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Veröffentlicht am 01.06.2022

Dramatische und abenteuerliche Erzählung über Liebe, Eifersucht, Neid, Rache und dem Kampf um Selbstbestimmung - allerdings sehr langatmig und spannungsarm.

Ich bin Circe
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Circe ist die Tochter des Sonnengotts Helios der Nymphe Perse, ist aber im Gegensatz zu ihren Geschwistern nicht makellos schön und zudem mit einer piepsigen Stimme gestraft, wie sie sonst nur Sterbliche ...

Circe ist die Tochter des Sonnengotts Helios der Nymphe Perse, ist aber im Gegensatz zu ihren Geschwistern nicht makellos schön und zudem mit einer piepsigen Stimme gestraft, wie sie sonst nur Sterbliche haben. Von den Geschwistern verspottet, der Mutter abgelehnt und vergebens um Anerkennung von ihrem Vater buhlend, interessiert sich Circe zunehmend für die sterblichen Menschen.
Als Helios Zeus gegenüber ein Opfer bringen muss, verbannt er seine unliebsame Tochter Circe auf die Insel Aiaia, wo Circe unter ihrer Einsamkeit leiden soll. In den Jahren, die sie dort allein mit Tieren und Pflanzen zubringt, entwickelt sie ihre Zauberkräfte fort. Sie begegnet zahlreichen Menschen, die auf ihrer Insel stranden, hilft einem Teil von ihnen und tötet den anderen. Einen besonderen Eindruck hinterlässt Odysseus, König von Ithaka und heldenhafter Kämpfer im Trojanischen Krieg. Sein Besuch dauert über Monate an und das nicht ohne Folgen.

Miranda Miller hat den Mythos um die Zauberin Circe aufgegriffen und einen Roman über das Leben der verbannten Göttin geschrieben. Die Idee ist originell, die Umsetzung erweist sich jedoch als phasenweise zäh.
Während der Beginn mit der Einführung der Götterwelt und dem Aufwachsen Circes in einer Umgebung, in der sie sich nicht zugehörig fühlt, vergleichsweise fesselt, ist der Mittelteil mit der Verbannung Circes auf die einsame Insel langatmig geschildert. Es werden dabei gefühlt alle Götter, Halbgötter, Titanen, Nymphen und Helden der griechischen Mythologie erwähnt, denen Circe begegnet und die sie mehr oder weniger intensiv in den folgenden Äonen begleiten. Diese Vielzahl der Figuren erschlägt, insbesondere wenn man sich nicht mit wesentlichen Details der griechischen Mythologie auskennt, da die Hintergründe zu den Charakteren und den Verbindungen untereinander sich nicht unmittelbar erschließen.
Die Begegnungen werden chronologisch beschrieben, sind dadurch episodenartig und für meinen Geschmack zu lose verwoben.

Circes Verlorenheit und daraus resultierende Einsamkeit sind nachvollziehbar, denn sie hat als Göttin zutiefst menschliche Züge, die ihren Verwandten fehlen. Sie entwickelt Ängste und Emotionen sowie Mitgefühl für die Sterblichen, was ihr zum Verhängnis wird. Auf der anderen Seite kann sie jedoch in ihrem Verhalten ähnlich grausam sein wie die anderen Götter. Gewalt und Machtspiele der Götter nehmen in dem Roman einen großen Raum ein, ohne die Handlung wesentlich weiterzuentwickeln. Circe befindet sich dabei stets zwischen den Welten - einerseits ist sie als Tochter des Titanen Helios göttlicher Natur und unsterblich, andererseits ist sie verbannt und entwickelt Gefühle für die Sterblichen.

Die Spannung ist auf einem gleichbleibend niedrigen Niveau. Interessant wird es nach dem vielversprechenden Anfang erst am Ende, wenn Circe sich entscheiden muss, auf welche Seite sie gehört. Dabei kommt ihr die über die Äonen charakterliche Weiterentwicklung zugute, die sie von einem verschüchterten, verstoßenen Mädchen zu einer starken, selbstbewussten Frau hat werden lassen, die für sich einsteht.

Circe ist eine sagenhafte, empfindsame Heldin, die sich wiederholt für die Sterblichen und diejenigen, die sie liebt, einsetzt und damit den Zorn der Götter auf sich zieht. Auch wenn sie selbst als Göttin unsterblich ist, über Zauberkräfte verfügt und scheinbar nichts zu verlieren hat, ist ihr Handeln mutig und selbstlos, denn die Strafen der Götter können schlimmer sein als der Tod, was anschaulich beschrieben wird.

Die dramatische und abenteuerliche Erzählung, die eine weibliche Figur der griechischen Mythologie in den Vordergrund rückt, handelt von Liebe, Eifersucht, Neid und Rache, aber vor allem auch von einem Kampf um Selbstbestimmung und dem Bruch mit Konventionen.
Die anschauliche Erzählweise erweckt Circe zum Leben, die man bisher nur als Verführerin Odysseus' kannte, die seine Odyssee verlängerte, und gibt ihr eine Stimme.

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Veröffentlicht am 30.05.2022

Dramatische Geschichte mit spannendem Aufbau und anschaulichem Setting in Andalusien. Die bewegenden Themen sind jedoch nur oberflächlich umgesetzt. Im Vordergrund stehen die Emotionen der Charaktere.

Das Geheimnis von Granada
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Von einem Anruf ihrer aufgebrachten Großmutter geschockt, macht sich die junge Ärztin Marisol auf den Weg nach Andalusien, um ihre Großeltern zu besuchen. Vor Ort angelangt, geht es dem geliebten Großvater ...

Von einem Anruf ihrer aufgebrachten Großmutter geschockt, macht sich die junge Ärztin Marisol auf den Weg nach Andalusien, um ihre Großeltern zu besuchen. Vor Ort angelangt, geht es dem geliebten Großvater Esteban García nach seinem Schwächeanfall nicht so schlecht wie gedacht, so dass Marisol aufatmen kann. Ihr macht dagegen ihre Vergangenheit zu schaffen. Denn im Haus ihrer Großeltern sieht sie sich mit schmerzhaften Erinnerungen an ihre verstorbene Mutter konfrontiert und die Schuld, die an ihr nagt. Ihr Tod hat die ganze Familie in ihren Grundfesten erschüttert und ist ein Tabuthema.
Knapp fünfzig Jahre zuvor sind die Schneiderin Mina und der Gitarrenbauer Diego schwer verliebt, können ihre Liebe in der konservativen und erzkatholischen Umgebung jedoch nicht frei ausleben. Die Folgen des spanischen Bürgerkriegs belasten die spanische Bevölkerung und Minas sowie Diegos Familie und die Menschen leben in Angst unter der Diktatur Francos.
Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen, wobei der Leser sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit im Jahr 1974 nach Andalusien versetzt wird. Durch die malerischen Beschreibungen hat man Land und Leute bildhaft vor Augen und spürt die Faszination für die magische Stadt Granada.
Die Charaktere sind individuell gezeichnet, wobei die Nebencharaktere etwas stereotyp wirken: muskulöse andalusische Männer mit dichten Wimpern, die wunderschöne honigblonde Freundin aus Deutschland, die verkuppelnde Großmutter oder die neugierige, bigottische Nachbarin...
Die Geschichte ist spannend aufgebaut, denn als Leser*in ahnt man zunächst nicht, in welchem Zusammenhang beide Erzählebenen stehen könnten. Zudem ist zu befürchten, dass die Liebe von Mina und Diego unter keinem guten Stern steht und dass es in der Vergangenheit zu einem tragischen Ereignis kommen muss. In der Gegenwart fragt man sich dagegen, was es mit dem mysteriösen Tod von Marisols Mutter auf sich hat, über den nicht gesprochen wird. Diese Geheimnis ist allgegenwärtig und bleibt ein wenig zu lange unausgesprochen, weshalb es schwerfällt, sich in Marisol hineinzuversetzen und die Spannung ein wenig künstlich in die Länge gezogen wird. Interesse weckt dann jedoch Fabio, den Marisol kennenlernt, und der eigenartig neugierige Fragen in Bezug auf ihren Großvater stellt.
"Das Geheimnis von Granada" ist eine dramatische Geschichte, die spannend aufgebaut ist und durch die tragischen Schicksale und ihre Geheimnisse, die sie bergen, fesselnd geschrieben ist. Die historischen Fakten zu Spaniens jüngster Vergangenheit und Traditionen sind geschickt mit der fiktiven - sehr leidenschaftlichen - Liebesgeschichte verbunden, hätten jedoch detaillierter beschrieben werden können, um die Schreckenszeit der Diktatur noch näher zu bringen. Diese bleibt auf Polizeiwillkür und Korruption beschränkt. Ungleich spannender sind die offenen Fragen in der Gegenwart, die den makellosen Großvater in ein ganz anderes Licht rücken, als sich Marisol vorstellen kann.
Im Vergleich zur sehr eindrücklichen Beschreibung von Atmosphäre und Setting ist ein Manko des Romans die Verbindung der beiden Handlungsstränge aus Gegenwart und Vergangenheit, denn die in der Gegenwart erst 59-jährige Großmutter konnte im Jahr 1974 unmöglich bereits verheiratet sein. Wesentlicher ist jedoch, dass sowohl die Franco-Ära als auch das Geheimnis um den Großvater, das aufgrund des realen Hintergrundes besonders erschütternd ist, nur oberflächlich beschrieben wird. Statt einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Themen stehen vielmehr die Emotionen der Protagonisten, die am Ende alle sehr glücklich miteinander verwoben werden, im Vordergrund. Die leidenschaftliche und dramatisch Inszenierung hat damit ein wenig den Stil einer spanischen Telenovela, was zumindest zum Setting passend ist.

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Veröffentlicht am 28.05.2022

Vielschichtiger Roman um eine starke Protagonistin mit einem bewegenden Schicksal. Trotz aller Tragik eine Geschichte mit feinfühligem Humor, die auf zwei Zeitebenen wunderbar unterhält und neugierig auf den Folgeband macht.

Stay away from Gretchen
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Tom Monderath ist Mitte 40 und ein bekannter Nachrichtenmoderator. Seine 84-jährige Mutter, die wie er in Köln lebt, sieht jede Sendung mit Stolz im Fernsehen. Tom ist Perfektionist und stellt seinen Beruf ...

Tom Monderath ist Mitte 40 und ein bekannter Nachrichtenmoderator. Seine 84-jährige Mutter, die wie er in Köln lebt, sieht jede Sendung mit Stolz im Fernsehen. Tom ist Perfektionist und stellt seinen Beruf über alles, privat lässt er nichts anbrennen und führt eher lockere Frauenbekanntschaften ohne Verpflichtungen.
Als seine Mutter unübersehbar an Demenz erkrankt ist und allein kaum noch zurecht kommt, muss Tom handeln und das geregelte Leben des erfolgsverwöhnten Junggesellen gerät allmählich aus den Fugen.
Während Greta sich nur ungern an die Zeit des Zweiten Weltkriegs und die Nachkriegszeit erinnert, findet Tom Fotos in ihrer Wohnung mit Menschen darauf, die er nicht kennt. Greta wird beim Anblick eines kleinen Mädchens mit dunkler Hautfarbe von ihren Gefühlen überwältigt, schweigt jedoch hartnäckig. Tom nimmt dies zum Anlass, um sich nun endlich mit der Vergangenheit seiner Familie auseinanderzusetzen, um letztlich auch verstehen zu können, warum seine Mutter in seiner Kindheit unter Depressionen litt und welche Auswirkungen ihre Vergangenheit auch auf sein Leben haben könnte.
Der Roman wird auf zwei Zeitebenen erzählt, in denen neben der fiktiven persönlichen Geschichte von Tom und Greta Monderath gewichtige Themen von Politik und Gesellschaft zur Sprache kommen. Im Jahr 2015 ist die Flüchtlingskrise auf ihrem Höhepunkt und Tom ist als erfolgreicher Anchorman an vorderster Front, führt Interviews mit Innenminister und Kanzlerin.
In der Vergangenheit erlebt Greta, die als Jungmädel von Hitler schwärmt, die Grausamkeiten des Zweiten Weltkriegs, als ihr Vater in Russland kämpft und die Familie gezwungen ist, von Ostpreußen nach Westdeutschland zu flüchten. Die Familie hat Glück, findet wieder zusammen und kommt bei Verwandten in Heidelberg unter, wo sie sich etwas Neues aufbauen kann. Die junge Greta ist unerschrocken und hilft der Familie mit ihrer burschikosen Art beim Kampf ums Überleben. Dabei lernt sie den GI Bob kennen, der der Familie behilflich ist und dem sie deutsche Wörter beibringt. Die beiden verlieben sich ineinander - eine Liebe, die nicht sein darf, denn Bob hat die falsche Hautfarbe.
Die Geschichte fesselt auf beiden Zeitebenen und ist durch die Parallelen aus Flüchtlingskrise in den Jahren 2015/ 2016 und Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg raffiniert aufgebaut. In der Gegenwart bewegt zudem die Erkrankung von Greta, die selbst merkt, wie sich selbst verliert und die es nun nicht mehr schafft, ihre Erinnerungen aus der Vergangenheit, die sie belasten, zurückzudrängen. Auch Tom, der zunächst oberflächlich und arrogant wirkt, ist sichtbar überfordert mit der Situation und zeigt im Verlauf der Geschichte seinen weichen Kern.
"Stay away from Gretchen" - der Appell an die GIs der US-Army, sich von den deutschen Frauen fernzuhalten - ist ein vielschichtiges Buch, das für Jung und Alt gleichermaßen geeignet ist. Es ist eine emotionale Geschichte, die aufgrund des Schicksals der sympathischen Greta bewegend ist. Insbesondere als der Zweite Weltkrieg beendet ist und das Leben wieder aufwärts gehen sollte, ist Greta kein Glück von Dauer beschert. Es sind erschütternde Szenen von Ausgrenzung, Anfeindung und Ausweglosigkeit, als Greta sich aus Armut gezwungen sieht, eine herzzerreißende Entscheidung zu treffen.
Der Roman handelt von einer großen Anzahl ernster Themen wie Flüchtlingsproblematik, Rassismus, "Brown Babies", Demenz, Einsamkeit im Alter, Sehnsucht und Liebe, die aber so locker in die Erzählung eingebunden sind, dass diese zu keinem Zeitpunkt niederschmetternd ist. Der subtile Humor auf beiden Zeitebenen - Toms Ausraster über nervige Musik im Radio, Gretas gewitzte Art als junges Mädchen sowie ihre markigen Sprüche als ältere Dame sorgen für gute Unterhaltung und lindern die bedrückende Stimmung. Die Balance aus Ernsthaftigkeit und Humor sowie historischen und gegenwärtigen Problemfeldern und fiktiver Geschichte ist der Autorin wunderbar gelungen.
Auch wenn der Roman in sich geschlossen ist, geht die Geschichte um Tom und Greta Monderath weiter. Ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung "Was ich nie gesagt habe - Gretchens Schicksalsfamilie", die Mitte Juni 2022 erscheinen wird.

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Veröffentlicht am 26.05.2022

Am Anfang sehr schleppend und undurchsichtig, am Ende jedoch ein origineller Plot, aber keine unbeschwerte RomCom, wie das witzige Cover und der flapsige Klappentext suggerieren.

Up to Date – Drei Dates machen noch keine Liebe – oder doch?
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Siobhan, Miranda und Jane kennen sich nicht und haben auch nichts gemeinsam - außer jeweils ein Date am Valentinstag mit Joseph Carter. Joseph versetzt sie jedoch alle drei und gibt sich hinsichtlich einer ...

Siobhan, Miranda und Jane kennen sich nicht und haben auch nichts gemeinsam - außer jeweils ein Date am Valentinstag mit Joseph Carter. Joseph versetzt sie jedoch alle drei und gibt sich hinsichtlich einer Begründung bedeckt.
Siobhan Kelly ist eine toughe Frau und als Life Coachin Dublin erfolgreich. Sie wollte sich eigentlich nicht verlieben und hat die Beziehung zu Joseph, die sich auf regelmäßige Nächte in Hotelzimmern beschränkte, stets locker gesehen. Doch nach einem Streit nach dem unglücklichen Valentinstag beginnt sie ihn doch zu vermissen.
Miranda Rosso ist von Beruf Baumpflegerin und dabei allein unter Männern. Nachdem sie Joseph verziehen hatte, sie am Valentinstag versetzt zu haben, treffen sie sich regelmäßig in London und er stellt sie sogar seiner Mutter vor. Sie beginnt sich in ihn zu verlieben, stellt dann jedoch fest, dass er ihr etwas verheimlicht und sie vermutlich nicht die einzige Frau in seinem Leben ist.
Jane Miller arbeitet nach dem Verlust ihrer Anstellung in einer großen Anwaltskanzlei in einem Wohltätigkeitsladen in Winchester und trifft sich im Rahmen eines Buchclubs mit Joseph. Sie leidet unter einem mangelnden Selbstbewusstsein und hatte Joseph deshalb gebeten, ihren Freund zu mimen. Auch wenn er sie zu der Verlobungsparty im Stich gelassen hat, sehen sie sich weiterhin und bald empfindet sie mehr als nur freundschaftliche Gefühle für ihn.
Drei Frauen und ein Mann? Im Verlauf des Romans fragt man sich, wie Joseph es schafft, seine Termine unter einen Hut zu bekommen und aus welchem Grund er sich gleichzeitig mit drei so unterschiedlichen Frauen trifft, denen gegenüber er sich auch differenziert verhält. Da der Roman abwechselnd aus den Perspektiven der drei Frauen geschrieben ist, kann man über die Motive Josephs und welcher Typ Mann er wirklich ist, nur spekulieren. Er scheint jeweils in eine andere Rolle zu schlüpfen und bleibt damit lange undurchschaubar.
Durch die unterschiedlichen Lebensumstände und Persönlichkeiten der Charaktere ist der Roman abwechslungsreich zu lesen. Jede der Frauen hat ihre eigenen Probleme und macht im Verlauf der Geschichte eine persönliche Veränderung durch, die auch im Zusammenhang mit ihrer jeweiligen Beziehung zu Joseph steht. Siobhan wagt es Gefühle zuzulassen, Miranda legt Vorurteile ab und blickt hinter die Fassade, während Jane zu neuem Selbstbewusstsein und neuen Freunden findet. Allerdings ereignet sich in ihren Leben und im Umgang mit den Nebenfiguren nicht wirklich viel, so dass der Roman sich etwas in die Länge zieht und die einzige spannende Frage bleibt, wer eigentlich Joseph Carter ist.
Der Roman ist keine klassische Liebesgeschichte und auch keine Liebeskomödie, wie das Cover und der recht flapsige Klappentext suggerieren. Tatsächlich geht es um schmerzhafte Beziehungen, um Vertrauensbrüche, Ghosting, Missbrauch, Trauer und Einsamkeit - Themen, die belastend und schwermütig sind.
Ich hatte zunächst enorme Probleme, überhaupt in die Geschichte hineinzufinden, da ich mit den unterschiedlichen Personen und Erzählsträngen erst einmal leicht überfordert war. Zudem bleibt Joseph viel zu lange undurchschaubar, so dass es schwierig ist, die Geschichte wirklich zu fassen, ohne dass man weiß, worauf sie hinauslaufen wird.
Der Plot ist originell und am Ende einerseits raffiniert, andererseits simpel gelöst. Bis zur Verbindung aller drei Handlungsstränge braucht es jedoch Durchhaltevermögen, denn man wird lange auf die Folter gespannt, was hinter Josephs Verhalten steckt. Solange bleibt der Roman rätselhaft und wegen dieses Fragezeichens etwas anstrengend zu lesen. Am Ende wird man dafür mit einer schlüssigen und versöhnlichen Geschichte über Liebe und Freundschaft in schwierigen Zeiten belohnt.

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Veröffentlicht am 24.05.2022

Begegnungen auf einem Campingplatz, die lebensverändernd sein können - einfühlsamer Roman über Trauer und Verlust, aber auch über Freundschaft, Liebe und die Hoffnung auf einen glücklicheren Neuanfang

Ein unendlich kurzer Sommer
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Lale verlässt ohne Ziel und Richtung ihr Zuhause und landet am Ende auf einem Campingplatz, der von einem mürrischen älteren Herrn geführt wird, der offenbar wenig Wert auf Touristen legt. Der Campingplatz ...

Lale verlässt ohne Ziel und Richtung ihr Zuhause und landet am Ende auf einem Campingplatz, der von einem mürrischen älteren Herrn geführt wird, der offenbar wenig Wert auf Touristen legt. Der Campingplatz am See in einem kleinen Dorf ist verwahrlost und Lale ist der einzige Gast. Gegen Kost und Logis macht sie sich nützlich, jätet Unkraut, repariert das Notwendigste, füttert die Kaninchen des Nachbarsjungen und kann sich damit von den eigenen Problemen ablenken. Lale muss niemandem erzählen, warum sie hier ist, denn auch Gustav gibt nichts von sich Preis.
Die Ruhe endet abrupt, als ein weiterer Gast zu ihnen stößt und zeitgleich ein vorgeblich steinzeitliches Hexengrab mit Beigaben an der Grenze zum Campingplatz entdeckt wird, so dass weitere Touristen regelrecht in den Ort pilgern. Im Gegensatz zu Lale ist Christophe nicht zufällig auf Gustavs Campingplatz gelandet. Nach dem Tod seiner Mutter hat er einen Brief von ihr gefunden, der ihn von La Réunion in das provinzielle Dorf nach Deutschland geführt hat.

Gustav, Lale und Christophe - alle drei haben ihre Geheimnisse, die sie zunächst vor den andern verbergen. Gustav möchte einfach nur in Ruhe gelassen werden, für Lale ist der Aufenthalt auf dem Campingplatz eine Zuflucht, wohingegen Christophe dort nach Antworten sucht. Während sich Lale und Chris immer stärker zueinander hingezogen fühlen, werden Freundschaften mit Nachbarn und Bekannten von Gustav geschlossen. Die drei Eigenbrötler schließen Vertrauen und öffnen sich allmählich und niemand möchte, dass dieser Sommer je endet.

"Ein unendlich kurzer Sommer" ist ein Roman über drei ganz unterschiedliche Personen, die vor lebensverändernden Entscheidungen stehen und auf der Suche nach einem Halt sind. Chris trauert um seine kürzlich verstorbene Mutter und möchte mehr über seine Herkunft wissen. Gustav ist nicht nur alt, sondern schwer krank. Lale hat den Verlust ihres Bruders nicht verwunden und weiß weder beruflich noch privat, wie es weitergehen soll.

Die Geschichte mutet grundsätzlich traurig und melancholisch an, ist aber voller Leichtigkeit und Empathie für die Charaktere geschrieben. Durch die wechselnden Perspektiven fällt es nicht schwer, sich in jede Hauptfigur hineinzuversetzen und mehr über ihre Geschichten und Beweggründe zu erfahren.

Der Campingplatz mit den sympathischen Nachbarn, die Gustav unterstützen, und den Touristen, darunter yogierende Hippies und Esoteriker, die zunehmend Einzug halten, sorgen für Abwechslung und Lebendigkeit und nehmen dem Roman seine Melancholie und Schwermut. Er ist ein wundervoller Ort für eine Auszeit im Sommer und auch Gustav fühlt sich plötzlich an einen glücklichen Sommer vor knapp vierzig Jahren erinnert, an dem er einen Fehler begangen hat, den er zutiefst bereut.

Es wird ein Sommer, in dem Lale, Chris und Gustav ihre Leben reflektieren, in dem sie bei sich ankommen, Vergangenes hinter sich lassen, versöhnen und Freundschaft und Liebe neu entdecken und gestärkt für einen Neuanfang hervorgehen.

Die Geschichte berührt mit den Schicksalsschlägen der Protagonisten und fesselt zudem durch die kleineren und größeren Geheimnisse, die sie bergen und die es zu entdecken gilt. Trotz Krankheiten, Trauer und Verlust ist der Roman durch die einnehmenden Charaktere, die quirlige Atmosphäre auf dem Campingplatz und den einfühlsamen Schreibstil Mut machend und hoffnungsvoll geschrieben und lässt die/ den Leser*in mit einem positiven Gefühl und einer "Herzumarmung" zurück, dass das Leben zwar voller Hürden ist, diese jedoch gemeinschaftlich gemeistert werden können.

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