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Veröffentlicht am 22.04.2025

Leider mehr Schatten als Licht

Hinters Licht
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In Hinters Licht nimmt uns die Schwedin Åsa Avdic mit auf eine Zeitreise zu den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Eine Zeit der Neuentdeckungen vieler Dinge, die vorher schier unmöglich schienen, Licht, Automobile, ...

In Hinters Licht nimmt uns die Schwedin Åsa Avdic mit auf eine Zeitreise zu den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Eine Zeit der Neuentdeckungen vieler Dinge, die vorher schier unmöglich schienen, Licht, Automobile, Strom etc. So scheint es zunächst auch nicht ganz abwegig, womit sich Professor Thomas Bradford beschäftigt. Als wissenschaftlicher Spiritist möchte er mit wissenschaftlichen Methoden spiritistische Phänomene, wie den Verbleib des Geistes nach dem Tod erforschen. An seiner Seite dabei, Ruth, Anfang 40, Witwe und Mutter von 3 Kindern, geniale Mathematikerin, die vor langer Zeit zugunsten einer Hausfrauenehe ihre vielversprechende Universitätskarriere aufgegeben hat. In der Anzeige Thomas Bradfords zur Suche einer Assistentin liegt ihre Chance zumindest in Ansätzen an ihre Talente wieder anzuschließen. Und auch Bradford erkennt Ruths Genie und zögert nicht sie mit der Stelle zu betrauen.

So weit so gut. An dieser Stelle könnte sich ein spannender Roman über die Wege und Irrwege spiritistischer Forschung im letzten Jahrhundert anschließen. Doch leider zeigt sich dies nur in Ansätzen. Am stärksten war für mich noch das Kapitel Forschung in dem tatsächlich einige Methoden der wissenschaftlichen Ansätze zur Untersuchung übernatürlicher Phänomene aufgezeigt wurden. Weit mehr Raum nimmt in dem Roman jedoch die Beziehungsgeschichte zwischen Ruth und Thomas ein. Es ist eine Form von Anziehung auf den ersten Blick, in der Ruth sich dem verheirateten Bradford gegenüber jedoch immer mehr zu verlieren droht. Die Wandlung der genialen Mathematikerin Ruth hin zum devoten Fan Thomas Bradfords war für mich beim Lesen nur schwer zu ertragen und auch Bradford selbst kommt in dem Liebesreigen nicht gut weg.

Interessant und aufschlussreich war die Darstellung weiblicher Rollenbilder und insbesondere auch ihrer Möglichkeiten und Zwänge zu dieser Zeit, denen Ruth sich bereits in ihrer ersten Ehe unterordnen musste. Darüber hinaus lässt sich für mich aus dem Roman leider nicht viel mitnehmen.

Das Buch lässt sich sprachlich gut lesen, kann jedoch inhaltlich für mich nicht wirklich überzeugen. Hier hilft auch ein vermeintlicher Twist am Ende nicht. Am ehesten werden an dem Roman vielleicht Leserinnen Freude haben, die gern kriminalistische Liebesgeschichten für zwischendurch lesen.

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Veröffentlicht am 15.04.2025

Isor und Lucien - ein kluges, feinfühliges Stück über das Leben und die Freundschaft

Hunger und Zorn
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Die junge Isor ist in jeglicher Hinsicht anders als ihre Eltern und die Gesellschaft es von ihr erwarten. Am auffälligsten ist, dass sie nie spricht, dazu kommt ihr Zorn und ihre Wutausbrüche, ihre seltsame ...

Die junge Isor ist in jeglicher Hinsicht anders als ihre Eltern und die Gesellschaft es von ihr erwarten. Am auffälligsten ist, dass sie nie spricht, dazu kommt ihr Zorn und ihre Wutausbrüche, ihre seltsame Begeisterung für Tierdokus. Nach vielen Jahren ärztlicher Abklärung haben die Eltern kapituliert, und sind bereit Isor so zu nehmen, wie sie ist und doch gleichzeitig überzeugt, dass sie nie ein normales Leben wird führen können. Als sie eines Tages wegen eines Wasserschadens den Nachmittag bei ihrem alten Nachbarn Lucien verbringt und diesem viele weitere folgen, ändert sich jedoch für Isor, Lucien und auch ihre Eltern alles.

Unglaublich feinsinnig ergründet die Autorin was die beschriebene Situation für die Protagonist*innen bedeutet, die Zweifel, Kämpfe, Sorgen und Verzweiflung der Eltern, mit Isor und untereinander, die ablehnende Haltung, das Unverständnis und die daraus resultierende Entfremdung von Bekannten, Familie und Freunden, Isors innere und äußere Kämpfe in einem Leben und einer Gesellschaft, die nicht für ihre Bedürfnisse gemacht ist. Dem gegenüber steht zugleich die besondere Verbindung zweier Menschen, die tief in das Innere des Gegenübers schauen können und sich ganz ohne Worte begegnen, verstehen und lieben.

Der Roman ist in drei gut komponierte Teile gegliedert. Während im ersten Teil die ersten Lebensjahre Isors und darin die Perspektiven von Mutter und Vater in einer Art gedanklichem Zwiegespräch im Mittelpunkt stehen, lernen wir im zweiten Teil Lucien und seinen Blick auf Isor und auch die Eltern kennen. Im dritten Kapitel werden schließlich verschiedene Blickwinkel gelungen zusammengeführt.

Hunger und Zorn ist ein ausgesprochen reifes, lebenskluges und weises Buch, aus dem viel Empathie für Menschen in besonderen Lebenslagen und Verständnis für gesellschaftliche Ausgrenzung spricht. Dies verwundert nur deshalb als die Autorin selbst erst 23 Jahre alt ist. Mich hat dies sehr überrascht und lässt mich mit großer Freude und Erwartung auf ihr weiteres Werk als Schriftstellerin blicken!

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Veröffentlicht am 13.04.2025

Ein Buch mit Basiswissen und Rezepten für den Einstieg in eine gesündere Ernährung und Lebensweise

Entzündungshemmende Ernährung für Frauen:
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Dieses Büchlein für eine entzündungshemmende Ernährung verschafft einen guten ersten Überblick zu Immunsystem und Entzündungen und einer entsprechenden Ernährungsweise. Im ersten Teil des Buches werden ...

Dieses Büchlein für eine entzündungshemmende Ernährung verschafft einen guten ersten Überblick zu Immunsystem und Entzündungen und einer entsprechenden Ernährungsweise. Im ersten Teil des Buches werden auf ca. 50 Seiten allerlei Hintergründe zu Entzündungen, Funktionsweise des Immunsystems, Achtsames Kochen und Integration einer gesunden Ernährung und Lebensweise in den Alltag vermittelt. Vorgestellt werden hier auch bereits einzelne entzündungshemmende Lebensmittel. Im zweiten Teil des Buchs geht es endlich in die Praxis. Hier hat die Autorin zahlreiche Rezepte für Frühstück, Mittag- und Abendessen, sowie separat Salate, Snacks und Desserts gesammelt. Die Rezepte enthalten einige Klassiker wie verschiedene Suppen, aber auch mir bisher nicht bekannte innovative Ideen, wie Blumenkohl als Pizzateig oder Süsskartoffelscheiben als Brotersatz. Toll finde ich auch, dass hier an gesunde Snacks für Zwischendurch gedacht wurde.

Sprachlich und inhaltlich konnte mich das Buch jedoch leider nicht vollständig überzeugen. Die Ausführungen der Autorin sind oft redundant, sodass ich mir oft dachte: ja, ich hatte es schon beim ersten Mal verstanden, und beim zweiten Mal auch… Hier hätte ich mir weniger Wiederholungen und dafür mehr Tiefe in der Analyse gewünscht. Auch die Struktur war für mich nicht ganz nachvollziehbar, denn so stehen 1. Top antientzündliche Lebensmittel für Frauen, 2. die zehn besten entzündungshemmenden Lebensmittel und 3. Gewürze und Kräuter an unterschiedlichen Stellen im Buch. Ein eigenes Kapitel mit entsprechendem Fokus hätte hier sicher Sinn ergeben. Viele Hinweise zu einem gesünderen Lebensstil sind in der dargebotenen Form und Inhalt sicher den meisten Menschen geläufig: Sport, Entspannung, gesunder Schlaf, frische Lebensmittel, viel Gemüse… Was mir fehlte war außerdem der angekündigte Fokus auf Frauen. Hier hätte ich mir viel mehr Hintergründe zum Hormonzyklus etc. gewünscht. Umgekehrt eignet sich das Buch so jedoch auch uneingeschränkt für Männer.

Das Buch ist daher tatsächlich eher als Einstieg für eine sehr grundlegende Vermittlung der Hintergründe entzündungshemmender Ernährung und einer gesunden Lebensführung in einfacher Sprache geeignet. Dazu liefert es interessante und leckere Rezepte, die leicht umzusetzen sind.

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Veröffentlicht am 05.04.2025

Ein namenloses Leiden an einem namenlosen Ort - nirgendwo und überall

Übung in Gehorsam
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Übung in Gehorsam - das ist es, was die Ich-Erzählerin in Sarah Bernsteins Roman seit ihrer frühesten Kindheit erlebt. Als jüngstes Kind unter vielen Geschwistern wird sie von kleinauf zur Befriedigung ...

Übung in Gehorsam - das ist es, was die Ich-Erzählerin in Sarah Bernsteins Roman seit ihrer frühesten Kindheit erlebt. Als jüngstes Kind unter vielen Geschwistern wird sie von kleinauf zur Befriedigung der Bedürfnisse der Älteren herangezogen, eine Abhängigkeit, die sich bis ins Erwachsenenalter zieht, als ihr Bruder sie nach dem Verlassen von Frau und Kindern, bittet bei ihm Einzuziehen, um sich um Haus und Hof zu kümmern. Natürlich kommt die Ich-Erzählerin dem nach und berichtet aus dieser Position heraus von dem neuen Leben, dass sie bei ihrem Bruder, dem Ort der Vertreibung ihrer Vorfahren vorfindet, dabei rekurriert sie auch immer wieder auf die Vergangenheit, ihre eigene und im transgenerationalen Sinne, die ihrer Vorfahren.

Während zunächst die Beziehung zum Bruder in der Erzählung dominiert, verschiebt sich der Fokus im Laufe des Reports der Ich-Erzählerin hin zu nicht weniger als der Geschichte einer jüdischen Identität, die sicher nicht zufällig als weibliche im Roman gewählt ist, in all ihrer Schwere und Traumata - die Ich-Erzählerin und ihr Erleben dabei gleichsam als Symbol für die diversen (auch transgenerationalen) Traumata und auf gesellschaftlicher Ebene der Umgang mit Schuld und Verantwortung, sowie die Persistenz von Antisemitismus bis in die Gegenwart. Die gesellschaftliche Ebene wird dabei durch die Gemeinschaft des Städtchens repräsentiert, die der Ich-Erzählerin mit Skepsis, Vorbehalten bis hin zu offener Ablehnung begegnet. Im Fokus der Erzählung dabei immer das Bestreben der Ich-Erzählerin eine Erklärung, einen Sinn und einen berechtigten Grund in der Ablehnung ihrer Person zu finden.

Der Roman wiegt obgleich der wenigen Seiten unheimlich schwer. Jedes Wort, jede Zeile und jeder Raum dazwischen füllt sich beim Lesen mit Bedeutung, die nicht immer leicht zugänglich ist, es vielleicht auch nicht immer sein soll, gerade um sie in der Varianz der Interpretation noch einmal zu vervielfachen. Die Zugänglichkeit wird zudem durch die zahlreichen, klug konstruierten und platzierten religiösen und religionsgeschichtlichen, soziologischen, philosophischen und sozialpsychologischen Verweise erschwert. Der Text lädt aus meiner Sicht so vielmehr zum Entschlüsseln, statt dem klassischen Lesen ein. Wer sich darauf einlässt, wird mit einem sprachlich ausgereiften, intelligent konstruierten Roman belohnt, der zum Nachdenken und Wiederlesen einlädt!

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Veröffentlicht am 05.04.2025

Marisa oder: eine Abrechnung mit der kapitalistischen Gegenwartsgesellschaft - bitterböse, witzig und traurig zugleich

Geht so
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Marisa ist Anfang 30 und erfolgreiche Marketingmanagerin einer Madrider Agentur. Auf den ersten Blick strahlt sie gesellschaftlichen Erfolg und Anerkennung aus. Doch was steckt hinter dieser Fassade? Genau ...

Marisa ist Anfang 30 und erfolgreiche Marketingmanagerin einer Madrider Agentur. Auf den ersten Blick strahlt sie gesellschaftlichen Erfolg und Anerkennung aus. Doch was steckt hinter dieser Fassade? Genau diesen Blick wagt Beatriz Serrano und schaut dabei mit dem Fokus auf Marisas Leben und dessen Abgründe gleichzeitig in die mal amüsanten, mal bedenklichen und zuweilen zerstörerischen Tiefen der Gegenwartsgesellschaft.

Gekonnt verbindet die Autorin in der Erzählung um Marisa profunde Kapitalismuskritik mit modernen feministischen Diskursen. Die Werbebranche, Marisas Arbeitsbereich, fungiert hier als klug gewählter Schauplatz und Inbegriff der modernen kapitalistischen Logik, in der ein vermeintlicher Bedarf nach immer mehr Gütern geweckt wird, für deren Finanzierung sich die Individuen wiederum weiter ausbeuten lassen. Doch obwohl Marisa all dies sieht und verstanden hat, steckt sie in diesem System fest, betäubt sich mit Tavor und YouTube, spielt eine perfekte Rolle der Marketingmanagerin und kann sich dabei selbst kaum ertragen, noch weniger allerdings ihr (Arbeits)umfeld, das sich von Marisa dahingehend unterscheidet, dass den meisten Kolleginnen Marisas Ironie in der Arbeitsmoral fehlt, und diese willentlich und enthusiastisch in einem Bullshitjob arbeiten und unreflektiert Job und Leben gestalten.

Beatriz Serrano zeigt so auf wie die Entfremdung von der eigenen Arbeit, in einer Gesellschaft in der Arbeit und wirtschaftlicher Erfolg über gesellschaftliche Anerkennung und Sicherheit entscheiden, zu nicht weniger als der Entfremdung von sich selbst führen kann und damit jedem Sinn dafür, was ein zufriedenes Leben tatsächlich ausmacht. Ein Pflaster für diesen Gegenwartsschmerz liefert das kapitalistische System auch in Serranos Roman direkt mit: 24h Öffnungszeiten zum Shoppen und vermeintlichen Verwöhnen, YouTube, Instagram - der Balsam und die Belohnung für das affektgesteuerte, sinnentleerte Dasein und gleichzeitig Mittel zur Reproduktion der den Schmerz auslösenden, kapitalistischen Logik - willkommen im Teufelskreis von Profit und moderner Aufmerksamkeitsökonomie! Doch was können wir daraus lernen? Wie kann dieser Kreis durchbrochen werden? Wird Marisa dies gelingen?

Der Weg und die Antwort der Autorin ist hier sicher als durchaus bewusst überspitzt dargestellt zu verstehen, und verfehlt gerade deshalb seine Wirkung nicht! Geht so ist ein Roman, der mit seinem bissigen, witzigen, bitterbösen Ton nicht nur hervorragend unterhält, sondern mit seiner klugen hintergründigen Gesellschaftskritik auch zum Nachdenken und diskutieren darüber anregt, welchen Preis unser aktuelles Gesellschaftsmodell hat und in was für einer Gesellschaft wir leben möchten! Für mich in dieser Mischung ein grandioser Gegenwartsroman und ein echtes Highlight!

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