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Veröffentlicht am 17.07.2025

Herzerwärmend, spannend und nachwirkend!

Girls
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Das Haus in Richmond birgt keine guten Erinnerungen.
Matilda erinnert sich. Ihre Schwester und sie wuchsen dort auf mit einer alleinerziehenden Mutter, die Bildende Künstlerin war. Jetzt ist sie gestorben ...

Das Haus in Richmond birgt keine guten Erinnerungen.
Matilda erinnert sich. Ihre Schwester und sie wuchsen dort auf mit einer alleinerziehenden Mutter, die Bildende Künstlerin war. Jetzt ist sie gestorben und die Schwestern treffen einander nach Jahren wieder.
Die Erinnerungen ihrer Kindheit werden beschrieben und erzählt aus Sicht von Matilda, der Älteren der beiden.
Die Mutter liebt ihre Kunst mehr als ihre Töchter – das ist von Anfang an ein Statement. Egozentrikerin, immer nah am Abgrund, hemmungslos, gezeichnet von Depressionen, Drogen und Alkoholmissbrauch. Auch zeigt sie kaum Empathie, Verantwortung oder Fürsorge ihren Kindern gegenüber. Alles nichts Neues in Romanen.
Doch die Art und Weise wie Kirsty Capes diese Familiengeschichte erzählt, ist etwas Besonderes. Alle Personen werden genau betrachtet. Die Geschichte birgt ungewöhnliche Situationen.
Nach den Kapiteln eingefügte Auszüge und Interviews von Richard, Buchautor und neuer Freund von Matilda, runden die Geschichte ab. Es gibt noch Karoline, die Schwester von Ingrid, den meist abwesenden Vater und Beanie, die Tochter von Matilda
Matilda ist als Sozialarbeiterin, Expertin für junge Menschen vor der Pubertät mit seelischen Problemen, Nora studiert Kunstgeschichte und ist selbst Performancekünstlerin Auf einem abenteuerlichen Roadtrip durch die Mojawe Wüste bis nach San Francisco zur Retrospektive von Ingrids Kunst in der Moma nehmen Nora, Mattie und Beanie die Asche von Ingrid mit, um sie an einen geeigneten Platz zu verstreuen. „Wir müssen sie loswerden“, sagt Nora und meint die Asche der Mutter – doch geht es darum, Frieden mit der Mutter zu finden und jede auf ihre Art mit den Konsequenzen ihrer Kindheit umzugehen und Entscheidungen zu treffen. Und gleichzeitig und parallel erfahren wir von Matildas Beziehung zu ihrer Tochter Beanie, der sie näher kommt während der Wohnmobilfahrt zur Ausstellung von Ingrid und auch diese Beziehung unterliegt einem Wandel zum Verständnis.
Trotz der aufwühlenden Erinnerungen, werden die Schwestern so dargestellt, dass sie begriffen werden in ihren Impulsen und ihren Handlungen. Doch wie sind sie verkettet und abhängig voneinander und wie gehen sie mit ihrem Schicksal um?
Es kommen immer wieder Aspekte hinzu, die neu betrachtet werden und die das fortlaufende Verständnis der Einzelnen und die Annäherung unterstützen. Es kommt zur Konfrontation zwischen den Schwestern. Zum Schluss wird der letzte Wunsch der Mutter erfüllt entgegen allen kommerziellen Vorstellungen und nach dieser langen Tour hat jede der Beteiligten etwas gewonnen. Das Berührende sind nicht nur die Einzelschicksale sondern das Aufzeigen von Lösungsmöglichkeiten – ganz individuell und teils verblüffend. Ein warmherziges und spannendes Buch, das niemanden der Protagonisten im Stich lässt und auch den Leser vor die Frage stellt, wie er oder sie selbst mit der eigenen Individualität, den Entscheidungen und den Verantwortungen umgeht.
Ein sehr emotionales und herzerwärmendes Buch mit vielen ungewöhnlichen, teils urkomischen Situationen – empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 23.06.2025

Berührend und poetisch

Strandgut
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USA, Illinois, Chicago: der über 70-jährige Bucky Bronco hat Schmerzen in den Gelenken und keine Krankenversicherung. Seit dem Tod seiner Frau ist er einsam, zusätzlich zwingen ihn die Schmerzen Tabletten ...

USA, Illinois, Chicago: der über 70-jährige Bucky Bronco hat Schmerzen in den Gelenken und keine Krankenversicherung. Seit dem Tod seiner Frau ist er einsam, zusätzlich zwingen ihn die Schmerzen Tabletten zu nehmen. Doch seine Alltagssituation ändert sich, als er für ein Wochenende auf ein Musikfestival nach Scarborough in Yorkshire an der englischen Nordseeküste eingeladen wird. Earlon „Bucky“ Bronco war einst ein Soulsänger und ist eingeladen, seine beiden Hits zu singen. Er war mit 17 Jahren,1967, ein gefeierter Soulsänger, dessen Hits es über den Atlantik geschafft hatten. Bucky setzt sich ins Flugzeug und vergisst dort seine starken Schmerzmittel, die er fortlaufend benötigt.

Eine aufgeweckte Agentin, Dinah, holt ihn am Flughafen ab und zeigt ihm sein Hotel, das sich entpuppt, als hätte es die Glanzzeit schon hinter sich – genau wie Bucky sich fühlt.
Er erzählt Dinah, dass er jeden Song, er war auch Songwriter, nur 1 x gesungen hat und niemals aufgetreten ist. In Scarborough wäre sein allererster Auftritt.

Dinahs Alltag wird beschrieben, sie ist mit Mann und Kind in einer festgefahrenen Situation – ihr Mann sowie ihr Sohn überschreiten Grenzen des Respekts und nehmen Dinah als selbstverständlich hin, es fehlt der Lichtblick in ihrem Leben.“In stiller Verzweiflung geführtes Leben“
Bucky und Dinah öffnen sich dem anderen und es öffnen sich für beide jeweils neue Türen.
Beide Personen werden intensiv und melancholisch, lebendig beschrieben – man kann sie an kleinen Beobachtungen genau ergreifen. Eine poetische Schreibweise, die das jeweilige Dasein nicht bewertet, sondern es sich entfalten lässt. Sofort werden Sympathien gefasst zu den beiden Protagonisten beides Gestrandete an den jeweiligen Küsten. Es wird eine wunderbare, herzerwärmende Geschichte dauern, bis sie, gemeinsam in der rauen Nordsee ein Bad nehmen.
Die Stimmung der beiden Hauptdarsteller ist beeindruckend eingefangen, ebenso wie die sie umgebende Szenerie. Die Beobachtungen entspringen einem gesunden Menschenverstand und dies zutiefst Menschliche erkennt man wieder und ist berührt.
Bucky ist auf Entzug von den Opioiden, die Schmerzen strapazieren ihn.
Der Schmerz- und Trauerbewältigung und dem Entzug wird viel Raum gegeben – dennoch wichtig für den Aufbau und die Quintessenz, ist absolut glaubwürdig und zeigt eine Realität, von der sich oft weggeduckt wird – nicht so Dinah. Auch sie muss leiden – doch ihr Leid wird knallhart mit Abstand, sarkastisch beschrieben und ihre Beobachtungen zu ihrem Mann sowie zu ihrem Sohn sind so auf den Punkt gebracht, dass es äußerst witzig rüberkommt.
Benjamin Myers zeigt und bedient eine Palette menschlichen Daseins, die ich beeindruckend finde und so hallt dieses Buch bei mir noch lange nach.

Mir ist beim Lesen die Oscar prämierte Filmdokumentation „Searching for Sugarman“ in den Sinn gekommen, in der ein Sänger und Songwriter Sixto Rodriguez in späten Jahren erfährt, dass er in einem anderen Erdteil ein berühmter Sänger, ein Kultstar war – auch ihm wurden Anteile oder Tantiemen vorenthalten.

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Veröffentlicht am 06.05.2025

Witzig, spritzig, intelligent – beste Unterhaltung!

Killer Potential
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Evie ist SAT-Tutorin, bereitet auf die Prüfung zur Zulassung für die Uni vor.
Als sie eines Tages zu ihrer Schülerin Serena Victor kommt, findet sie deren Eltern tot auf, die Mutter erschlagen, der Vater ...

Evie ist SAT-Tutorin, bereitet auf die Prüfung zur Zulassung für die Uni vor.
Als sie eines Tages zu ihrer Schülerin Serena Victor kommt, findet sie deren Eltern tot auf, die Mutter erschlagen, der Vater noch mit dem Kopf im Koiteich, ertrunken.
Noch bevor sie die Polizei anrufen kann, und starr vor Angst, hört sie einen Hilfeschrei aus einer Kammer unter der Treppe und findet eine junge Frau gefesselt vor.
Die Situation eskaliert, als Serena, die Tochter und Nachhilfeschülerin, auftaucht.
Evie und die fremde Frau müssen fliehen.
Es beginnt ein wahnwitziger Roadtrip à la Thelma und Louise. Doch diese Geschichte ist anders, es sind Evie und Jae. Jae spricht anfänglich nicht – wer ist sie, die Unbekannte, die Geisel?
Es kommen nach und nach Wahrheiten zum Vorschein – doch wie werden sie gedeutet? Die Spannung steigt zwischen den beiden notgedrungen Flüchtenden - und die äußeren Situationen eskalieren. Unerwartete und verblüffende Wendungen in schneller Aktion treiben die Flucht voran – gibt es noch einen Ausgang?

Die Szenerien sind sofort eingängig, man kann sich auf das rasante Abenteuer leicht einlassen. Die Aufregung und die Unsicherheit innerhalb ihrer erzwungenen Beziehung ist psychologisch fein beobachtet und dargestellt. Die Gedanken Evies, das bis ins Kleinste Erdachte neben Erinnerungen und detaillierten Beobachtungen und Beschreibungen machen den Roman äußerst unterhaltsam. Er sprüht vor Intelligenz und treffendem Witz!

Obwohl es nur die beiden Hauptdarstellerinnen gibt, wird die Geschichte nie langweilig, sondern bleibt anregend, ein kaum aus der Hand gelegtes Buch. Lediglich der Schluss zieht sich für meinen Geschmack etwas hin, ist allerdings schlüssig und rundet die Geschichte ab.

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Veröffentlicht am 23.04.2025

Ein beeindruckender und vielschichtiger Roman!

Beeren pflücken
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Amanda Peters ist eine Schriftstellerin mit Mi'kmaq Abstammung – ein indigenes Volk, das im Nordosten der USA und Kanada lebt.
Ihr Vater war Beerenpflücker und inspirierte sie, ebenso wie die Erzählungen ...

Amanda Peters ist eine Schriftstellerin mit Mi'kmaq Abstammung – ein indigenes Volk, das im Nordosten der USA und Kanada lebt.
Ihr Vater war Beerenpflücker und inspirierte sie, ebenso wie die Erzählungen ihrer Familie zu dieser Geschichte, eine Geschichte, die sich so auch hätte zutragen können.
Es beginnt mit den Erinnerungen von Joe, einem der Kinder einer 7 köpfigen indigenen Familie. Er erinnert sich an die Zeit vor 50 Jahren als die Familie r Anfang der 1960ger Jahre nach Maine in die USA gefahren war, um wie jedes Jahr dort Beeren zu pflücken. Plötzlich verschwindet das jüngste Kind, Ruthie. Trotz wochenlanger Suche bleibt sie verschwunden – eine Tragödie für alle Beteiligten!
In wechselnden Erzählungen von Joe und Norma werden die darauffolgenden Jahrzehnte erzählt und stellen dar, wie dieses Ereignis zwei Familien geprägt hat, welche Wellen ein Schlüsselereignis schlägt, welche Kettenreaktion eine schreckliche Tragödie auslöst.
Was bedeutet der Zusammenhalt einer Familie, was passiert ihr bei so einem Ereignis? Diese Geschichte zeigt, wie unterschiedlich und schwerwiegend die Konsequenzen sein können und dass eine Tragödie die Folgezeit tief beeinflusst. Unschuld und Schuld, Angst und Verzweiflung treiben eine Suche voran bis zur Erlösung.
Beide Protagonisten, Norma sowie Joe treffen Entscheidungen für ihr späteres eigenes Familienleben, mit diesen Erfahrungen. Amanda Peters beschreibt dies mit einer Selbstverständlichkeit und Ehrlichkeit von Joe und Norma, die lebensklug ist.
Unglaublich mitreißend und hochgradig emotional beschrieben. Eine sehr gute Zeitbeschreibung, vor allem während des Beerenpflückens, rundet dies ab.

Es könnte sich so abgespielt haben, könnte eine wahre Geschichte sein, die vielen native Indians passiert ist. Jede Seite ( Buchseite sowie die der Protagonisten Joe und Norma )ist spannend und lässt tief in die einzelnen Charaktere blicken. Wie sie die Geschichte und die Einzelschicksale im Rahmen derer Möglichkeiten webt und agieren lässt, ist äußerst fesselnd. Mit viel Feingefühl zeichnet sie ihre Protagonisten im Zusammenhang mit der damaligen Zeit, deren Vorurteilen und Moralvorstellung. Man entdeckt immer wieder neue Aspekte, die zum Nachdenken anregen, ein vielschichtiger Roman! Auch wirft diese beschriebene Zeit einen wichtigen Blick auf amerikanische und kanadische Geschichte bezüglich Indigener Menschen und wird in Erinnerung gerufen, Damals wurden Indigene Indianer oder Rothäute genannt, abfällig betrachtet und minderwertig von den Weißen angesehen, übliche Vorurteile hatten Bestand und Unrecht konnte geschehen. Der „Indian Act“, sollte den kanadischen Indigenen ihre Identität nehmen, sie wurden von etlichen Rechten beschnitten. Sogenannte Indianerbeauftragte entschieden über den Schulgang indigener Kinder, die ihren Familien entrissen werden konnten usw.
( Erst 2009 bat Barack Obama in einer Erklärung um Verzeihung)
Eine beeindruckende Erzählung und wichtiges Zeitzeugnis.

Der Roman wurde in über 17 Ländern veröffentlicht.

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Veröffentlicht am 02.04.2025

Eine überaus geistreiche und witzige Punktlandung!

Geht so
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Ursprünglich studierte Marisa, 32 Jahre alt, Kunstgeschichte – wird aber von dort rekrutiert in eine Werbeagentur. Überzeugt davon, dass es vorübergehend sei, arbeitet sie inzwischen schon 8 Jahre in ...

Ursprünglich studierte Marisa, 32 Jahre alt, Kunstgeschichte – wird aber von dort rekrutiert in eine Werbeagentur. Überzeugt davon, dass es vorübergehend sei, arbeitet sie inzwischen schon 8 Jahre in der Werbebranche, ist im mittleren Management und berichtet über Ihre Wahrnehmungen und Erfahrungen. Sie kennt die Strukturen und Verhaltensweise in dieser Branche bis ins Kleinste, ist ein wichtiger Teil davon. Sie verspottet das System, weil sie weiß, wie es tickt. „Meine Arbeit besteht darin, freundlich zu sein und heiße Luft zu verkaufen“.
Um diese „heiße Luft zu ertragen, schaut sie sich in freier Zeit pausenlos jegliche Art von Youtube-Videos an. Manchmal weint sie, hat Herzschmerzen und nimmt Tabletten, Ängste zu lösen. Doch sie hält durch.

8 Stunden täglich mit entfremdeten und unbefriedigten Arbeiten zu verbringen, verlangt einiges von ihr ab. Sie hat das Flair einer erfolgreichen, selbstbewussten und klugen Madrider Großstadtfrau, die sich in dem „Dschungel „ bewährt“, auch in den kuriosesten Situationen. Mit distanzierten Betrachtungen nimmt Marisa die Werbebranche bzw. ihre Agentur aufs Korn. Witzig und spritzig wird der Alltag geschildert. Sarkastisch sein zu können und doch mittendrin zu sein – ein Spagat! Doch der lässt auch Federn. Trotz ihrer Distanz ist Marisa Teil dieses absurden Systems. Beatriz Serrrano erzeugt Spaß und Spannung anhand von diesen absurd witzig dargebrachten Szenen. Man selbst lacht und weiß, dass es in Teilen so ist, dass es bekannt vorkommt. Die Protagonistin ist menschlich verständlich, sympathisch. Nicht nur für 20-30 Jährige – diese geistreichen Betrachtungen sind zeitlos. Unglaublich witzig dargebracht und erscheint weitaus kreativer als das beschriebene Kreative in der gezeigten creative Branche – und das ist schon kurios und exzellent an sich. Spritzig, witzig, jeder Abschnitt amüsant und auf den Punkt gebracht.


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