„Manchmal bist du machtlos gegen deine Gefühle, auch wenn dein Verstand es besser weiß. Du kannst deinem Herz nicht befehlen, was es fühlen oder nicht fühlen soll. Das Herz will, was es eben will.“
(Rebeccas Mutter zu Rebecca in Fire in our souls)
Worum geht’s?
Das behütete Leben der Cheerleaderin Rebecca findet ein jähes Ende, als ihre Familie im letzten Schuljahr in die Kleinstadt Whitevale Creek ziehen muss. Dort stößt sie an allen Ecken auf Ablehnung, falsche Freunde und schreckliche Gerüchte, die sich um den finsteren und zugleich anziehenden Einzelgänger Tristan ranken. Je näher sich die beiden kommen und je dichter die Mauer aus Schweigen und Geheimnissen wird, desto fester ist Rebecca entschlossen, hinter die Masken zu schauen – auch die von Tristan. Rebecca ahnt nicht, dass die Wahrheit nicht nur Tristan endgültig in den Abgrund stoßen könnte, sondern ihr selbst den Boden unter den Füßen wegreißen würde …
Fire in our souls ist ein Einzelband und in sich geschlossen.
Schreibstil und inhaltliche Hinweise
Das Buch wird durch Rebecca und gelegentlich durch Tristan in der Ich-Perspektive erzählt, später kommt kurzzeitig noch eine Perspektive dazu. Das Buch verläuft auf zwei Zeitebenen – zum Großteil in der Gegenwart, später ein wenig in der Vergangenheit. Das Buch beinhaltet potenzielle Trigger insbesondere aus dem Bereich sexueller Übergriff.
Meine Meinung
Eine Sache, mit der man mich wohl immer kriegt: Cheerleader. Weil ich mir aus dem Klappentext aber noch nicht so ganz einen Reim machen konnte, habe ich vorher versucht, herauszufinden, wie viel Cheerleading vorkommt. Lasst euch daher gesagt sein: Sucht ihr eine Cheerleader-Story, ist dies nicht euer Buch. Es spielt nur eine untergeordnete Rolle. Sucht ihr aber einen spannenden Pageturner, der zwar so einige Klischees bedient, aber dennoch eine gewisse Eigenständigkeit mitbringt, seid ihr hier richtig.
Am Anfang fiel es mir schwer, das Buch einzuschätzen. Rebecca muss aufgrund einer Insolvenz ihres Vaters von Miami ins beschauliche Whitevale Creek umziehen. Ihr Vater, weltbekannter Tycoon einer großen Firma, scheint aber viele Geheimnisse zu haben. Und so war ich anfangs auch irritiert, wie diese Insolvenz so unterm Radar laufen kann. Kennt ihr dieses Meme mit zusammengekniffenen Augen „not sure if…“ – so in etwa könnt ihr euch mich beim Lesen vorstellen. Denn irgendwie hat hier alles vorne und hinten nicht gepasst – und das meine ich nicht negativ, im Gegenteil. Ich meine damit die Insolvenz, den Umzug, das Verhalten der Erwachsenen in diesem Buch. Irgendwas war hier im Busch und ich war bereit, herauszufinden, was genau. Und damit sind wir auch schon bei der großen Stärke des Buches angekommen: es ist spannend und man will das Rätsel lösen.
Also begab ich mich mit Rebecca auf die Reise. Seid gewarnt, euch werden einige stereotypische Charaktere begegnen. Die Cheerleader-Anführerin, die bitterböse Kommentare abgibt. Die Loser, die in der Schule gemieden werden. Der rebellische Bad Boy, der von der Stadt geschnitten wird und mehr Zeit beim Schulleiter verbringt, als jeder andere. Die Wahrheit ist aber, dass es bei diesem Buch darum geht, hinter die Kulissen zu schauen, hinter die Fassaden, die die Charaktere teilweise mühsam aufgebaut haben oder die Stempel, die ihnen unfairerweise aufgedrückt wurden. Jedenfalls ist Rebecca aus reichem Haus, aber ein wahnsinnig angenehmer Charakter. Gelegentlich ist sie vielleicht etwas naiv, aber ich mochte sie. Man darf hier auch das Young Adult Setting nicht vergessen, die Charaktere sind noch aufgeregt, befinden sich auf der Highschool und machen ihre Sache dafür doch ziemlich gut. Rebecca findet sich in Whitevale Creek fix zurecht, aber anders, als man erwartet. Sie ist ein Mittelding aus klassisches beliebtes Mädchen und Anti-Heldin, weil sie sich „mit den Losern“ anfreundet. Gleichzeitig verbringt sie aber auch Zeit mit den Cheerleadern, da sie den Sport liebt. Cheerleading ist hierbei nicht so präsent im Buch, ich hätte mir vielleicht ein wenig mehr gewünscht, das liegt aber einfach an meinem generellen Interesse daran und nicht, weil es jetzt handlungsfördernd gewesen wäre.
Vor Ort haben wir Tristan als Stadt-Bad-Boy, der in eine Rolle gedrängt wurde, weil es Gerüchte um seine verschwundene Mutter und eine mögliche Ermordung durch den Vater gibt. Falls jetzt jemand denkt, dass dies der Handlungsschwerpunkt ist, muss ich sagen, dass es nicht ganz stimmt. Aber: Es werden Erkenntnisse kommen, die überraschend und schockierend sind. Es ist hier kein Stephan King oder John Grisham, aber ich empfand die Entwicklungen sehr solide, durchdacht und für den Kontext absolut passend und angemessen. Es ist, als würde die Autorin einem gelegentlich Puzzleteile zuwerfen, die irgendwie keinen Sinn machen, am Ende aber ein überraschendes Bild ergeben. Ein Bild, was zeigt, wie viele Sachen doch zusammenhängen können. Und: Dass sich die Geschichte wiederholt…
Und damit kommen wir nämlich zum eigentlichen Hauptpunkt der Story: Sexuelle Übergriffe, die Übermacht von beliebten Sportlern und die generelle Problematik in Aussage-gegen-Aussage-Delikten. Bewusst lasse ich meine juristische Expertise an der Stelle heraus, denn hier geht es nur untergeordnet um die Frage der juristischen Aufarbeitung. Es geht um die Frage, wie eine Schule, eine Elternschaft und eine Kleinstadt damit umgeht, wenn derartige Behauptungen aufkommen. Und hier hat die Autorin wirklich alles gegeben. Von unschönen Gerüchten über bewusstes Denunzieren bis hin zu Bedrohungen ist alles dabei. Und trotzdem gibt Rebecca nicht auf, kämpft, versucht, redet, schweigt. Es geht um so viele Aspekte, die wunderbar eingefangen sind. Der familiäre Druck, das gesellschaftliche Ansehen und um das typische „er ist ein Superstar, als hätte er es nötig“. Super gut geschrieben, mit einem starken Finale. Und eben gleichzeitig auch der Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. So gesehen das übergeordnete Chaos, was am Ende dazu geführt hat, dass alle jetzt an dieser Stelle sind.
Sicher ist Fire in our souls kein Buch, was mit gigantischer Tiefe, tiefgreifenden Gefühlen oder einer atemlosen Lovestory punkten kann. Von allem ist ein bisschen dabei, aber es ist kein Liebesroman, kein Krimi, keine Biografie und zugleich aber alles davon. Und das hat mir sehr gut gefallen. Hier und da hätte ich mir mehr Tiefe und damit Nachvollziehbarkeit gewünscht, gerade im Hinblick auch auf die Lovestory, aber mich hat das Buch einfach auch so gut catchen können, ich habe es in einem Rutsch durchgelesen und bin sehr zufrieden rausgegangen.
Mein Fazit
Fire in our souls konnte mich abholen und ich habe das Buch wirklich in einem Rutsch gelesen. Spannend, überraschend und gleichzeitig eine interessante Interpretation und Nutzung bekannter Klischees und Stereotypen. Hier und da hätte ich mir mehr Tiefe und Gefühl gewünscht, aber der Spannungsbogen des Buches hat mich überzeugen können.
[Diese Rezension basiert auf einem vom Verlag oder vom Autor überlassenen Rezensionsexemplar. Meine Meinung wurde hiervon nicht beeinflusst.]