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Veröffentlicht am 07.01.2021

Wesentlich weniger berauschend als Harry Potter

Die Tiermagierin – Schattentanz
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Gleich vorab für den Entertainment Weekly: Nur, weil es sich um eine Fantasygeschichte handelt, ist es kein neuer Harry Potter und abgesehen von der Existenz magischer Tierwesen haben die beiden Buchreihen, ...

Gleich vorab für den Entertainment Weekly: Nur, weil es sich um eine Fantasygeschichte handelt, ist es kein neuer Harry Potter und abgesehen von der Existenz magischer Tierwesen haben die beiden Buchreihen, zumindest im ersten Band, nichts gemeinsam.

Hauptcharakter von "Die Tiermagierin" ist Leena, die, wer hätte es gedacht, eine Tiermagierin ist und infolge dessen, großer Schock, magische Tierwesen zähmen kann. Anscheinend ist das eine recht besondere Eigenschaft, den in ihrem Umfeld kann das sonst keiner - nur dort, wo sie herkommt, in Hireath, der Tiermagierstadt, können das alle. Ohne Exil verlässt die jedoch keiner, auch Leena nicht ... Auf diese junge Frau werden Noc und seine Assassinen-Kumpels von Cruor angesetzt, die schon einmal tot waren und jetzt als Todesbringer unterwegs sind. Die brilliante Leena überlistet sie jedoch gleich bei ihrem ersten Anschlagsversuch und beschließt, sich aus ihrer Lage heraus zu verhandeln. (Ohne zu wissen, dass das nicht geht.) Ihr Angebot für den Leiter von Cruor (Noc, welche Überraschung): Vier Tierwesen für Noc und seine besten Kumpel, dafür lassen sie sie wieder gehen. Weil sie an die aber erstmal herankommen müssen, beginnen sie eine Reise quer durch das Land, während der sie sich natürlich auch näher kommen und ... den Rest kann man sich fast denken.

Einen guten Roman machen vier, vielleicht fünf Aspekte aus: die Handlung, die Charaktere, die Handlungsorte, der Erzählstil und das Konzept dahinter.

Beginnen wir mit letzterem: Titel und Klappentext legen nahe, dass es sich um eine spannende Fantasygeschichte handelt, die später durch einen romantischen Plot ergänzt wird. Dass dieser stattdessen quasi von Anfang an da ist, mag dem Buch verziehen sein, dass mit der Fantasy ist allerdings so eine Sache - was mich zu den Handlungsorten führt. Hier wirkt vieles wie "gewollt und nicht gekonnt" oder eben gleich gar nicht gewollt. Martineaus Welt hat immer wieder Anklänge von High Fantasy und ist dann doch wieder banal oder sogar modern. Es gibt Züge (aber weder Autos noch Kutschen) und Gegenstände des täglichen Bedarfs aus unserer Welt, die innerhalb von Lendria (der Fantasywelt) nicht unbedingt Sinn ergeben. Wirklich gelungen sind die Tierwesen, die durch ihren Facettenreichtum und ihre interessanten Eigenschaften ein echtes Highlight sind.

Martineau erzählt ihre Geschichte flüssig und spannend, auch wenn die Charaktere immer wieder entweder eine ungewöhnlich banale oder gestelzte Sprache verwenden, so als ob sie selbst nicht wüssten, wie sie sprechen sollten. (Liegt das an der Übersetzung? So oder so stört es.) Die Handlung ist (wie vielleicht oben schon deutlich wurde) etwas sehr vorhersehbar, wenn auch das Ende noch einige Überraschungen bereithält. Dazu kommen unerwartet explizite Szenen, die weniger dem Plot als mehr der Unterhaltung bestimmter Zielgruppen diente und meines Erachtens nicht notwendig waren.

Fehlen noch die Charaktere: Anders als sonst oft überzeugen hier vor allem die Nebencharaktere. Während des Buchs lernt man verschiedene Facetten von ihnen kennen, sie wachsen über sich selbst heraus und am Ende mag man sie wirklich gern. Mit den Hauptcharakteren Leena und Noc bin ich leider nicht sonderlich warm geworden, da sie mir persönlich einfach zu platt waren und einen langweiligen Charakter macht halt auch eine mysteriöse Hintergrundgeschichte (die man nach den ersten zwei Andeutungen weitestgehend durchschaut hat, auf die aber noch gefühlt ein weiteres Dutzend Male hingewiesen wird und deren Spannungsbogen trotzdem bis ins zweite Buch reichen soll ...) nicht wett.

Insgesamt hat mich das Buch enttäuscht, weil ich wirklich mehr erwartet hatte. Z.B. bei der Welt, in der die Geschichte spielt aber auch bei den Handlungssträngen (auch der Nebencharaktere) hätte es so viel mehr Potential gegeben, was aus meiner Sicht für einen seichten Plot aufgegeben wurde. Schade!

Empfehlen kann ich das Buch LeserInnen, denen romantische und sinnliche Unterhaltung wichtiger ist als die tatsächliche Handlung und denen High Fantasy Literatur zu viel ist, aber eine mittelalterlich angehauchte Fantasy-Welt genau richtig.

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Veröffentlicht am 19.11.2020

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Pastor Gunnar Engel ist in der christlichen Szene kein Unbekannter mehr. Über seine YouTube Videos, Blogbeiträge, Instagram-Posts und verschiedene Podcasts erreicht er nicht wenige Menschen aus den unterschiedlichsten ...

Pastor Gunnar Engel ist in der christlichen Szene kein Unbekannter mehr. Über seine YouTube Videos, Blogbeiträge, Instagram-Posts und verschiedene Podcasts erreicht er nicht wenige Menschen aus den unterschiedlichsten Altersgruppen, die vermutlich alle eins gemeinsam haben: Sie wollen Gott näher kommen. Sicher wird ihm deshalb auch immer wieder die Frage gestellt, wie das gehen soll - worauf dieses Buch antwortet.

Inhaltlich handelt es sich um eine Mischung aus Bibelarbeit, generellen Überlegungen dazu, wie Nachfolge funktionieren kann und aus persönlichen Erfahrungen. Dabei zeigt Pastor Engel ganz offen und ehrlich, dass auch Pfarrer nur Menschen sind und entsprechend manchmal an ihre Grenzen geraten. Erfrischend ist dabei auch die Perspektive: Während viele Bücher auf dem christlichen Markt aus eher evangelikalen Kreisen stammen, ist Pastor Engel in einer lutherischen Landeskirche verwurzelt. Entsprechend rücken auch in Bezug auf Gemeinde u.ä. andere Themen in den Fokus, die einen die eigene Gemeinde in einem neuen Licht sehen lassen.

Während Gemeinde eine große Rolle spielt, geht es in "Follower" jedoch hauptsächlich um die persönliche Gottesbeziehung. Anhand starker biblischer Charaktere zeigt Pastor Engel, wie ein Berufungsmoment aussehen kann - und wie darauf (idealerweise) reagiert wird. "Hier bin ich, sende mich" heißt es immer wieder und entsprechend gliedert er auch sein Buch und fokussiert sich auf die einzelnen Aspekte dieser Aussage.

Die Sprache des Buches ist authentisch und ehrlich, leicht verständlich auch für etwas kirchenferneres Publikum und insofern für fast jede Lesergruppe geeignet. Dabei dürfte das Buch vor allem junge Menschen sehr ansprechen. Wer auf der Suche nach hochgeistiger Lektüre ist, wird mit diesem Buch vielleicht nicht sonderlich glücklich werden. Trotzdem sollte sich keiner, den Cover und Klappentext ansprechen, von der Lektüre abschrecken lassen, denn letztendlich kann wirklich jeder etwas aus diesem Buch für sich mitnehmen.

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Veröffentlicht am 16.11.2020

Die sagenhafte E-Poetin Kalliope 7.3 ist zurück!

QualityLand 2.0 (QualityLand 2)
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Wieder einmal entführt Marc-Uwe Kling, äh, die E-Poetin Kalliope 7.3 ihre Leser in ein Land in nicht allzu ferner Zukunft. Wieder einmal begegnet man altbekannten Charakteren. Doch wo in ihrem ersten Roman, ...

Wieder einmal entführt Marc-Uwe Kling, äh, die E-Poetin Kalliope 7.3 ihre Leser in ein Land in nicht allzu ferner Zukunft. Wieder einmal begegnet man altbekannten Charakteren. Doch wo in ihrem ersten Roman, "Qualityland - Peters Problem" tatsächlich 'nur' ein Systemfehler im Vordergrund stand und der Unterhaltungsfaktor vornehmlich aus den Figuren entwuchs, kommt in "Kikis Geheimnis" ein Mysterium dazu und ein ordentlicher Spannungsfaktor.

Der Roman setzt eine Weile nach dem Ende des Vorbands ein. Von ihren vorherigen Abenteuern erholt haben sich die Charaktere mehr oder weniger in ihrem neuen Leben eingerichtet. Peter arbeitet als professioneller Maschinentherapeut während Martin Vorstand seine Existenz neu begründen muss. Kiki ist hingegen von der Bildfläche verschwunden - doch nicht lang, denn schließlich ist es ihr Geheimnis, welches gelöst werden will. Ein mysteriöser Killer ist ihr auf der Spur und die einzige Möglichkeit, ihn zu finden, scheint darin zu bestehen, ihn zu finden und das Geheimnis ihrer Herkunft zu lüften.

In gewohnter Manier erzählt Kling von einer Gesellschaft mit viel Verbesserungspotential und spart dabei nicht an Kapitalismus- und Neoliberalismus-Kritik. Wenn auch nicht ganz so scharf wie in seinen Kängurubüchern, so ist der Grundtenor doch gleich und wer davon nichts wissen oder lesen will, sollte die Finger von diesem Roman lassen.

Wem jedoch "Qualityland" gefallen hat, der sollte auch hier einen Versuch wagen. Meiner Meinung nach ist der Roman noch besser geworden als sein Vorgänger - weniger obszön, dafür wesentlich spannender und mit vielen überraschenden unterhaltsamen Wendungen. "Qualityland 2.0" entführt zwar in eine fremde Welt, doch wie so oft ist sie gar nicht so fremd und man erkennt doch vieles wieder. Gewissermaßen also eher eine Realsatire, die zum Nachdenken über die eigenen Einstellungen anregt.

Um es mit Kalliope 7.3 zu sagen: Ich habe es ja erst nicht geglaubt, aber das Produkt ist wirklich so toll! Das klingt super. Danke, Gaby. Ihr solltet euch auf jeden Fall auch eines zulegen.

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Veröffentlicht am 11.11.2020

Nass und kalt und unangenehm

Westwind
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In ihrem Roman "Westwind" entführt Samatha Harvey ihre Leser in eine längst vergangene Zeit. Eine naturgemäß junge Dorfgemeinschaft wird vom Tod eines bedeutenden Mitglieds erschüttert und versucht, damit ...

In ihrem Roman "Westwind" entführt Samatha Harvey ihre Leser in eine längst vergangene Zeit. Eine naturgemäß junge Dorfgemeinschaft wird vom Tod eines bedeutenden Mitglieds erschüttert und versucht, damit klarzukommen. Gleichzeitig versuchen aber aus auswärtige, die Lage aufzuklären - denn dieser Tod kann kein Zufall gewesen sein! Im Zwiespalt der Interessen steckt John Reve, Priester der Gemeinde, der als Sheriff ermitteln soll, wer für den Tod von Thomas Newman verantwortlich ist. Doch geht das so leicht?

Sowohl das Wetter als auch die Begebenheiten in diesem Buch sind nicht schön. Vielleicht ein wenig wie in "Sturmhöhe" sind die guten Charaktere rar und wohl kaum eine Figur mag oder hasst man am Ende des Buches so sehr wie zu Beginn. Die Welt, die Harvey zeichnet, ist eine düstere, erfüllt mit Kälte und Nässe, mit Grautönen und durch und durch unangenehm. Anders vielleicht als bei manch anderem historischen Roman möchte in diesem Mittelalter niemand leben.

Von den anderen Mittelalter-Romanen unterscheidet sich dieses Buch auch durch seine Sprache. Mit gekonnten Formulierungen lässt Harvey einen gebildeten Ich-Erzähler sprechen, der noch dazu seine Geschichte von hinten aufwickelt und chronologisch rückwärts berichtet.

Gemeinsam hat es, dass man an einigen Stellen die Augen zudrücken muss, was die historische Akkuratheit anbelangt. Auch aus theologischer Perspektive passt nicht alles ganz zusammen - so scheint John Reve zwar tief gläubig zu sein und wenn es nötig ist ein paar passende theologische Finten parat zu haben, ein tieferes Verständnis für die Grundansichten der Kirche der damaligen Zeit fehlt jedoch.

Trotz allem ist der Roman unterhaltsam und spannend. Manche Passagen sind etwas langatmig und erdrücken einen regelrecht, insgesamt lässt er sich jedoch gut lesen. Empfehlen würde ich das Buch allen Fans der Zeit und allen, die gern eindrücklich erzählte Geschichten lesen.

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Veröffentlicht am 17.09.2020

Wie sieben Stunden Bühnenprogramm

Omama
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Als ich Lisa Eckharts erste Auftritte gesehen habe, gehörte ich, ehrlich gesagt, eher zu den Skeptikern. Zu provokativ, zu auffällig, zu dramatisch. Doch nach einer Weile habe ich ihr doch noch ...

Als ich Lisa Eckharts erste Auftritte gesehen habe, gehörte ich, ehrlich gesagt, eher zu den Skeptikern. Zu provokativ, zu auffällig, zu dramatisch. Doch nach einer Weile habe ich ihr doch noch einmal eine Chance gegeben und war erstaunt, wie sie sich gemausert hat. Der Weg, den sie gewählt hat, ist sicher kein leichter - zumal sie es sich ja zum Ziel gesetzt haben zu scheint, früher oder später jeden mindestens einmal anzufeinden. Hat man jedoch einmal den eigenen gekränkten Stolz überwunden, kann man ihre kunstfertige Art bewundern. Ihre Bühnenauftritte sind keine Zufallsprodukte sondern sorgfältig ausgefeilte Performances und das merkt man auch in "Omama": Jedes Wort ist genau ausgewogen, geschickt platziert und trifft haarscharf zu. Rhetorisch sind die Erzähleinheiten ein Meisterwerk.

Aber (es musste natürlich kommen) als Gesamtwerk funktioniert das Buch eher mäßig. Wie bereits erwähnt, liest sich der Roman wie einer ihrer Auftritte - nur dass dieser eben, je nach Lesegeschwindigkeit, über sieben Stunden dauert. Bei den normalen Auftritten, 10-15 min, ist man danach schon ziemlich geschafft - hier ist das ganze um das 30ig-fache potenziert. Und so findet man zwar gut in den Text rein, hat aber nach einer Weile keine Lust mehr, weiter zu lesen. Der Leser wird von einer haarscharfen Beobachtung zur nächsten Pointe zur nächsten Philosopherei quer durchs Gemüsebeet gejagt und schon bald geht einem die Puste aus. Und weil man weiß, dass die Hatz jedes Mal, wenn man das Buch aufnimmt, weiter geht, vergeht einem irgendwann ganz die Lust am Lesen.

Der Fehler hängt, meiner Ansicht nach, in der Formatierung des "Romans". Statt alles durcheinander zu wurschteln, manchmal nur mit halb erkennbarem roten Faden, hätte dieses Buch so viel mehr sein können. Eine Sammlung von Erzählungen zum Beispiel. Kürzer und pointierter als die Kapitel und dadurch leichter, vielleicht auch mal zwischendurch zu lesen. Im Zweifelsfall hätten auch ein paar Zwischenüberschriften gereicht, um das Buch aufzulockern. So wirkt es nicht nur erschlagend, sondern ist es auch.

Da es ein Roman ist anbei noch ein paar Worte zur Geschichte. Die "Omama", die eigentlich eine Großmutter ist (was natürlich die Frage aufwirft, warum das Buch nicht so benannt wurde) ist ein ziemlicher Charakterkopf. Nicht unbedingt symphatisch, aber auch nicht zwingend unsymphatisch. Eine Entwicklung der Figur innerhalb des Buches ist, abgesehen vom Alter, eher nicht zu sehen. Aber die Großmutter steht ja auch nur scheinbar im Mittelpunkt, denn eigentlich sind es die anderen Charaktere, die im Vordergrund stehen. Die Inge zum Beispiel, die zwar auch kein sonderlich tiefer, dafür aber sehr lustiger Charakter ist. Oder die Wirtin, die von allen Figuren am lebendigsten wirkt. Man kann natürlich sagen, dass Lisa Eckhart nichts dafür kann, dass ihre Hauptfiguren, da dem echten Leben entnommen, zeitweise etwas langweilig sind, aber dem möchte ich entgegen halten, dass a) jede Person spannend wird, wenn man nur lang genug "im Dreck" wühlt und irgendwelche Charakterticks entdeckt, die dann auf der Romanbühne entwickelt werden können und v.a. dass b) ein Roman nicht ohne Grund nicht Biographie heißt. Dem ("toten") Autor ist alles erlaubt und er sollte sich nicht von der rein zufällig ähnlichen Realität einschränken lassen in dem, was er mit seinen Figuren und der Handlung anstellt.

Insgesamt bin ich mit meiner Empfehlung für "Omama" eher zurückhaltend. Man braucht viel Geduld, viel Durchhaltevermögen und sollte sicherheitshalber vorher überprüfen, ob man mit Lisa Eckharts Art klar kommt. Fans ihrer ausgefeilten Texte sei das Buch jedoch empfohlen, denn zumindest aus dieser Hinsicht steht es ihren Auftritten in nichts nach.

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