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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.04.2025

Sommerliche Identitätssuche

Wenn die Tage länger werden
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Lisa ist Ende dreißig, Lehrerin und alleinerziehende Mutter eines sechsjährigen Kindes. Die Sommerferien stehen bevor, und zum ersten Mal wird ihr Sohn Paul mehrere Wochen am Stück bei seinem Vater verbringen. ...

Lisa ist Ende dreißig, Lehrerin und alleinerziehende Mutter eines sechsjährigen Kindes. Die Sommerferien stehen bevor, und zum ersten Mal wird ihr Sohn Paul mehrere Wochen am Stück bei seinem Vater verbringen. Diese bevorstehende freie Zeit ist für Lisa ein großer Luxus, löst aber auch Ängste aus. Denn wer ist sie eigentlich, wenn sie nicht gerade Mutter, Tochter oder Lehrerin ist?
Anne Stern schreibt sehr ehrlich und feinfühlig über Mutterschaft mit all ihren Konsequenzen. Sie thematisiert Mental Load, die ungleichen Maßstäbe, an denen Väter und Mütter gemessen werden, die Gefahr, sich selbst in der Elternrolle zu verlieren, die gewaltige Liebe, Nähe und manchmal auch Überforderung im Zusammenleben mit einem Kind. Ich habe mir viele Sätze und Seiten markiert.
Neben Lisas Rolle als Mutter wird auch das komplizierte, von Schweigen und Distanz geprägte Verhältnis zu ihrer eigener Mutter beleuchtet. Sie begegnet außerdem der schwer kranken Obstbäuerin Ute – eine interessante Figur, die leider etwas blass bleibt. Ein weiterer Aspekt des Buches ist Lisas Liebe zur Musik und die düstere Geschichte ihrer alten Geige. Trotz der vielen Themen wirkte die Geschichte nicht überladen.
Manche von Lisas Gedankengängen empfand ich nach einer Weile ein wenig redundant, trotzdem hat mir gerade der Teil ihrer Identitätssuche sehr gefallen. Insgesamt ist „Wenn die Tage länger werden“ ein berührendes und gelungenes Buch. Anne Stern schafft eine schöne, sommerliche Atmosphäre und eine gewisse Leichtigkeit. Ein Buch, das ich gern gelesen habe, dessen Eindrücke teilweise jedoch auch schon wieder verblassen. Ich empfehle es als leichten, aber keineswegs seichten Sommerroman mit Tiefgang.

Veröffentlicht am 05.03.2025

Bewegung macht Spaß!

Bloß nicht bewegen - oder doch?
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Bewegung im Kleinkindalter (und natürlich darüber hinaus) ist sehr wichtig für die Entwicklung, da sind sich Expert*innen einig. Gleichzeitig gibt es immer wieder Hinweise, dass Kinder sich zu wenig bewegen. ...

Bewegung im Kleinkindalter (und natürlich darüber hinaus) ist sehr wichtig für die Entwicklung, da sind sich Expert*innen einig. Gleichzeitig gibt es immer wieder Hinweise, dass Kinder sich zu wenig bewegen. Dieses Buch kann Abhilfe schaffen. „Bloß nicht bewegen – oder doch?“ ist ein gelungenes Mitmachbuch, das sich nicht nur durch das Thema (Bewegung im Kleinkindalter), sondern auch durch die Art und Weise, Kinder anzusprechen, auszeichnet. Durch die Geschichte im Buch werden Lesende bzw. Zuhörende dazu animiert, mitzuturnen. So kann das Buch zu einer lebendigen und unterhaltsamen Erfahrung für Kinder und Eltern oder Betreuende werden. Die Illustrationen sind kindgerecht und süß, die Charaktere bieten Raum zur Identifikation. Bewegung spielt auch eine wichtige Rolle beim Spracherwerb, so dass das Buch sich durch die Kombi von Sprache, Bewegung und Spaß zur Sprachförderung einsetzen lässt. Ich habe den Eindruck, dass das Buch sich auch gut für Gruppen eigenen würde.

Veröffentlicht am 26.02.2025

Spannendes Familiendrama

Der Gott des Waldes
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Es ist das Jahr 1975, und in einem Sommercamp in den Adirondack Mountains im Nordosten der USA verschwindet ein Teenager-Mädchen spurlos. Das vermisste Mädchen ist Barbara, die Tochter der wohlhabenden ...

Es ist das Jahr 1975, und in einem Sommercamp in den Adirondack Mountains im Nordosten der USA verschwindet ein Teenager-Mädchen spurlos. Das vermisste Mädchen ist Barbara, die Tochter der wohlhabenden Familie Van Laar, die das Naturreservat besitzt, in dem auch das Camp liegt. Was den Fall besonders brisant macht: Bereits 14 Jahre zuvor verschwand Barbaras Bruder Bear ebenfalls in der das Camp umgebenden Wildnis.

Der Roman wird aus mehreren Perspektiven erzählt, etwa aus der Sicht der Betreuerin Louise und der Ermittlerin Judy. Auch Barbaras und Bears Mutter Alice sowie einige andere Personen rücken in den Mittelpunkt. Dazu kommen verschiedene Zeitebenen zwischen 1950 und 1975, mit Fokus auf das Kennenlernen von Barbaras Eltern, die Zeit rund um das Verschwinden von Bear und schließlich die Ermittlungen im Sommer 1975. Das klingt verwirrend, ist aber so gut gemacht, so dass man beim Lesen den Überblick behält und sich aus immer neuen Informationen und Puzzleteilen langsam ein Bild ergibt.

„Der Gott des Waldes“ ist ein Buch zum Reinfallen und Eintauchen, atmosphärisch dicht und fesselnd. Besonders anfangs ist das Tempo überraschend langsam und die Autorin nimmt sich Zeit, die Geschichte zu entfalten. Trotzdem wird es nicht langweilig, denn die tragische Familiengeschichte ist einfühlsam erzählt und mitreissend. Die Beschreibungen der Natur sind sehr gelungen, das Camp wirkt lebendig und greifbar. Die Charaktere sind größtenteils vielschichtig und glaubwürdig gezeichnet. Zudem greift der Roman interessante Themen auf, etwa die Kluft zwischen Arm und Reich, komplizierte familiäre Beziehungen sowie die Rolle und Möglichkeiten von Frauen in den 60ern und 70ern.

Ich kann das Buch jedem empfehlen, der eine spannende, atmosphärische und literarische Familiengeschichte zum Abtauchen sucht.

Veröffentlicht am 16.02.2025

Girlhood und Gewalt

Wenn wir lächeln
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„Wenn wir lächeln“ von Mascha Unterlehberg erzählt die Geschichte von Jara und Anto, zwei fünfzehnjährigen Millennials. Anto gibt in der Freundschaft den Ton an, ist dominant und wirkt zumindest nach außen ...

„Wenn wir lächeln“ von Mascha Unterlehberg erzählt die Geschichte von Jara und Anto, zwei fünfzehnjährigen Millennials. Anto gibt in der Freundschaft den Ton an, ist dominant und wirkt zumindest nach außen selbstsicher. Jara bewundert sie, ordnet sich unter. Vieles zwischen ihnen ist kompliziert, ungeklärt und bleibt unausgesprochen – und doch geben sie sich Halt. Sie teilen die Liebe zu Lipgloss und Cherry Coke, aber auch die Erfahrung männlicher Gewalt im Alltag. Und so suchen Jara und Anto nach Wegen, sich zu wehren und zurückzuschlagen.
Die Geschichte wird in kurzen, fast abgehackten Kapiteln erzählt, mit vielen Zeitsprüngen, was dem Buch Wucht und Härte verleiht. Ich bin hineingekippt in diese Mädchengemeinschaft, fühlte mich erinnert an eigene Freundschaften, daran, wie es sich manchmal anfühlt, 15 zu sein. Ein für mich sehr nostalgischer Text – nicht nur wegen MTV, Pfirsichduschgel und kino.to, sondern auch wegen der Misogynie, die Anto und Jara schon so früh erleben. Wie seltsam sich das als junges Mädchen anfühlte, und gleichzeitig gab es oft keine Worte dafür, niemanden, der es eingeordnet hätte.
Ich kann nicht sagen, dass ich das Buch „gern“ gelesen habe, aber es hat viel in mir ausgelöst. Weibliche Wut richtet sich oft nach innen, doch Jara und Anto gehen auch nach außen. Nicht immer konnte ich sie verstehen, nicht immer war ich emotional ganz bei ihnen. Und war doch beeindruckt von ihrer Verletzlichkeit und Stärke.
Ich wünschte, mein 15-jähriges Ich hätte die Chance gehabt, dieses Buch zu lesen.

Veröffentlicht am 13.02.2025

Hase und Elefant im Wimmelformat

Die Sendung mit dem Elefanten - Mein elefantastisches Wimmelbuch
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Das "elefantastische Wimmelbuch" ist ein typisches Wimmelbuch mit liebevollen Illustrationen. Der blaue Elefant und sein Freund, der rosa Hase, sind auf allen Seiten mehrmals abgebildet. Sie sind in lebensnahen ...

Das "elefantastische Wimmelbuch" ist ein typisches Wimmelbuch mit liebevollen Illustrationen. Der blaue Elefant und sein Freund, der rosa Hase, sind auf allen Seiten mehrmals abgebildet. Sie sind in lebensnahen Situationen zu beobachten und verbringen unter anderem Zeit in der Stadt, im Park, am Badesee, im Kindergarten und in einer Schneelandschaft. Mir gefällt gut, dass die verschiedenen Jahreszeiten in die Abbildungen miteinbezogen wurden. Einzene Motive werden nochmal extra abgebildet und sollen von den Kindern im Wimmelbild gesucht werden. Das Buch eignet sich meiner Meinung nach gut, um mit Kindern einen Alltagswortschatz aufzubauen, da es die Lebensrealität von Kindern anspricht. Die Motive sind liebevoll gestaltet, farbenfroh und sprechen wahrscheinlich schon sehr junge Kinder an.
Insgesamt ein gelungenes Wimmelbuch, das sich sicherlich gut als Geschenk zum ersten oder zweiten Geburstag eignet.