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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.11.2022

Beide Seiten Berlins in den 1960ern

Kinder des Aufbruchs
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Alice und Emma haben inzwischen auch räumlich zueinander gefunden und leben beide mit Ehemännern und Alice auch mit Kind in Westberlin. Allerdings stolpern sie wieder und wieder über ihre familiäre Vergangenheit ...

Alice und Emma haben inzwischen auch räumlich zueinander gefunden und leben beide mit Ehemännern und Alice auch mit Kind in Westberlin. Allerdings stolpern sie wieder und wieder über ihre familiäre Vergangenheit und haben es dadurch schwer, sich ein friedliches Leben aufzubauen

Ein wundervoller Roman um eine überaus tragische Familiengeschichte vor der Kulisse des zweigeteilten Deutschland und des kalten Krieges. Autorin Claire Winter hat akribisch recherchiert und schreibt unglaublich spannend, mitreißend, aber auch ausgesprochen einfühlsam. APO-Zeit, Schah-Besuch, Ermordung des Studenten Ohnesorg durch den Polizisten Kurras und das so ungerechte Entscheiden der Justiz - hier kommt alles zur Sprache!

Sowohl sprachlich als auch inhaltlich stimmt hier absolut alles! Ein Buch, das man sich selbst kaufen, aber noch viel mehr verschenken sollte, an Menschen, mit denen man es besonders gut meint. Und die mehr über die Vergangenheit des geteilten Berlins erfahren wollen und sollen.

Claire Winter ist seit Jahren das Beste, was dem deutschen Literaturbetrieb in Bezug auf historische Romane über das 20. Jahrhundert passiert ist! Ich würde ihr, mehr noch aber dem internationalen Buchmarkt gönnen, dass "Kinder des Aufbruchs" in unzählige Sprachen übersetzt wird!

Veröffentlicht am 01.11.2022

They call me the wanderer

Der Fußgänger
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Von tochteralice


Das Müllern ist des Wanderns Lust: eine etwas gemeine Einleitung in den Txt. Weil Wigald eben Wigald Boning ist. Die Wahrheit ist: ich habe mich direktemang und geradewegs verliebt ...

Von tochteralice


Das Müllern ist des Wanderns Lust: eine etwas gemeine Einleitung in den Txt. Weil Wigald eben Wigald Boning ist. Die Wahrheit ist: ich habe mich direktemang und geradewegs verliebt in sein ebenso persönlich wie warmherzig gestaltetes Buch über das Gehen.

Wir richten das Augenmerk für die Dauer der Lektüre auf ein recht wuseliges kleines Männlein, das wir auf seinen vielfältigen Wegen nicht nur durch unsere eigene Republik begleiten dürfen.

Herrlich seine Ausführungen zur ersten Wandergruppe samt Familienfoto aus den 1970ern (der Zusammenhang ist unschwer erkennbar). Erstaunlich, dass der Autor selbst in tiefsten Zeiten des Post Punk - wohlgemerkt seines Post Punk - Weggefährten findet, die - ebenso wie er - verkatert, aber unverdrossen losziehen. Dann jedoch habe ich mich auch wieder entliebt: denn die Wahrheit ist, der gute Wigald treibt es immer mal wieder ein bisschen zu doll. So wie ein Kind, das man ständig zur Ordnung ruft und das einfach nicht aufhört.

Dieses Buch ist ebenso witzig wie ernsthaft, es ist eine Art persönliche Wanderbiografie - aber eben nur stellenweile. In anderen Teilen ist es dann doch auch ziemlich anstrengend zu lesen, finde ich.

Veröffentlicht am 31.10.2022

Netter älterer Herr ganz schön zynisch unterwegs

Ungeschönt
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Vorneweg - ich sehe den Autor ganz gerne im Film. Vor allem das eine Mal, als er bei Kubrick ganz groß rauskam. Wissen Sie noch? Mit Nicole Kidman und Tom Cruise. Da waren die noch verheiratet. Ist Ewigkeiten ...

Vorneweg - ich sehe den Autor ganz gerne im Film. Vor allem das eine Mal, als er bei Kubrick ganz groß rauskam. Wissen Sie noch? Mit Nicole Kidman und Tom Cruise. Da waren die noch verheiratet. Ist Ewigkeiten her.

Und dabei hätte ich es besser auch belassen, denn hier erzählt er ein paar Schwänke aus dem Leben und zwar in einem Ton, als könne er uns was beibringen. Echt jetzt, das hat mich so gar nicht vom Hocker gerissen und somit werde ich dieses Buch auch nicht weiterempfehlen.

Schauen Sie sich den Autor lieber in oben genannten Film an, das lohnt sich deutlich mehr

Veröffentlicht am 31.10.2022

Wilde Gesellen - vom Sturmwind durchweht

The Great Outdoors – Into the Wild
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Wilde Gesellen - das trifft sowohl auf das Wild als auch auf seine Jäger zu, wenn auch der moderne Waidmann ganz sicher kein Fürst in Lumpen und Loden ist, sondern eher gepflegt auftritt. Denn ganz klar: ...

Wilde Gesellen - das trifft sowohl auf das Wild als auch auf seine Jäger zu, wenn auch der moderne Waidmann ganz sicher kein Fürst in Lumpen und Loden ist, sondern eher gepflegt auftritt. Denn ganz klar: Wild jagen und zubereiten entspricht definitiv dem Zeitgeist.

Dem Autor Markus Sämmer ist hier ganz klar ein wunderschönes (die Fotos bringen mich zum Schwärmen) Werk gelungen, das weitaus mehr ist als ein Kochbuch, es bietet quasi einen Einstieg in ein Leben - nein, nicht als Wilderer, um Gottes Willen. Als Jäger oder zumindest als jagdaffiner Wildkoch.

Hier wird alles geboten - schlichte und aufwendigere Rezepte, aber mehr noch ausführliche Erläuterungen zum neuen "Wild Life" mit Glossar und allem Zipp und Zapp.

Es ist tatsächlich ein liebevolles Werk. Ich bin keine Jägerin und mag auch nur wenig Wild, aber ich habe einen Heidenrespekt und sehr viel Achtung davor und empfehle, dieses Buch jemandem zu schenken, mit dem man es sehr, sehr gut meint.

Veröffentlicht am 30.10.2022

Die spannendsten Geschichten, die schreibt das Leben selbst

Agent Sonja
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So hatte ich es mir erhofft, fasziniert von Ursula Kuczynski, später Ursula Hamburger, Codename Agent Sonja, noch später, als DDR-Bürgerin Ruth Werner. Eine Frau, die ihrer Zeit - jeder Zeit ...

So hatte ich es mir erhofft, fasziniert von Ursula Kuczynski, später Ursula Hamburger, Codename Agent Sonja, noch später, als DDR-Bürgerin Ruth Werner. Eine Frau, die ihrer Zeit - jeder Zeit - weit voraus war und auch ihrem eigenen Mann wie auch wechselnden Liebhabern mit wehenden Fahnen davon lief.

Meine Eltern sind im Krieg aus zwei verschiedenen Ländern des Baltikums geflohen - anders als die hier beschriebene Agentin aus der Sowjetunion, die für sie und ihre Eltern Gefahr und Einschränkung bedeutete.

Nicht so für Ursula Kuczynski, die sich dem Sowjetregime bereits in jungen Jahren als Spionin andiente - als Jüdin, der Bedrohung von seiten der in Deutschland an die Macht gelangten Nationalsozialisten drohte, ist dies nachzuvollziehen. Allerdings war es bei ihr mehr die Abenteuerlust, die sie in die Arme Stalins und seiner Gefolgsleute trieb.

Ein überaus abenteuerliches Leben ist dies. Meiner Ansicht nach hätte der Autor Ben Macintyre noch einiges mehr daraus machen können, bleibt bei ihm doch das eigentliche Wesen seiner Protagonistin wie auch weiterer Akteure im Hintergrund. Es werden einfach nur die Abläufe aneinandergereiht und beschrieben, welches Feuer sie eigentlich nährt, bleibt unerwähnt.

Ich wusste bisher nichts von dieser unkonventionellen, vielschichtigen Frau, kannte einige - eher wenige - ihrer Weggefährten und habe mit großem Gewinn einen neuen überaus individuellen Lebenslauf einer tapferen und mutigen, vor allem aber eigenwilligen Frau kennengelernt. Auf jeden Fall ein Gewinn!