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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.06.2020

Eine kurze Geschichte vom Fallen - Einmalige Erfahrungen des Lebens

Eine kurze Geschichte vom Fallen - Was ich beim Sterben über das Leben lernte
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Das Sterben ist meist ein kurzer Prozess. In Filmen zieht dein komplettes Leben in wenigen Sekunden an dir vorbei, bis du möglichst dramatisch an dein Ende kommst. Das echte Leben kann jedoch viel dramatischer ...


Das Sterben ist meist ein kurzer Prozess. In Filmen zieht dein komplettes Leben in wenigen Sekunden an dir vorbei, bis du möglichst dramatisch an dein Ende kommst. Das echte Leben kann jedoch viel dramatischer sein als jedes Drehbuch: Joe Hammond weiß, dass er stirbt. Nicht sofort, aber mit Sicherheit. In der restlichen Zeit, die er hat, versucht er sich auf den letzten Tag vorzubereiten. In seinem Werk lässt er sein Leben Revue passieren, versucht jeden Moment zu schätzen und seine Familie zu ehren. Das alles ist ihm gelungen.

Mit Anekdoten seiner Vergangenheit, Geschichten über seine Familie und Erzählungen der Gegenwart füllt er die Seiten zur Verarbeitung des bevorstehenden Ereignisses. Dem Lesenden wird trotz des oftmals uneinigen Stils bewusst, dass es um die Dramaturgie des Seins geht - nicht um das Ziel an sich. Die Art und Weise des Prozesses ist einmalig und zeigt Einblicke, die ich vorher nicht erahnt hatte. Dass der Fokus des Buches immer wieder verschoben wird, entpuppt sich als Stilmittel des Realität und wiegt für mich fehlende Bestandteile der Lektüre auf.

Im Gegensatz zum üblichen Ablauf darf und muss Hammond alles miterleben und entscheiden. Wer kümmert sich um mich? Was werde ich alles verpassen? Wo werde ich begraben? Und wie gehe ich damit um? Fragen, die eigentlich sonst keine Antwort finden.

Dabei werden zentrale Themen wie die Würde des Menschen, die Grenzen des Seins und die für ihn wichtigsten Dinge im Leben thematisiert. Hammonds Erzählung gibt die Sicht auf persönliche Erfahrungen, die einmaliger nicht sein könnten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.11.2019

Mittwoch also - Das Leben schreibt keine perfekten Geschichten

Mittwoch also
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Mit vielen Gedanken, wenig Geld auf dem Konto und etwas zu viel Irrationalität macht sich die Protagonistin mit einem Flug nach Athen auf den Weg von alten Problemen hin zu neuen. Während der ungeplanten ...

Mit vielen Gedanken, wenig Geld auf dem Konto und etwas zu viel Irrationalität macht sich die Protagonistin mit einem Flug nach Athen auf den Weg von alten Problemen hin zu neuen. Während der ungeplanten Umleitung nach Berlin und zurück in Heddas Heimat wird der Lesende nicht über den aktuellen Kontostand informiert, sondern erlebt auch den innerlichen Kampf der Hauptfigur. Während die freie Texterin noch an ihrem Ex-Freund hängt, lässt sie sich in Berlin auf den Aussteiger Milo ein und steht damit vor neuen Herausforderungen: Sie ist schwanger.

Das Hauptthema des Buches, die Entscheidung, ob sie das ungeborene Kind behält, wird durch die gesamte Geschichte neutral und wertfrei behandelt. Die unverwurzelte Protagonistin stellt dabei eine moderne Figur der heutigen Gesellschaft dar und repräsentiert einen wichtigen Charakter der aktuellen Generation. Die Lektüre ist durch die unkonventionelle Idee klar am Kern der Zeit.

Der Versuch von Leichtmütigkeit mit einem starken Beigeschmack von Irrationalität stört den Lesefluss leider des öfteren. Oftmals ändert sich der Erzählstil innerhalb des Kapitels und die stringenten Erzählung wird etwas eingefärbt. Auch die Plot-Entwicklung ist vermehrt fragwürdig und unterstreicht die unlogischen Züge der Protagonistin. Ebenso ist das Update des Lesenden über den schwächelden Kontostand im Laufe der Geschichte nicht konsistent und wird nur sporadisch von Kapitel zu Kapitel erwähnt, um dann innerhalb einer Seite zu oft aufzutauchen.

Dennoch hat man das Gefühl, hier ein Unikat in der Hand zu halten. Dies liegt nicht nur an des - meiner Meinung nach - extrem ansprechenden Covers, sondern auch an der Eigenheit des Storytellings. Das Leben schreibt keine perfekten Geschichten und auch wenn die Irrationalität beim Lesen manchmal unwirklich scheint, vermittelt das Werk wichtige Eindrücke und Denkmuster und Weltansichten. Dementsprechend ist die oben genannte Kritik auch nur hinsichtlich des Leseeindrucks negativ zu bewerten, die Geschichte und Besonderheit der Message sprechen für sich.

Veröffentlicht am 15.03.2019

Google Unser - eine medial-religiöse Analyse

Google Unser
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In einer Welt, in der Daten immer wichtiger werden und Konzerne einen immensen Einfluss auf die Gesellschaft nehmen, wird die Gretchenfrage der Digitalisierung immer häufiger gestellt. Das Wachstum der ...

In einer Welt, in der Daten immer wichtiger werden und Konzerne einen immensen Einfluss auf die Gesellschaft nehmen, wird die Gretchenfrage der Digitalisierung immer häufiger gestellt. Das Wachstum der Markt-Giganten ist scheinbar nicht aufzuhalten, die Marketing-Strategien effektiv und die Außenwirkung fehlerfrei. Diese Unternehmen wären die perfekten Kirchen.

Christian Hoffmeister untersucht in seiner interdisziplinären Analyse hauptsächlich die Frightful Five und prüft diese auf ihre religiösen Ansätze innerhalb der Firmenstrukturen. Dabei vereint er Grundsätze der Medien- und Informationswissenschaft mit Prinzipien der Theologie.
Aufgestellte Hypothesen wirken durch die extrem eloquente und gut nachvollziehbare Schreibweise intrinsisch schlüssig. Der Grad zwischen Abendlektüre und wissenschaftlicher Arbeit wird perfekt getroffen. Dennoch entsteht der Eindruck, dass einige Parallelen an den Haaren herbei gezogen und in die dafür vorgesehen Ecken gedrängt werden.

Gerade in einer Umbruchszeit, in der wir uns momentan an einem Dreh- und Angepunkt für Verständnis in Sachen Technologie befinden, ist die digitale Aufklärung ein wichtiges, aber vor allem starkes Instrument. Hoffmeister verdeutlicht die voranschreitende Verschmelzung zweier eigentlich fremder Themengebiete und zeigt damit, dass die stärker werden Vernetzung der Zukunft immer näher kommt.

Veröffentlicht am 05.12.2018

Lange Beine, kurze Lügen - Wie viel Wahrheit steckt in diesem Buch?

Lange Beine, kurze Lügen
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Schon nach dem ersten Werk "Der letzte macht den Mund zu" von Buchinger habe ich mich mit der leicht zynischen, aber vor allem sympathisch-pessimistischen Schreibweise des Autors angefreundet. Die stilistische ...

Schon nach dem ersten Werk "Der letzte macht den Mund zu" von Buchinger habe ich mich mit der leicht zynischen, aber vor allem sympathisch-pessimistischen Schreibweise des Autors angefreundet. Die stilistische Gestaltung durch urige Vergleiche und extravagante Ausschmückungen zaubern stets ein Lächeln ins Gesicht.

Gerade aber auch meine eigene Position zur Halbwahrheit und der Hang zur Übertreibung verwandeln das Thema in einen Spießrutenlauf der Selbstfindung. ("Ja, genau, genau das hätte ich auch so gemacht!")
Das Gefühl, dass sich einzelne Passagen wiederholen oder immer wieder mal hervorgekramt werden - wie auch beim ersten Buch -, ist dabei eher zweitrangig. Dennoch ist es auch dieses Mal wieder auffällig, dass stilistische Mittel oder bestimmte Argumente mehrfach angeführt werden und sich der Leser wundert, warum solche Wiederholungen öfter vorkommen.

Nichtsdestotrotz handelt sich hier vordergründig um ein Unterhaltungsmedium und als solches sollte es auch bewertet werden: Ich konnte mich nicht nur in der einen oder anderen Passage wiederfinden, Michaels Schreibstil und extravagante Vergleiche ließen mich dauerhaft schmunzeln. Besonders hervorzuheben ist die Art, schwierige Themen aufzugreifen und neben des Unterhaltungsstils auch eine tiefgründigere Message zu vermitteln.

Von Anfang bis Ende des Buches stellte sich mir jedoch eine spezielle Frage: Hat sich das Lügen.doc beim Schreiben des Werkes noch erweitert? Wie viele der beschriebenen Situationen sind wirklich passiert und wie viele entstanden Michaels Fantasie? Als großen Plottwist erwartete ich am Ende ein großes Banner mit "Haha, das war alles nur erfunden und erlogen, euer Michi!" und war froh, als dies nicht der Fall war. Dennoch würde ich gerne erfahren, an welcher Stelle ein bisschen geflunkert wurde.
Also: Michi, hit me up!

Veröffentlicht am 16.09.2018

Der Blumensammler - Die Flora des Lebens

Der Blumensammler
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Als Professor Cole auf seiner Forschungsreise mitten im Meer glaubt, sein letztes Stündlein habe geschlagen, kommt es zu einer Rettung, die zufälliger nicht sein könnte: Ein Cuvier-Schnabelwal, der nebenbei ...

Als Professor Cole auf seiner Forschungsreise mitten im Meer glaubt, sein letztes Stündlein habe geschlagen, kommt es zu einer Rettung, die zufälliger nicht sein könnte: Ein Cuvier-Schnabelwal, der nebenbei auch noch einen Flugschreiber eines bekannten, verschollenen Flugzeugs in sich trägt, befördert den Professor durch seinen Tod an die Oberfläche des Wassers.

Dove, der sich selbst als durchschnittlich einstuft, trauert immer noch seiner Jugendliebe hinterher. Er arbeitet in dem Callcenter des Londoner Rettungsdienstes "The Pit". Seine besondere Eigenschaft liegt jedoch in der Vorliebe für die Flora der Erde.

Peter Manyweathers, Chef der Reinigungsfirma Eisvogel in Brooklyn, befindet sich auf dem Weg zur Arbeit. Natürlich handelt es sich nicht um irgendeine Reinigungsfirma: Neben den gewöhnlichen Aufträgen muss sich Peter mit der Verwesung fremder Leute sowie seiner eigenen Einsamkeit beschäftigen.

Die ersten drei Kapitel des Buches verwirren den Leser. Ein Perspektiv- und Personen-Shift nach dem anderen, lassen den Lesenden nicht erraten, welcher Charakter als Hauptperson ins Rampenlicht tritt. Eins ist jedoch klar: Irgendwie und irgendwann werden sich die Handlungsstränge der vorgestellten Personen treffen. Die Frage ist: Wie?

Nach einem anfänglichen Desinteresse aufgrund des Schreibstils hat mich das Buch nach den ersten 150 Seiten doch gepackt. Im Zentrum der Geschichte steht die Botanik. Durch sie werden mehrere Menschenleben zufällig miteinander verbunden.

Der mysteriöse Schreibstil des Autors spielt in die Karten des undurchdringlichen Geschichtsverlaufs. Dennoch gibt es einige Ungereimtheiten: Protagonisten reisen von jetzt auf gleich in entfernte Länder. Die fehlende Problematik der Reise erleichtert zwar den Lesefluss, spiegelt jedoch nicht die Realität wider. Die Komplexität eines Visumsantrags stellt sich in einem Buch natürlich nicht, dennoch wirkt dich Geschichte umso unglaubwürdiger ohne.

Auch die Beschreibung der fremden Länder und Blumen lassen den Leser an der ein oder anderen Stelle zweifeln. Oft fehlte einfach die Vorstellungskraft, um sich, mal mehr mal weniger anschaulich, beschriebene Blumen zu visualisieren.

Große Überraschung, und deshalb für mich ein lesenswerter Roman, stellt der Plot des Buches dar. Im Gegensatz zu vielen bereits gelesenen Geschichten, wird bei diesem Werk nicht schon bei den ersten Kapiteln klar, wie das Ende wohl aussehen mag.

Insgesamt ist zu sagen, dass es sich hierbei um eine nette "Lektüre für zwischendurch" handelt.