Profilbild von Schnick

Schnick

Lesejury Star
offline

Schnick ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Schnick über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.02.2021

Viel zu lang geraten

Sleeping Beauties
0

Die Prämisse des Romans finde ich wirklich super und es fängt auch alles sehr gut, wenn auch ziemlich brutal an. Aber leider passiert in dem Roman viel zu wenig (abgesehen davon, dass Milliarden Frauen ...

Die Prämisse des Romans finde ich wirklich super und es fängt auch alles sehr gut, wenn auch ziemlich brutal an. Aber leider passiert in dem Roman viel zu wenig (abgesehen davon, dass Milliarden Frauen einschlafen und nicht wieder aufwachen), um die Länge zu rechtfertigen.

Am Ende habe ich nur noch gegen die Langeweile angekämpft.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.01.2021

Super interessant und klasse geschrieben - Leseempfehlung!

Incels
0

Was für ein Buch! Ich bin auf eine perverse Art gleichzeitig abgestoßen und fasziniert von dieser „Bewegung“, die harmlos begann und sich auf eine Art und Weise entwickelt hat, die beängstigend ist.

Ich ...

Was für ein Buch! Ich bin auf eine perverse Art gleichzeitig abgestoßen und fasziniert von dieser „Bewegung“, die harmlos begann und sich auf eine Art und Weise entwickelt hat, die beängstigend ist.

Ich empfehle Veronika Krachers Buch aus vielen verschiedenen Gründen:

Zum einen ist „Incels – Geschichte, Sprache und Ideologie eines Online-Kults“ ein sehr gut recherchiertes Sachbuch. Und auch wenn wahrscheinlich viele – so wie ich, bevor ich das Buch gelesen hatte – davon ausgehen, dass Incels eine so genannte Randerscheinung sind, lohnt sich der Kauf des Buches. Denn Incels sind weit mehr als eine Randerscheinung. Kracher arbeitet unglaublich viele Aspekte dieser „Szene“ heraus: den Frauenhass, den Selbsthass, den Narzissmus, die Grenzüberschreitungen und so weiter und so fort.

Vor allem aber zeigt Veronika Kracher auf, dass Incels auch brandgefährlich sein könnten – sowohl für andere (vorzugsweise Frauen), aber auch für sich selbst. Es ist eine Szene, die sich – ähnlich wie die rechte Szene – vor allem über den Hass definiert, diesen propagiert, bis zum äußersten auslebt und im schlimmsten Fall nicht vor Gewalt zurückschreckt.

Kracher schafft es zudem, den gesellschaftlichen Kontext herauszuarbeiten, der einen Nährboden für Gruppierungen wie die Incels bereitet.

Was das Buch aber auch sehr lesenswert macht: der Schreibstil. Der ist so locker und teilweise ironisch-sarkastisch, dass es mir regelmäßig schwer fiel, das Buch beiseite zu legen. Hätte ich keine Familie, ich hätte das Buch in einem Zug gelesen. Das heißt nicht, dass Kracher die Szene verharmlost. Aber sie schreibt ganz richtig im Vorwort, dass „manchmal (…) ironische Distanz die einzig mögliche Bewältigungsstrategie“ ist. Während ich das Buch las, konnte ich ihr nur zustimmen.

Der Inhalt des Buchs ist heftig und folgerichtig weist Kracher im Vorwort darauf hin, auf welche Inhalte LeserInnen des Buches stoßen werden. So kann jede/r für sich entscheiden, das Buch zu lesen oder nicht. Ganz ehrlich: Es ist teilweise unglaublich, was in dieser „Bewegung“ abgeht. Es gab viele Momente in dem Buch, in dem ich nicht fassen konnte, was ich da lese, in denen mir ein von Herzen kommendes „WTF?!“ entfuhr.

Aus meiner Sicht hat Kracher eine hervorragend geschriebene und recherchierte Analyse zu Incels und den zugrunde liegenden gesellschaftlichen (und, ja, patriarchalischen) Strukturen veröffentlicht. Ich wünschte, das Buch fände viele LeserInnen.

„Incels – Geschichte, Sprache und Ideologie eines Online-Kults“ ist neben den vielen interessanten Informationen aber auch ein unglaublich – mir fällt kein besseres Wort ein – unterhaltsames Buch geworden. Es wäre toll, mehr Sachbücher wären so flüssig und „untrocken“ geschrieben wie dieses.

Von meiner Seite gibt es eine ganz klare Kauf- und Leseempfehlung. Das Buch ist eine echte Bereicherung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.01.2021

Kurzweilig, unterhaltsam, aber letztlich nur wenig über dem Durchschnitt

Cryptos
0

Die Romane von Ursula Poznanski sind mir natürlich schon öfter ins Auge gefallen - sei es im Internet oder im Buchladen -, gekauft hatte ich mir aber noch keins. Dank eines Gewinnspiels konnte ich nun ...

Die Romane von Ursula Poznanski sind mir natürlich schon öfter ins Auge gefallen - sei es im Internet oder im Buchladen -, gekauft hatte ich mir aber noch keins. Dank eines Gewinnspiels konnte ich nun "Cryptos" lesen.

"Cryptos" spielt in einer dystopischen Zukunft. Die Klimakatastrophe wurde von der Menschheit nicht aufgehalten. Die Erde ist größtenteils unbewohnbar. Die Menschen leben in kleinen Boxen und flüchten sich in virtuelle Welten. Jana ist eine Weltendesignerin, schafft also einige der virtuellen Welten, in die sich die Menschen flüchten. Als jedoch in ihrer von ihr geschaffenen Lieblingswelt ein Mord geschieht, der ganz reale Auswirkungen hat, wird eine Ereigniskette in Gang gesetzt, in deren Mittelpunkt Jana steht.

"Cryptos" richtet sich vor allem an jugendliche LeserInnen, ist meines Erachtens aber durchaus auch für Erwachsene geeignet. Jugendliche werden - so meine Vermutung - allerdings dem Buch etwas mehr abgewinnen können als Erwachsene. 

Anfangs musste ich mich an den Schreibstil gewöhnen. Poznanski hat die Ich-Perspektive gewählt und erzählt im Präsens. Die Sätze sind nicht übermäßig lang. Mir war der Stil anfangs zu nüchtern.  Trotzdem wurde ich schnell in die Geschichte hineingezogen. Jana ist eine sympathische Protagonistin und die im Buch beschriebenen virtuellen Welten sind so anschaulich beschrieben, dass ich mich oft dorthin gesehnt habe. 

Natürlich ist nichts übermäßig originell. Alles im Roman basiert auf dem Wissen, das wir bereits haben, auf Technologien, die uns bereits bekannt sind oder auf Ideen, die bereits in anderen Romanen thematisiert wurden. Poznanski ist keine Visionärin. Das muss sie aber auch nicht sein. Gerade DASS sie sich auf bereits vorhandenes Wissen bezieht, macht vieles in dem Roman glaubwürdig und um so erschreckender. Insbesondere die reale Welt, die sie beschreibt, entspricht in etwa dem, was Klima-Wissenschaftler prognostizieren. Poznanskis Verdienst ist es, dies für Jugendliche nachvollziehbar aufzubereiten.
Dennoch ergibt sich insgesamt eine runde Geschichte. Und um eine gute Geschichte zu erzählen, muss es nicht immer gleich super-duper originell sein. 

Da Jana die Erzählerin ist, fallen einige Spannungselemente fort. Es stellt sich in manchen Situationen zum Beispiel nicht die Frage, ob sie überlebt, sondern wie sie es schafft, aus der Situation herauszukommen. Trotzdem gab es einige spannende Momente, in denen ich ordentlich mitgefiebert habe. Außerdem lädt das Buch dazu ein, mitzurätseln. Auch wenn geübte LeserInnen einiges relativ früh erahnen und/oder erraten können, bietet das Buch zum Ende hin einige Überraschungen.

Mir hat "Cryptos" weitestgehend gefallen. Jugendliche mit einer Vorliebe für Rätsel, fremde Welten und Dystopien werden mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Freude haben.

Es gibt allerdings auch einige Punkte, die mich etwas gestört haben:

Es ist mir vor allem unverständlich, weshalb Diversität überhaupt keine Rolle spielt. Klar, die virtuellen Welten sind prächtig gestaltet. Es gibt dort verschiedenste Wesen. Aber mir ist im Roman alles zu einheitlich - insbesondere auch in der realen Welt. Gerade hier hätte Poznanski wesentlich mehr herausholen können, was ihre Charaktere angeht. Für mich ist es ein großes Versäumnis.

Zudem - das hatte ich bereits an anderer Stelle erwähnt - hält sich die Spannung in Grenzen. Gerade das große Finale leidet sehr darunter, dass die LeserInnen nicht richtig mitfiebern (können). 

Alles in allem ist "Cryptos" unterhaltsam, ohne Frage, aber Poznanski bietet im Kern gut präsentierte Durchschnittsware und verschenkt sehr viel Potenzial nach oben. 

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.08.2020

Starkes Gedankenexperiment

Der Faschist
0

Ich habe bereits zwei Romane von Nikodem Skrobisz gelesen und etwas darüber geschrieben, die allerdings unter seinem Pseudonym Leveret Pale veröffentlicht worden sind. Beide hatten mich begeistert. Da ...

Ich habe bereits zwei Romane von Nikodem Skrobisz gelesen und etwas darüber geschrieben, die allerdings unter seinem Pseudonym Leveret Pale veröffentlicht worden sind. Beide hatten mich begeistert. Da war es klar, dass ich auch sein neuestes Werk "Der Faschist" lesen musste.

Der Roman beschreibt den Weg des im Romantitel genannten Faschisten - aus der Sicht eben dieses Faschisten. Vorangestellt ist dem Roman aber zunächst einmal eine Triggerwarnung, was ich persönlich sehr gut finde. Denn - ja -, das N-Wort wird einmal benutzt und auch Ausdrücke wie "linke Zecken" etc. haben ihren Weg in den Roman gefunden. Auch wenn ich die Verwendung des N-Wortes normalerweise nicht gut heiße, so ergibt die Verwendung in diesem Roman (es wird erfreulicherweise nicht ausufernd verwendet, sondern - wenn ich mich richtig entsinne - "nur" einmal) Sinn. Wie gesagt, es wurde aus Sicht eines Faschisten geschrieben. Ich war und bin aber erfreut, dass Skrobisz das nicht nutzte, um nun ausufernd rassistische Begriffe zu verwenden.

Was Skrobisz wirklich toll herausgearbeitet hat, ist die Verführungskraft, die eine Ideologie wie der Faschismus ausüben kann. Richtig verpackt bietet der Faschismus einfache Antworten auf komplexe Fragen. In einer Welt, die für manche Menschen immer schwieriger zu verstehen ist, kann der Faschismus eine (aus meiner Sicht perverse) Antwort sein.

"Tatsächlich bin ich überzeugt, dass das alles erst durch eine Reihe meiner Entscheidungen möglich wurde. Und diese nahmen zweifelsohne ihren Anfang mit meinem persönlichen Abfall von der Menschlichkeit an einem Samstagabend vor rund zehn Jahren."

Dies schreibt "Der Faschist" Nikolas Schaber bereits auf der ersten Seite. Und meiner Meinung nach trifft das den Kern. Wer sich für den Faschismus entscheidet, entscheidet sich gegen die Menschlichkeit - wie auch immer man Menschlichkeit definiert. Vor allem aber ist es eine ENTSCHEIDUNG, Faschist zu sein.

Wie dem auch sei: Nikolas Schabers Weg zum Faschisten ist faszinierend zu lesen. Skrobisz/Pale hat das Talent, komplexe Themen so in seine Romane einzuarbeiten, dass die Leser:innen zwar durchaus etwas dazulernen können, aber nie das Gefühl haben, belehrt zu werden. In diesem Fall lernen wir mit Nikolas Schaber die Grundlagen des Faschismus - allerdings in der verführerischen Fassung. Das war für mich sehr schwierig und ist innerhalb des Romans eine spürbare Gratwanderung: Da aus der Sicht von Nikolas Schaber geschrieben wird, wird der Faschismus über weite Strecken entsprechend unreflektiert und verführerisch dargestellt.

Ich für meinen Teil habe während des Lesens immer wieder in Gedanken Gegenargumente angeführt, wollte Schaber und Konsorten am liebsten meinen Abscheu entgegen schleudern... Mein Weltbild ist allerdings einigermaßen gefestigt - was meine Abneigung gegen Rechts außen/Faschismus betrifft, nicht nur einigermaßen, um ehrlich zu sein.

"Der Faschist" stellt eine Gratwanderung dar. Dass dies auch Skrobisz bewusst ist, macht sich bereits an seiner Distanzierung innerhalb der vorangestellten Trigger-Warnung bemerkbar. Aber auch kleine Spitzen innerhalb des Romans zeigen immer wieder auch die Unmenschlichkeit des Faschismus auf. Und das Finale ist ohnehin grandios.

Wie dem auch sei: Mit "Der Faschist" ist Nikodem Skrobisz ein tolles, vielschichtiges Gedankenexperiment gelungen, das aktuelle Ereignisse und Entwicklungen aufgreift, verdichtet und zu einem spannenden Roman verknüpft.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.05.2020

Deutlich schwächer als der Vorgänger

1794
0

"1793" war das unglaublich starke, wenn auch grausame Debüt des schwedischen Schriftstellers Niklas Natt och Dag. Der Roman war hart, aber dabei unterhaltsam, fesselnd und entwickelte einen Sog, dem ich ...

"1793" war das unglaublich starke, wenn auch grausame Debüt des schwedischen Schriftstellers Niklas Natt och Dag. Der Roman war hart, aber dabei unterhaltsam, fesselnd und entwickelte einen Sog, dem ich mich als Leserin schwer entziehen konnte.

Umso erfreuter war ich, als ich entdeckte, dass es die Fortsetzung "1794" schon auf den deutschen Markt schaffte. Offenbar lief das Debüt auch hierzulande so gut, dass der Verlag Piper sich ins Zeug legte und den Nachfolger möglichst schnell auch hier veröffentlichte.

"1794" ist ein guter Roman, eine gute Fortsetzung. Aber so mitreißend wie "1793" ist er nicht. Dass ich vier Monate brauchte, ihn endlich zu Ende zu lesen, sagt viel über die Qualität aus.

Dabei bleibt Natt och Dag seinem Stil - auch und vor allem sprachlich - treu. Der Krimi ist wieder in vier Jahreszeiten aufgeteilt. Es tauchen viele - vielleicht zu viele - Bekannte aus dem ersten Teil auf. Das große Manko ist jedoch, dass bereits nach dem ersten Kapitel klar ist, wer hinter dem Mord steckt und was das Motiv ist. Es gibt für die LeserInnen keine Rätsel zu lösen. Allenfalls fragt man sich, warum der junge Herr Drei Rosen so dämlich ist. Aber das ist nebensächlich.

Das Szenario, dass die LeserInnen bereits Mörder und Motiv kennen, während der oder die ErmittlerInnen noch im Dunkeln tappen, kann funktionieren. Im Fernsehen ist die Serie "Columbo" ein hervorragendes Beispiel. Aber dann muss der Weg des oder der ErmittlerInnen interessant und fesselnd genug sein, um die LeserInnen bei Laune zu halten.

Während "1793" also sein grausamstes Geheimnis (Spoiler: Der junge amputierte Mann war bis zu seinem Tod bei Sinnen) erst zum Ende hin offenbarte, wird das Geheimnis in "1794" bereits am Anfang erzählt. Ich hatte ehrlich gesagt während der Lektüre immer wieder die Hoffnung, dass sich irgendetwas Neues ergeben würde, irgendetwas, das wir uns nach dem ersten Abschnitt nicht schon zusammenreimen konnten. Ich hatte die Hoffnung auf ein bisschen Finesse, auf irgendeine Überraschung. Aber leider bietet "1794" genau das nicht, so dass ich das Buch über weite Strecken schlicht und ergreifend als öde empfand. Kein Wunder also, dass ich immer wieder lange Pausen zwischen den Abschnitten einlegte.

Dazu kommt der nüchterne Sprachstil von Natt och Dag. Konnte ich dem in seinem ersten Roman noch einiges abgewinnen, weil die Geschichte selbst verdammt gut war, trägt der Schreibstil zur Höhepunktlosigkeit bei. Sicher: Die Hintergründe des Mordes sind grausam. Aber nichts am Buch ist raffiniert, nichts ist mitreißend, nichts zwingt die LeserInnen, doch noch ein paar Seiten weiterzulesen, obwohl sie dringend schlafen oder etwas erledigen müssten. Es gibt keine Sogwirkung.

Erfreulicherweise ist es Natt och Dag aber immerhin wieder gelungen, die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse Schwedens und insbesondere Stockholms des Jahres 1794 auferstehen zu lassen. Das macht zugegebenermaßen nach wie vor einen großen Reiz aus. Für Reaktionäre oder Romantiker sind weder "1793" noch "1794" geeignet, denn das Leben damals war brutal - und wird schonungslos von Natt och Dag beschrieben.

Mich hat "1794" nicht gepackt. Der Roman hat seine Momente, aber letztlich wurde das Pulver bereits im ersten Viertel verschossen. Wäre dies der Erstling gewesen, hätte ich einer Fortsetzung nicht entgegengefiebert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere