Cover-Bild Nach dem Krieg
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25,00
inkl. MwSt
  • Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 296
  • Ersterscheinung: 17.04.2025
  • ISBN: 9783423284622
Graham Swift

Nach dem Krieg

Zwölf Erzählungen | »Eine exzellente, erleuchtende Erzählsammlung, vielleicht sogar Swifts beste.« Kirkus Reviews
Susanne Höbel (Übersetzer)

Über Krieg und Frieden nach 1945

1959: Im Rathaus einer deutschen Kleinstadt steht Hans Büchner einem britisch-jüdischen Soldaten gegenüber, der den Verbleib seiner deutschen Verwandtschaft in Erfahrung bringen möchte. 1962: Kurz vor der Hochzeit seiner Tochter plagen Frank Green, einen ehemaligen Bomberpiloten, Sorgen um den Ausbruch eines Atomkriegs. 11. September 2001: Lucy, die philippinische Hausangestellte einer amerikanischen Diplomatenfamilie, besucht mit deren vierjährigem Sprössling den Londoner Zoo und fragt sich, inwieweit ihre Geburt am Tag des Attentats auf John F. Kennedy ihren Lebensweg geprägt hat. Frühjahr 2020:  Dr. Cole fährt durch pandemie-geleerte Straßen zu seiner Schicht im Krankenhaus und denkt zurück an ein einschneidendes Ereignis in seiner Kindheit.

Was machen Krieg, Terror und gesellschaftliche Ausnahmezustände mit uns Menschen, unmittelbar und noch Jahre und Jahrzehnte später? Gab es je eine Zeit, in der die Angst vor Zerstörung, Tod und Chaos uns nicht beherrscht hat? Überaus genau, zärtlich und weise reflektiert Graham Swift in diesem Erzählband die Nachwirkungen des Krieges und verwebt dabei Dramatisches und Alltägliches, Persönliches und Universelles zu einem meisterhaften Panorama.

»In Swifts bewegenden, zutiefst menschlichen Kurzgeschichten, hinterlässt das Leben auf mysteriöse und manchmal humorvolle Weise seine Spuren. Seine Gabe, die Innenleben von Menschen detailliert einzufangen und offenzulegen und wie sie erfahrene Enttäuschungen bewältigen – oder nicht bewältigen – verleiht jeder dieser Geschichten eine ungewöhnliche Tiefe.« Kirkus Reviews

»Swift zeigt in wunderbarer Vielfalt, auf welche unterschiedliche Weise seine Figuren von dem dunklen Schatten von Krieg oder Katastrophe gezeichnet sind. Diese meisterlich fein gearbeiteten Geschichten verleihen dem Ausdruck ›Konfliktbewältigung‹ eine neue Bedeutung.« Publishers Weekly

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.05.2025

Der Krieg im Alltäglichen und wie wir ihm begegnen

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Nach dem Krieg sammelt zwölf Kurzgeschichten des britischen Autors Graham Swift. Darin nimmt der Autor völlig verschiedene und für mich auch oft überraschende Perspektiven ein. Da ist ein deutscher Ex-Soldat, ...

Nach dem Krieg sammelt zwölf Kurzgeschichten des britischen Autors Graham Swift. Darin nimmt der Autor völlig verschiedene und für mich auch oft überraschende Perspektiven ein. Da ist ein deutscher Ex-Soldat, der 1959 einem jungen britischen Sergeant gegenübersitzt, der nach Antworten zum Verbleib seiner vermissten jüdischen Verwandten sucht, eine andere Geschichte erzählt aus der Perspektive einer britischen Haushälterin, philippinischer Abstammung, in einem amerikanischen Diplomatenhaushalt während 9/11, berührend ist auch die Geschichte eines Witwers, der in nur 6 Monaten Frau und Enkelin verloren hat und verzweifelt nach Antworten sucht. Die Covidpandemie greift der Autor wiederum in der Geschichte eines pensionierten Arztes auf, der in den Wirren der Pandemie an einen besonderen Moment seiner Kindheit denkt. Und da ist an anderer Stelle eine alte Frau, die am Morgen ihres 82. Geburtstags auf ihr Leben zurückblickt.

Die Geschichten sind sehr unterschiedlich und haben mich auch ganz verschieden berührt und begeistert. Was sie eint ist, dass sie sich mit einschneidenden Ereignissen im Leben von Menschen und Gesellschaften beschäftigen und jede für sich zum intensiven Nachdenken anregt. Swift ist ein Meister des Spiels mit Worten, in nur wenigen Zeilen gelingt es ihm ganze Leben zu erzählen und gesellschaftliche Stimmungen zu erfassen und zu transportieren. Dabei beweist er stets einen Sinn für die Besonderheit, auch im Alltäglichen, und ergründet die Tiefen seiner Protagonistinnen und Protagonisten und unser aller Gesellschaft.

Trotz der kurzen Geschichten sind diese daher aus meiner Sicht nicht geeignet sie „mal eben nebenbei“ am Stück zu lesen. Oft liegt in den Geschichten eine mal vordergründige, mal hintergründige Bedeutungsschwere, die sich nicht selten erst beim längeren Nachdenken darüber erschließt. Nach dem Krieg ist daher aus meiner Sicht eine hervorragende Kurzgeschichtensammlung zum Innehalten und Sinnieren über das Leben und die Welt.

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Veröffentlicht am 14.05.2025

Beeindruckende, vielperspektivische und einfühlsam erzählte Kurzgeschichtensammlung

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Im Erzählband „Nach dem Krieg“ nähert sich der britische Erzähler Graham Swift – selbst im Jahr 1949 und damit wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg geboren – in zwölf verschiedenen Kurzgeschichten den ...

Im Erzählband „Nach dem Krieg“ nähert sich der britische Erzähler Graham Swift – selbst im Jahr 1949 und damit wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg geboren – in zwölf verschiedenen Kurzgeschichten den vielen, in Europa weitgehend friedlichen, Jahrzehnten nach diesem verheerenden Krieg an. Auf spannende und vielfältige Weisen wird sich mit dem Thema Krieg, Frieden und der Zeit danach beschäftigt, dieses aus der Perspektive verschiedenster Figuren und Zeiten betrachtet, und so regt der Erzählband sehr zum Nachdenken, Nachspüren, Interpretieren und Miteinander-darüber-ins-Gespräch-kommen an.

Bei manchen Geschichten ist der Kriegsbezug sehr unmittelbar: beispielsweise wenn ein junger britischer Soldat mit jüdischen Wurzeln nach Ende der britischen Besatzungszeit auf einen ehemaligen Wehrmachtssoldaten trifft, der nun im Rathaus arbeitet und die Macht hat, ihm bei der Suche nach seinen verschollenen Verwandten mehr oder weniger behilflich zu sein – dieser Rathausbedienstete, durch dessen Gedankenwelt wir die Geschichte erleben, aber immer noch sehr in altem Denken in Bezug auf militärische Hierarchien und Konventionen verhaftet ist.

Oder, in einer anderen Geschichte, wenn überlegt wird, ob gerade noch schnell eine Hochzeit stattfinden kann, bevor vielleicht gleich ein neuer Krieg ausbrechen wird – es ist die Zeit der Kubakrise und das Gleichgewicht des Schreckens zwischen den Großmächten scheint äußert fragil. Nun wissen wir, der Krieg ist zum Glück damals nicht ausgebrochen, doch diese Geschichte macht das damals herrschende Bedrohungsgefühl sehr eindringlich nachfühlbar.

Dann gibt es wiederum Geschichten, die sich mit einer anderen Form von Krieg beschäftigen: etwa, wenn wir einen pensionierten Arzt kennen lernen, der sich während der Coronapandemie wieder zum Einsatz im Krankenhaus meldet und dort gemeinsam mit dem anderen Gesundheitspersonal versucht, den Kampf gegen den potenziell Tod bringenden Virus für so viele Patientinnen und Patienten wie möglich zu gewinnen… dabei aber gleichzeitig über sein Leben nachdenkt, Bilanz zieht über das, was er erlebt und erreicht hat.

Eine stille und nachdenklich machende Geschichte, so wie so viele in diesem Buch, die aber gleichzeitig eine immense emotionale Transformationskraft in sich tragen, sobald man sich tiefer auf sie einlässt und sie wirken lässt. Und Bilanz gezogen und zurückgeblickt, das wird überhaupt viel in diesem Buch, in späteren Lebensjahren der Figuren oder auch anlässlich des Begräbnisses geliebter Menschen, während die Hinterbliebenen noch zu geschockt sind, eigene Worte für die Feier zu finden – ein Gefühl, das sicher viele nachvollziehen können, die schon jemanden verloren haben.

Eine weitere Geschichte beschäftigt sich mit einem Paar Mitte 30, Ende der 1990er, auf Urlaub auf Zypern, das bisher nichts als Frieden erlebt hat, und doch – oder vielleicht auch genau deshalb? – innerlich nicht sehr erwachsen geworden ist und aus einer eher kindlichen Perspektive überlegt, doch noch selbst Eltern zu werden. Scheinbar passiert in dieser Geschichte gar nicht so viel, außer ein bisschen Urlaub und ein paar Überlegungen, doch unter der Oberfläche wird die Atmosphäre der letzten „goldenen Jahre“, bis etwa Ende der 1990er, perfekt eingefangen: eine Zeit des immer größer werdenden Wohlstands, eine Zeit, die für viele Menschen in Europa von jahrzehntelangem Frieden und Aufschwung geprägt war, aber in der man noch nichts von den neuen Krisen wusste, die in den darauffolgenden Jahrzehnten über die Menschheit hereinbrechen würden, und in der viele noch glaubten, es würde weiterhin immer nur aufwärts gehen.

Der Autor ist selbst schon in den reiferen Jahren seines Lebens angekommen und in so einigen – aber nicht in allen – Geschichten nimmt er auch diese Perspektive ein und erzählt aus dem Blickwinkel älterer Männer oder Frauen. Besonders berührt hat mich auch die letzte Geschichte, in der eine über 80-jährige Frau rund um ihren Geburtstag auf ihr Leben zurückblickt, über den letzten Reisepass nachdenkt, den sie sich noch machen hat lassen, und über die Gnade, die im Vergessen auch liegen kann, sowieso über ihr Leben insgesamt.

Buchrezensionen sind naturgemäß in ihrem Ausmaß beschränkt, doch möchte ich abschließend sagen, dass dieser Kurzgeschichtenband eine solche Tiefe hat, sodass ich über jeder der erwähnten und außerdem über alle nicht erwähnten Kurzgeschichten noch viel schreiben könnte… und selbst dann würden sich immer viele weitere Interpretationsebenen finden, die andere Menschen darin entdecken könnten, und die ich selbst noch nicht gesehen oder zumindest nicht erwähnt habe.

Ein großartiger Kurzgeschichtenband eines sehr talentierten Erzählers voll von tiefer Lebensweisheit, mit eindringlicher Sprache und äußerst einfühlsamen Charakterisierungen, der zutiefst nachdenklich macht über die letzten 80 Jahre und darüber, was es bedeutet, Mensch zu sein und die Gnade zu erleben, zumindest in diesem Moment im Frieden leben zu dürfen… aber auch, wie diverse vergangene Kriege in der Welt, aber vor allem auch in der Psyche der Menschen, nachwirken. Ich werde mich auf jeden Fall in nächster Zeit nun mit weiteren Werken dieses Autors beschäftigen, dieser Erzählband hat mich richtig neugierig auf sein Werk gemacht. Absolute Leseempfehlung!

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