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Veröffentlicht am 17.06.2023

Wenig passiert.

Das Netz
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Einem klassischen Krimi entspricht „Das Netz“ nicht: die Protagonistin Sonja kann von Anfang an als eine der Bösen gelten und man wird hier direkt damit konfrontiert, dass sie ihr Geld als Drogenkurierin ...

Einem klassischen Krimi entspricht „Das Netz“ nicht: die Protagonistin Sonja kann von Anfang an als eine der Bösen gelten und man wird hier direkt damit konfrontiert, dass sie ihr Geld als Drogenkurierin verdient; angesichts der Buchbeschreibung hatte ich eher erwartet, zunächst davon zu lesen, wie sie in diese Kreise abrutscht, aber sie steckt bereits am Beginn der Geschichte mittendrin. Eh ist die Beschreibung ein wenig verfehlt, denn auch die Beziehung zu Agla ist als solche gar nicht definiert: Während Sonja sich da deutlich mehr „Offizielles“ wünscht, hadert Agla, die vor Sonja noch nie mit einer Frau zusammen war, arg damit, sich in eine Frau verliebt zu haben, denn sie ist doch gar nicht „so eine“.
Tatsächlich verlaufen die Geschichten dieser beiden Frauen hier eher parallel, von diversen gemeinsam verbrachten Nächten mal abgesehen und sehr vielen Grübeleien, ob und zu was diese Beziehung, oder Nicht-Beziehung, führen soll/könnte.
Auch der Bragi-Strang wird später parallel eingeflochten; die Handlung rund um Sonja steht zwar klar im Fokus und macht das Gros dieses Romans aus, aber insgesamt werden da eben drei Hauptfiguren thematisiert, deren Wege sich, mal häufiger, mal seltener, überkreuzen.

Ich habe „Das Netz“ jetzt als eher ruhigen Roman empfunden. Völlig einfangen konnte mich die Geschichte nicht, denn tatsächlich passierte gar nicht so viel, außer dass Sonja immer mehr Drogen aus dem Ausland nach Island schmuggeln sollte, Bragi mit dem Pflegeheim seiner Frau mehr als unzufrieden war und Agla zum Einen nicht zugeben wollte, lesbisch zu sein, zum Anderen aber ohnehin damit beschäftigt war, sowohl ihre Beteiligung als auch die einiger Kollegen am isländischen Bankencrash zu verschleiern.
Gelangweilt habe ich mich während des Lesens nicht, wobei für Spannung eigentlich nur die Frage sorgte, ob Sonja je aussteigen würde können und wie die großen Drogenbosse da weiter auf sie reagieren würden. Später wird zwar noch die Frage aufgeworfen, wer eigentlich da der oberste Drahtzieher ist, aber was vermutlich für einen Mindf*-Moment sorgen sollte, war für mich völlig absehbar. Mit der Beteiligung dieser Person hatte ich schon frühzeitig gerechnet und ab DEM großen Spannungsmoment in diesem Buch war es eigentlich völlig absehbar und da habe ich mich wirklich gewundert, dass die sonst eher abgebrüht auftretende Sonja da völlig den Kopf verlor und überstürzt zu handeln begann. Bzw. ihr Verhalten konnte ich angesichts dieser dort geschilderten Notsituation sogar noch halbwegs nachvollziehen, aber auch ihr Umfeld mit der vermeintlich sauberen Weste hat da nicht so reagiert, wie man es eigentlich erwarten sollen dürfte, von daher war es nicht ganz nachvollziehbar, dass eine gewisse Enthüllung sie später ganz kalt erwischt haben sollte. (Ja, das klingt jetzt kryptisch, aber ich will nicht spoilern. Wer von Anfang an aufmerksam liest und nur ein klitzekleines bisschen weiterdenkt, für den wird es hier aber keinen Plot Twist, sondern lediglich eine Bestätigung, geben.)

Das Ende ist auch semi-offen: Es gibt keinen klaren Cut, aber der Schluss war als solcher für mich nun auch akzeptabel. Es ist einfach eines dieser Enden, die dazu einladen, die Geschichte ab hier selbst noch ein wenig weiterzuspinnen – oder eben den nächsten Band zu lesen. Ich habe dabei allerdings nur wenig Interesse an der Trilogie im Gesamten entwickelt und werde es vermutlich dabei belassen, einfach nur „Das Netz“ gelesen zu haben.

Veröffentlicht am 16.06.2023

Laaaaaaaaangsam

Find mich da, wo Liebe ist
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Nachdem ich mich durch die ersten 39% des Romans entnervt hindurchgelangweilt gehabt hatte, habe ich das restliche Buch sehr lange vor mir hergeschoben, unschlüssig, ob ich es überhaupt noch zu Ende lesen ...

Nachdem ich mich durch die ersten 39% des Romans entnervt hindurchgelangweilt gehabt hatte, habe ich das restliche Buch sehr lange vor mir hergeschoben, unschlüssig, ob ich es überhaupt noch zu Ende lesen wollen würde: nun ja, die weiteren 61% haben weitgehend dem ersten Drittel entsprochen. Die Nebenfigur der Nadia war letztlich der einzige mich überzeugende Faktor hier; die Beziehung zu David war für mich von Anfang an eine einzige Farce, wobei ich das angesichts des Hinweises in der Buchbeschreibung, dass diese schon seit acht Jahren so läuft, schon fast erwartet hatte, dass sie eben NICHT "über alle Zweifel erhaben" ist. So entsprach die Beziehung im Buch für mich auch eher einer der unglückseligen Dreiecksgeschichten, in der der verheiratete Mann reichlich lässig zweigleisig fährt, während die Geliebte sich ewig vertrösten lässt und überzeugt bleibt, dass er "aber eigentlich nur sie will".
Ich habe nie so sehr wie hier bei einem Liebesroman darauf gehofft, dass der ursprünglich Angeschmachtete von der Protagonistin infolge eines Heureka-Moments noch abgesägt werden würde und sie anderweitig die große Liebe fände, zumal David hier über eine weite Strecke einfach völlig minder- bis gar nicht repräsentiert wurde: In der ersten Hälfte des Romans wuselt Grace hauptsächlich in ihrem kleinen Lädchen bzw. ihrer Werkstatt umher und denkt dabei ab und an mal sehnsüchtigst an David, aber für mich kam da gar nicht rüber, wieso sie sich mit ihm als so glücklich ansah - für mich hätte sie da ebenso gut für irgendeinen beliebigen Superstar schwärmen können: da hätte ich ziemlich genau denselben Eindruck wie von Davids und ihrer Beziehung gehabt. Wahrscheinlich sogar einen besseren, weil der unbekannte Superstar sie nicht schon jahrelang "in der Hinterhand behalten" hat.
Im Verlauf wird zwar zu erklären versucht, wieso Grace so wenig Selbstsicherheit besitzt, dass sie das Ganze schon seit Jahren so mitgemacht hat, aber für mich blieb es, grad angesichts der zeitlichen Länge, unglaubwürdig: mit all diesen Zweifeln wäre es doch weitaus wahrscheinlicher, dass sie schon nach weniger als einer Handvoll Jahren dieser Art von Beziehung gecrasht wäre. Da Grace in Bezug auf den Instrumentenbau aber so viel Wissen, Leidenschaft und Stolz besitzt, machte es für mich noch unverständlicher, dass sie im Liebesleben da so duckmäuserisch und schon fast einem Mann hörig gewesen sein sollte. Ich bin also auch mit der weiblichen Hauptfigur nicht wirklich klargekommen.

In meinen Augen hätte dies ein toller Roman werden können, wäre der Fokus von Anfang an darauf gelegt worden, dass Grace endlich all ihre Kräfte bündelt und sich aus einer verdrehten Pseudo-Partnerschaft löst, um endlich wirklich glücklich werden zu können; anstelle hatte ich das Gefühl, dass man mich erstmal dazu drängte, mich zu Grace auf ihre rosarote Zuckerwattewolke zu setzen, von der ich sie aber quasi schon ab der ersten Seite runterschubsen wollte.
Ich habe in diesem Fall echt darauf gelauert, dass "Find mich da, wo Liebe ist" einfach noch den Sparks machen und einen Teil des ursprünglichen Traumpaars, in diesem Fall dann also David, killen würde: es hätte den Roman meiner Meinung nach so viel besser gemacht, hätte Grace hier frühzeitig begonnen, anderweitig ihr Glück zu suchen. Was den versprochenen "Neuanfang" angeht, um den sich die Handlung doch drehen sollte, deutete über eine sehr weite Strecke nämlich absolut rein gar nichts daraufhin, dass hier demnächst irgendwas wirklich anders werden würde. Die zweite Buchhälfte war da zwar immerhin deutlich dynamischer, aber die erste Hälfte war so festgefahren, dass es mich nicht wundern würde, wenn es da außer mir noch zahlreiche; und in diesem Fall meine ich "zahlreich" definitiv wortwörtlich; Andere gibt, die über kaum mehr als das erste Viertel des Buchs hinauskommen, ehe sie die Flinte ins Korn werfen.

Veröffentlicht am 16.06.2023

Überraschend untypisch

Der Herzgräber
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Angesichts des Klappentextes hatte ich sehr viel mehr Hier & Jetzt erwartet; gefühlt fasst die Buchbeschreibung auch kaum mehr als das erste Kapitel zusammen. Da hatte ich definitiv damit gerechnet, dass ...

Angesichts des Klappentextes hatte ich sehr viel mehr Hier & Jetzt erwartet; gefühlt fasst die Buchbeschreibung auch kaum mehr als das erste Kapitel zusammen. Da hatte ich definitiv damit gerechnet, dass es sehr viel mehr Vorlauf geben würde, bis es zu Heathers Gesprächen mit Reave kommt, aber das passiert eigentlich schon, kaum dass sie herausgefunden hat, wer der ominöse Briefkontakt ihrer Mutter war und basiert eher darauf, dass sie um diese Gesprächstermine gebeten hat, in der Hoffnung, mehr über ihre Mutter zu erfahren als darauf, dass die Polizei selbst ihr diese Gelegenheit zunächst angetragen hätte. Jene sieht letztlich nur eine Chance, dass der im Allgemeinen wortkarge Reave in den Unterhaltungen mit Heather Bemerkungen fallen lässt, die hilfreich für die gegenwärtigen Ermittlungen sein werden.
Ich war da wirklich auf einen ziemlich anderen Roman eingestellt gewesen, nämlich einen Thriller, in dem es klar um aktuelle Mordermittlungen gehen würde und in dem Heather mit dem im Klappentext erwähnten Ben eine Art Ermittlerduo bilden würde. Tatsächlich erfährt man aber nur wenig von dem, was in Polizeikreisen grad vor sich geht: "Der Herzgräber" bleibt da doch sehr auf Heather fokussiert, die das Verhältnis ihrer Mutter zum Serienkiller ergründen will und dafür in deren Vergangenheit einzutauchen versucht. Parallel wird in einem anderen Zeitstrang von einem Jungen erzählt, der quasi zum Mörder erzogen wird; eingangs wird einmal ganz direkt angedeutet, dass es sich hierbei um Michael Reaves handelt, der aber zum Einen darauf beharrt, unschuldig zu sein und sich nie zu auch nur einem Mord bekannt hat und zum Anderen bleibt nach dieser einen Namensnennung aber zunächst sehr lange offen, ob nun zu einer anderen Person gesprungen wurde, womöglich zum jetzigen Täter, oder weiterhin da Reaves' Aufwachsen geschildert wird.
In weiteren kurzen Sequenzen wird das Verschleppen neuer Opfer geschildert, aber generell werden die Morde an sich eher beiläufig dargestellt und hauptsächlich im Rahmen der Inszenierung der Opfer überhaupt aufs Tapet gebracht. Da finde ich den deutschen Titel "Der Herzgräber" schon eher suboptimal gewählt, denn er klingt zu sehr nach einem Namen, dem die Presse Reaves gegeben hat, wobei Heather, nachdem sie sich längst sehr mit dessen mutmaßlichen Taten befasst hat, erst später von Ben Parker erfährt, dass allen Opfern das Herz entfernt worden war. Der Originaltitel "A Dark and Secret Place" ist hingegen sehr viel passender, weil der Roman bereits sehr frühzeitig einen obskuren Ort mit ins Zentrum stellt, an dem die Fäden hier zusammenlaufen zu scheinen, während "Der Herzgräber" als Titel Reaves dort so dermaßen viel Platz einräumt, den er in der Geschichte prinzipiell gar nicht einnimmt. Die Evans-Reaves-Gespräche sind da definitiv auch keine Starling-Lecter-Gespräche, obschon es gewisse Parallelen gibt.

An sich hat mir der Roman, auch wenn ich ihn eben sehr genreuntypisch empfand und eher als Drama gelesen habe, indem sich die Protagonistin unerwartet wiederfand, ganz gut gefallen; mir blieb zum Schluss lediglich Einiges zu wenig ausgeführt, mitunter erinnerte er mich an einen Lückentext, dem die wesentlichen Infos zwar zu entnehmen waren, bei dem man sich die tieferen Zusammenhänge aber selbst zusammenfantasieren musste, z.B. warum ausgerechnet jetzt eine Reaves' Schema entsprechende neue Mordserie begann. Angesichts der Auflösung ergab diese riesige zeitliche Lücke für mich gar keinen Sinn und da hätte ich mir generell auch mehr Ermittlungsergebnisse gewünscht; mir blieben die Bösen in diesem Werk zu sehr "haben halt einfach dies und das getan" und auch die Opfer zu sehr "wurden halt einfach um die Ecke gebracht", und selbst Heather fand ich da vergleichsweise farblos - und das, obwohl die Geschichte grundsätzlich eine krasse Intensität hatte.
Zumindest der Spannungsfaktor; wer hat was getan?; blieb für mich konstant bestehen und ich würde den Roman durchaus weiterempfehlen (wenn auch weniger als Thriller), aber die ganz große Begeisterung blieb doch aus.

Veröffentlicht am 09.06.2023

Sauber und solide

Match on Ice
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Was die ominösen, bereits in der Buchbeschreibung angesprochenen, "Übungsstunden" anbelangt, konnte ich deren Sinn bis zuletzt nicht nachvollziehen - das blieb für mich ein ganz seltsames Konstrukt, das ...

Was die ominösen, bereits in der Buchbeschreibung angesprochenen, "Übungsstunden" anbelangt, konnte ich deren Sinn bis zuletzt nicht nachvollziehen - das blieb für mich ein ganz seltsames Konstrukt, das in meinen Augen lediglich dazu diente, die zu erwartende Romanze einzuläuten: denn auch wenn sich die Beiden letztlich ein wenig von ihrem jeweiligen Sport nahebrachten, schien die "Strafe" bis dahin darin zu bestehen, dass sie frühmorgens, vor dem eigentlichen Trainingsbeginn, gleichzeitig in derselben Halle auf dem Eis rumdaddeln sollten, wobei Romys einziges Problem darin zu bestehen scheint, dass sie derzeit, auch ganz unabhängig von ihrer Verletzung, den Axel nicht sauber abschließen kann. Dass ihre Verletzung sie nun noch unsicherer auf dem Eis hat werden lassen, kam für mich gar nicht rüber und ohnehin wurde die Geschichte für mich dem Eiskunstlauf nicht wirklich gerecht: während Eishockey sogar noch erklärt wurde, wurde Eiskunstlauf hier eher mit Phrasen bedient und da wirkte die Darstellung auf mich allzu sehr als habe man halt noch eine zweite Eissportart gebraucht, aber sich nicht mit zu vielen Sportarten (neu) auseinandersetzen wollen. (Ich habe ja auch keine Ahnung; ich kuck mir einfach nur ab und an gerne mal Eiskunstlauf, auch in Turnierrahmen, an, aber selbst ich kenne da inzwischen mehr „Fachvokabular“, was Sprünge und Schrittfolgen angeht. In diesem Roman wurde zusammen übers Eis gelaufen und ihr Partner musste Romy häufiger heben und ABER DER AXEL!!! Hier bestand Eiskunstlauf eigentlich aus nix Anderem.)

Die Romanze an sich war ganz schön, Jack und Romy bewegten sich auch auf der gleichen Ebene und waren sich ebenbürtig; mir hat es wirklich gut gefallen, dass es hier kein krasses Gefälle zwischen den Beiden gab. Weder war sie das arme Hascherl, das gerettet werden musste, noch er der hehre Prinz auf dem weißen Ross, geschweige denn eine gebeutelte Seele von nur nach außen hin hartem Kerl, der sich heimlich nach Liebe verzehrte. Nee, die Beiden waren einfach ganz normale Studierende mit Sportstipendien, wobei der Studienaspekt im Roman auch arg kurz kommt: Die Geschichte spielt sich zu mindestens 90% doch in Eishallen ab und dass die Hauptfiguren auch noch ein reguläres Studium zu absolvieren haben, wird da eher sporadisch eingeworfen, wohl um uns daran zu erinnern, dass Sport hier (noch) kein Hauptberuf ist, und außerdem spielen die Studieninhalte ganz zum Schluss doch auch noch eine kleine Rolle, um eine Intrige aufzudröseln.
Denn natürlich gibt es noch ein Drama, und hier fand ich es wiederum schön, dass es nicht hausgemacht, also vom Paar selbst konstruiert, war und dass es zudem, ohne nun groß spoilern zu wollen, mal wirklich um was ging. Also kein sich über zig Kapitel erstreckendes Eifersuchtsdrama, weil sie zufällig gesehen hat, wie er eine Unbekannte geknuddelt hat, die sich 100 Seiten später als seine Schwester entpuppte oder Ähnliches.

Generell fand ich diesen Roman im Vergleich mit anderen Titeln desselben Genres sehr authentisch; wie gesagt: die Hauptfiguren waren nicht krass auffällig und es gab auch nicht den ganz großen Schmonz (ebenso gab es übrigens auch keine erotischen Szenen; der Roman ist generell also eher im Bereich clean romance anzusiedeln). Wer seine Romanzen gerne total kitschig mag, wird hier eher enttäuscht sein; dazu ist die Gefühlsebene wohl zu nüchtern, eben: alltäglich, dargestellt. Wer es auch in diesem Genre gerne ein wenig realistischer hat, dürfte sich da weitaus mehr an "Match on Ice" erfreuen können.
Für mich ergab sich hier aus Allem eine solide Romanze mit einem für mich okayen Unterhaltungsfaktor; also mich hat diese Geschichte nun nicht völlig in den Bann gezogen, aber ich würde definitiv auch noch einer weiteren Sports Romance der Autorin eine Chance geben. Schade fand ich lediglich, dass die letztliche Auflösung des Dramas nicht tiefer thematisiert wurde; da hatte sich die Beziehung zwischen Romy und Jack zuvor so schön mit der Zeit entwickelt, nichts geschah überhastet, aber das Romanende war dann doch eher so basta, fertig, aus.

Veröffentlicht am 03.06.2023

Von Verdachtsmomenten und Fährten

Tristan Mortalis
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"Tristan Mortalis" ist der zweite (eigenständige) Roman des Autorenduos Hill/Stapor, das mir bis hierher unbekannt war, wobei ich Autorenduos/-teams gegenüber generell, frei nach "Viele Köche verderben ...

"Tristan Mortalis" ist der zweite (eigenständige) Roman des Autorenduos Hill/Stapor, das mir bis hierher unbekannt war, wobei ich Autorenduos/-teams gegenüber generell, frei nach "Viele Köche verderben den Brei", eher skeptisch bin: Dieses Buch hat mich nun aber dazu bewegt, auch den ersten Jugendthriller dieser beiden Autorinnen direkt auf die Liste der Bücher, die ich noch lesen möchte, zu setzen.

Dabei fand ich den Anfang ein wenig stolperig: Hier wird nämlich eingangs doch noch etwas länger vom spektakulären Fund einer uralten Moorleiche berichtet, die "absolut guterhalten" ist, und als Bene auf einem Foto einen Zipfel des von der Leiche getragenen Harnisch als mutmaßlichen Teil von Tristans Theaterkostüm, das jener während ihrer letzten gemeinsamen Party trug, identifizieren kann, ist das Mysterium um den überraschenden Zustand dieser Moorleiche für die Lesenden nicht mehr sonderlich groß. Dadurch, dass die Kurzbeschreibung (und wohl auch der Titel) bereits verrät, dass sich die Geschichte rund um Tristans Todesumstände dreht, fand ich es ein wenig zäh, mich erst noch durch diverse "Ist er’s? Ist er’s nicht?"-Seiten lesen zu müssen. Zudem: Ich weiß es wirklich nicht, aber wäre eine Leiche nach einem halben im Jahr im Moor tatsächlich schon so ausgetrocknet und verknöchert, dass man sie mit einem jahrhundertealten Ritter verwechseln könnte? Und wie krass authentisch muss dieses Kostüm denn gewesen sein, dass offensichtlich auch dessen Material nicht sofort auffiel? Mir schien das doch dubios, dass hier recht lange gebraucht wurde, um festzustellen, dass die gefundene Leiche kein echter Ritter gewesen war.
Auch im weiteren Verlauf habe ich mich ein wenig schwer damit getan, dass dieser Fund hier zunächst schon über die Grenzen hinaus Schlagzeilen machte, sich dann herausstellte, dass es sich beim Toten um einen jungen Erwachsenen handelte, der auf ungeklärte Weise ums Leben gekommen war – aber als Tristans Freunde aus der Theater-AG dann teils sehr abrupt von ihren Studienorten etc. aus gen ihr Heimatörtchen aufbrachen, fragte nie jemand, ob sie den Toten gekannt hatten, der ja offensichtlich ihrer Altersgruppe zugehörig war, oder Ähnliches. Völlig skurril fand ich es allerdings, als die verbliebenen Freunde sich später in ihrem alten Stamm-Imbiss trafen und vom dortigen Betreiber gefragt wurden, wo denn das fünfte Mitglied ihrer Truppe wäre!? Als ob grad in einer Kleinstadt SO ein Tod nicht mitbekommen werden könnte und als ob in einem Fall wie diesen Tristans Foto nicht groß durch sämtliche Medien gejagt worden wäre… darin bestand für mich letztlich eigentlich auch das einzige Manko des Romans, dass der rätselhafte Tod eines Abiturienten während einer Abschlussfeier nicht öffentlich dermaßen ausgeschlachtet worden sein sollte, nachdem man ihn versehentlich schon als einen echten Ritter erkannt hatte.

Perspektivisch ist "Tristan Mortalis" durchaus interessant gemacht: hauptsächlich spielt er im Hier und Jetzt und abwechselnd werden Tristans vier Freunde beleuchtet; dabei sind die Figuren hier doch sehr unterschiedlich und man kann sich leicht vorstellen, dass es außerhalb ihres gemeinsamen Engagements in der Theater-AG eher unwahrscheinlich gewesen wäre, dass sich ausgerechnet diese fünf Menschen zu einer Clique zusammengefunden hätten. Immer wieder wird aber zur fraglichen Partynacht zurückgeschwenkt und geschildert, an was sich die Vier da erinnern.
Dabei wird schnell klar, dass jeder ein etwas anderes Bild jener Nacht in sich trägt und diejenigen, die das Buch lesen, entwickeln da wohl alsbald eine Ahnung, dass jemand aus dieser Gruppe für Tristans Tod verantwortlich sein könnte, wobei bis zum Schluss alles sehr ominös bleibt und es einige unerwartete Enthüllungen gibt, dass man tatsächlich letztlich doch nur raten kann, wer hier eventuell der/die Böse war oder ob es eventuell doch alles ganz anders gewesen ist.
Da fand ich diesen Roman nun doch recht fesselnd und auch vielschichtig; gefallen hat mir auch, dass hier doch von den vier Hauptfiguren auch regelmäßig reflektiert wurde, wie sehr sie sich (alle) in den letzten Monaten bereits verändert hatten und ob ihre Prioritäten womöglich noch ein wenig zurechtgerückt werden sollten bzw. in welche Richtung sie sich ferner bewegen wollten. Niemand blieb von Tristans Tod da unberührt, obschon es seit dem Abschluss eigentlich auch gar keine Berührungspunkte zwischen dieser Gruppierung mehr gegeben hatte.
Für mich war das einfach eine gelungene, ohne Blutrünstigkeit auskommende, Mischung zwischen Thriller und Psychodrama! Zudem wie gesagt so überzeugend, dass ich auf alle Fälle ferner jetzt auch den anderen bislang erschienen Jugendroman des Duos noch lesen will.