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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.04.2020

Informativ, kritisch und kraftvoll

Periode ist politisch
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Inhalt:

In kurzen und flüssig zu lesenden Kapiteln werden nicht nur diverse Periodenprodukte und deren Einsatz, sowie zahlreiche informative Fakten, sondern vor allem auch menstruierende Personen aus ...

Inhalt:

In kurzen und flüssig zu lesenden Kapiteln werden nicht nur diverse Periodenprodukte und deren Einsatz, sowie zahlreiche informative Fakten, sondern vor allem auch menstruierende Personen aus verschiedenen Teilen der Welt und ihre Lebensumstände vorgestellt. Die Autorin hat auf ihren Reisen Gespräche mit sehr vielen Menschen geführt und dabei herausfinden und nachvollziehbar aufbereiten können, inwiefern Menstruierenden oft der Zugang zu Bildung, Integration in die Gesellschaft und Selbstbestimmung erschwert oder gar verweigert wird und welche Probleme daraus für ganze Familien, Wirtschaftszweige und Länder entstehen können.



Meine Meinung:

"Periode ist politisch" hat mich fasziniert, sehr gut unterhalten, mit lesenswerten Infos versorgt und mir ein paar Zusammenhänge aufgezeigt, die mir zwar schon bewusst waren, deren Ausmass ich mir aber noch nie so ausführlich vor Augen geführt habe. Besonders gut gefallen haben mir die Vielseitigkeit dieses Buches und der Aufbau, der durch die sinnvolle Einteilung der Kapitel sehr stimmig wirkt. Zuerst wird ganz allgemein erklärt, in welchen Bereichen die Verteufelung der Menstruation seit Jahrhunderten anhält und die Autorin geht dieses Thema äusserst kritisch, aber auch humorvoll an und verleiht fleissig goldene Erdbeeren für diese Menschen/Gruppen, welche menstruierende Personen gezielt diskriminieren, Falschinformationen und Menstruationsmythen verbreiten und sich damit gegen die Wissenschaft, den Fortschritt und die Menschenrechte stellen.

Weiter werden die Steuer auf Menstruationsprodukte, die Werbefarcen von Herstellern ebendieser, die Rechte, Bildungschancen und Zukunftsperspektiven von Menstruierenden in Indien und Pakistan beleuchtet und es wird dargestellt, wie sich Periodenscham und Unterdrückung auf einzelne Personen, Länder, die Wirtschaft und letztendlich uns alle auswirken kann.

Ein kleiner Hinweis an den Verlag, den ich aber nicht in die Beurteilung einbeziehen werde, erlaube ich mir aber hier trotzdem noch zu platzieren: erstaunlich viele Druckfehler haben sich in dieses Buch geschlichen, da hätte ich mir ein genaueres Lektorat gewünscht.



Weshalb ist dieses Buch ein Muss für alle?

Periodenscham geht uns alle an, weil ca. die Hälfte der Weltbevölkerung viele Jahre ihres Lebens menstruiert und trotzdem fast gar nie über dieses wichtige Thema gesprochen wird. Damit wird aber bereits jungen Menstruierenden suggeriert, die Vorgänge in ihrem Körper seien irgendwie komisch und unrein und die damit einhergehenden Symptome seien naturgegeben. Wie aber soll man, wenn dieses Thema stets totgeschwiegen wird, erkennen, was denn eigentlich im Körper abgeht, welche Begleiterscheinungen noch zu erwarten sind und welche bereits gefährliche Symptome für schwere Erkrankungen sein können, die vielleicht einmal von einer Fachperson begutachtet werden müssten? "Stell dich nicht so an, ist doch nur Blut", "Du hast doch nur wieder deine Tage" oder "Das geht halt allen Frauen so" sind nicht nur Aussagen, die fast alle von uns kennen, sondern die erstens eine (wahlweise sexistische und/oder rassistische oder sogar religiös begründete) Herabwürdigung von menstruierenden Personen sind - also vor allem von Frauen, die so oder so schon benachteiligt werden und dann aufgrund ihrer Menstruation zusätzliche Benachteiligungen erleben müssen - sondern zweitens auch gefährlich sein können, weil sie dazu anregen, wichtige Symptome von ernsten Erkrankungen zu ignorieren. Noch heute wird beispielsweise Endometriose auch von Gynäkologinnen oft nicht erkannt, einige Freundinnen von mir können davon ein Lied singen. Jungen Menstruierenden wird gedankenlos die Pille verschrieben und Alternativen zu Tampons und Binden sind kaum bekannt. Nur, wer sich aber ganzheitlich informieren und dann aus einem breiten Angebot auswählen kann und nur wer aufgrund der Menstruation keine Benachteiligung in der Ausbildung und beim Ausüben eines Berufs, aber auch in einer Beziehung, religiösen Gemeinschaft, im Verein und generell im Privatleben erfährt, kann sein Leben als Mensch vollwertig und gleichberechtigt leben. Genau in diese Richtung, also hin zu Aufklärung, Information, breitem Austausch und Ländergrenzen überwindender Gemeinschaft appelliert und arbeitet dieses Buch, weshalb ich es euch allen sehr gerne empfehle.



Meine Empfehlung als Fazit:

"Periode ist politisch" ist informativ, umfassend und sehr verständlich geschrieben und deshalb in meinen Augen ein Buch, das wirklich von allen Menschen, egal welchen Geschlechts und Alters, gelesen werden sollte. Komplexe und weitreichende gesellschaftliche und strukturelle Zusammenhänge und Schwierigkeiten werden aufgezeigt und können allen Leser
innen ins Bewusstsein rufen, dass eine - in unseren Augen - kleine Menge Blut eben nicht überall auf der Welt die gleiche Bedeutung hat.

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Veröffentlicht am 21.04.2020

Bedrückend, fesselnd und sehr lesenswert

So sollst du schweigen
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DIESE REZENSION BEZIEHT SICH AUF DIE TASCHENBUCHAUSGABE DES GLEICHEN BUCHES

Inhalt:
Caroline heisst eigentlich gar nicht Caroline und was sie verschweigt, hat sich unter anderem hinter den Türen der Schule ...

DIESE REZENSION BEZIEHT SICH AUF DIE TASCHENBUCHAUSGABE DES GLEICHEN BUCHES

Inhalt:
Caroline heisst eigentlich gar nicht Caroline und was sie verschweigt, hat sich unter anderem hinter den Türen der Schule einer religiösen Organisation abgespielt. Von der Leiterin gedemütigt, von den Organisationsmitgliedern geschlagen und bewusst klein gehalten hat Caroline ihre Kindheit hinter dicken Mauern verbracht. Ihre ganze Familie war in der Organisation dabei und so wundert es nicht, dass es sehr schwer, ja fast unmöglich war, zu entfliehen und sich eine neue Existenz aufzubauen. Doch Caroline hat es geschafft. Sie ist glücklich verliebt und erfolgreich. Sie kann als Therapeutin Menschen helfen, deren Probleme zu lösen und führt selber ein sehr ausgeglichenes Leben. Dies spielt sie zumindest allen und auch sich selber vor. Doch schneller als sie denkt, wird sie mit ihrer Vergangenheit konfontiert, als sie eine Freundin aus ihrer Schulzeit trifft. Ihr Versteckspiel beginnt aufzufliegen und sie selber verliert nach und nach den Halt. Doch sie will sich ein weiteres Mal mit ihrer Freundin treffen und sich vielleicht sogar gewissen Gefühlen aussetzen und Gespräche führen. Doch ihre Freundin hat noch ein paar andere Mitglieder der Organisation eingeladen, welche immer noch "dabei" sind und welche in Caroline ungeahnte Gefühle wie Hass, Wut, Enttäuschung und Ohnmacht auslösen und sie in die Vergangenheit zurück katapultieren. Eine Vergangenheit, der sie sich zwangsläufig stellen muss.

Meine Meinung:
Sehr einfühlsam und ehrlich beschreibt Clara Salaman das Leben als Schülerin in einer Schule, welche strengste Hirarchien, Züchtigungen und psychische Folter gut heisst und zudem noch einer religiösen Organisation gehört. Dies liegt wohl daran, dass Salaman selber ihre Kindheit auch in einer solchen Schule verbracht hat und es bleibt nur zu hoffen, dass ihre Erlebnisse weniger schlimm und tragisch waren, als alles, was Caroline erlebt hat. Es geht aber in erster Linie nicht um die Qualen, welche die Protagonistin erlitten hat. Vielmehr wird der Blick geschärft für Machtsysteme und Familientragödien. Salamans Roman zeigt auf, wie schnell man in den Sog einer Organisation geraten kann und welche Mechanismen dazu führen, dass man einem Glauben oder einer Philosophie verfällt. Ausserdem zeigt er die Folgen von Misshandlungen an Kindern und die Folgen von Unterdrückung und Machtmissbrauch für den Einzelnen und die ganze Gesellschaft.
Zugleich macht aber das Buch auch Mut, aus Mustern und aus von der eigenen Familie und dem eigenen Umfeld gebauten Käfigen auszubrechen.
Ein fesselnder Schreibstil und eine Handlung, die wie ein Thriller aufgebaut ist, machen dieses Buch zu einem erschütternden aber auch Mut machenden Lesevergnügen.

Fazit:
Ein berührendes und sehr durchsichtig konzipiertes Buch über eine Kindheit in Angst und Schrecken und den Ausbruch einer gefangenen Seele. Sehr lesenswert.

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Veröffentlicht am 19.04.2020

Packend, beklemmend

Kein Teil der Welt
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Meine Meinung:

Nachdem ich etwa zwanzig Seiten lang nicht genau wusste, wie ich die Geschichte einordnen sollte und auch ein wenig irritiert war, weil ich so mitten im Geschehen landete und keinerlei ...

Meine Meinung:

Nachdem ich etwa zwanzig Seiten lang nicht genau wusste, wie ich die Geschichte einordnen sollte und auch ein wenig irritiert war, weil ich so mitten im Geschehen landete und keinerlei Bezug zu Ort und Zeit hatte - ihr wisst ja, Klappentexte lese ich in der Regel nicht, hier würde ich es aber wirklich empfehlen, weil diese Umstände ansonsten erst nach und nach klar werden, obwohl es meiner Meinung nach wichtig ist, sie zu kennen - zog mich Stefanie de Velasco mit bildhaften, passend gewählten Worten, einer bewegenden Geschichte, zwei starken, jungen Protagonistinnen und weiteren, facettenreichen Figuren in ihren Bann. Dabei geschieht eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Machenschaften und Strategien einer solchen Glaubensgemeinschaft, die auch aufzeigt, wie schwer es Mitgliedern - und dabei vor allem Kindern und Jugendlichen, die bereits in diese Strukturen hineingeboren worden sind - gemacht wird, die sich aus dem emotionalen Gefängnis und der menschgemachten Abhängigkeit dieser Gemeinschaft lösen wollen. Wir erleben ausserdem, wie mit Menschen umgegangen wird, welche hinterfragen und mit Menschenverstand argumentieren, welche damit anecken und gegen herrschende Hierarchien aufbegehren.


Sprache:

Stefanie de Velasco schreibt unendlich wortstark und weiss genau, wovon sie erzählt, hat sie doch auch einen Teil ihrer Kindheit und Jugend bei den Zeugen Jehovas verbracht und den Ausstieg aus dieser toxischen Gemeinschaft geschafft. Ihre Schilderungen sind beklemmend und regen zum Nachdenken an und gleichzeitig ist es mir teilweise sogar gelungen, mich in beide Seiten einzufühlen und - zumindest ganz wenig - zu verstehen, wie solche Sekten funktionieren, wie Menschen "gefischt" werden und was die Beweggründe dahinter sein können. Wie wir alle wissen, dass der Glaube an einen Gott, eine Religion, eine gewisse Spiritualität Halt geben kann und das darf auch so sein und ist sicher sogar gut. "Kein Teil der Welt" regt dazu an, zwischen einem positiven, stärkenden Glauben und einer toxischen, unterdrückenden Gemeinschaft zu unterscheiden, was ich persönlich sehr wichtig finde. Die Beschreibung von Esther und ihrer besten Freundin Sulamith, sowie von den vielen Beziehungen (zu den Eltern, Geschwistern, Lehrpersonen, Freund*innen) möchte ich besonders hervorheben, weil die berührend und sehr vielschichtig gestaltet sind und viel zur Stimmung im Buch beitragen.


Meine Empfehlung:

Nach wenigen Seiten hat mich dieses Buch in seinen Bann gezogen, berührt und schockiert. Dies lag an der grandiosen, bildhaften Sprache und der bewegenden Verknüpfung von autobiografischen Erfahrungen und gekonnten Charakterstudien. "Kein Teil der Welt" ist genau deswegen ein sehr, sehr lesenswertes Buch, das ich euch allen herzlich empfehlen möchte.

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Veröffentlicht am 16.04.2020

Bitte nicht lesen

Rouven
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Ein Kind zu vernachlässigen ist auch eine Vergewaltigung!
Dieser Leitsatz prägt den Erstlingsroman von Robert Stephan Bolli und zieht sich wie ein roter Faden durch seine Erzählung. Rouven, ein ganz normaler ...

Ein Kind zu vernachlässigen ist auch eine Vergewaltigung!
Dieser Leitsatz prägt den Erstlingsroman von Robert Stephan Bolli und zieht sich wie ein roter Faden durch seine Erzählung. Rouven, ein ganz normaler vierzehnjähriger Junge, wird aus einem Pfadfinderlager entführt. Eine Woche lang erleidet er schlimmste Folter und Misshandlungen auf perversester Art, bis ihm die Flucht gelingt. Wieder in Freiheit und zutiefst enttäuscht von den Erwachsenen, beschließt er, die Rückkehr in seine Heimat selbst in die Hand zu nehmen. Die härteste Bewährungsprobe für Rouven wird die Abenteuertrekkingtour zu Fuß, ohne Geld und ganz auf sich gestellt über die Alpen.
Der Autor weiß, wovon er schreibt. Als vermutlich an ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung)
Leidender, aber nie Therapierter kennt er nur allzu gut die täglichen Spötteleien in der Schule, Mobbing am Arbeitsplatz und muss sich in seinem Leben mehrheitlich als Einzelkämpfer durchschlagen. Rouven ist ein großartiger Abenteuerroman und zugleich eine Hymne auf die Freiheit, die Liebe und das Leben.

Meine Meinung:
Ich kann nur schwer in (druckreife) Worte fassen, was ich von diesem Buch halte. Leider hat mich "Rouven" in keiner Art und Weise überzeugt, im Gegenteil. Noch selten habe ich ein Buch so widerwillig gelesen.
Aber ich muss ganz von vorne erklären, was mein Problem mit "Rouven" ist. Als erstes einmal habe ich Mühe damit, dass ein Mann, der nur vermutlich ADHS (also nicht einmal eine Diagnose) hat, so darüber schreibt, als wäre sein Leben mit ADHS und wegen ADHS verwirkt gewesen. Erstens einmal wird diese Diagnose heutzutage so häufig wie nie zuvor gestellt und ich denke nicht, dass alle betroffenen Jugendliche und Kinder gemobbt werden und Einzelgänger sind und zweitens hat ADHS überhaupt rein gar nichts mit der Handlung von "Rouven" zu tun, auch wenn uns dies der Autor in seinem Vorwort suggerieren will. Ich mag es wirklich nicht, wenn sich jemand so sehr als Opfer darstellt, Zusammenhänge aufzeigt, die gar nicht existieren und dabei eine Leidensmiene aufsetzt.

Nun zur Handlung. Eigentlich eine ganz gute Idee: ein Junge wird aus einem Pfadfinderlager entführt, ihm gelingt die Flucht und er muss sich auf einen weiten und beschwerlichen Weg durch Italien und die Schweiz machen. Dabei beweist er dem Leser, wie stark und mutig er ist und schafft es sicher auch, andere Kinder und Jugenliche zu motivieren und ihnen vielleicht zu mehr Selbstvertrauen zu verhelfen (der eigentliche Sinn des Buches).
Aber, die Handlung wird noch ein wenig ergänzt: der Junge wird nicht einfach von irgendwem entführt, sondern von Pädophilen und diese misshandeln ihn auf bestialische Art und Weise (was natürlich im Detail geschildert wird), der Junge entdeckt trotz der rohen Gewalt und den Erniedrigungen die Lust in sich und die Freude an der körperliche Liebe und schläft auf seiner Flucht mit der erstbesten Frau, die er trifft. Die "Liebespraktiken" hat er bereits während seiner Gefangenschaft gelernt und er sieht nun auch die Vorteile des Erlebten. Dies ist meiner Meinung nach ein Schlag ins Gesicht jedes Missbrauchsopfers, welches sein Leben lang mit den Folgen der Misshandlungen zu kämpfen hat und diese sicher nie geniessen konnte oder wollte. Aber es geht noch weiter, Rouven schläft mit weiteren Frauen, die er auf seinem weiten Weg antrifft.
Schuld an seiner langen Wanderung ist übrigens seine Mutter, diese habe ihn nämlich immer vernachlässigt und sich zu wenig für ihn interessiert und nun zahle er es ihr heim, indem er so lange wie möglich von zu Hause fernbleibe. Dass seine Mutter alleinerziehend, nach dem Tod des Vaters auch deprimiert und immer am Arbeiten ist, weil das Geld sonst nicht reicht, sieht Rouven (und auch der Autor) nicht ein. Und auch wenn man der Mutter gewisse Dinge vorwerfen kann, so entspricht die Ansicht, die Mutter habe ihn total vernachlässigt und er sei nur wegen ihr vereinsamt, lediglich der pubertären Fantasie des Protagonisten.
Auch dass Rouven kein einziges Mal die Polizei verständigt zeigt, wie unreif und egoistisch der Junge ist. Ganz viele andere Kinder werden die Gefangenschaft und die Misshandlungen wohl nicht überleben und Rouven denkt nur an seine Flucht und seine persönliche "Mission".
Er verliebt sich auch Hals über Kopf und es scheint tatsächlich die grosse Liebe zu sein, doch nachdem er sich von ihr verabschiedet hat, wird diese nur noch ein einziges Mal erwähnt.

Das Buch richtet sich an Jugendliche ab vierzehn Jahren, welche meiner Meinung nach dieses Buch nicht lesen sollten. Es enthält Schilderungen und Ideen, auf die kein normaler Mensche kommt und die ich meinen Kindern auch nie zumuten würde. Robert Stephan Bolli widmet das Buch übrigens seinen Söhnen. Hätte mein Vater dieses Buch veröffentlicht, hätte ich ernsthaft sein Sexualleben in Frage gestellt und mich zudem für ihn geschämt.
Ihr seht nun, was mein Problem ist und nun, da ich genug kritisiert habe, kann ich noch sagen, was mir wirklich gefallen hat. Die Beschreibungen der Wanderungen und die einzelnen Stationen auf Rouvens Weg sind toll, gut ausgearbeitet und recherchiert. Auch seine Art, Kleider und Nahrung zu beschaffen, gefällt mir sehr und ist literarisch sehr fantasievoll beschrieben. Der Schreibstil an sich ist mässig, aber nicht schlecht. Warum also diese perversen, abstrusen, unzusammenhängenden Schilderungen? Warum diese Opferhaltung ohne Kontext und dieses Verurteilen?

Fazit:
Ich habe vorher noch nie ein Buch weggeworfen, weil ich immer jemanden gefunden habe, der meine Bücher "erben" wollte. Dieses Buch aber habe ich weggeworfen, weil ich es niemandem zumuten kann.

Veröffentlicht am 14.04.2020

Ein starkes Buch über Mut, Liebe und Schmerz

Die Rosen von Montevideo
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Inhalt:
Rosa soll einen viel älteren Mann heiraten, wogegen sie sich aber vehement zu wehren weiss. Nachdem sie aus ihrem Haus geflüchtet ist, wo ihre Familie sie eingesperrt hat, rennt sie dem jungen ...

Inhalt:
Rosa soll einen viel älteren Mann heiraten, wogegen sie sich aber vehement zu wehren weiss. Nachdem sie aus ihrem Haus geflüchtet ist, wo ihre Familie sie eingesperrt hat, rennt sie dem jungen und pflichtbewussten Albert in die Arme, welcher sie aus den Fängen einiger Männer rettet, die sie entführen und dann ihre Eltern um Geld erpressen wollen. Schnell stellt sich heraus, dass Rosa und Albert sich zueinander hingezogen fühlen und als sich Albert bei Rosas Vater vorstellt, um Geschäftsbeziehungen mit ihm zu knüpfen, schlägt Rosas Bruder ohne zu zögern Albert als Ehemann für Rosa vor. Diese willigt sofort ein, kann Albert doch nur besser sein, als ein alter und reicher Mann. So heiraten Rosa und Albert ziemlich überstürzt und machen sich noch am Abend der Hochzeit auf in Alberts Heimat. Von dort aus will er sich um die Geschäfte kümmern und schon bald wieder nach Montevideo reisen, umd dort weitere Verhandlungen abzuschliessen.
Aber es kommt alles anders als geplant. Als Rosa jung und verliebt mit Albert mitgeht, weiss sie noch nicht, dass sie ihre Heimat nie wieder sehen wird und dass die Gefühle zwischen ihnen schon bald erkalten oder ins Gegenteil umschlagen werden. Ausserdem wird Rosa in Deutschland nicht gerade sehr herzlich begrüsst und auch die Geburt ihrer Tochter verschafft ihr nicht das erhoffte Glück. Doch sie ist nicht die einzige Frau, die leidet und sich schliesslich ihrem Schicksal hingibt. Ihre Tochter und deren Cousine werden ihr Los teilen, sind aber noch kämpferischer veranlagt und versuchen gemeinsam, einen Ausweg zu finden, indem sie sich auf eine Reise nach Montevideo begeben.

Meine Meinung:
Die Rosen von Montevideo erinnerte mich teilweise sehr stark an Anna Karenina. Auch hier geht es um Frauenschicksale, um reiche Töchter und schöne junge Frauen, welche ihr Glück den Männern und deren Karriere opfern müssen und wollen und dabei zwischen Verzweiflung, Trotz, Wut und Einsamkeit auch noch ihr gesellschaftliches Leben pflegen müssen.
Dieses Buch hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen und fast jedes Mal, wenn ich aufschaute, hatte ich wieder hundert Seiten gelesen. Der fesselnde Schreibstil, die detaillierten Beschreibungen der Landschaften und der Umgebung, sowie die Charakterstudien der einzelnen Personen machen dieses Buch zu einem historischen Gesellschaftsroman voller Tiefe.
Rosas Verzweiflung, aber auch ihre ungestüme und herzliche Art machen sie zu einer Figur, welche sofort die Sympathie und auch das Mitgefühl des Lesers weckt. Das feine Band, welches sie mit Albert verbindet und das langsame zerbröckeln dieses Bandes wird sehr einfühlsam und genau dargestellt. Die ganze Tragödie um ihre anfänglich so schöne Liebesgeschichte macht traurig und betroffen und dies liegt nicht zuletzt daran, dass sie so genau beschrieben ist und dass sie auf so viele Frauen dieser Zeit zutrifft und zutreffen kann.
Auch Rosas Tochter und deren Cousine realisieren schon bald, dass es nicht Liebe ist, welche ihre jeweiligen Eltern zusammen hält und versuchen, ihr eigenes und unabhängiges Leben zu leben. Dies fällt ihnen natürlich ein wenig leichter, weil sich die Gesellschaft zu dieser Zeit sehr im Wandel befindet und gerade die Rolle der Frau sich nach und nach ändert.
Was ich selber als ein wenig zu konstruiert empfunden habe, waren die Liebesgeschichten von Rosas Tochter Valerie und deren Cousine Claire, die zwar nicht am selben Ort und eigentlich unabhängig voneinander, aber trotzdem vom ersten scheuen Blick bis zum ersten Kuss fast zu paralell verlaufen. Dies finde ich schade. Es passt aber ins Gesamtkonzept und die Geschichten entwickeln sich dann trotzdem in unterschiedliche Richtungen, was dann wieder Sinn macht.
Alles in allem ist dieses Buch eine Geschichte von unglaublich schönen Ländern und derem historischen Hintergrund, von Liebe und Enttäuschung und von starken, mutigen und selbstständigen Frauen und diese Geschichte empfehle ich sehr gerne weiter.

Fazit:
Ein sehr lesenswertes Buch über Mut, Stärke, Liebe und Schmerz mit einem tragischen historischen Hintergrund und voller paradiesischer Landschaften.

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