Kurz, prägnant, interessant
«Grenzen akzeptieren wir nicht!»Anhand ihrer beiden Lebenswege zeigt Umes Arunagirinathan in Abstimmung mit Peggy Parnass (die kurz vor der Veröffentlichung des Buches verstarb) auf, was es bedeutet, fliehen zu müssen bzw. vertrieben ...
Anhand ihrer beiden Lebenswege zeigt Umes Arunagirinathan in Abstimmung mit Peggy Parnass (die kurz vor der Veröffentlichung des Buches verstarb) auf, was es bedeutet, fliehen zu müssen bzw. vertrieben zu werden.
Peggy Parnass musste als Kind gemeinsam mit ihrem Bruder zunächst nach Schweden fliehen, um der NS-Herrschaft zu entfliehen und dem Holocaust zu entkommen. Umes Arunagirinathan wiederum musste Jahrzehnte später vor dem Bürgerkrieg in Sri Lanka fliehen.
In beiden Fällen waren es die Eltern, die ihre Kinder bzw. ihren Sohn die Flucht ermöglichten.
Aufgrund der Kürze bleibt naturgemäß Vieles auf der Strecke. Umes Arunagirinathan arbeitet kurz die Fluchtgründe heraus. Ebenso kurz, ohne Pathos, aber prägnant, schildert er anhand seines und Peggys Lebens, was Flucht selbst, die Ungewissheiten, Beschwernisse und Ängste während der Flucht, die bürokratischen Hürden im Ankunftsland und noch vieles mehr mit den Menschen machen.
Er zeichnet dann vor allem Peggy Parnass' Lebensweg nach, ihre Traumata, ihren Aktivismus. Anhand ihres Lebensweges und ihrer Erfahrungen erfahren wir auch - wie bei allen Themen im Buch knapp, aber dennoch fühlbar - viel über den Umgang deutscher Gerichte mit Nazi-Verbrechern abseits der Nürnberger Prozesse.
Natürlich erfahren wir auch einiges von und über Umes Arunagirinathan, aber ich hatte den Eindruck (der täuschen kann), dass der Fokus auf Peggy Parnass liegt.
Schön herausgearbeitet wurde in dem Buch, das beide nicht die Hoffnung auf eine bessere und gerechtere Welt aufgegeben haben. Wir erfahren viel von ihrem Einsatz für diese bessere Welt und die Beweggründe, warum dieser Einsatz so wichtig ist - und zwar nicht nur von diesen beiden Menschen, sondern auch von uns, den LeserInnen, und das jeden Tag.
Es ist interessant zu lesen, wie gegensätzlich und doch ähnlich sich diese beiden Menschen sind. Und es ist auch ein schönes Plädoyer, offen zu bleiben, nicht nur die eigene Blase wahrzunehmen, sondern auch anderen Meinungen ein offenes Ohr zu bieten und sich darüber Gedanken zu machen. Es gibt nicht nur schwarz und weiß, es gibt auch ganz viele Grautöne.
Ich hätte mir oftmals etwas mehr Tiefe gewünscht. Ich verstehe, dass "Grenzen akzeptieren wir nicht" eine gewisse Bandbreite bieten möchte. Am Ende blieb bei mir vor allem der Eindruck haften, dass "Grenzen akzeptieren wir nicht" eine Zusammenfassung bereits veröffentlichter Bücher und Schriften sowohl von Peggy Parnass als auch Umes Arunagirinathan ist. Wer also deren Veröffentlichungen bereits kennt, kann sich "Grenzen akzeptieren wir nicht" praktisch sparen, was durch den Anhang nochmals verdeutlicht wird.
Insofern ist das Büchlein vor allem denjenigen zu empfehlen, die bisher noch nichts oder nur sehr wenig von und über Peggy Parnass und Umes Arunagirinathan gelesen oder gehört haben.
Am Ende ist "Grenzen akzeptieren wir nicht" eine gelungene Hommage an Peggy Parnass und ihr Wirken. Und das ist doch was.