Es wird nichts so sein, wie es einmal war
Und sie werden nicht vergessen sein„Und sie werden nicht vergessen sein“ erzählt die Geschichte von Arman und Amarna aus „Die Stadt der schweigenden Berge“ weiter. Dieses Buch ist aber auch eigenständig gut zu lesen. Mir hat dieser „zweite“ ...
„Und sie werden nicht vergessen sein“ erzählt die Geschichte von Arman und Amarna aus „Die Stadt der schweigenden Berge“ weiter. Dieses Buch ist aber auch eigenständig gut zu lesen. Mir hat dieser „zweite“ Teil besser gefallen, als „Die Stadt der schweigenden Berge“, was vor allen Dingen an der zu Beginn zweiten Erzählebene „Berlin“ und seinen Berliner Figuren liegt.
Der Berliner Teil erzählt die Geschichte von Eva, Paul und Wilma, wobei ich ganz besonders Paul und Wilma ins Herz geschlossen habe. Eva ist Künstlerin wie Arman, doch leidet sie unter dem Nazi-Regime und ihre Kunst wird als entartet verurteilt. Zudem ist Eva Jüdin und muss um ihr Leben fürchten, sie durchlebt eine ganz schreckliche Zeit und sie wird von ihrer Tochter Chaja getrennt, die von nun an bei Wilma lebt. Eva ist mir im Laufe der Geschichte immer unsympathischer geworden, ihr Handeln und Denken ist für mich nicht in allen Teilen nachvollziehbar, dennoch hat mich ihr Schicksal sehr mitgenommen. Sie steht symbolisch für eine ganze Generation, die während der NS-Zeit nicht nur ihr Leben, sondern auch ihre Träume und Hoffnungen begraben muss.
Evas Weg kreuzt während des 2. Weltkrieges den von Arman und Amarna, die in London ein gänzlich anders Leben leben. Arman ist ein gefeierter Künstler und Amarna eine gefragte Archäologin. Doch bei den beiden trügt der Schein, die Kommunikation zwischen Ihnen klappt leider so gar nicht mehr. Sie haben sich nicht mehr viel zu sagen, sie lügen einander an, sie verschweigen einander viel und dennoch spürt man die Liebe zwischen den Beiden, die sie verbindet. Der unerfüllte Kinderwunsch trägt zur Verschlimmerung der Lage bei, sodass Amarna sich entschließt ein deutschen Kind, ihres alten Freundes Paul aus Berlin aufzunehmen, die kleine Chaja.
Carmen Loboto hat ein Buch geschrieben welches unter die Haut geht, es ist kein Buch was man einfach so „runter lesen“ kann, ich musste es oft zur Seite legen, um über die eine oder andere Szene nachzudenken. Denn vieles wird nur angedeutet, die Zusammenhänge muss der Leser selber herstellen, um die gesamte Situation begreifen zu können. Ein tiefgreifendes Buch, welches das Schicksal einer ganzen Generation beschreibt, denn nichts war wieder so wie vor dem 2. Weltkrieg. Keiner bekam sein „altes“ Leben zurück, niemand konnte da weitermachen, wo er vor dem Krieg bzw. NS-Regime war.
Der Schreibstil von Carmen Lobato ist sehr angenehm zu lesen, die über 700 Seiten vergehen dann doch wie im Fluge. Die Personen werden wunderbar charakterisiert, sodass man am liebsten mit Wilma einen Kaffee trinken gehen möchte. Die Sprache der Autorin besticht einfach, sie findet in jeder Situation die richten Worte.
Ich empfehle das Buch allen, die gerne auch mal Bücher lesen, die zum Nachdenken anregen und nicht nur einen reinen Unterhaltungsroman lesen möchten.