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Veröffentlicht am 01.01.2025

Zurück am Neusiedler See

Rache am Neusiedler See
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Wir sind zurück am Neusiedler See im österreichischen Burgenland an der ungarischen Grenze. Polizist Nikolaus (nicht Niki!) Lauda versteckt sich weiterhin in der Heimat seiner verstorbenen Frau vor dem ...

Wir sind zurück am Neusiedler See im österreichischen Burgenland an der ungarischen Grenze. Polizist Nikolaus (nicht Niki!) Lauda versteckt sich weiterhin in der Heimat seiner verstorbenen Frau vor dem Mafiaclan aus dem Ruhrgebiet, der ihm nach dem Leben trachtet.

Natürlich zieht er das Verbrechen weiterhin magisch an und findet sich durch einen mehr oder weniger großen Zufall als „Securityheinzi“ auf der ersten Seekreuzfahrt auf dem titelgebenden Gewässer wieder. Eine Gruppe von Prominenten (zu Werbezwecken) und Gewinnern eines Preisausschreibens verbringen gemeinsam eine Woche auf dem Schiff. Unter den Prominenten ist auch der Weinkaiser, den wir bereits aus dem ersten Teil der Reihe kennen.

Apropos erster Teil: In meiner Rezension damals schrieb ich, der Kriminalfall und die Suche nach dem Täter sei für mich beim Lesen eher zweitrangig gewesen — das war bei diesem Buch ganz anders, ich habe die ganze Zeit gerätselt, wer für das Verschwinden des Prominenten verantwortlich ist. Die gelegten Fährten waren alle so plausibel, dass es jeder und jede auf dem Schiff hätte gewesen sein können.

Schon auf den ersten Blick ist die Geschichte ein klassisches Hercule Poirot-Setting und Pellmann kaschiert dies auch keineswegs, sondern macht es im Finale ganz explizit und so wird es eher Hommage denn Kopie. Wer sich an den Glass Onion-Filmen mit Daniel Craig erfreuen konnte, wird auch hier auf seine Kosten kommen.

Die Auflösung war für mich durchaus überraschend, das gefällt mir bei einem Krimi natürlich. Ansonsten habe ich mich an der lockeren Atmosphäre des Buches erfreut, das mir im deutschen Winter österreichisches Sommer- und Urlaubsflair vermittelt hat.

Trockener Sprachwitz und Selbstironie, eine Prise Österreichisch — wie schon im ersten Teil hat mir der Schreibstil der Ich-Erzählung aus Sicht von Nikolaus Lauda gefallen. Nur den Klappentext fand ich beim Lesen eher unzutreffend — bei Niko Laudas lockerer Art bekam ich nicht den Eindruck, er sei „an seine Grenzen“ gebracht worden.

„Rache am Neusiedler See“ ist eine gelungene Fortsetzung der Reihe, die von mir 4/5 Sternen erhält. Teil drei mit dem Titel „Ruhe sanft am Neusiedler See“ ist auch bereits erschienen (ich bin in der Reihe jeweils ein Jahr zurück…) und steht auf meiner Lese-Bucket List.

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Veröffentlicht am 01.01.2025

Ein Geheimnis wohnt im mysteriösen Herrenhaus

Starling House
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Durch den Buchclub von Reese Witherspoon bin ich auf „Starling House“ aufmerksam geworden und auch die Buchgestaltung mit der Farbgebung und dem Buchschnitt haben mich magisch angezogen. Zusammen mit Jeanette ...

Durch den Buchclub von Reese Witherspoon bin ich auf „Starling House“ aufmerksam geworden und auch die Buchgestaltung mit der Farbgebung und dem Buchschnitt haben mich magisch angezogen. Zusammen mit Jeanette von „buch.klatsch“ habe ich mich auf die Reise in die Kleinstadt Eden im amerikanischen Bundesstaat Kentucky begeben, wo die Geschichte spielt.

Um „Starling House“ ranken sich unheimliche Geschichten und es wird von den Bewohnern von Eden gemieden. Als der unter chronischer Geldnot leidender Opal eine Stelle als Haushälterin in dem Herrenhaus angeboten wird, kann sie es nicht ablehnen. Sie lernt nicht nur den jetzigen Bewohnter Arthur Starling besser kennen (und lieben), auch das mysteriöse Haus offenbart nach und nach dunkle Geheimnisse, die sie sonst nur aus ihren Träumen kennt.

Von Beginn an taucht man ab in eine düstere, mysteriöse und schauerhafte Geschichte, was man dem fantastischen, poetischen und bildhaften Sprachstil der Autorin Alix E. Harrow verdankt. Es hat sich für mich nicht einfach lesen lassen und ich würde es als anspruchsvoll betiteln.

Opal ist eine Diebin und Lügnerin und trotzdem mochte ich sie von Beginn an, denn sie macht das alles nur, um sich und ihren kleinen Bruder nach dem Tod der Mutter durchzubringen.

Eden ist eine vom Bergbau geprägte Arbeiterstadt — abgesehen von einer reichen Familie dominieren Armut und Perspektivlosigkeit. Wer kann, ist bereits weggezogen, und nur der harte Kern ist geblieben. Die schroffe, wenig lebensbejahende Umgebung hinterlässt Spuren bei den Bewohnern und der allgegenwärtige Staub vergiftet ihre Lungen, viele leiden an Asthma.

Arthur Starling hat als Wächter von Starling House ebenfalls kein einfaches Leben, sein hartes Erbe zwingt ihn zur Verteidigung des Anwesens gegen eine dunkle Bedrohung. Die Bewohner Edens meiden das Haus, nicht nur wegen des schrulligen und eigensinnigen Hausherren, sondern auch wegen eines alten Buches aus dem 19. Jahrhundert („The Underland“), dessen Autorin einst das Haus bewohnte. Doch nicht alle lassen sich davon abschrecken, ganz im Gegenteil: Es gibt besondere „Interessenten“ für das Haus und zeitweise fühlte ich mich in einem Agententhriller.

Die Protagonisten dieser Geschichte sind alle herrlich unperfekt, verschroben und speziell. So entwickelt sich auch die Anziehungskraft zwischen Opal und Arthur — hinter den harten Schalen verstecken sich gute Herzen und die Liebe wird ihre Rettungsanker. Dabei ist „Starling House“ keine reine Liebesgeschichte, sondern ein modernes, düsteres Märchen mit Charme.

Das Buch lässt sich in keine klassische Schublade einsortieren und ich bin froh, dass ich trotz des gewöhnungsbedürftigen Schreibstils am Ball geblieben bin. Dieser besonderen Geschichte gebe ich 4/5 Sternen.

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Veröffentlicht am 27.12.2024

Spannender Thriller!

One Perfect Couple
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Schon das Cover spricht mich an: Türkisblaues Meer, ein einsamer Strand, zwei Liegen unter Palmen — da kommen im grauen deutschen Winter doch Urlaubsgefühle auf (auch wenn ich kein Typ für Südseeurlaub ...

Schon das Cover spricht mich an: Türkisblaues Meer, ein einsamer Strand, zwei Liegen unter Palmen — da kommen im grauen deutschen Winter doch Urlaubsgefühle auf (auch wenn ich kein Typ für Südseeurlaub bin). Und mit Empfehlungen von David Baldacci („Ein rasanter Ritt, der die größten Thriller-Süchtigen da draußen befriedigen wird.“) und Lucy Foley („Herrlich düster und absolut fesselnd.“), die auf den Klappen abgedruckt sind, war meine Vorfreude noch gesteigert — Bücher der beiden mag ich sehr, während es mein erster Kontakt mit einem Werk von Ruth Ware war. Beim Blick auf den Namen kommt mir immer „Truth or Dare“ in den Sinn…

Dr. Lyla Santiago arbeitet als Wissenschaftlerin in London. Einen Thriller mit dem Brüten über Excel-Tabellen und dem Sinnieren über prekäre Beschäftigungsverhältnisse in der Wissenschaftswelt zu beginnen, war mal was anderes — und ebenso aktuell wie das Thema der Reality-Shows, die TV und Streaming überschwemmen. Lylas Freund ist Schauspieler und hofft in diesem neuen Format, in dem das „One Perfect Couple“ gesucht wird (das nicht zwingend in der Konstellation die Show gewinnen muss, in der die fünf Pärchen gestartet sind), auf den Durchbruch und einen Kickstart für seine stockende Karriere.

Die Mischung der Paare ist klassisch — Influencer und YouTube-„Stars“, Schauspieler mit Karriereproblemen und der dazugehörige Anhang. Mit einer luxuriösen Jacht geht es in den Indischen Ozean — doch schnell wird klar, dass hier keine Hochglanz-Produktion entsteht, sondern viel improvisiert wird. Für Lyla und ihren Freund Nico läuft schon der erste Tag anders als geplant und durch den verheerenden Sturm wird aus einem Kampf um den Sieg in einer TV-Show ein Kampf auf Leben und Tod.

Ruth Ware hat hier einen durchaus klassischen Thriller mit den üblichen Zutaten geliefert, der Anleihen an Klassikern wie Lord of the Flies, Animal Farm oder auch Jurassic Park nimmt. Mir gefiel das Setting mit der Wissenschaftlerin im Reality-TV-Ambiente gut, die weiteren Charaktere sind plausibel gezeichnet (wenn auch nicht alle mit viel Tiefe oder überraschenden Facetten) und entwickeln sich im Laufe der Geschichte weiter.

Stilistisch gefielen mir die bereits früh in der Geschichte zwischen den Kapiteln eingestreuten Notrufe von der Insel, die von Beginn an die Bedrohung und Gefahr deutlich machten und die kommenden Entwicklungen andeuteten — Spannung von der ersten bis zur (fast) letzten Seite war so garantiert. Die Handlung selbst wird komplett von Lyla aus der Ich-Perspektive erzählt, später ergänzt um Tagebucheinträge von Zana, einer der Teilnehmerinnen.

Ich habe das Buch in einem Tag durchgelesen, konnte es kaum aus der Hand legen — exakt das, was ich von einem guten Thriller erwarte. Neben den schon erwähnten Themen der prekären Arbeitsverhältnisse an Universitäten und Reality-TV greift Ware auch weitere gesellschaftlich relevante und aktuelle Themen auf wie toxische Beziehungen, häusliche Gewalt, die Bedeutung von Demokratie und wie fragil sie ist, sowie Machtmissbrauch und Female Empowerment.

Ein düsterer Thriller in einer erst unwirklich schönen und dann unerträglich grausamen Umgebung — dafür vergebe ich 4,5 / 5 Sternen und eine Leseempfehlung für Thriller-Fans und alle anderen.


So steht es auf dem gedruckten Buch, online liest man „köstlich“ statt „herrlich“…

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Veröffentlicht am 12.12.2024

berührend, ernst und komisch zugleich

Gute Gründe
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Yael wollte einen Schlussstrich ziehen, doch der Versuch ging schief. Nun findet sie sich mit ihrer Schwester Liora bei einer Therapeutin wieder und darf unter dem Versprechen, die Therapie wegen ihrer ...

Yael wollte einen Schlussstrich ziehen, doch der Versuch ging schief. Nun findet sie sich mit ihrer Schwester Liora bei einer Therapeutin wieder und darf unter dem Versprechen, die Therapie wegen ihrer Depression ernst zu nehmen und die Medikamente zu schlucken, zurück in ihre eigene Wohnung. Doch erst als eine Freundin sie mit in ein Frauenschwimmbad nimmt und sie dort auf die Rentnerin Shirley trifft, kehrt ihr (Über-)Lebenswille langsam zurück und hilft ihr, sich den Traumata ihrer Vergangenheit zu stellen.

Die Autorin hat sich hier keinem einfachen Thema gewidmet. Wer selbst an psychischen Beeinträchtigungen leidet, sollte dringend beim Lesen auf sich aufpassen, denn das Buch ist aus Yaels Perspektive geschrieben und ihre Gefühle sind beim Lesen spürbar. Dabei blitzt — anfangs nur ab und zu, später häufiger — Yaels spezieller Humor hervor, der der Geschichte eine gewisse Leichtigkeit verleiht und Yael sympathisch macht.

Mir ist das Buch unter die Haut gegangen. Es fühlte sich nahbar und echt an, Yael auf ihrer Reise aus dem Abgrund zu begleiten. In mehreren Rückblenden werden Gründe für ihre Situation genannt. Auch das Trauma ihrer jüdischen Familie spielt eine Rolle und wird geschickt in die Geschichte verwoben. Gerade auch etwas von dem Alltag einer jüdischen Familie zu erfahren, konnte mir neue Einblicke gewähren.

Wie sie es durch ein weiteres trauriges Ereignis schafft, nach vorne zu blicken und gute Gründe zu finden, gibt Hoffnung und hat mich mit einem weinenden und einem lächelnden Auge zurück gelassen.

Die anderen Charaktere sind allesamt starke Figuren mit eigener Persönlichkeit und bilden Yaels Rettungsnetz. Wie die beiden Schwestern Yael und Liora durch das Ereignis sogar zusammen wachsen, war Zentrum der Geschichte.

Etwas irritiert hat mich der Handlungsstrang rund um einen Ex-Partner. Es fügte sich nicht stimmig in die Erzählung ein und wirkte zu gewollt und geläufig.

„Gute Gründe“ ist berührend, ernst und komisch zugleich und hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ich vergebe 4,5 Sterne für ein Buch mit wichtigen Themen.

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Veröffentlicht am 08.12.2024

Dunkle Bucht mit bunten Charakteren

Der Tag, an dem die Hummer wiederkamen
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Für mich ist es das erste Buch des Autorenduos Cilla und Rolf Börjlind, das sich durch das Schreiben von Drehbüchern für Kino und Fernsehen bereits einen Namen gemacht hat. Nach einem vielversprechenden ...

Für mich ist es das erste Buch des Autorenduos Cilla und Rolf Börjlind, das sich durch das Schreiben von Drehbüchern für Kino und Fernsehen bereits einen Namen gemacht hat. Nach einem vielversprechenden Anfang habe ich mich zum Ende hin schwer mit dem Buch getan.

Der Inhalt ist schnell erzählt: Im kleinen schwedischen Küstendorf Schattenseite passiert endlich wieder etwas Aufregendes, nachdem vor Jahren plötzlich die Fische und Hummer die Bucht verließen. Ein Unbekannter namens Georg von Nichts taucht auf und bringt das Leben der sechs Freunde Märta, Malte, Gustav, Picasso, Inka und Columbus — auch genannt der Erbsenclub — durcheinander.

Die Freunde fragen sich: Wer ist Georg von Nichts? Bei dem Versuch, ihn näher kennen zu lernen und ihm zu helfen, öffnen sie sich ihm nach und nach. Georg (und somit auch die Leserschaft) erfährt etwas über ihre Vergangenheit, Sehnsüchte, Probleme und Hoffnungen.

Alle Protagonisten sind interessant und haben etwas Andersartiges und Skurriles an sich. In kurzen Kapiteln kommt jeder zu Wort. Das Buch lebt von ihren bunten Charakteren.

Aber reicht das, um ein ganzes Buch zu füllen? Ich habe die Geschichten der jeweiligen Personen sehr gerne gelesen und musste das eine oder andere Mal schmunzeln. Jedoch reiht sich hier Erzählung an Erzählung, einen roten Faden und Tiefgründigkeit habe ich vergebens gesucht und am Schluss blieb ein nennenswerter Höhepunkt aus.

Das Buch wird als Wohlfühlroman beschrieben, für mich fehlte es trotzdem an Dramatik, Höhen und Tiefen, oder auch Ecken und Kanten. Auch wenn mich einige Stellen an den Autor Jonas Jonasson erinnerten, dessen Bücher zu meinen Lieblingen gehören, kann ich dem Buch leider nicht mehr als 3/5 Sternen geben.

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