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Veröffentlicht am 04.06.2025

Coming-of-Age vor dem Hintergrund des Schweigens der Nachkriegsjahre

Sputnik
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Christian Berkel hat mit "Sputnik" sein drittes Buch veröffentlicht, alle davon tragen mehr oder weniger autobiografische Züge und haben mit seiner Familiengeschichte zu tun. Für mich war es das erste ...

Christian Berkel hat mit "Sputnik" sein drittes Buch veröffentlicht, alle davon tragen mehr oder weniger autobiografische Züge und haben mit seiner Familiengeschichte zu tun. Für mich war es das erste Buch des Autors, ich beurteile es also unabhängig von den anderen beiden.

Humorvoll startet die Geschichte mit dem Spermium und der Eizelle, die sich zu dem Embryo vereinen, aus dem schließlich der Ich-Erzähler werden wird, hier "Sputnik" genannt, aufgrund der zeitlichen Nähe der Geburt des Jungen zum Start des russischen Satelliten.

In dem Buch geht es sehr viel ums Spüren und Wahrnehmen, ergänzt um philosophische Gedanken des Autors. Das zeigt sich schon ganz am Anfang, als die vermutete Erfahrung des Embryos im Mutterleib beschrieben wird: "Die dunkle Stimme ist weg. Besser so. ich mag es lieber, wenn wir unter uns sind. Liegt es an den überschäumenden Lustgefühlen, die mich überfallen, wenn ich die Stimme meiner Mutter höre? Anfangs hielt ich sie für meine eigene. Wessen Stimme sollte es sonst sein? Ich nahm an, das Leben sei in mir, bis ihch begriff, dass ich in einem Leben war. Da beschloss ich, erst recht zu schweigen." (S. 17)

Dann begleiten wir den Autor durch seine Kindheit mit einem strengen Vater, der HNO-Arzt ist, und einer Mutter, die als Tochter einer Jüdin in der NS-Zeit verfolgt und in einem französischen Lager war, die kunstsinnig und sensibel ist, aber auch schwer traumatisiert, die immer wieder wie tot wirkt und deren Blick ins Leere gleitet. Sehr viel Entfremdung ist da zu spüren, zwischen den Eltern, zwischen ihnen und der Nachkriegsgesellschaft und auch zwischen dem heranwachsenden Jungen und seiner Umgebung.

Die Mutter spricht mit dem Jungen französisch und so wächst er mit dieser Sprache, neben dem Deutschen auf, was ihm später einige Türen öffnen wird: zuerst an eine französischsprachige Schule in Deutschland und schließlich nach Frankreich selbst. Es geht um die Kindheit, Jugend und die jungen Erwachsenenjahre des Ich-Erzählers, darum, wie er immer mehr zu sich und seiner eigenen Identität findet, wie er schon früh Schauspieler werden möchte und engagiert und eigeninitiativ Kontakte in die Schauspielszene knüpft, aber auch sehr viel um sein sexuelles Erwachen und Begehren und erste sexuelle Erfahrungen. Das alles vor dem Hintergrund des Schweigens und Relativierens im Nachkriegsdeutschland.

Über weite Strecken habe ich das Buch sehr interessiert gelesen. Ganz besonders spannend wurde es für mich immer dann, wenn einzelne Szenen den gesellschaftlichen Hintergrund der damaligen Zeit lebendig werden haben lassen und ich ein Gefühl dafür bekommen habe, in was für einem Zwiespalt sich die deutsche Gesellschaft zwischen dieser dunklen Vergangenheit und dem Wunsch, in die Zukunft zu streben, befunden hat, und wie dieser Zwiespalt noch einmal stärker sich in einem jungen Mann zeigt, dessen Mutter selbst von den Tätern verfolgt wurde, der aber gleichzeitig etwa in Frankreich unter der Fremdzuschreibung als "boche" (abwertender Begriff für einen Deutschen) leidet.

Die sexuellen Begehren und Erlebnisse des Jugendlichen und jungen Mannes hingegen waren zwar durchaus authentisch für diese Lebensphase geschildert, haben mich aber beim Lesen nicht so mitgenommen, ebenso wie die Beschreibungen der ersten Kontakte mit dem Theatermilieu. Vielleicht ist mir aber auch beides in dieser Form zu fremd.

Insgesamt ist es ein durchaus solides, lesenswertes Buch, das zum Nachdenken anregt.

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Veröffentlicht am 02.06.2025

Spannende Perspektiven

Meine deutsche Geschichte
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Wie erlebt ein ukrainischer Jude, der in den 1990ern mit seinen Eltern aus der Ukraine nach Deutschland gezogen ist, seine neue Heimat? Dieser Blick von außen hat mich sehr neugierig auf dieses Buch gemacht. ...

Wie erlebt ein ukrainischer Jude, der in den 1990ern mit seinen Eltern aus der Ukraine nach Deutschland gezogen ist, seine neue Heimat? Dieser Blick von außen hat mich sehr neugierig auf dieses Buch gemacht. Darin erzählt Mihail Groys in vielen kleinen Kapiteln von verschiedensten Themen, die ihn betreffen und auf die er seine ganz eigene Perspektive hat.

Er hat es - trotz negativer Einschätzungen einer Lehrkraft in der Volksschule - geschafft, eine ausgezeichnete Bildungskarriere hinzulegen, Abitur zu machen und erfolgreich Verwaltungswissenschaften zu studieren. Nun ist er stolzes Mitglied der SPD und auch als Referent für diese tätig.

Im Buch geht es um Themen der Integration und Identitätsfindung, Kulturunterschiede in den Bereichen Essen, Kleidung, Autos oder Umgang mit Tieren, z.B. verstehe ich nun endlich, warum so viele Migranten mit Trainingsanzügen in der Öffentlichkeit herumlaufen, obwohl sie gerade gar nicht Sport machen - in der Ukraine gelten diese offensichtlich als sehr schick und elegant, danke für diese Erklärung!

Und es geht auch um ernstere Themen wie Jude sein im heutigen Deutschland, den Umgang mit der Erinnerung an die Schoah und den Krieg in der Ukraine.

Es wird deutlich, dass der Autor schon viel Interessantes erlebt hat und dazu sehr spannende, eigene Perspektiven entwickelt hat. Zu vielen im Buch angesprochenen Themen würde ich ihn am liebsten tiefergehend interviewen: da das Buch so eine Bandbreite von verschiedensten Themen umfasst, geht es naturgemäß bei den einzelnen Themen oft noch nicht so in die Tiefe, wie ich mir das gewünscht hätte. Insbesondere gibt es so einige Stellen, an denen der Autor über Unterschiede spricht, aber keine konkreten Beispiele dafür anführt... mit diesen wäre das Buch noch viel verständlicher und leichter lesbar.

Es handelt sich hier auf jeden Fall um einen jungen Mann, der eine starke Stimme hat und viel Wichtiges zu sagen hat und mit diesem Buch ein interessantes Debüt herausgebracht hat. Ich freue mich auf weitere Bücher des Autors, in denen er vielleicht manche der hier kurz behandelten Themen noch viel ausführlicher vertiefen wird.

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Veröffentlicht am 02.06.2025

Familienepos über Entwicklungsmöglichkeiten, Familienmuster und alte Rechnungen

Die Frauen von Cornwall
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Daphne Du Mauriers Debütroman, im englischsprachigen Original mit dem Titel "The loving spirit", wurde nun von Brigitte Heinrich neu ins Deutsche übersetzt und vom Insel Verlag herausgebracht, diesmal ...

Daphne Du Mauriers Debütroman, im englischsprachigen Original mit dem Titel "The loving spirit", wurde nun von Brigitte Heinrich neu ins Deutsche übersetzt und vom Insel Verlag herausgebracht, diesmal unter dem Titel "Die Frauen von Cornwall". Als großer Fan von "Rebecca", Daphne Du Mauriers bekanntestem Werk, zu dem es auch das gleichnamige Musical gibt, war ich sehr gespannt auf dieses Buch und habe mich auf eine vielschichtige Familiengeschichte mit einem Hauch Mystik gefreut.

Diese Erwartung hat das Buch auch durchaus erfüllt und ich habe es sehr gerne gelesen. Es ist ein umfangreiches Werk, für das man sich Zeit nehmen sollte: nicht nur ist es fast 500 Seiten lang, sondern es ist auch auf eine Art und Weise geschrieben, die mich dazu eingeladen hat, länger bei manchen Kapiteln zu verweilen und so habe ich für die Lektüre dieses Buches deutlich länger gebraucht als sonst für ein Werk in diesem Umfang. Das heißt aber nicht, dass es langweilig zu lesen gewesen wäre - das war es überwiegend nicht und ich bin gerne den Geschichten der verschiedenen Familienmitglieder gefolgt.

Das Buch ist in vier große Teile geteilt, die jeweils ein Familienmitglied der Familie Coombe in den Mittelpunkt stellen: es beginnt mit Janet Coombe, geht weiter mit deren Sohn Joseph Coombe, danach folgt dessen Sohn Christopher Coombe und schließlich dessen Tochter Jennifer Coombe. Damit wird insgesamt eine Zeitspanne von 1830 (Beginn Janet) bis 1930 (Ende Jennifer) abgedeckt und somit genau ein Jahrhundert.

Janet ist ein Freigeist und träumt davon, zur See zu fahren, doch im frühen 19. Jahrhundert ist das für eine Frau undenkbar, und so verbringt sie ihr Leben damit, sich nach einem freieren Leben zu sehnen und sich zu wünschen, sie wäre ein Mann und könnte so leben, wie sie sich das wünscht, auch wenn ein Teil von ihr sich durchaus auch nach einer Liebesbeziehung sehnt.

Dieses Zitat zeigt ihre innere Zerrissenheit zu diesem Thema: "Janet war immer noch auf dem Hügel und blickte aufs Meer, und es hatte den Anschein, als gebe es zwei Seiten ihr; eine, die Ehefrau eines Mannes sein, ihn umsorgen und zärtlich lieben wollte, und eine andere, die sich einzig und allein danach sehnte, Teil eines Schiffs zu sein, Teil des Meeres und des Himmels, mit dem frohen, freien Leben einer Möwe." (S. 18)

Janet heiratet schlussendlich und bringt sechs Kinder zur Welt, eines davon ihr Sohn Joseph, dem sie sich am nächsten verbunden fühlt, in dem sie sich wiedererkennt und der ihre Sehnsucht nach dem Meer mit ihr teilt und schließlich Kapitän wird, auf dem nach ihr benannten Schiff "Janet Coombe", das in der familieneigenen Werft gebaut wurde.

Joseph verbringt sein Leben auf See, doch auch er ist ein unruhiger Geist und die berufliche Erfüllung macht ihn nicht glücklich, er wird sich zeitlebens nach der engen Verbindung mit seiner Mutter zurücksehnen und sich trotz vieler Affären und mehrerer Ehen auf keine Frau wirklich einlassen können. Dennoch hofft er, dass sein Sohn Christopher seinen Weg als Seemann fortsetzt.

Doch Christopher fühlt sich am Meer gar nicht wohl und zu einem anderen Leben berufen. Lange hadert er mit dem Erwartungsdruck seines Vaters, versucht, diesen zu erfüllen, scheitert daran und bricht aus diesem vorgeplanten Leben aus und flieht nach London. Doch dafür zahlt er einen hohen Preis: es kommt zum Bruch mit dem Vater.

Jennifer wiederum, Christophers jüngstes Kind und einzige Tochter, liebt ihren Vater auch sehr, wird ihn aber leider nur kurz in ihrem Leben haben. Sie wächst als kleines Kind teilweise in der alten Familiengegend im Cornwall auf, wird sich ihre ganze Jugend, die sie dann in London verbringen muss, danach zurücksehnen, und schließlich zurückkehren, um ihre Seelenruhe zu finden, aber auch, um eine alte familiäre Rechnung zu begleichen.

Die Figuren sind liebevoll und tiefgründig gezeichnet und ich habe insbesondere deren Entwicklung über das Jahrhundert sehr spannend gefunden: alle sehnen sie sich auf ihre Art nach Freiheit und Selbstverwirklichung, eigentlich ein sehr modernes Thema. Und alle haben sie ihre Begrenzungen darin, wie sie damit umgehen und was für sie im Leben möglich ist, welche Hoffnungen und Träume sich erfüllen und welche enttäuscht bleiben... doch insgesamt ist über die vier Figuren eine Entwicklung hin zur Moderne und hin zu freieren, selbstbestimmteren Menschen sichtbar. Das zeigt sich am allerstärksten im Vergleich von Jennifer mit ihrer Urgroßmutter Janet.

Das Buch ist somit nicht nur ein lesenswerter Klassiker, sondern auch ein durchaus aktuelles Werk, das auch für die heutige Zeit wertvolle Fragen stellt und zum Nachdenken anregt.

Schade finde ich allerdings, dass der Verlag sich dazu entschieden hat, es dermaßen stark als "Frauenbuch" zu positionieren: ein Titelbild mit rosa Wölkchen im Hintergrund, und dazu der unpassende Titel "Die Frauen von Cornwall", während das Buch bekanntlich zwei Männer und zwei Frauen, also ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis, mit ihren Lebensgeschichten thematisiert, und keineswegs ausschließlich oder überwiegend Frauen.

Ich finde es bedauernswert, dass mit dieser Positionierung wohl noch mehr als ohnehin schon ein weibliches Lesepublikum angesprochen und Männer eher abgeschreckt werden und damit der schon vorhandene Trend, dass viele Frauen "alles" lesen, also Bücher weiblicher und männlicher Autoren, aber die Werke von Frauen oft als "Frauenliteratur" positioniert und nur von einem Geschlecht gelesen werden, verstärkt wird - das hätte ich mir im Jahr 2025 anders gewünscht, und das hat dieses hervorragende Werk so nicht verdient.

Für diese Positionierung kann dieses tolle Werk aber nichts und ich kann es ansonsten allen, die sich für Klassiker und tiefgründige Familiensagas interessieren, sehr empfehlen.

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Veröffentlicht am 29.05.2025

Sehr düsterer Krimi Noir mit außergewöhnlichem Antihelden & außergewöhnliches Gesellschaftsporträt

Tiefer Winter
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Der Polar Verlag hat sich auf die Herausgabe und Übersetzung von anspruchsvollen Krimis spezialisiert, die mehr bieten wollen, als nur zu unterhalten. Ein solcher ist auch der Krimi Noir "Tiefer Winter", ...

Der Polar Verlag hat sich auf die Herausgabe und Übersetzung von anspruchsvollen Krimis spezialisiert, die mehr bieten wollen, als nur zu unterhalten. Ein solcher ist auch der Krimi Noir "Tiefer Winter", das Debüt des US-amerikanischen Autors Samuel W. Gailey. Wie während des Lesens und auch nochmal stärker im Nachwort klar wird: hier schreibt einer, der die Schattenseiten des ländlichen Amerikas selbst gut kennen gelernt hat und sie präzise zu beschreiben vermag.

Wir befinden uns in Wyalusing, einem gottvergessenen Nest irgendwo im ländlichen Pennsylvania. Hier gibt es kaum etwas, das schön oder ansprechend wäre. Die Menschen leben in Trailern oder heruntergekommenen Häusern. Nicht einmal Straßenbeleuchtung gibt es hier. Alkohol, Drogensucht, Gewalt und Korruption sind allgegenwärtig, da ist auch der Deputy selbst keine Ausnahme, im Gegenteil, er treibt die Verkommenheit dort noch auf die Spitze. Jobs gibt es kaum, schon gar nicht solche mit Perspektive. Wer überhaupt einen hat, arbeitet meist im lokalen Schlachthaus. Und alle, die etwas aus sich machen wollen und können, verlassen diese schreckliche Gegend spätestens nach der High School... wer den Absprung nicht geschafft hat, bereut es oft später.

Somit finden wir in Wyalusing ein Sammelsurium der im Leben gescheiterten Existenzen vor. Da gibt es den Antihelden der Geschichte, Danny, ein freundlicher, kindlicher Riese, äußerlich erwachsen geworden, aber kognitiv nach einem Unfall als Kind, bei dem er auf dem Eis eingebrochen ist und zu lange unter Wasser war, für immer auf dem Stand eines liebenswerten, aber etwas naiven etwa 6-jährigen Jungen eingefroren. Bei dem Unfall hat Danny außerdem seine Eltern verloren, die ihn retten wollten, und musste danach bei einem eher abweisenden Onkel aufwachsen. Vom Leben verwöhnt wurde Danny also wahrhaftig nicht, hat sich aber seine Freundlichkeit und Herzensgüte bewahrt. Er lebt in einem Zimmer, das ihm die Bennetts vermieten, ein freundliches Ehepaar, das außerdem einen Waschsalon betreibt, in dem Danny aushelfen kann. Von den meisten in der Gegend wird Danny gemieden und verspottet, außer den Bennetts gibt es nur noch seine ehemalige Schulfreundin Mindy, die freundlich zu ihm ist.

Diese will er an ihrem Geburtstagsabend besuchen, um ihr ein handgeschnitztes Geschenk zu überreichen. Leider ist Mindy schon tot, als Danny zu ihr kommt... und damit verliert Danny nicht nur eine ihm wohlgesonnene Person und liebe Freundin, sondern bösartige, skrupellose Menschen wollen ihm auch noch den Mord in die Schuhe schieben, was erst einmal zu gelingen scheint. Denn die Menschen sind, wie sie sind, haben ihre Vorurteile gegenüber Menschen mit Handicaps und sind schnell bereit, die Lügen über ihn zu glauben...

Es kommt zu einer Verhaftung Dannys, dann zu seiner Flucht und am Ende zu einem dramatischen Finale im Schnee.

Die Kunst des Autors besteht darin, gleichzeitig ein tiefgründiges, düsteres Gesellschaftsporträt des ländlichen Lebens zu zeichnen und einen spannenden Krimi Noir zu erzählen, der höchst unterhaltsam zu lesen ist, obwohl man sehr früh weiß, wer der Mörder ist und wer nicht. Die Hauptspannung besteht also im Gegensatz zu vielen anderen Krimis hier nicht in der Ermittlungsarbeit der Kommissare (davon gibt es mehrere, aber das sind ähnlich heruntergekommene Figuren wie alle anderen in diesem Buch), sondern in der Frage, ob und wie es Danny schaffen könnte, gegen alle Wahrscheinlichkeiten zu entkommen und zu überleben. Ein kognitiv beeinträchtigter und verletzter Mann mitten im tiefsten Winter Pennsylvanias, und gleich mehrere Verfolger, die ihm nachstellen!

Dabei vermittelt dieser anspruchsvolle Krimi Noir gleichzeitig ein eindringliches Bild dessen, wie hart und brutal das Leben in manchen vergessenen ländlichen Teilen der USA sein kann. Es ist ein Buch, das stellenweise sehr hart zu lesen sein kann und von blutiger Gewalt und Fäkalsprache nur so trieft. Doch das passt zu diesem Milieu und macht das Buch gleichzeitig authentisch, auch wenn man es als Leser/in aushalten können muss. Besonders sympathisch habe ich Danny gefunden, und seine Wahl zum Mittelpunkt des Buches speziell bei einem Debütroman außergewöhnlich und mutig.

Ich selbst habe das Buch sehr gerne gelesen, weil es gleichzeitig unterhaltsam ist und zum Nachdenken anregt. Es ist abwechselnd aus den Perspektiven verschiedener Personen geschildert, was ich ebenfalls sehr schätze und es für mich noch interessanter gemacht hat. Insgesamt erweitert es das Verständnis dafür, in welchen düsteren Lebenssituationen auch manche Wähler in den USA leben, was sicherlich ihre Weltsicht und Wahlentscheidungen mit beeinflusst. Eine Leseempfehlung für alle, die sich auch für die sehr düsteren Seiten des ländlichen Amerikas interessieren und sich von Gewalt und Fäkalsprache nicht abschrecken lassen.

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Veröffentlicht am 26.05.2025

Persönlich & nahbar, mit vielen praktischen Tipps

Der Hormonwerte-Code
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Die approbierte Ärztin und fünffache Mutter Caroline Kreuzschmer ist selbst Jahrgang 1982 und somit in ihren Vierzigern. Aus dieser Position heraus, mit einer interessanten Mischung aus umfangreicher Berufserfahrung ...

Die approbierte Ärztin und fünffache Mutter Caroline Kreuzschmer ist selbst Jahrgang 1982 und somit in ihren Vierzigern. Aus dieser Position heraus, mit einer interessanten Mischung aus umfangreicher Berufserfahrung und dem eigenen Erleben hat sie dieses wertvolle Buch verfasst, das Frauen, die sich den Wechseljahren nähern oder sich schon in diesen befinden, dabei unterstützen soll, eigenverantwortlich die eigene Gesundheit zu analysieren und zu verbessern.

Das Buch beginnt mit einer Einführung in den weiblichen Zyklus, die Sexualhormone und gängige Herausforderungen, wenn sich die Menopause nähert, beispielsweise Progesteron-, Östrogen- oder DHEA-Mangel. In auch für Laien leicht verständlichen Worten erklärt die Autorin, was es damit auf sich hat und auch, welche Symptome darauf hindeuten könnten.

Wenn eine Frau solche Symptome an sich beobachtet hat, kann es sinnvoll sein, zur genaueren Diagnose die Hormone bestimmen zu lassen. Das ist sowohl im Speichel als auch im Blut möglich, je nachdem, was man wissen möchte. Die Leserinnen werden dazu angeleitet, verstehen zu lernen, welche Hormonbestimmung wann sinnvoll ist und wie man diese bei einem Labor veranlassen kann. Es ist also ein Buch, das mündigen Patientinnen auf Augenhöhe begegnet, das mag ich sehr daran.

Hat man dann die Laborergebnisse, gibt es Interpretationshilfen für verschiedene mögliche Resultate. Darauf folgen Behandlungsmöglichkeiten, sowohl im Bereich der bioidentischen Hormontherapie als auch andere Methoden wie Nährstoff- oder Phytotherapie, der Einfluss von Lebensstiländerungen und die traditionelle chinesische Medizin (TCM). Das Thema Schwanger werden mit Ende 30, Anfang 40 wird auch kurz gestreift, zu diesem Thema gibt es aber spezialisiertere Bücher, die es noch wesentlich ausführlicher behandeln.

Am Ende des Buches finden sich schließlich noch interessante Beispiele aus der Praxis sowie ein Nachwort zum Thema Spiritualität und Wechseljahre.

Insgesamt habe ich das Buch gerne gelesen und es wird in meinem Regal einen Platz als wertvolles Nachschlagewerk für eventuell in der Zukunft auftretende Wechselbeschwerden bekommen. Ich kann es allen Frauen in dieser Lebensphase, die sich nicht nur auf ärztlichen Rat verlassen, sondern sich selbstständig mit ihrer hormonellen Gesundheit auseinandersetzen wollen, sehr empfehlen. Der Schreibstil ist persönlich, nahbar, leicht verständlich und unterhaltsam.

Ganz am Ende gibt es noch ein Nachwort zum Thema Spiritualität und Wechseljahre, dem man anmerkt, dass die Autorin sich auch mit diesem Thema sehr beschäftigt hat. An dieser Stelle hat es mich ein bisschen traurig gestimmt, diesen Zugang von ihr nur im Nachwort und auf so kleinen Raum reduziert mitzubekommen.

Auch wenn ich weiß, dass es im naturwissenschaftlich geprägten medizinischen Bereich immer noch sehr viel Mut erfordert, in einen ganzheitlichen Zugang das Thema Spiritualität zu integrieren, hätte ich persönlich mir gewünscht, es wäre etwas mehr davon in dem Buch zu finden gewesen. Denn gerade dadurch kommt nach meinem Empfinden so viel Nahbarkeit, Verbindung und Ganzheitlichkeit in den oft so klinisch-sterilen medizinischen Bereich hinein.

Denn alleine das wenige dazu, was sich auf diesen allerletzten Seiten findet - etwa zum großen Tanz zwischen Menarche und Menopause oder zum Mandala und dem Weg zurück - davon hätte ich gerne mehr gehört und auch gern Bilder davon gesehen und über Praxisbeispiele gelesen. Vielleicht findet die Autorin dazu ja in einer Neuauflage oder in einem weiteren Buch den Mut - ich bin mir sicher, sie hätte auch zu diesem Thema viel Wichtiges zu teilen.

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