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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.01.2024

Solide, aber nicht überwältigend

Heimkehr
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Dies ist nun mein erstes Toni Morrison-Buch. Gespannt war ich auf diese vielgeehrte Literatur Nopbelpreisträgerin. Leider konnte mich "Heimkehr" trotzder hochinteressanten und wenig beleuchteten Thematik ...

Dies ist nun mein erstes Toni Morrison-Buch. Gespannt war ich auf diese vielgeehrte Literatur Nopbelpreisträgerin. Leider konnte mich "Heimkehr" trotzder hochinteressanten und wenig beleuchteten Thematik nicht überzeugen.

Frank ist Schwarz und entscheidetet sich nach einer Kindheit auf der Flucht vor Weißen in den Südstaaten, mit desinteressierten Eltern und einer grausamen Großmutter als junger Mann zur Army zu gehen. Er wird nach Korea geschickt und kommt als gebrochener Mann - wie so viele andere dieses fast vergessenen Krieges - zurück in die USA. Seine kleine Schwester Cee indes muss sich als Jugendliche allein durchschlagen. Aus kurzen 155 Seiten begleiten wirs sie nun beim Wiedertreffen unter dramatischen Umständen und der Heimkehr in mehrfachem Sinne.

Sprachlich, strukturell und bezüglich des Plotinhaltes finde ich dieses Buch zwar durchaus solide, es konnte mich nur leider überhaupt nicht berühren und erst recht nicht vom Hocker hauen. So scheint mir hier ein eher mittelmäßiger Roman der Autorin vorzuliegen, dem meines Erachtens etwas mehr Umfang und Ausführlichkeit gut getan hätte.

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Veröffentlicht am 29.01.2024

Warum, Susan? Warum?

Todesstation
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Wenn man sich durch diesen merkwürdigen Roman gekämpft hat, fragt man sich schon: "Warum das alles?". Ein Werbetexter reist 1967 mit dem Schnellzug von New York in eine nahe Buffalo liegende Firmenzentrale. ...

Wenn man sich durch diesen merkwürdigen Roman gekämpft hat, fragt man sich schon: "Warum das alles?". Ein Werbetexter reist 1967 mit dem Schnellzug von New York in eine nahe Buffalo liegende Firmenzentrale. Auf der Zudfahrt kommt es zu einem unerwarteten Stopp mitten in einem düsteren Tunnel und zu allem Unglück ist auch noch die Beleuchtung im Zug ausgefallen. Diddy (Dalton), der Hauptprotagonist, steigt aus dem Zug, um nachzusehen, was geschehen ist und erschlägt aus einer Streitigkeit heraus einen Gleisarbeiter. Keiner hats gemerkt, er geht zurück und auch seine Mitreisenden scheinen nichts dergleichen von einem Mord mitbekommen zu haben. Der Zug fährt wieder an, kommt im Reiseziel verspätet an und erst tags darauf wird die Leiche entdeckt. Auch die schöne, blinde Hester hat nichts mitbekommen und versucht Diddy auch davon zu überzeugen. Dieser driftet jedoch immer tiefer in (Wahn-)Vorstellungen ab, trotzdem werden sie ein Paar und sind seit der Zugfahrt zusammen. Ach ja, und "machen Liebe" (so immer wieder die Formulierung Sontags).

Jetzt könnte man hoffen, dass es sich hier um ein ausgeklügeltes Vexierspiel zwischen Wahn und Wirklichkeit handelt. Da Diddy bereits auf den ersten 10-20 (ziemlich sperrigen) Seiten des Romans als psychisch nicht ganz gesund und nach einem Selbstmordversuch dargestellt wird, eine interessante Prämisse. Der Roman driftet dann aber eher in einen langweiligen Beziehungsroman ab und endet in einem unglaublich blödsinnigen, surrealen Finale. Es bleibt offen, ob der gesamte Roman den neurotischen Gedanken von Diddy entspringt.

Trotz sprachlich wirklich sehr guter Leistung von Susan Sontag konnte mich dieser Roman leider inhaltlich gar nicht überzeugen. Zunächst spannend eingefädelt verkommt der Roman zu einer langweiligen und dann nur noch sinnentleerten Farce. Deshalb gibt es an dieser Stelle keine Leseempfehlung meinerseits. Susan Sontag, die hochgelobte Essayistin und Journalistin, hat sich zumindest bei diesem prosaischen Werk vergriffen. Vielleicht gibt es noch bessere literarische Werke von ihr zu entdecken. Dieses gehört nicht dazu.

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Veröffentlicht am 29.01.2024

In Form und Inhalt konsequent erzählte Lebensgeschichte

Ein Tropfen Geduld
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Wir begleiten Ludlow Washington zu Beginn des 20. Jahrhunderts als fünfjährigen Jungen in ein Heim für blinde, schwarze Kinder; zu seinem ersten Engagement als Blasmusiker in eine Südstaaten-Bar; nach ...

Wir begleiten Ludlow Washington zu Beginn des 20. Jahrhunderts als fünfjährigen Jungen in ein Heim für blinde, schwarze Kinder; zu seinem ersten Engagement als Blasmusiker in eine Südstaaten-Bar; nach New York zum großen Erfolg und später mit zum Karrierefall. Ludlow ist ein Genie des Jazz, welchen er wie ein Handwerk betreibt, und er ist blind, und er ist schwarz.

All diese Faktoren verwebt William Melvin Kelley in seinem zweiten auf Deutsch - und viele Jahrzehnte nach der Erstveröffentlichung - erschienenem Roman "Ein Tropfen Geduld". Der Plot wird durchweg flott erzählt. Die Zeit- und Ortswechsel der sechs Romanteile werden durch den gekonnten Einsatz von fiktiven Interviewausschnitten mit dem scheinbar älteren und erfolgreichen Jazzmusiker Ludlow eingeleitet. So springt man viel schneller als erwartet weg vom Heim für Blinde, in welchem - nach nur wenigen Zeilen klar - scheußliche Dinge geschehen. Und landet elf Jahre später mit dem jugendlichen Ludlow bei seinem neuen "Besitzer" (aka Vormund, der ihn jedoch dem Heim aufgrund dessen Talent "abgekauft" wurde) und dessen Band. So zügig geht es durch das gesamte Buch. Was zunächst gewöhnungsbedürftig ist und das Gefühl hinterlässt, man hätte auch ein mindestens doppelt so dickes Buch lesen können und wollen, wirkt im Gesamtkonzept des Buches schlüssig. Ebenso schlüssig erklärt Gerald Early in seinem Nachwort aus dem Jahre 1996, dass Kelley in die Lebensgeschichte Ludlows nicht nur die Geschichte der Afroamerikaner*innen im frühen 20. Jahrhundert sondern auch die musikgeschichtlichen/-theoretischen Phasen des Jazz einwebt. Das ist im Rückblick ganz gekonnt gemacht und schafft somit ein großartiges Buch über ein Einzelschicksal, ein Massenschicksal und ein Musikphänomen.

Besondere Klasse macht für mich aber der konsequente Stil, in dem der Roman geschrieben ist, aus. So schildert Kelley von der ersten bis zur letzten Zeile mithilfe des personalen Erzählers Ludlows Leben allein durch akustische, olfaktorische, gustatorische und haptische Beschreibungen. Nicht ein einziges Mal tauchen visuelle Reize im Buch auf. So legt, laut Gerald Early, der Roman nahe, dass race eine Illusion ist, die jene blind macht, die eigentlich sehen können. Aber selbst ohne diese tiefere Deutung, ist es einfach ein ungewöhnliches und dadurch großartiges Leseerlebnis über 260 Seiten hinweg, Wahrnehmungen zu schärfen, die leider für Sehende häufig völlig außen vor bleiben. Diese Eindrücke, in ihrer Komplexität genauso wie in ihrer Einfachheit der Erkenntnis, hallen noch lang nach und lassen hoffen, dass sich der Verlag bald dazu entschließt, weitere Werke von Kelley auf Deutsch zu veröffentlichen.

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Veröffentlicht am 29.01.2024

Dietmar Dath und ich werden wohl keine Freunde mehr.

Der Schnitt durch die Sonne
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Dass Dietmar Dath und ich keine Freunde mehr werden, liegt natürlich zum einen daran, dass ich den Autor wahrscheinlich nie persönlich kennenlernen werde, um mich mit ihn anzufreunden - vielleicht ist ...

Dass Dietmar Dath und ich keine Freunde mehr werden, liegt natürlich zum einen daran, dass ich den Autor wahrscheinlich nie persönlich kennenlernen werde, um mich mit ihn anzufreunden - vielleicht ist er ja ein ganz umgänglicher Mensch - aber zum anderen und vor allem liegt es an seinen Büchern. Nach "Die Abschaffung der Arten" ist dies nun das zweite Buch des Autors, an welches ich mich wage. Zugegeben: Auch das eben genannte Buch, habe ich - da aber schon nach einem Viertel - abgebrochen. Nun sollte es die berühmte zweite Chance geben.

Wenn man sich den Klappentext des Buches durchliest, scheint die Geschichte eine durchaus interessante Sci-Fi Grundlagen zu haben. Sechs Menschen werden zu Sonne geschickt, um einen im dortigen Lebensraum vorherrschenden Konflikt zu lösen. Dabei wird auf eine Zusammensetzung verschiedener Fähigkeitsprofile geachtet (ein Koch, eine Mathematikerin, ein Physiker, eine Pianistin etc. pp.). Und ist bei Dietmar Dath nichts so einfach, wie es auf den ersten Blick aussieht. Dem Roman scheint ein komplexes physikalisch-mathematisches Kontrukt zugrunde zu liegen. Es wird ein "Abbild" der Protagonisten zur Sonne geschickt und auch die dortige Gesellschaft ist schwer fassbar ebenso wie die physikalischen Gegebenheiten. Die Charaktervorstellungen sind ganz gut lesbar, dauern aber auch bis etwa zur Hälfte des Buches an, sodass bis dahin bei mir noch gar kein Interesse für die eigentliche Geschichte geweckt werden konnte. Der für mich wahrscheinlich einfach nur zu vor Intelligenz strotzende Schreibstil lud mich jedenfalls leider nicht dazu ein, auch noch den Rest des Buches zu lesen.

Nun befinden sich noch im Bücherregal zwei weitere Bücher von Dath, die - zumindest von mir - noch ungelesen sind. Bei anderen Leser*innen (auch dem hier im Haushalt befindlichen) scheint Dath ja verehrt zu werden als neuer großer deutscher Science-Fiction-Autor. Wahrscheinlich werde ich ihm deshalb mit etwas zeitlichem Abstand noch eine dritte oder vierte Chance geben... Mal sehen. Denn: Dath schreibt nicht schlecht, im Gegenteil. Aber er verliert mich bisher immer zwischendurch.

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Veröffentlicht am 29.01.2024

Weder besonders witzig noch tiefgründig. So la la.

Der Pfau
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Von diesem Roman hatte ich durchaus vorab einen "Easy Read" erwartet, diesen aber versetzt mit viel Witz und trotzdem Tiefgang. Von der Autorin ist mir bisher ausschließlich das tolle Buch "Laufen" von ...

Von diesem Roman hatte ich durchaus vorab einen "Easy Read" erwartet, diesen aber versetzt mit viel Witz und trotzdem Tiefgang. Von der Autorin ist mir bisher ausschließlich das tolle Buch "Laufen" von 2019 bekannt. Ich erwartete vom Vorgänger ebenso begeistert sein zu können, was sich leider nicht bewahrheitete.

Ein Team von Investmentbankangestellten reist mit seiner Chefin aus der Finanzmetropole London in ein kleines Tal in Schottland, um dort zusammen mit einer Psychologin und der eigens mitgebrachten Köchin eine Teambuilding-Maßnahme durchzuführen. Auf dem sehr ländlichen Anwesen gibt es unter anderem Pfauen, wobei ein Jungpfau mit einem Faible für blaue Gegenstände eine Kaskade von unglücklichen Zufällen und Verstrickungen in Notlügen auslöst.

Leider bleiben diese Verstrickungen oberflächlich und vorhersehbar. Der Plot ist wenig überraschend und auch wenn den Lesenden vorgeführt wird, wie verzwickt fehlende Kommunikation ist und zu noch mehr Missverständnissen führt, so geht dies nicht in die Tiefe. Die Lügen der Protagonisten haben eher lange Beine und schlussendlich passiert nichts wirklich Schlimmes. Alle kommen irgendwie mit ihren Mauscheleien davon. Zwischenzeitlich bekommen alle Tiere auch gleich noch ein Bewusstsein und Gedankengänge zugesprochen, was weniger amüsant als vielmehr lächerlich wirkt. Allgemein fehlte mir in diesem Roman der "versprochene" Witz vollkommen. Ich musste nicht mal schmunzeln beim Lesen. Und schlussendlich konnte mich der sehr simple, konventionelle Sprachgebrauch überhaupt nicht überzeugen. Alles aber auch wirklich alles muss Frau Bogdan in diesem Roman ausformulieren. Und für alle, die es beim ersten Mal noch nicht verstanden haben, mitunter noch ein zweites oder drittes Mal. Selbstständiges Denken wird hier jedenfalls nicht von den Lesenden erwartet.

So kann man diese Lektüre tatsächlich durch und durch als "Easy Read" bezeichnen. Der Tiefgang war mir jedoch viel zu stark durch die oben genannten Punkte abgeflacht. Immerhin, es liest sich leicht runter und man ist schnell durch mit dem Roman.

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