic Novel "Super-GAU" von Bea Davies erzählt mit schönen Bildern und auf sanfte Art und Weise von Schicksalen in Deutschland.
Die handelnden Personen sind durchaus interessant und ihre Geschichte berührt und regt zum Nachdenken über die Gesellschaft an, ohne die Moralkeule herauszuholen. Jedoch fehlte mir ein Aspekt, der im Titel und im Klappentext eigentlich groß angekündigt wird. Denn diese suggerieren, dass es um die Atomkatastrophe in Fukushima geht und wie sich diese auch auf deutsche Schicksale ausgewirkt hat. Dies war jedoch nur ein sehr kleiner Aspekt der Erzählung. Es wurden zwar immer wieder Nachrichten-Bilder gezeigt, die die Handlung unterbrochen haben und auch die eine oder andere Reaktion darauf, jedoch würde der Großteil der Geschichte auch ohne diese Katastrophe in den Nachrichten gleich ablaufen.
Ohne dieses Versprechen, worum es gehen wird, hätte die Graphic Novel auch hervorragend funktioniert, so aber hatte ich etwas anderes erwartet.

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Veröffentlicht am 29.01.2025

Erzählstil spannender als Inhalt

Only Margo
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In "Only Margo" schreibt Rufi Thorpe über die jugendliche Margo, die von ihrem Professor schwanger und danach gedrängt wird, das Baby abzutreiben und ja niemandem etwas zu erzählen. Doch Margo entscheidet ...

In "Only Margo" schreibt Rufi Thorpe über die jugendliche Margo, die von ihrem Professor schwanger und danach gedrängt wird, das Baby abzutreiben und ja niemandem etwas zu erzählen. Doch Margo entscheidet sich für das Kind und schon bald gerät sie in finanzielle Schwierigkeiten - bis sie die Social Media Plattform OnlyFans für sich entdeckt.
Die Handlung ist solide und wirkt realistisch, Margo ist eine sympathische Protagonistin, der man nur das Beste wünscht und der Roman ist ausgewogen erzählt. Er hat keine Längen und unterhält durchgehend. Doch noch spannender als der Inhalt ist die Art, wie die Autorin die Geschichte erzählt. Margo, die den Professor in einem Literaturseminar über unzuverlässige und außergewöhnliche Erzählstimmen (oder so ähnlich) kennengelernt hat, entscheidet sich nämlich dazu, manchmal in der ersten Person zu erzählen, manchmal in der dritten Person, damit sie die Margo so erschaffen kann, wie sie sie haben möchte. Der Erzählstil lädt praktisch dazu ein, den gesamten Roman zu analysieren und teilweise hat man das Gefühl, man verpasst etwas, wenn man ihn einfach nur zum Vergnügen liest.

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